Können gute Wissenschaftler religiös sein?

Für Artikel, Video- oder Audiomaterialien, die im Zusammenhang mit der Thematik der Brights-Bewegung stehen.

Re: Können gute Wissenschaftler religiös sein?

Beitragvon Vollbreit » Di 29. Mai 2012, 21:29

mat-in hat geschrieben:Ich versuche meine Posts kurz zu halten. Da es aber anscheinend 2x untergegangen ist: "Privat" Religiös zu sein, wenn man es aus der Arbeit raushällt / versucht rauszuhalten ist überhaupt kein Problem und funktioniert bei den allermeisten der wenigen religiösen Wissenschaftlern.


Womit wir die Threadfrage beide mit einem klaren „Ja“ beantworten.

mat-in hat geschrieben:Wobei dazu kommt, daß man sich ja sehr wohl auf eine deistischen Standpunkt beziehen kann und sagen kann, daß Gott alles so eingerichtet hat, das die Evolution abläuft.


Klar, aber das ist offenbar so unbefriedigend, dass es nicht mal die Anhänger der Religionen überzeugt.

mat-in hat geschrieben:Wäre wohl (siehe kath. Kirche) auch die bessere Wahl angesichts der uninformierten und ignoranten Ideen die man so zu hören bekommt (z.B. das Argument daß "alles auf reinem Zufall beruht", was vor 150 Jahren schon nicht der Theorie entsprach).

Ich hoffe einfach, daß die Leute es schaffen kritisch in Frage zu stellen was sie vorgesetzt bekommen. Eigentlich sollte es "Medienumgang" und "Spektisches Denken" schon als Schulfach gebe. Vielleicht wenigstens mal ein Seminar an der Uni dazu veranstalten?


Bringt nichts. Das Problem ist ja, dass Verschwörungsideen und dergl. ja skeptische Gedanken sind.
Das sind ja geschlossene Gedankengebäude, wie die Religion, nur überzeichneter.
Jerrold /Post schreiben in „Die Psychologie des Terrors“, dass Paranoiker im Grunde denken wie Wissenschaftler, mit einem Unterschied. Beim Wissenschaftler ist das Ergebnis offen, beim Paranoiker steht es bereits fest. Ansonsten sammeln beide akribisch Fakten, die sie in ihr Gebäude einbauen.
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Re: Können gute Wissenschaftler religiös sein?

Beitragvon Vollbreit » Di 29. Mai 2012, 22:30

Nanna hat geschrieben:
Vollbreit hat geschrieben:Schade, ich hatte Dich anfangs für klüger gehalten.

Bitte auch nicht durch die Hintertür...


Dann versuch ich es mal durch die Vordertür.
Zur Quelle: Vollmer: http://www.gkpn.de/Vollmer_Atheismus-Metaphysik.pdf Kapitel 7:
Gerhard Vollmer hat geschrieben:Wie definiert und wie misst man ‚Tauglichkeit’
oder ‚Fitness’? Häufig hört man,
die Fitness eines Organismus werde über
das Überleben oder über die Zahl der Nachkommen
definiert. Wenn aber die Fitness
definitorisch an das langfristige Überleben
gebunden ist, dann scheint das Selektionsprinzip
nicht mehr zu behaupten als das
Überleben des Überlebenden, also nur ein
survival of the survivor. Dann wäre es zirkulär,
letztlich sogar analytisch, und würde
nicht viel sagen. Es wäre dann auch nicht
prüfbar, insbesondere nicht falsifizierbar.
Nach Poppers Falsifizierbarkeitsforderung
wäre die Theorie der natürlichen Auslese
also gar keine erfahrungswissenschaftliche
Theorie. Er selbst meint: „Ich bin zu dem
Schluss gelangt, dass der Darwinismuskeine prüfbare wissenschaftliche Theorie
ist, sondern lediglich ein metaphysisches
Forschungsprogramm
– ein möglicher
Rahmen für empirisch prüfbare Theorien.“
Viele Autoren, sogar zahlreiche Biologen,
haben diese Einschätzung mit einem
voreiligen „Na und?“ übernommen.
Dass ein Satz nicht analytisch-tautologisch
und zugleich metaphysisch sein kann, lassen
wir hier unerörtert.


Immerhin. Im Unterschied zu vielen anderen erkennt Vollmer den schwachen Punkt der Evolutionstheorie. Sie beruht auf einem Zirkelschluss und sagt nicht viel aus.

Auch erkennt Vollmer, dass die ET gemäß Popper unwissenschaftlich wäre.
Problematisch wird es hier:

Gerhard Vollmer hat geschrieben:Aber Popper hat sich geirrt. Wenn man das
Selektionsprinzip sorgfältig formuliert, erkennt
man, dass es kein analytisches Urteil
darstellt. Es ist nämlich durchaus möglich,
Fitness zu definieren, ohne dabei auf
das langfristige Überleben zurückzugreifen.


Problematisch deshalb, weil Vollmer hier Recht hat und sich irrt.
Er hat Recht, Popper hat sich geirrt.
Nur, Darwins Argument ist genau das langfristige Überleben und kein anderes.


Gerhard Vollmer hat geschrieben:Manfred Eigens „Wertfunktion“
W: = AQ – D liefert sogar ein quantitatives
Maß für Fitness. Dabei werden Vermehrungsfaktor
A, Qualitätsfaktor Q und
Zerfallsanteil D unabhängig vom langfristigen
Überleben definiert, erlauben es aber
durchaus, letzteres vorauszusagen.


Abgesehen davon, dass ein quantitatives Maß zu haben kein philosophisches Argument ist, kann mir jemand die Formel mal an einem Beispiel erklären?


Gerhard Vollmer hat geschrieben:Fitness unabhängig vom langfristigen Fortpflanzungserfolg
zu messen, ist allerdings
sehr schwierig. Trotzdem ist es möglich,
die Evolutionstheorie empirisch zu testen.
Ja, es gibt falsifizierbare Voraussagen der
Evolutionstheorie! Eine Arbeit trägt sogar
den Titel Falsifiable predictions of evolutionary
theory
, eine Arbeit, die Popper
offenbar nie zur Kenntnis genommen hat.
Als eine prüfbare und insbesondere falsifizierbare
Behauptung der Evolutionstheorie
nennen wir hier nur ein Beispiel: Sichelzellenanämie
ist eine gefährliche Krankheit.
Weil jedoch Sichelzellenanämie teilweise
vor Malaria schützt, gibt es in Malaria-verseuchten
Gebieten im Durchschnitt mehr
Menschen, die an Sichelzellenanämie leiden,
als in anderen Gegenden. Wird die
Malaria dort ausgerottet oder kommen die
Betroffenen in eine Gegend, in der es keine Malaria gibt, so bietet Sichelzellenanämie
keinen Vorteil mehr, sondern nur noch
Nachteile. Man wird deshalb erwarten,
dass die Zahl der Sichelzellen-Kranken
dort allmählich abnimmt. Man kann sogar
voraussagen, wie schnell die Sichelzellenanämie
dort zurückgehen wird. Und diese
Prognose kann man testen!


Schade, denn bei der Popper-Kritik ist Vollmer durchaus auf dem richtigen Dampfer, bei diesem Beispiel nicht.
Ein Nachteil muss nicht in jeder Situation ein Nachteil sein, besagt sein Beispiel.
Ein Beispiel für Fitness?

Gerhard Vollmer hat geschrieben:Popper selbst hat das schließlich auch eingesehen
und hat seine These 1978 widerrufen:
„Meine Meinung über die Prüfbarkeit
und den logischen Status der Theorie
der natürlichen Auslese habe ich geändert;
und ich bin froh, Gelegenheit zu einem
Widerruf zu haben.“ Dies ist einer der
wenigen Fälle, in denen Popper eine Meinungsänderung
auch zugibt, allerdings an
einer Stelle, die kaum jemand kennt.


Noch mehr hätte mich natürlich Poppers Begründung interessiert.
Nur muss man sich nicht unbedingt an Popper klammern.
Der Versuch Naturwissenschaften mit Hilfe von Popper zu legitimieren, scheitert gleich an drei Stellen.
Eine sind die Existenzaussagen, die es in der Wissenschaft in reicher Zahl gibt und die nicht falsifizierbar sind. Wer will:
http://www.tabvlarasa.de/35/Wankow.php

Und wer es gelesen hat:
Ist die Aussage, dass ein Nachteil nicht in jeder Situation ein Nachteil sein muss, nicht eine Existenzaussage?
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Re: Können gute Wissenschaftler religiös sein?

Beitragvon Lumen » Mi 30. Mai 2012, 00:56

Ich verstehe deine Argumentation beim besten Willen nicht. Die Evolutiontheorie hängt nicht an der Definition von Fitness fest, sondern beruht u.A. auf mathematischen, statistischen Modellen, die überprüfbar sind. Ich bin selbst kein Experte, also kann ich nicht viel tiefer in den Kaninchenbau reinkriechen. Fitness könnte dann so definiert sein, dass es der Sammelbegriff für jene Eigenschaften ist, die den Trägern bestimmter Gene tatsächlich Überlebensvorteile bringen, im Verhältnis zu den Individuen, die diese Gene nicht besitzen. Das Beispiel mit der Anämie und Malaria, was du von Vollmer zitierst, ist doch trefflich und funktioniert. Wo genau liegt dein Problem?

Außerdem sehe ich da keinen Zirkelschluss. Die Gene kopieren sich und können mutieren, daher sind sie die entscheidende Stufe der Evolution. Lebewesen sind Träger von Genen, die in Dawkins Worten sozusagen Passagier in Überlebensmaschinen sind. Die Kombination von Genen ist teilweise zufällig, aber bestimmte Kombinationen sind überlebensfähiger als andere. Das liegt daran, dass Gen-Zusammensetzungen (reproduzierbar) bestimmte Merkmale in ihrer Überlebensmaschine hervorbringen. Die Gene sind mit dem Schicksal der von ihnen programmierten Maschine komplett verbunden, stirbt die Maschine, ist auch für die Gene darin schluss. Aber(!) da Gene identische Kopien in anderen Maschinen besitzen, kann sich eine "bessere" Zusammensetzung der Gene (oder anderer Gene) durch anderen Maschinen allmählich durchsetzen. Statistisch gesehen, über Millionen von Versuchen, werden bestimmte Genkombination daher häufiger, andere werden seltener oder sterben ganz aus. Die häufigeren werden "fitter" genannt.

Du kannst das daheim auch nachstellen. Nimm 5 Würfel. Jeden feilst du zufällig deutlich irgendo an. Dann nimmst du einen anderen Würfel, eine andere Farbe vielleicht, und würfelst drei Mal. Die Zahlen stellen die "Umwelt" dar. Dann würfeslst du die 5 gezinkten Würfel 1000 mal, wobei der Würfel der am seltensten deine Umwelt-Zahlen gewürfelt hat "austirbt". Dann wiederholst du das noch 4 mal, wobei jedes Mal neu gezählt wird und eine Umwelt-Zahl weniger gilt. Am Ende bleibt der "fitteste" Würfel übrig. Damit haben wir natürlich weder Mutation noch andere Faktoren simuliert, aber dein Zirkelschluss-Fitness-Problem wäre behoben.
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Re: Können gute Wissenschaftler religiös sein?

Beitragvon Vollbreit » Mi 30. Mai 2012, 06:10

Lumen hat geschrieben:Fitness könnte dann so definiert sein, dass es der Sammelbegriff für jene Eigenschaften ist, die den Trägern bestimmter Gene tatsächlich Überlebensvorteile bringen, im Verhältnis zu den Individuen, die diese Gene nicht besitzen. Das Beispiel mit der Anämie und Malaria, was du von Vollmer zitierst, ist doch trefflich und funktioniert. Wo genau liegt dein Problem?


Das Problem ist, dass dieser ominöse Faktor Fitness dann aussagt: Ein Vorteil ist ein Vorteil.
Auch wenn man es ausweitet und sagt: Die Summe aller Faktoren, die evolutionäre Vorteile bringen, nennen wir Fitness.

Lumen hat geschrieben:Außerdem sehe ich da keinen Zirkelschluss. Die Gene kopieren sich und können mutieren, daher sind sie die entscheidende Stufe der Evolution. Lebewesen sind Träger von Genen, die in Dawkins Worten sozusagen Passagier in Überlebensmaschinen sind. Die Kombination von Genen ist teilweise zufällig, aber bestimmte Kombinationen sind überlebensfähiger als andere. Das liegt daran, dass Gen-Zusammensetzungen (reproduzierbar) bestimmte Merkmale in ihrer Überlebensmaschine hervorbringen. Die Gene sind mit dem Schicksal der von ihnen programmierten Maschine komplett verbunden, stirbt die Maschine, ist auch für die Gene darin schluss. Aber(!) da Gene identische Kopien in anderen Maschinen besitzen, kann sich eine "bessere" Zusammensetzung der Gene (oder anderer Gene) durch anderen Maschinen allmählich durchsetzen. Statistisch gesehen, über Millionen von Versuchen, werden bestimmte Genkombination daher häufiger, andere werden seltener oder sterben ganz aus. Die häufigeren werden "fitter" genannt.


Das hast Du knapp und schön erklärt.
Die Aussage ist ja: Wer/Was sich durchgesetzt hat war (unter den jeweils gegebenen Bedingungen) im Vorteil.

Auf dieser Basis kann man auch Prognostizieren: Wenn sich die Temperatur eines Milieus stark erhört, werden die Lebewesen am besten überleben, die sich am ehesten an eine erhöhte Temperatur anpassen können.

Eine Aussage, die Kartenlegerin Olga von Astro-TV alle Ehre macht.
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Re: Können gute Wissenschaftler religiös sein?

Beitragvon laie » Mi 30. Mai 2012, 06:52

@naturalist66

An deiner Antwort sehe ich, daß du das Zirkelhafte dieses Schlusses nicht verstanden hast. Erklärungen in der ET sind ex post facto Erklärungen. In einer in the wild gegebenen Population kann man für die Mitglieder, die sich noch nicht fortgepflanzt haben, nicht sagen, ob sie sich fortpflanzen werden. Denn zuviele Unwägbarkeiten stehen dem entgegen. Diese Unwägbarkeiten sind in dem Ausdruck "Natürliche Auslese" zusammengefasst. Der Zirkel besteht nun nicht darin, daß nur die Kräftigsten, Schönsten und Klügsten überleben, Figuren, die einem im Alltag ganz zwanglos in den Sinn kommen, wenn man von "the fittest" reden hört; Darwin selbst war durchaus nicht wohl dabei, als Freunde ihm dazu rieten, die Formel "Survival of the fittest", die von Herbert Spencer stammte, in den Untertitel einer der späteren Ausgaben von The origin of species zu pressen. Denn genau wie Du sah Darwin natürlich auch, daß es nicht auf das Überleben einer Generation ankommt, sondern um "... the contribution made by a genotype to the genepool of the next and subsequent generations. Reproductive success rather than survival is stressed in the modern definition of natural selection" (Mayr, 1963:183). Wenn also eines erlaubt ist, dann ist es der deterministische Rückschluss von einer Tochtergeneration auf eine Eltergeneration.

Gut, aber was heisst nun "fittest"? Nicht der Stärkste, Schönste, Klügste oder Listigste seiner Generation. Fittest, der Superlativ, leitet sich von Fitness ab. Fitness ist einfach die Anzahl fortpflanzungsfähiger Nachkommen (populationsgenetisch: eine Maß für die Verbreitung genetischer Merkmale). Fit ist also der, der schon fortpflanzungsfähige Nachkommen hat. Der Zirkel selbst ist in dem Zitat schön formuliert: die bestangepaßten, die man definiert als die, die die meisten Nachkommen haben, werden die meisten Nachkommen haben.

Doch Vorsicht, Prognosen sind ja in der ET wegen Natürlicher Auslese nicht möglich. Also heisst der Zirkelschluss: die, die meisten Nachkommen haben, werden die meisten Nachkommen gehabt haben.
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Re: Können gute Wissenschaftler religiös sein?

Beitragvon laie » Mi 30. Mai 2012, 07:25

Lumen hat geschrieben:Das Beispiel mit der Anämie und Malaria, was du von Vollmer zitierst, ist doch trefflich und funktioniert.


also, wenn ich es richtig vestanden habe, dann schützt nicht die Sichelzellenanämie vor Malaria, sondern das Sichelzellenallel. Deshalb ist das Sichelzellenallel in Malariagebieten häufiger, weil es einen gewissen Schutz vor Malaria bietet. Die Sichelzellenänamie ist eine Krankheit, die darunter Leidenden tragen das Sichelzellenallel nicht. Das Sichelzellenallel schützt also vor Sichelzellenanämie und vor Malaria.

Vollmer sagt nun: wenn Malaria zurückgeht, dann wird auch die Sichelzellenanämie zurückgehen. Warum? Sichelzellenänamie ist nicht an Malaria gebunden. Es ist eine selbständige Krankheit, die etwa bei einem unter 250 auftritt (http://de.wikipedia.org/wiki/Sichelzell ... erbreitung). Zum Vergleich Malaria: weltweit 243 Millionen. Das Sichelzellenallel tritt häufiger in Malaria-Gebieten auf, weil Malaria häufiger ist. Es tritt aber auch auf, wo es keine Malaria gibt, sondern Sichelzellenanämie. Und es wird erst dann nicht mehr auftreten, wenn es keine Malaria und keine Sichelzellenanämie mehr gibt.
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Re: Können gute Wissenschaftler religiös sein?

Beitragvon stine » Mi 30. Mai 2012, 08:21

laie hat geschrieben:Der Zirkel besteht nun nicht darin, daß nur die Kräftigsten, Schönsten und Klügsten überleben, Figuren, die einem im Alltag ganz zwanglos in den Sinn kommen, wenn man von "the fittest" reden hört;
Menschen sind hier sowieso nicht der Maßstab um Messungen und Erfahrungen in Sachen ET hervorzubringen. Es sei denn, man beschränkt sich auf Drittweltländer.
Geht man in "zivilisierten" Ländern mal in einen Supermarkt, so stellt man sehr schnell fest, dass sich nur die Dicksten, Häßlichsten und Bequemsten bis jetzt so durchgesetzt haben.
Oder gehen die Anderen nicht zum Einkaufen?

:mg: stine
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Re: Können gute Wissenschaftler religiös sein?

Beitragvon Vollbreit » Mi 30. Mai 2012, 09:14

stine hat geschrieben:Menschen sind hier sowieso nicht der Maßstab um Messungen und Erfahrungen in Sachen ET hervorzubringen.


Stimmt.
Wikipedia hat geschrieben:Voraussetzung darwinistischer Entwicklungen ist die Blindheit der sich entwickelnden Individuen gegenüber den Rahmenbedingungen. Nur unter dieser Bedingung kann von rein zufälligen Vorgängen gesprochen werden. Wer den Menschen für erkenntnisfähig hält, z. B. zur Erkenntnis eines in der Natur vorhandenen Evolutionsgeschehens, der wird darwinistische Systematik nicht auf menschliche, zumindest nicht auf intellektuelle Phänomene anwenden können. Susan Blackmores Meme-Versuch demonstriert gemäß solchen Auffassungen das Misslingen einer entsprechenden Übertragung.
(Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Darwinismu ... arwinismus)


Man achte übrigens auf die Formulierung: "Wer den Menschen für erkenntnisfähig hält..."
Hat mich schon beeindruckt.
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Re: Können gute Wissenschaftler religiös sein?

Beitragvon Lumen » Mi 30. Mai 2012, 10:58

Vollbreit hat geschrieben:Das Problem ist, dass dieser ominöse Faktor Fitness dann aussagt: Ein Vorteil ist ein Vorteil.
Auch wenn man es ausweitet und sagt: Die Summe aller Faktoren, die evolutionäre Vorteile bringen, nennen wir Fitness. [...] Das hast Du knapp und schön erklärt. Die Aussage ist ja: Wer/Was sich durchgesetzt hat war (unter den jeweils gegebenen Bedingungen) im Vorteil. Auf dieser Basis kann man auch Prognostizieren: Wenn sich die Temperatur eines Milieus stark erhört, werden die Lebewesen am besten überleben, die sich am ehesten an eine erhöhte Temperatur anpassen können. Eine Aussage, die Kartenlegerin Olga von Astro-TV alle Ehre macht. Das ist das Flaggschiff der modernen Wissenschaft?


Verstehe, Kartenlegerin Olga.

Absolute fitness of a genotype is defined as the ratio between the number of individuals with that genotype after selection to those before selection. It is calculated for a single generation and may be calculated from absolute numbers or from frequencies. When the fitness is larger than 1.0, the genotype increases in frequency; a ratio smaller than 1.0 indicates a decrease in frequency. [...] Relative fitness is quantified as the average number of surviving progeny of a particular genotype compared with average number of surviving progeny of competing genotypes after a single generation, i.e. one genotype is normalized at w=1 and the fitnesses of other genotypes are measured with respect to that genotype. Relative fitness can therefore take any nonnegative value, including 0. The two concepts are related, as can be seen by dividing each by the mean fitness, which is weighted by genotype frequencies.
Fitness (Biology), Wikipedia (EN)

Über die Definitionsfragen zur "Fitness", siehe diesen Spezialartikel: Fitness, Stanford Encyclopedia of Philosophy.

Könnte "Kartenlegerin Olga" eine gute Wissenschaftlerin sein? Möglich, mit Compartmentalization, wie schonmal verlinkt (und bequem von dir ignoriert), aber unwahrscheinlich. Sie müsste eigentlich ihre naturwissenschaftliche Sicht mit der Möglichkeit, die Zukunft aus Abbildungen auf Karten herauslesen zu können, vereinen. Bei religiöse Ansichten ist es dasselbe, Seelen, Gebete und so weiter müssen eigentlich in einem wissenschaftlichen Weltbild unterkommen. Aber da Glaube sich wie ein Vexierbild verhalten kann (und oft solche Züge hat), kann eine Person mehrere disparate Weltsichten annehmen. Zum Beispiel nehmen viele Christen die Bibel-Geschichten nicht buchstäblich als wahr an, sondern messen ihr symbolische Bedeutung bei. Trotzdem ist die symbolische Bedeutung für den Gläubigen "faktisch wahr" genug, um die Existenz bestimmter Wesenheiten und Ereignisse der Bibel als wahr anzuerkennen. Während in einer (emotionalen) Lesart die Geschichten stimmen, sind sie in der anderen (rationaleren) Lesart nur symbolisch, daher religiöses Vexierbild. Es ist so, als hätte man ein komplementäre, aber abstrakte Idee zum Weihnachtsmann, auf die man jederzeit zurückfallen kann, wenn die Unwahrscheinlichkeit der (faktischen) Figur hervorgehoben wird. Gleichzeitig kann der infantile Gläubige jederzeit wieder in seine kindliche Fantasie zurückfallen, sobald es keine Bedrohung der Fantasie mehr gibt. So können sich Gläubige ihre imaginären Freunde (bzw. himmlischen Diktator) am Leben erhalten.
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Re: Können gute Wissenschaftler religiös sein?

Beitragvon Vollbreit » Mi 30. Mai 2012, 11:29

Danke für den Stanford link, ich habe ihn noch nicht gelesen und komme heute auch nicht mehr dazu, werde das aber nachholen.

Der Rest Deiner Ausführungen beschäftigt sich wieder mit Glauben etc. , davon ist in meinen Ausführungen nicht die Rede gewesen.

Jetzt noch mal ein paar Gedanken zur Evolutionstheorie.
(sollte der Stanford link da ändernd oder ergänzend etwas erklären/korrigieren, kann das gerne gepostet werden)
Erfolg im Sinne der ET besteht aus den Komponenten:
1. Die Zahl der Nachkommen, die wiederum Nachkommen produzieren.
2. Der Faktor „Fitness“.
3. Andere Faktoren.

zu 1.) Zentrales Element (und das einzige von Darwin) ist der Faktor Nachkommen, die ihrerseits Nachkommen in die Welt setzen.

Wikipedia hat geschrieben:Fitness ist ein Maß für die Anpassung eines Individuums oder eines Genotyps an seine Umwelt. Der adaptive Wert eines Merkmals (bzw. der Kodierung dieses Merkmals) bemisst sich danach, wie es sich auf die Anzahl von dessen Nachkommen auswirkt; eine Anpassung ist besser, wenn sie die Nachkommenzahl steigert, d. h. Fitness misst die Summe der Anpassungen anhand der Anzahl fortpflanzungsfähiger Nachkommen. Im Idealfall lassen sich die Eigenschaften, welche die höhere Nachkommenzahlen bewirken, bestimmen. Da die Nachkommen ebenfalls über die günstigen Anpassungen verfügen, setzen sie sich im Verlaufe der Evolution durch, bis sich die Umweltbedingungen ändern.
http://de.wikipedia.org/wiki/Fitness_%2 ... in-Fitness


Über diese Definition sagt nun der Kronzeuge Vollmer:
Gerhard Vollmer hat geschrieben:Wie definiert und wie misst man ‚Tauglichkeit’
oder ‚Fitness’? Häufig hört man,
die Fitness eines Organismus werde über
das Überleben oder über die Zahl der Nachkommen
definiert. Wenn aber die Fitness
definitorisch an das langfristige Überleben
gebunden ist, dann scheint das Selektionsprinzip
nicht mehr zu behaupten als das
Überleben des Überlebenden, also nur ein
survival of the survivor. Dann wäre es zirkulär,
letztlich sogar analytisch, und würde
nicht viel sagen.
(Quelle: http://www.gkpn.de/Vollmer_Atheismus-Metaphysik.pdf Kapitel 7)


Unklar bleibt aber, ob der Faktor „Fitness“ nun mit den Nachkommen zusammenfällt, also identisch ist, oder eine eigene Größe darstellt (vgl. dazu unten).


Zu 2.) Eine Evolutionstheorie, die nur auf dem Überleben der Nachkommen beruht, wäre laut Vollmer zirkulär und nichtssagend.
Damit das nicht der Fall ist, wird dem Überleben der Nachkommen nun die „Fitness“ an die Seite gestellt. (Wobei nicht ganz klar ist, wie dasVErhältnis vom Überleben der Nachkommen zur Fitness nun ist: Ist es identisch? Ist das Überleben der Nachkommen ein Teilelement der Fitness? Oder ist Fitness ein Teilelement des Überlebens der Nachkommen? Ist Fitness eine von dem Überleben der Nachkommen ganz unabhängige Größe?)

Wobei es dann einschränkend heißt:
Wikipedia hat geschrieben:Die Messgröße "Fitness" ist in der Evolutionstheorie nützlich, aber nicht zentral. Es ist ohne weiteres möglich, die Theorie ganz ohne diesen Begriff zu definieren und zu begründen. In der Tat kam Charles Darwin in seiner ursprünglichen Fassung der Evolutionstheorie ohne ihn aus, die Definition geht auch nicht auf ihn selbst zurück. Bei der Untersuchung der Fitness ist es häufig sinnvoll, Teilprozesse zu betrachten (z. B. Überlebensrate, Fortpflanzungsrate, Paarungserfolg, Lebensdauer usw.)
http://de.wikipedia.org/wiki/Fitness_%2 ... in-Fitness


Auch Lumen schreibt:
Lumen hat geschrieben:Die Evolutiontheorie hängt nicht an der Definition von Fitness fest, sondern beruht u.A. auf mathematischen, statistischen Modellen, die überprüfbar sind.


Der Faktor Fitness, ist also einerseits die zentrale Ergänzung zu der ansonsten zirkulären und nichtsagenden These Darwins (Vollmer), andererseits aber nun auch nicht so wichtig: Man könnte auch ohne und nun wird das Gewicht verlagert, auf andere Faktoren.

Offensichtlich hat auch die wiki Communitiy größere Schwierigkeiten zu Rolle der Fitness zu klären:

Wikipedia hat geschrieben:Trotz seiner zentralen Rolle in der Evolutionstheorie und der intuitiven Klarheit des Begriffs ist seine genaue Definition schwierig und er wird bis heute in leicht unterschiedlichen Bedeutungen gebraucht.
Quelle: ebd.


Die Rolle der Fitness ist zentral und auch intuitiv klar (super Aussage für eine wissenschaftliche Theorie - nein DIE zentrale wissenschaftliche Theorie), aber irgendwie schwierig zu formulieren und andererseits steht ein paar Zeilen weiter:

Wikipedia hat geschrieben:Die Messgröße "Fitness" ist in der Evolutionstheorie nützlich, aber nicht zentral.
Quelle: ebd.



Zu 3.) Bleiben also die anderen Faktoren als Retter in der Not.
Die statistische Berechenbarkeit.

Da hätten wir dann einmal diese
http://de.wikipedia.org/wiki/Fitness_%2 ... er_Fitness

und zum anderen diese
Gerhard Vollmer hat geschrieben:Manfred Eigens „Wertfunktion“
W: = AQ – D liefert sogar ein quantitatives
Maß für Fitness. Dabei werden Vermehrungsfaktor
A, Qualitätsfaktor Q und
Zerfallsanteil D unabhängig vom langfristigen
Überleben definiert, erlauben es aber
durchaus, letzteres vorauszusagen.

im Angebot.

Hat jemand Lust sie zu diskutieren und zu erläutern?
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Re: Können gute Wissenschaftler religiös sein?

Beitragvon laie » Mi 30. Mai 2012, 11:42

Ich möchte nun wieder den Bogen spannen zu der Frage, ob gute Wissenschaftler religiös sein können. Zunächst möchte ich jedoch die Frage stellen, ob Gentechniker gute Gentechniker sein können, ohne etwas von der neodarwinischen Evolutionstheorie zu wissen. Oder ob Paläontologen gute Paläontologen sein können, ohne etwas von der neodarwinischen Evolutionstheorie zu wissen. Oder ob Verhaltensforscher gute Verhaltensforscher sein können, ohne.....

Ich meine, die Antwort ist ja. "Gentechnik" betreiben die Menschen seit den Zeiten von "Kain und Abel", seit sie Ackerbauern und Viehzüchter sind. Immer schon haben Menschen ihre Nutztiere und Nutzpflanzen untereinander gekreuzt. In Deutschland geschah die Auswahl der Tiere für Zucht (die Zuchtwahl) im März, für die Zucht untaugliche Tiere wurden als Märzvieh bezeichnet und ausgemerzt. Ein Viehzüchter oder Ackerbauer war kein Evolutionist und musste sich mit der neodarwinischen Evolutionstheorie ebensowenig herumschlagen wie ein heutiger Hochglanzgentechniker. Gleiches gilt für Verhaltensforscher, Ornithologen, Paläontologen usw. Für ihre tägliche Arbeit brauchen die keine neodarwinische Evolutionstheorie.

Ohne die neodarwinische Evolutionstheorie fällt die Biologie wieder auf das zurück, was sie im Grunde immer schon war: eine klassifikatorische Wissenschaft, eine die Lebewesen anhand von Lebensweisen, Verhalten, Aussehen, Paarungsverhalten usw. in Klassen einteilt. Briefmarkensammeln eben, wie der Physiker Rutherford abschätzig, aber nicht ohne Hintersinn bemerkte. Durch die neodarwinische Evolutionstheorie gibt man sich eben den Anschein, mehr zu sagen, als man eigentlich zu sagen hat.
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Re: Können gute Wissenschaftler religiös sein?

Beitragvon mat-in » Mi 30. Mai 2012, 18:22

Vollbreit hat geschrieben:...Häufig hört man, die Fitness eines Organismus werde über das Überleben oder über die Zahl der Nachkommen definiert. Wenn aber die Fitness definitorisch an das langfristige Überleben gebunden ist, dann scheint das Selektionsprinzip nicht mehr zu behaupten als das Überleben des Überlebende...
Und hier liegt schon der Fehler: Es geht um das eigene überleben, lang genug, daß man Nachwuchs erzeugt. Wie es dann um die fitness des Nachwuchs bestellt ist, ist wieder die nächste Frage und wie Fit deren Nachwuchs ist, die übernächste! (wenn man es als Population oder Allelefrequenz sehen will gilt das analog aber etwas schwerer zu erklären ;)

laie hat geschrieben:Ich möchte nun wieder den Bogen spannen zu der Frage, ob gute Wissenschaftler religiös sein können. Zunächst möchte ich jedoch die Frage stellen, ob Gentechniker gute Gentechniker sein können, ohne etwas von der neodarwinischen Evolutionstheorie zu wissen. ...
Nenenenenee! Du mischst hier: "Muß ich auf dem neuesten Stand der Forschung sein um das zu betreiben oder kann ich auch uralte Ideen verwenden die es nicht annähernd so gut beschreiben" mit "Kann ich auf dem neuesten Stand der Forschung arbeiten und glaube immer noch daß es nach uralten, wiederlegten ideen funktioniert".
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Re: Können gute Wissenschaftler religiös sein?

Beitragvon Vollbreit » Do 31. Mai 2012, 09:58

Das habe nicht ich geschrieben, sondern Gerhard Vollmer war’s.
Es ist aber jedem klar worum es geht und für Darwin zählt eben nur, dass ein Individuum Nachkommen in die Welt setzt, die dasselbe tun, das ist das einzige Kriterium für evolutionären Erfolg.
Aufgrund dieser Faktoren kommt man immer zu der Aussage, dass diejenigen die existieren am besten angepasst sind, wären sie es nicht, würden sie nicht existieren.

Es kann ja sein, dass das stimmt.
Nur, falsifizierbar, nach Popper, ist das gerade nicht.
Eine Theorie ist das im Grunde auch nicht.

Es geht ja in Diskussionen dieser Art immer wieder darum, den so fundamentalen Unterschied zwischen religiösem und wissenschaftlichem Weltbild zu betonen. Mitunter wird dabei die Evolutionstheorie das der Wendepunkt schlechthin angesehen, das Herzstück der Wissenschaft.

Nur worin denn nun der Unterschied liegt, das ist sehr unklar.
Gewöhnlich greift man bei der Betonung der Unterschiede auf Popper zurück und das Kriterium der prinzipiellen Falisfizierbarkeit. Vielen ist das hier scheinbar überhaupt nicht bekannt und in der Praxis spielt es vermutlich kaum eine Rolle. Das ist insofern okay, weil man auch Popper hier skeptisch sehen darf und muss, die Existenzaussagen wurden angesprochen, sie sind nicht falsifizierbar und genügend damit nie Poppers Ansprüchen, nur ist die Wissenschaft voll von diesen Aussagen.

Die nahezu unüberwindliche Kluft, worin liegt die denn? In der Falsifizierbarkeit schon mal nicht.
Wo dann? Wenn diese Differenz überhaupt nicht auszumachen ist, wo sollte dass Problem liegen, außer dass man unterschiedlichen Glaubenssystemen anhängt?

Wenn diese Differenz klar und offensichtlich ist, wieso kann man sie dann nicht in drei einfachen deutschen Sätzen benennen? Anekdoten von religiösen Menschen mit bizarrem Verhalten sind ja immer nett, nur ehrlich gesagt, würde man die Antworten einiger Diskussionspartner hier einer breiteren Öffentlichkeit zugänglich machen, eine schlechtere Werbung für Wissenschaft und Co. kann man sich kaum ausdenken, also Stoff für Anekdoten gäbe es reichlich.


Die Erweiterung der Thematik in Deiner Antwort an laie finde ich interessant.
Kann man, so lese ich die Frage über die berufliche Tätigkeit hinaus, eigentlich auf zwei Hochzeiten tanzen? Mit dem Handy telefonieren und an den heiligen Geist glauben? Eine MRT Untersuchung machen und Globuli schlucken? An Psychosen glauben und zum Exorzisten gehen?

Die einen sagen nein, das ginge nur auf Kosten einer psychischen Spaltung die ihrerseits ein Problem darstellt. Die argumentieren, man müsse sich entscheiden um, Lumen hat etwas dazu gepostet, kognitive Dissonanzen abzubauen.
Andererseits ist die Toleranz gegenüber Ambivalenzen ein Zeichen psychischer Reife und ein entweder/oder Weltbild oft schwer pathologisch.

Doch wo ist die Grenze zwischen der Integration ambivalenter Sichtweisen und Zersplitterung?
Wo ist die Grenze zwischen Differenzierung und Dissoziation?
Was denkt ihr und wie begründet ihr eure Sicht?
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Re: Können gute Wissenschaftler religiös sein?

Beitragvon laie » Do 31. Mai 2012, 11:27

mat-in hat geschrieben:Nenenenenee! Du mischst hier: "Muß ich auf dem neuesten Stand der Forschung sein um das zu betreiben oder kann ich auch uralte Ideen verwenden die es nicht annähernd so gut beschreiben" mit "Kann ich auf dem neuesten Stand der Forschung arbeiten und glaube immer noch daß es nach uralten, wiederlegten ideen funktioniert".


Weder noch. Du stellst zwei Alternativen vor, die ich im folgenden leicht paraphrasieren werde:

Alternative 1: "Muss ich Evolutionist sein, um das (=Gentechnik) betreiben zu können, oder kann ich auch uralte Ideen verwenden, die es (=Gentechnik?) nicht annährend so gut beschreiben."

Bemerkung: die biologische Evolutionstheorie ist für das tägliche Handwerk des Gentechnikers ebenso bedeutungslos wie "uralte Ideen". Die Gentechnik (und nicht nur sie) ist weder von Evolutionstheorie noch von Gottglaube abhängig. Das ist die These.

Alternative 2: "Kann ich als Gentechniker arbeiten und glaube immer noch daß es (=die Gentechnik) nach uralten, wiederlegten ideen funktioniert"

Bemerkung: Die Gentechnik funktioniert nicht nach der Evolutionstheorie und auch nicht nach uralten Ideen. Man muss weder Evolutionist noch Theologe sein, um ein guter Gentechniker zu sein. Sie ist eine eigenständige Wissenschaft. Alternative 2 muss also lauten:

Alternative 2a: "Kann ich als Gentechniker arbeiten und glaube immer noch, daß es (=die Vielfalt des Lebendigen) nach uralten, widerlegten Ideen funktioniert"
Antwort: ja, man kann. Wer kann? Francis Collins zum Beispiel, der Leiter des Human Genome Projects. Man kann aber auch Evolutionist sein, das ist nämlich eins.
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Re: Können gute Wissenschaftler religiös sein?

Beitragvon Lumen » Do 31. Mai 2012, 15:48

Vollbreit hat geschrieben:[...] Die nahezu unüberwindliche Kluft, worin liegt die denn? In der Falsifizierbarkeit schon mal nicht. Wo dann? Wenn diese Differenz überhaupt nicht auszumachen ist, wo sollte dass Problem liegen, außer dass man unterschiedlichen Glaubenssystemen anhängt? [...] Die Erweiterung der Thematik in Deiner Antwort an laie finde ich interessant. Kann man, so lese ich die Frage über die berufliche Tätigkeit hinaus, eigentlich auf zwei Hochzeiten tanzen? Mit dem Handy telefonieren und an den heiligen Geist glauben? Eine MRT Untersuchung machen und Globuli schlucken? An Psychosen glauben und zum Exorzisten gehen? Die einen sagen nein, das ginge nur auf Kosten einer psychischen Spaltung die ihrerseits ein Problem darstellt. Die argumentieren, man müsse sich entscheiden um, Lumen hat etwas dazu gepostet, kognitive Dissonanzen abzubauen. Andererseits ist die Toleranz gegenüber Ambivalenzen ein Zeichen psychischer Reife und ein entweder/oder Weltbild oft schwer pathologisch. Doch wo ist die Grenze zwischen der Integration ambivalenter Sichtweisen und Zersplitterung? Wo ist die Grenze zwischen Differenzierung und Dissoziation? Was denkt ihr und wie begründet ihr eure Sicht?


Deine Sichtweise ist derart fremdartig, dass ich nicht mal weiß, wie ich deine Fragen beantworten soll. Können wir davon ausgehen, dass Menschen allgemein eine Konsistenz der jeweiligen Wirklichkeit bevorzugen (~so beschaffen sind)? Normale Menschen, als auch Wissenschaftler nehmen an, dass z.B. die Wirklichkeit konsistent ist (was immer das bedeutet, bitte nicht noch mehr Obskurantismus—es sei denn, da drückt der Schuh). Die meisten Konsumenten von Büchern, Filmen und anderen Kunstwerken die andere "Welten" enthalten (und sei es nur eine mit einem US Präsidenten, der wie Hugh Jackman aussieht) verlangen ebenfalls eine Konsistenz der jeweiligen Welt. Die andern mögen ab und zu auch Filme von David Lynch. Der Punkt ist: entweder Evolution oder Genesis (oder eine fantastische weitere Lösung). Ambivalenz ist kein Zeichen "psychischer Reife" und ein entweder/oder Weltbild ist nicht "schwer pathologisch"! Was du vermutlich meinst ist das Abwägen von Positionen bei einer Urteilsfindung und das Eingrenzen von komplexen Sachverhalten durch, vielleicht, "dialektisches Herantasten". Man kann es auch reif finden, wenn jemand eine Fragestellung ohne Urteil aushalten kann (keine Meinung haben, oder offen lassen). Oder wenn eine Antwort, wie in wissenschaftlichen Weltbildern üblich, vorläufiger Natur sind. Aber auch dann braucht man nicht agnostisch zu jedwedem Unsinn zu sein. Man kann dennoch mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit und einer gewissen Sicherheit davon ausgehen, dass der Weihnachtsmann, der religiöse Jesus, die Zahnfee, Batman und andere Gestalten nicht wirklich existieren.

Erkläre doch mal deinerseits in einer schlüssigen Weise, wie (!) eine bronzezeitliche Mythologie sich gegen die Wissenschaft hält. Die Mythologie ist haargenau auf dem gleichen Stellenwert an "Wahrheitsgehalt" wie ein "Krieg der Sterne" Film. Siehst du Wissenschaften tatsächlich genau gleich? Schon im kleinen wird der Unterschied deutlich. Ich kann eine zufällige Aussage befolgen, warum der Fernseher nicht geht, oder kann systematisch testen ob Stecker steckt, Strom in der Dose ist (Sicherungskasten), ob ein Kanal eingestellt ist usw. und Schrittweise der "Wahrheit" näher kommen. Auf einen zufälligen Ratschlag vom Nachbarn hören, der eine Anekdote zu Röhrenfernsehern hat wird da erwartungsgemäß weniger zielführend sein. Es ist gefährlich wenn Philosphie den gesunden Menschenverstand unterhöhlt und "unbewiesene und unbeweisbare" Behauptungen (Religion) unterschiedlos auf eine Stufe stellt mit Behauptungen die zumindest irgendwo geerdet sind. Wenn das da klemmt, würd ich das pathologisch nennen.
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Re: Können gute Wissenschaftler religiös sein?

Beitragvon Nanna » Do 31. Mai 2012, 16:30

Ich bin mir gerade nicht ganz sicher, ob die Evolutionstheorie sich tatsächlich über eineinhalb Jahrhunderte derart heftigen Angriffen hätte erwehren können, wenn sie in der empirischen Wissenschaft unbrauchbar wäre. Natürlich kann man auch wiederum über empirische Forschung streiten, Popper beispielsweise wendet sich gegen den positivistischen Empirismus. Trotzdem sehe ich, wie meine Vorredner auch, ein Ungleichgewicht in der Bewertung. Selbst wenn man den Empirismus aus epistemologischen Gründen ablehnt, kommt man meines Erachtens vernünftigerweise nicht darum herum, einzugestehen, dass dessen methodologische Schwächen um ein Vielfaches geringer sind, als bei Erkenntnismethoden, die brennende Büsche oder brennendes Gras in einem Stück Papier beinhalten oder sich eben letztlich auf naive Mythologien berufen. Selbst wenn man radikaler Konstruktivist ist, hieße das nunmal nicht, dass deshalb jedes Narrativ gleichwertig wäre.

Gesellschaftspraktisch ist es sicherlich ratsam, Individuen und Gruppen ihre Ansichten zu lassen, aber das bedeutet noch lange keinen Relativismus zu betreiben.
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Re: Können gute Wissenschaftler religiös sein?

Beitragvon stine » Do 31. Mai 2012, 16:40

Du hast ja so recht @Lumen!
Es ist nur so, dass sich die meisten Menschen gerne in einer Ecke ganz versteckt und ganz weit hinten einen kleines Fünkchen, das wir unsere Hoffnung nennen, beibehalten.
Dein Beispiel mit dem Fernseher ist einleuchtend und ja, wenn ich alles überprüft habe und trotzdem nichts mehr geht, dann kann es auch sein, dass mir ein Engel die Hilfe in Form eines elektrotechnisch kundigen Nachbarn vorbei schickt, der eigentlich noch nie reingeschaut hat, aber an diesem Abend sind ihm zufällig Salz oder Zucker oder Eier ausgegeangen und dabei kann er sich gleich revanchieren und den Fernseher reparieren.
Ich meine damit, dass es Dinge gibt, die wir nicht erklären können und die trotzdem passieren. Wissenschaftlich erklärt sind das Zufälle, aber sie sind nicht errechenbar und sie sind das kleine Fünkchen in uns, das wir Hoffnung nennen.

LG stine
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Re: Können gute Wissenschaftler religiös sein?

Beitragvon Vollbreit » Do 31. Mai 2012, 16:46

Lumen hat geschrieben: Können wir davon ausgehen, dass Menschen allgemein eine Konsistenz der jeweiligen Wirklichkeit bevorzugen (~so beschaffen sind)?


Es gibt zumindest eine These die das besagt.

Lumen hat geschrieben:Normale Menschen, als auch Wissenschaftler nehmen an, dass z.B. die Wirklichkeit konsistent ist (was immer das bedeutet, bitte nicht noch mehr Obskurantismus—es sei denn, da drückt der Schuh).


Mit Sicherheit nicht.
Normale Menschen haben Weltbilder, die von Inkonsistenzen nur so strotzen, nur fällt das meistens nicht weiter auf, weil sie damit nicht allein sind.

Lumen hat geschrieben: Der Punkt ist: entweder Evolution oder Genesis (oder eine fantastische weitere Lösung).


Deine These ist also, mal müsse sich entscheiden.
Warum?

Lumen hat geschrieben: Ambivalenz ist kein Zeichen "psychischer Reife" und ein entweder/oder Weltbild ist nicht "schwer pathologisch"!


Doch, natürlich.

Lumen hat geschrieben: Was du vermutlich meinst ist das Abwägen von Positionen bei einer Urteilsfindung und das Eingrenzen von komplexen Sachverhalten durch, vielleicht, "dialektisches Herantasten".


Dass man beide Seiten einer Problematik sehen kann (und sich am Ende doch entscheidet), ist ganz sicher auch ein Zeichen der Reife, keine Frage.

Lumen hat geschrieben: Man kann es auch reif finden, wenn jemand eine Fragestellung ohne Urteil aushalten kann (keine Meinung haben, oder offen lassen).


Finde ich auch. Man muss nicht auf alles eine Antwort haben.

Lumen hat geschrieben: Oder wenn eine Antwort, wie in wissenschaftlichen Weltbildern üblich, vorläufiger Natur sind. Aber auch dann braucht man nicht agnostisch zu jedwedem Unsinn zu sein. Man kann dennoch mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit und einer gewissen Sicherheit davon ausgehen, dass der Weihnachtsmann, der religiöse Jesus, die Zahnfee, Batman und andere Gestalten nicht wirklich existieren.


Natürlich.

Lumen hat geschrieben: Erkläre doch mal deinerseits in einer schlüssigen Weise, wie (!) eine bronzezeitliche Mythologie sich gegen die Wissenschaft hält.


Da muss man mehrere Aspekte beleuchten.
Zum erkenntistheoretischen Aspekt hat Wilber mal gesagt, die Rationalität kann alles, was der Mythos kann – und noch ein bisschen mehr. Dem würde ich mich anschließen.
Der andere Punkt ist die verbindende Kraft. Einen gemeinsamen Mythos zu haben – der muss nicht religiös sein – ist sicherlich sehr kraftvoll und schafft eine Identität, die die Rationalität nie wirklich aufbauen konnte.
Meistens liegen in Mythen mehr tradierte Werte und er zielt weniger auf Welterklärung im naturwissenschaftlichen Sinne.

Der andere Bereich: Man kann in mythischer Weise auch an Naturwissenschaften glauben, meistens nennt man das Wissenschaftsgläubigkeit. Man zieht seine Projektionen dann von den Schwarzkitteln ab und nimmt stattdessen die Weißkittel, der eigene Entwicklungsschritt ist gleich null.
Man kann auch rational-wissenschaftlich eingestellt sein und wirklich wissen, worum es geht und das im Alltag leben.

Der Gegenpol wäre einmal der mythische Mensch, der ganz im Mythos lebt (sofern das in einer Zeit wie heute möglich ist).
Der andere Typus entspräche der Threadfrage: Ein religiöser Menschen, der ein guter Wissenschaftler ist.

Ob es eine prinzipielle Offenheit der Wissenschaften gibt, gegenüber einer prinzipiellen Geschlossenheit mythischer Weltbilder, da bin ich insofern skeptisch, weil durch allerlei Vorselektion die Offenheit der Wissenschaft mir manchmal etwas fragwürdig erscheint.

Lumen hat geschrieben: Schon im kleinen wird der Unterschied deutlich. Ich kann eine zufällige Aussage befolgen, warum der Fernseher nicht geht, oder kann systematisch testen ob Stecker steckt, Strom in der Dose ist (Sicherungskasten), ob ein Kanal eingestellt ist usw. und Schrittweise der "Wahrheit" näher kommen.


Warum sollte ein mythischer Mensch dazu nicht fähig sein? Der ist doch nicht geistig behindert.
Gerüchten zufolge haben manche sogar einen Führerschein und studieren.

Lumen hat geschrieben:Es ist gefährlich wenn Philosphie den gesunden Menschenverstand unterhöhlt und "unbewiesene und unbeweisbare" Behauptungen (Religion) unterschiedlos auf eine Stufe stellt mit Behauptungen die zumindest irgendwo geerdet sind. Wenn das da klemmt, würd ich das pathologisch nennen.


Wie kommt Du auf die Idee, es sei die Aufgabe der Philosophie unbewiesene oder unbeweisbare Behauptungen zu unterstützen?
Philosophie ist ein durch und durch rationales Geschäft, bei dem einzig und allein von Interesse ist, ob Aussagen oder Theorien konsistent sind.
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Re: Können gute Wissenschaftler religiös sein?

Beitragvon Vollbreit » Do 31. Mai 2012, 17:17

Nanna hat geschrieben:Selbst wenn man den Empirismus aus epistemologischen Gründen ablehnt, kommt man meines Erachtens vernünftigerweise nicht darum herum, einzugestehen, dass dessen methodologische Schwächen um ein Vielfaches geringer sind, als bei Erkenntnismethoden, die brennende Büsche oder brennendes Gras in einem Stück Papier beinhalten oder sich eben letztlich auf naive Mythologien berufen. [...]

Gesellschaftspraktisch ist es sicherlich ratsam, Individuen und Gruppen ihre Ansichten zu lassen, aber das bedeutet noch lange keinen Relativismus zu betreiben.


Aber was macht den Unterschied aus?
Dass etwas irgendwie intuitiv einleuchtend ist, ist ja etwas, wofür man gerade aus der Skeptikerecke Hohn und Spott erntet.
Die Evolutionstheorie sei zwar schwer zu begründen, aber intuitiv einleuchtend, heißt es allerdings, aus derselben Ecke.

Es wird ja immer betont, man wolle logisch argumentieren, nicht gefühlig.
Es ginge um Fakten (was immer das ist) nicht um Wünsche und Spekulationen.
Lumen betont die Bedeutng der Konsistenz. Im Alltag greift das zwar nur bedingt, aber in der Wissenschaft sollte man damit schon ernst machen.
Nur zu.

Eine ganz starke Seite der Naturwissenschaft betont Feynman, das Experiment.
Das Experiment dient allerdings eher zur Legitimation von Theorien, sie haben keinen Erkenntniswert außerhalb ihres Kontextes, das wird oft nicht gesehen.
Es wird oft so getan, als könne man von den Fakten aufwärts, eine Welt zusammenbasteln und Quine erklärt, warum das nicht geht.

Auch von C. F. Weizsäcker hat ein pragmatisches Argument, das immerhin nicht ohne ist und im Grunde Deiner Einstellung nahe kommt.
Wer puntgenau eine Sonde auf dem Mars landen lassen kann, dessen Weltbild kann so schlecht nicht sein.
Dagegen spircht, dass auch eine Kette von Fehler zu richtigem Funktionieren führen kann (und der Funktionalismus als Wahrheitskriterium daher ungeeignet ist), doch intuitiv würde ich von Weizsäcker hier natürlich zustimmen.

Es ist halt nicht so leicht, wenn man sich mal die Mühe macht und wirklich konsistente Begründungen finden will, anstatt sich nur immer zu versichern, wie klug man ist und wie dumm die andern. Um mehr geht es mir hier erst mal nicht, als um ein wenig gesunde Skepsis gegenüber Vorurteilen und den eigenen Mythen.
Bei Dir renne ich da sicher offen Türen ein, doch was zur (idealen) Grundausstattung der Brights gehören sollte und was der Stand der Dinge ist, das liest ja jeder selbst.

Über diesen Punkt hinaus, ist die Evolutionstheorie tatsächlich ein entsetzlich ärmliches Ding.
Das ist insofern belastend, als ausgerechent sie zur Gesinnungsfrage schlechthin stilisiert wurde und Kritik an der Evolutionstheorie irgendwie mit Irrationalismus, Verschrobenheit und dubioser Sektiererei iin Verbindung gebracht wurde und wird.
Man hat einfach (noch) keine weitere Schublade und so bleibt nur die Wahl zwischen wissenschaftlich, rational und pro ET und eben irrational, übertrieben postmodern oder gar finsterster Mittelalterling.
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Re: Können gute Wissenschaftler religiös sein?

Beitragvon mat-in » Do 31. Mai 2012, 17:36

laie hat geschrieben:Alternative 1: "Muss ich Evolutionist sein, um das (=Gentechnik) betreiben zu können, oder kann ich auch uralte Ideen verwenden, die es (=Gentechnik?) nicht annährend so gut beschreiben."
Bemerkung: die biologische Evolutionstheorie ist für das tägliche Handwerk des Gentechnikers ebenso bedeutungslos wie "uralte Ideen". Die Gentechnik (und nicht nur sie) ist weder von Evolutionstheorie noch von Gottglaube abhängig. Das ist die These.

Gegenthese: Die meisten modernen Molekularbiologischen methoden hätten wir heute nicht, wenn wir keinen mendel und keinen Darwin gehabt hätten sondern von göttlichen Bauplänen ausgingen. Klar ist mir die exakte Gleichung einer allelfrequenz gleichgültig, wenn ich Baktreien mit fremd-DNA transfiziere, aber könnte ich das ohne was über vererbung, mutation, selektion zu wissen? Ich bringe DNA die mein zu untersuchendes Gen und einen Überlebensvorteil (Resistenzmarker) bietet in die Bakterien ein. Wer mein Gen gefressen hat, überlebt dann in dem Medium mit dem Antibiotikum, der rest fällt der natürlichen Auslese anheim... das ist Evolution im Reagenzglas!
Könnte ich ohne Maxwells Gleichungen auf dem Smartphone Fernsehen? Nein. Muß ich Maxwells Gleichungen verstanden haben, um Fern zu sehen auf dem Smartphone? Nein. Das eine schleißt das andere ja nicht aus.

Also zu These 2...
laie hat geschrieben:Bemerkung: Die Gentechnik funktioniert nicht nach der Evolutionstheorie und auch nicht nach uralten Ideen. Man muss weder Evolutionist noch Theologe sein, um ein guter Gentechniker zu sein.
(s.o.)

laie hat geschrieben:Alternative 2a: "Kann ich als Gentechniker arbeiten und glaube immer noch, daß es (=die Vielfalt des Lebendigen) nach uralten, widerlegten Ideen funktioniert"
Antwort: ja, man kann. Wer kann? Francis Collins zum Beispiel, der Leiter des Human Genome Projects. Man kann aber auch Evolutionist sein, das ist nämlich eins.
Ja, der kann. Andere können auch. Aber nicht als Arbeitshypothese. Die sind Privat oder im Interview religiös, nicht in der Versuchsplanung! (s.o. Diskussion mit Vollbreit)
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