mat-in hat geschrieben:Hast du ihn denn mal gefragt, was er meint das nur der Mensch kann/hat? das ist so herum viel einfacher, da kann er nicht ständig seine Definition ändern...
Arathas hat geschrieben:mat-in hat geschrieben:Hast du ihn denn mal gefragt, was er meint das nur der Mensch kann/hat? das ist so herum viel einfacher, da kann er nicht ständig seine Definition ändern...
Ja, habe ich. Und das, was den Menschen einzigartig machen soll wäre: Der Mensch kann sein Handeln aktiv überdenken und als gut oder böse einstufen und dementsprechend Dinge sein lassen, die ihn seine Instinkte und biologischen Vorgaben drängen würden, zu tun.
Robert Brandom hat geschrieben:„Unsere Einstellungen und Handlungen zeigen einen verstehbaren Inhalt, der erfasst oder begriffen werden kann, indem er in ein Netz von Gründen eingefügt, indem er inferentiell gegliedert wird. Verstehen, in diesem ausgezeichneten Sinne ist das Begreifen von Gründen, das Beherrschen von Richtigkeiten des theoretischen und praktischen Folgerns (der Inferenz). Wenn wir uns selbst als vernünftig auszeichnen – als diejenigen, die im Raum der Gründe leben und sich bewegen und daher für uns Dinge verstehbar sein können –, dann ziehen wir zur Abgrenzung eine Fähigkeit heran, über die durchaus auch Wesen ganz anderer Herkunft und Verhaltensweise verfügen könnten.“
(Brandom, Expressive Vernunft, 1994, dt. 2001, Suhrkamp, S. 37)
Robert Brandom hat geschrieben:„Für die Tiere des Waldes gibt es keine Vernunft. Wir sind diejenigen, für die Gründe bindend sind, die der eigentümlichen Kraft des besseren Grundes unterliegen. Diese Kraft ist eine normative, ein rationales „Sollen“.
Wir selbst stellen uns implizit in einen Raum von Gründen, was bedeutet, „uns selbst als Subjekte von Erkennen und Handeln zu betrachten, oder zu behandeln.“
(ebd. S.37)
stine hat geschrieben:Die Entwicklung des Intellekts ist an die Sprache gebunden, an die Weitergabe des Wissens durch Schrift und Bild. Interessant wäre, wenn Tiere Sprache entwickeln würden, lesen und schreiben könnten, denn dann könnten sie aktiv ihr Wissen weitergeben und an Wissen gelangen. So etwas ähnliches gibt es zwar, Hund und Katze können beispielsweise die Körpersprache ihrer Menschen verstehen, aber untereinander können sich Tiere vermutlich nicht über ihre Menschen austauschen. (So nach dem Motto: "Mein Mensch spinnt heute wieder mal, er sagt, auf das Sofa dürfe ich nicht pinkeln...")
Tiere untereinander schauen sich zwar erlernte Fähigkeiten voneinander ab, was eindeutig auf Denken schließen lassen kann, einen höheren Intellekt entwickeln sie dadurch aber nicht. Sie haben keinen Sinn für Moral, sie lernen nur über Strafe und Belohnung.
Robert Brandom hat geschrieben:„Man könnte sogar behaupten, der Besitz dieser reflexiven expressiven Fähigkeit und von allem was mit ihr zusammenhängt, mache einen so großen Unterschied, dass man hier die Grenze zwischen Sprachlichem und Nichtsprachlichem ziehen könnte. Der Unterschied zwischen logischen und vorlogischen Sprachen ist jedenfalls so wichtig, dass Forscher, die sich dafür interessieren, was für eine Sprache Schimpansen und Delphine lernen können, gut beraten wären, ihnen nicht noch 200 weitere singuläre Termini und Prädikate beibringen zu wollen, sondern erst einmal Konditionale und Quantoren.“
(Brandom, Expressive Vernunft, 1994, dt. 2000, Suhrkamp, S.946, Fußnote 42)
Robert Brandom hat geschrieben:„Das Konditional und die Negation sind die fundamentalen Bausteine des logischen Vokabulars.“ (ebd. S.540)
mat-in hat geschrieben:Gut und Böse finden sich in der Natur nicht, das sind theologische Begriffe. In sofern kann man natürlich sagen, daß der Mensch das Einzige Lebewesen ist das sich so spinnerten Mist ausdenkt.
mat-in hat geschrieben:Die Vorstellung von "Gut" und "Böse" geht doch davon aus, das es "das (absolut) Gute" und "das (absolut) Böse" und eine ganze Skala dazwischen gibt und es wird auch davon ausgegangen, das es objektiv bewertbar wäre.
mat-in hat geschrieben:...Würdest du einen Hebel umlegen, um einen Zug weg von einem Gleis voll Kinder auf eines zu lenken, auf der ein alter Mann arbeitet? Hier antworten die meisten Leute ja! Würdest du einen Alten Mann von einer Brücke schubsen, um einen Zug aufzuhalten, der auf ein Gleis mit Kindern zurast? Hier antworten erstaunlich viele Leute nein.
mat-in hat geschrieben:Was wir bewerten können sind immer relative Bewertungen, abgewägt über ein Schema, daß wir z.B. auf der "Vermeidung von Leid" aufbauen können. Aber "das Böse" existiert einfach nur in Fantasyfilmen und der Bibel.
Peter Knauer, Handlungsnetze hat geschrieben:Aber dann wäre zu fragen, ob die jeweilige Kultur tatsächlich ein letzter, nicht mehr in Frage zu stellender Maßstab sein kann. Müsste nicht zumindest diese Behauptung selbst als kulturübergreifend verstanden werden? Es ist logisch nicht möglich, ohne jeden Universalitätsanspruch auszukommen. Selbst wenn man nicht auf von vornherein universal geltende Sätze zurückgreifen kann, ist doch allen Kulturen zumindest der Anspruch gemeinsam, dass es zum Umgang mit der Wirklichkeit der Aufmerksamkeit und Sorgfalt bedarf.
Peter Knauer, Handlungsnetze hat geschrieben:Die Zulassung oder Verursachung eines Schadens ist dann erlaubt, wenn
a) die Handlung nicht »in sich schlecht« ist;
b) der Schaden nicht als Zweck direkt beabsichtigt ist;
c) der Schaden auch nicht als Mittel zum Zweck direkt beabsichtigt ist;
d) für die Zulassung oder Verursachung des Schadens ein entsprechender Grund vorliegt.
Sollte auch nur eine dieser Bedingungen nicht erfüllt sein, dann ist die Zulassung oder
Verursachung eines Schadens ethisch nicht vertretbar.
Peter Knauer, Handlungsnetze hat geschrieben:In vergangenen Jahrzehnten wurde gefragt, ob es Fälle geben kann, in denen ein Schwangerschaftsabbruch erlaubt ist. Darf man zum Beispiel eine für die Mutter lebensbedrohende
Eileiterschwangerschaft abbrechen? Spätestens nach sechs Wochen rupturiert der Eileiter, der Embryo stirbt und die Mutter ist dann in akuter Lebensgefahr. Katholische Moraltheologen antworteten häufig: Es würde sich um eine direkte Tötung des Fötus handeln, die immer unerlaubt ist. Man müsse also lieber Mutter und Kind sterben lassen, als sich einer direkten Tötung und damit des Mordes schuldig zu machen. Anders läge der Fall jedoch, wenn der Uterus der Schwangeren von Krebs befallen sei. Dann dürfe man ihn herausoperieren und dabei in Kauf nehmen, dass ein darin befindlicher Fötus sein Leben verliere. Es handele sich nicht um eine direkte, sondern nur indirekte Tötung, die aus schwerwiegenden Gründen zulässig sein könne.
...
Die herkömmliche Deutung des Prinzips der Doppelwirkung lief darauf hinaus, dass der in einer Handlung zugelassene oder verursachte Schaden nicht früher als die angestrebte positive Wirkung eintreten dürfe. Jedenfalls dürfe die positive Wirkung nicht erst durch einen zuvor bewirkten Schaden zustandekommen, denn dann wäre dieser direkt verursacht und somit auch direkt beabsichtigt.
Peter Knauer, Handlungsnetze hat geschrieben:Die unterschiedliche Lösung der beiden Fälle von Schwangerschaftsabbruch wird man spontan wahrscheinlich als unverständliche Haarspalterei und als unmenschliche Gleichgültigkeit gegenüber den Leiden der Betroffenen empfinden. Aber wo liegt der Fehler? ...
Die Schwierigkeiten mit dem traditionellen Prinzip von der Doppelwirkung legen es nahe, neu nach seiner genauen Bedeutung zu fragen.
Nanna@mat-in hat geschrieben:Interessant ist doch eher, dass du durch die Hintertür ein essentialistisches Verständnis wieder einzuführen versuchst, indem du statistische Häufungen beim Antwortverhalten zu einem moralischen Dilemma als Beleg eines vorsprachlichen Verständnis für Gebotenes und Verbotenes hinstellst. Tust du damit nicht genau das, was du zwei Sätze vorher noch als lächerlich gebrandmarkt hast, nämlich zu versuchen, eine natürliche, biologisch vorgegebene Skala zu etablieren?
Peter Knauer, Handlungsnetze, Seite135 hat geschrieben:Es ist in der Tat nicht möglich, die Menschenwürde etwa aus einer von der jüdischen und christlichen Glaubensverkündigung behaupteten Gottebenbildlichkeit des Menschen abzuleiten. Denn dann wäre die Menschenwürde nur dem Glaubenden erkennbar, und der Nichtglaubende hätte keinen Anlass, sie anzuerkennen. Die Menschenwürde hat vielmehr damit zu tun, dass der Mensch darauf hingeordnet ist, von seinesgleichen als sittliches Subjekt anerkannt zu werden und damit auch andere als sittliche Subjekte anerkennen zu können.
Dies ist mehr als das bloße aktuelle Überlebensinteresse. Singers Argumentation verkennt, dass nicht erst der aktuelle Besitz von geistigen Fähigkeiten den Menschen als Person konstitutiert, sondern bereits die prinzipielle, der Spezies als solcher und nicht nur dem Individuum zukommende Fähigkeit, solche Fähigkeiten zu entwickeln. Dies gilt selbst dann, wenn diese prinzipielle Fähigkeit an ihrer Aktualisierung definitiv behindert sein sollte. Diese »Metafähigkeit« wird traditionell als ein Sachverhalt verstanden, der keine unterschiedlichen Grade zulässt. Er macht das Personsein und damit die Menschenwürde aus. Das Personsein ist die Grundlage dafür, dass die sittliche Subjekthaftigkeit und damit aktuelle Selbstpräsenz, Selbstbewusstsein und Selbstverfügung möglich werden. Diese Möglichkeitsbedingung für aktuelle Selbstpräsenz sei als »Grundselbstpräsenz« bezeichnet. Die darin begründete Menschenwürde kommt allen ihren Trägern unterschiedslos zu. Der Mensch bleibt auch im Schlaf oder in Bewusstlosigkeit Person. Wäre die Menschenwürde nur im Maß der aktuell gegebenen geistigen Fähigkeiten oder des bewussten Überlebensinteresses gegeben, dann wäre zum Beispiel ein Schlafender kein mit dieser Würde ausgetatteter Mensch, da er aktuell seine geistigen Fähigkeiten nicht zu gebrauchen vermag. Um die Überzeugung von der allgemeinen Menschenwürde zu entkräften, wären andere Argumente als die Singers erforderlich.
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