Evolution und Hackordnung

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Evolution und Hackordnung

Beitragvon xander1 » Mo 17. Sep 2012, 16:37

Ich weiß nicht inwieweit das Thema in Richtung Sozialdarwinismus reinrutschen könnte.
Dass es eine Hackordnung gibt in Gesellschaften lässt sich mit der Evolution erklären.
Zum Beispiel gibt es da Untersuchungen über Affen.
Das wäre zumindestens eine Monokausale Erklärung, aber das heißt ja nicht, dass es noch weitere Erklärungsmodelle gibt.

Was ich mich jetzt frage, was eine Hackordnung für die Evolution bringen mag, wenn sie dazu führt, dass einer von dem man eigentlich denkt überlegen zu sein von vielen in die Enge getrieben wird.

Nehmen wir einen Affen, der gut aussieht und so weiter und wegen seiner vorteilhaften Eigenschaften wird dieser von mehreren anderen Affen quasi besiegt.

Oder ein Affe wird von mehreren anderen besiegt, weil sie denken er habe eine Schwäche. Jedoch ist nicht eindeutig klar, ob sich die Eigenschaft als Stärke oder Schwäche erweisen wird.

Gibt es dahinter einen Sinn?
Einen evolutionären?
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Re: Evolution und Hackordnung

Beitragvon ganimed » Mi 19. Sep 2012, 23:13

Untersuchungen über Affen sollen ergeben haben, dass eine Hackordnung ein evolutionärer Vorteil ist?
Und nun fragst du dich/uns, woraus dieser Vorteil besteht?
Steht das denn nicht in diesen Untersuchungen?

Wenn ja, dann würde mich das interessieren. Gibt es da einen Link?

Wenn nein, dann würde ich auch nicht von einem solchen Vorteil ausgehen. Die Hackordnung muss ja nicht entstanden sein, weil es gut für die Evolution ist. Könnte ja auch entstanden sein, weil die Affen bzw. ihre Gemeinschaft Eigenschaften haben, die wiederum gut für ihr Überleben sind. Ich würde also weder von Monokausalität noch von Kausalität überhaupt ausgehen. Jedenfalls nicht ohne echte Hinweise, z.B. aus dieser ominösen Untersuchung.
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Re: Evolution und Hackordnung

Beitragvon Arathas » Do 20. Sep 2012, 06:59

xander1 hat geschrieben:Was ich mich jetzt frage, was eine Hackordnung für die Evolution bringen mag


Es ist eine Sache, etwas mit Hilfe der Evolution zu erklären, aber andersherum klappt das nicht: Es gibt kein "das bringt der Evolution etwas", weil sie nicht auf ein Ziel aus ist.
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Re: Evolution und Hackordnung

Beitragvon xander1 » Do 20. Sep 2012, 10:37

ganimed hat geschrieben:Untersuchungen über Affen sollen ergeben haben, dass eine Hackordnung ein evolutionärer Vorteil ist?
Und nun fragst du dich/uns, woraus dieser Vorteil besteht?

Nee das frage ich mich nicht, weil das offensichtlich ist. Das hängt von der Tier-Art -Gattung usw. ab. Z.B. kann das dazu führen, dass die Fähigkeit zu Kommunizieren verbessert wird.

ganimed hat geschrieben:Steht das denn nicht in diesen Untersuchungen?

Das ist ja gar nicht meine Frage. Oben siehst du meine Fragen. Ich habe nach dem gefragt, was du meinest, jedoch mit einer Einschränkung.

ganimed hat geschrieben:Wenn ja, dann würde mich das interessieren. Gibt es da einen Link?

Ich hatte das aus einem Video.... weiß nicht mehr woher. Also es ist so, dass z.B. 3 Affen durch ihre Mehrheit die Gruppe dominieren, weil sie möglicherweise bessere Kommunikationsfähigkeiten besitzen und die anderen Affen einen niedrigeren Rang haben und die 3 Affen können sich besser fortpflanzen oder so. Das hat dazu geführt, dass Kommunikationsfähigkeiten und was man noch so braucht sich evolutionär mit der Zeit verbessert haben bei solchen Affen.


ganimed hat geschrieben:Die Hackordnung muss ja nicht entstanden sein, weil es gut für die Evolution ist.

Du meinst gut für die Weiterentwicklung der Spezies. Wieso muss sie das nicht? Alles was jetzt ist, kommt quasi aus der Evolution.

ganimed hat geschrieben:Könnte ja auch entstanden sein, weil die Affen bzw. ihre Gemeinschaft Eigenschaften haben, die wiederum gut für ihr Überleben sind.

Das ist kein Gegenargument, sondern ein Fürargument.

ganimed hat geschrieben:Ich würde also weder von Monokausalität noch von Kausalität überhaupt ausgehen. Jedenfalls nicht ohne echte Hinweise, z.B. aus dieser ominösen Untersuchung.

Die Untersuchung ist nicht ominös. So wie ich das Video damals verstanden habe - vielleicht wars von einem öfft. rechtl. Sender - ist das aktueller Stand der Wissenschaft.

Vielleicht kann ich das ganze noch plausibler machen. Eigentlich dürfte es nicht so schwer zu verstehen sein.

Arathas hat geschrieben:Es ist eine Sache, etwas mit Hilfe der Evolution zu erklären, aber andersherum klappt das nicht: Es gibt kein "das bringt der Evolution etwas", weil sie nicht auf ein Ziel aus ist.


Manchmal setzt sich aber eine vorteilhafte Eigenschaft durch, seltener eine nachteilhafte. Und das ist damit gemeint. Es geht u.a. auch um die Frage warum sich nachteilhafte Eigenschaften in der Evolution durchsetzen.
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Re: Evolution und Hackordnung

Beitragvon Arathas » Do 20. Sep 2012, 13:00

xander1 hat geschrieben:Es geht u.a. auch um die Frage warum sich nachteilhafte Eigenschaften in der Evolution durchsetzen.


Ich denke nicht, dass sich "nachteilhafte Eigenschaften" durchsetzen.

Es wird wohl eher so sein, dass

1. bestimmte Eigenschaften erstmal keinen nachteiligen Effekt haben (zumindest keinen stark nachteiligen, der sich entscheidend auswirkt) und es deshalb "günstiger" ist, den Genpool zu belassen, wie er ist.

oder

2. bestimmte Eigenschaften erst dann zum Nachteil werden, wenn sich die Umgebung ändert. Dass ein Vogel nicht mehr flugfähig ist, ist solange kein Nachteil, wie es keine Fressfeinde am Boden gibt, vor denen er sich fliehend in die Lüfte erheben muss (= siehe auch den Kakapo). Wenn dann plötzlich Katzen und anderweitiges Getier (z.B. durch Menschen, die mit Schiffen auf einer Insel anlanden) in den Lebensraum eindringen, ist die Flugunfähigkeit ganz plötzlich sehr nachteilig.

oder

3. manche Eigenschaften, die uns als nachteilhaft erscheinen, in bestimmten Zusammenhängen doch entscheidende Vorteile bringen, nur, dass wir die Zusammenhänge nicht verstanden haben.
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Re: Evolution und Hackordnung

Beitragvon xander1 » Do 20. Sep 2012, 15:44

@Arathas:

OK, das sind jetzt aber eigene Überlegungen. Kann ja sein, dass sie stimmen. Sicher sein kann man dabei aber nicht, da das nicht wissenschaftlich ist. Aber wie soll das in so einem Forum anders gehen, als mit eigenen Überlegungen.

Außerdem widersprichst du dir selbst. Du schreibst, dass keine nachteilhaften Eigenschaften vererbt werden und dann beschreibst du nachteilhafte Vererbungen die vererbt werden können in einem gewissen Zusammenhang.

Aber genau der eine Fall den du dabei beschreibt (mittlerer), ist interessant. Ist das nicht ein Optimierungsproblem der Evolution, dass auch mal wie du beschreibst nachteilhafte Sachen vererbt werden, die sich schließlich quasi als falsch erweisen können. (Ich mag mich hierbei anders ausgedrückt haben als du, aber ich denke du verstehst was ich meine.)

Woran könnte es liegen, dass solche Arten von Optimierungsproblemen auftreten? Also kann das abstrakt beschreiben?
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Re: Evolution und Hackordnung

Beitragvon mat-in » Do 20. Sep 2012, 19:39

Dinge sortieren sich aus durch Evolution wenn sie in der Fortpflanzung oder davor von Nachteil sind. Daher werden durchaus Dinge wie "Demenz mit 60" nicht "aussortiert". Auch nicht aussortiert werden z.B. Dinge die einfach nur nicht negativ sind. Das ganze ist natürlich ein gradueller Prozess, nicht 1 oder 0 und dazu noch von einer (veränderlichen) Umgebung abhängig.

Nicht alles muß einen Vorteil haben. Darüber hinaus kann man viele Dinge eben NICHT mit evolution erklären (es sei denn man weitet sie auf kulturelle Evolution aus), da sie erlernt sind.
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Re: Evolution und Hackordnung

Beitragvon ganimed » Do 20. Sep 2012, 19:42

xander1 hat geschrieben:Was ich mich jetzt frage, was eine Hackordnung für die Evolution bringen mag, wenn sie dazu führt, dass einer von dem man eigentlich denkt überlegen zu sein von vielen in die Enge getrieben wird.

Nehmen wir einen Affen, der gut aussieht und so weiter und wegen seiner vorteilhaften Eigenschaften wird dieser von mehreren anderen Affen quasi besiegt.

Ich ziehe immernoch in Zweifel, dass die Hackordnung von der Evolution "entworfen" wurde. Ich würde eher sagen, dass die Evolution der Affen zu direkten Affeneigenschaften führte, z.B. dass sie ein gewisses Talent für Sozialverhalten haben, also Gruppen bilden und kommunizieren können, und dass sie ein gewisses Maß an Aggressivität haben. Affen mit diesen Eigenschaften haben über die letzten Zeiten eine bessere Chance auf Nachwuchs gehabt, so dass der aktuelle Affengenpool ziemlich voll mit gruppenbildenden, aggressiven Affen ist.

Jetzt bildet der eine Affe eine kleine Gruppe und haut einem anderen Affen eins aufs Maul. Ich finde es sinnlos, zu fragen, was dieses "aufs Maul hauen" für die Evolution bringt. In der Summe ist Aggressivität (bis zu einem bestimmten Maß) gut zum Reproduzieren. Aber es könnte doch sein, dass das Hacken in einer Hackordnung ein nachteiliger Effekt ist, der eigentlich die Affengruppe schwächt. Aber insgesamt, wäre ja möglich, ist eine Gruppe aus aggressiven Affen (die dem Tiger auch eins aufs Maul hauen) mit Hackordnung immer noch einen Tick besser, als zahmere Affen ohne Hackordnung.

Vielleicht wäre es viel besser für die Affen, keine Hackordnung zu haben aber ansonsten genau so aggressiv zu sein. Das kriegte die Evolution mit ihrem einzigen Mittel "Gene mutieren" aber offenbar noch nicht hin. Jedes Talent hat eben auch seine möglichen Kehrseiten.

Mein Fazit also: sieht man einen evolutionären Vorteil einer Eigenschaft oder eines Verhaltens, dann ist gut. Sieht man keinen, kann das gut und gerne bedeuten, dass er auch nicht da ist. Vieles, was evolutionär entsteht, ist auch einfach nur Überbleibsel von früher, oder ein kleineres Übel oder einfach etwas, was nicht nachteilig genug war, um bereits eleminiert zu werden.
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Re: Evolution und Hackordnung

Beitragvon Arathas » Do 20. Sep 2012, 21:20

xander1 hat geschrieben:Außerdem widersprichst du dir selbst. Du schreibst, dass keine nachteilhaften Eigenschaften vererbt werden und dann beschreibst du nachteilhafte Vererbungen die vererbt werden können in einem gewissen Zusammenhang.


Eben nicht - ich beschreibe, wie bestimmte Eigenschaften durch veränderte Umweltbedingungen zu einem Nachteil werden können. Bevor sich was am Umfeld geändert hat, war mit dem Kakapo alles in Ordnung. Die Evolution konnte nicht "wissen", dass Flugunfähigkeit zu einem Nachteil werden würde. Sobald es aber so war, hat sich die Sache evolutionistisch gelöst und der flugunfähige Vogel wurde von den Fressfeinden auf einen Bestand von weniger als 100 Exemplaren reduziert und wäre auch ausgerottet worden. Der Mensch, der das dann irgendwie ziemlich schade fand, dass so ein lustiger Papageienvogel zu doof ist zum Überleben, hat daraufhin die letzten ihrer Art auf kleinere, noch immer isolierte Inseln gebracht und begonnen, sie dort wieder hochzupäppeln. Ohne das Eingreifen beherzter Tierschützer gäbe es mittlerweile keine Kakapos mehr.

Das zeigt ja, dass Evolution "nachteilhafte Eigenschaften", sobald sie sich als nachteilig herausstellen, ganz schnell aussortiert.


xander1 hat geschrieben:Ist das nicht ein Optimierungsproblem der Evolution, dass auch mal wie du beschreibst nachteilhafte Sachen vererbt werden, die sich schließlich quasi als falsch erweisen können.


Wie sollte es denn anders funktionieren? Die meisten größeren Tiere sind nicht auf Temperaturen von einem Mittelwert ausgelegt, der, sagen wir mal, fünf Grad unter der jetzigen Mittel-Temperatur liegt. Wenn aber ein bis mehrere Supervulkane ausbrechen oder ein fetter Meteorit auf die Erde trifft, dann sorgt die Ascheschicht in der Atmosphäre dafür, dass genau dies geschehen kann. Sehr viele Tiere würden daraufhin aussterben.

Auf welche Weise könnte die Evolution nun dafür sorgen, dass die Tiere (u.a. der Mensch) hier bessere Überlebenschancen haben? Wären sie auch jetzt schon für so einen Fall ausgelegt, wären sie nicht optimal auf das Hier und Jetzt angepasst. Außerdem wären sie dann noch extrem viel schlechter vorbereitet auf einen etwaigen Temperatur-Anstieg um einen Mittelwert von fünf Grad.

Evolution kann immer nur auf die Ist-Situation anpassen. Nur Technik kann auch für anderweitige Situationen vorsorgen.
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Re: Evolution und Hackordnung

Beitragvon webe » Fr 21. Sep 2012, 22:07

Ich könnte hier die Evolution als Urheber der Hackordnung durchaus sehen.

Das Beispiel der Affen zeigt auf, dass Hackordnung durchaus für die Ranghohen gewisse Vorteile gegenüber den anderen Gruppenmitglieder aufbaut.
Eine Führerposition braucht wie bei uns Menschen Komplizen, also eine Seilschaft. Der Vorteil einer solchen Verbindung könnte bei Beutemachen, Futtersuche, Nachtruhe die besseren, ausgiebigen Plätze jeweils ergeben und somit auch der Nachwuchs wie bei uns Menschen eine bessere und sichere Aufzucht erfährt.
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Re: Evolution und Hackordnung

Beitragvon ganimed » Fr 21. Sep 2012, 23:35

webe hat geschrieben:Eine Führerposition braucht wie bei uns Menschen Komplizen, also eine Seilschaft.

Mir fallen da Wildpferde ein. Da braucht der Leithengst keine Komplizen. Nur immer gegen den jeweiligen Herausforderer gewinnen reicht.

webe hat geschrieben:Der Vorteil einer solchen Verbindung könnte bei Beutemachen, Futtersuche, Nachtruhe die besseren, ausgiebigen Plätze jeweils ergeben und somit auch der Nachwuchs wie bei uns Menschen eine bessere und sichere Aufzucht erfährt.

Sich zu Komplizenschaften verbinden und zu kooperieren hat natürlich große Vorteile, das stimmt. Die Frage hier ist doch aber, wieso ziehen nicht alle am selben Strang, wieso bekämpfen Untergruppen andere. Das sieht für mich zumindest, und da gebe ich xander1 recht, relativ destruktiv und suboptimal aus für den Erfolg der Gesamtgruppe. Sichere Aufzucht wäre bestimmt einfacher, wenn die Elterntiere nicht jederzeit mit einer rüden Attacke einer kooperierenden Gegengruppe rechnen müssten. Ich tippe daher immernoch darauf, dass dieses Hacken nur die kleine Kehrseite der Medaille ist, deren Vorderseite große Vorteile bringt (aggressiv sein, dynamische Kooperationen je nach Kontext bilden können) z.B. bei der Jagd oder der Verteidigung gegen äußere Feinde.
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Re: Evolution und Hackordnung

Beitragvon xander1 » So 23. Sep 2012, 09:16

ganimed hat geschrieben:Ich ziehe immernoch in Zweifel, dass die Hackordnung von der Evolution "entworfen" wurde.

Damit eine Hackordnung entstehen kann müssen Tiere zusammenwirken oder entgegenwiken können. Dass Tiere zusammenwirken und entgegenwirken ist ein Produkt der Evolution.


ganimed hat geschrieben:Jetzt bildet der eine Affe eine kleine Gruppe und haut einem anderen Affen eins aufs Maul. Ich finde es sinnlos, zu fragen, was dieses "aufs Maul hauen" für die Evolution bringt.

:mg: klingt lustig. Nee ich finde das nicht sinnlos. Damit wird doch der Sinn bestimmt. Der Sinn wird in der Evolution gesucht oder wo es auch herkommen mag. Einer der beiden Affen ist nicht adäquat auf die Welt vorbereitet gewesen.

ganimed hat geschrieben: In der Summe ist Aggressivität (bis zu einem bestimmten Maß) gut zum Reproduzieren. Aber es könnte doch sein, dass das Hacken in einer Hackordnung ein nachteiliger Effekt ist, der eigentlich die Affengruppe schwächt.

Klar! und nun? Vielleicht hat das den "Sinn" die Genauswahl zu bestimmen, oder so etwas wie einen Sinn.

ganimed hat geschrieben:Vielleicht wäre es viel besser für die Affen, keine Hackordnung zu haben aber ansonsten genau so aggressiv zu sein. Das kriegte die Evolution mit ihrem einzigen Mittel "Gene mutieren" aber offenbar noch nicht hin. Jedes Talent hat eben auch seine möglichen Kehrseiten.

Was hätte man denn dann? Sowas wie die Borg aus StarTrek?

Arathas hat geschrieben:Evolution kann immer nur auf die Ist-Situation anpassen. Nur Technik kann auch für anderweitige Situationen vorsorgen.

Klar, aber jetzt frage ich mich was du mit Technik meinst? Willst du sagen, dass Technik eine Möglichkeit ist, die Optimierungsmöglichkeiten der Evolution zu verbessern? Welche Technik meinst du? Allgemeine?

ganimed hat geschrieben:Die Frage hier ist doch aber, wieso ziehen nicht alle am selben Strang, wieso bekämpfen Untergruppen andere. Das sieht für mich zumindest, und da gebe ich xander1 recht, relativ destruktiv und suboptimal aus für den Erfolg der Gesamtgruppe. Sichere Aufzucht wäre bestimmt einfacher, wenn die Elterntiere nicht jederzeit mit einer rüden Attacke einer kooperierenden Gegengruppe rechnen müssten. Ich tippe daher immernoch darauf, dass dieses Hacken nur die kleine Kehrseite der Medaille ist, deren Vorderseite große Vorteile bringt (aggressiv sein, dynamische Kooperationen je nach Kontext bilden können) z.B. bei der Jagd oder der Verteidigung gegen äußere Feinde.

Ich denke das kann man damit erklären, dass die Gruppe außen weniger Feinde hat, einen schwachen Führer hat, so dass es sich lohnt, dass quasi die Gene untereinander konkurrieren.
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Re: Evolution und Hackordnung

Beitragvon Arathas » Mo 24. Sep 2012, 10:43

xander1 hat geschrieben:Klar, aber jetzt frage ich mich was du mit Technik meinst? Willst du sagen, dass Technik eine Möglichkeit ist, die Optimierungsmöglichkeiten der Evolution zu verbessern?


Technik kann da greifen, wo die Evolution nicht greift. Der Mensch ist von der Natur nicht darauf ausgelegt, in Sibirien oder Grönland oder wo auch immer zu wohnen, wo es schweinekalt ist. Technik (Kleidung fertigen, Feuer machen) hilft hier über die Unzulänglichkeiten hinweg.
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Re: Evolution und Hackordnung

Beitragvon Darth Nefarius » Mi 26. Sep 2012, 13:19

Technik könnte auch als abgeleitetes Merkmal betrachtet werden, als Teil der Evolution. Quasi eine neue Erfindung wie seinerzeit der Zahn oder das Auge.
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Re: Evolution und Hackordnung

Beitragvon Arathas » Mi 26. Sep 2012, 13:41

Dem widerspricht allerdings, dass Technik an sich nicht durch Gene vererbt wird. Ein Mensch, der vollkommen isoliert aufwächst (gut, geht eh nicht, aber nur mal theoretisch), hat dennoch Zähne und Augen. Aber er wird keine Atomraketen bauen können, das erlernt man erst durch kopieren und imitieren durch viele Vordenkleistungen anderer.
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Re: Evolution und Hackordnung

Beitragvon Darth Nefarius » Mi 26. Sep 2012, 14:11

Arathas hat geschrieben:Dem widerspricht allerdings, dass Technik an sich nicht durch Gene vererbt wird.

Das Verständnis, Technik zu nutzen, wird vererbt. Das Werkzeug, unser Gehirn, ist dazu fähig, Technik zu produzieren und zu nutzen, also ist "Technik" in gewisser Weise in unserer DNA drin.
Arathas hat geschrieben:Ein Mensch, der vollkommen isoliert aufwächst (gut, geht eh nicht, aber nur mal theoretisch), hat dennoch Zähne und Augen. Aber er wird keine Atomraketen bauen können, das erlernt man erst durch kopieren und imitieren durch viele Vordenkleistungen anderer.

Und doch würde er vielleicht wie einige vor ihm, bestimmtes erfinden, weil er es kann, weil seine Gene es ermöglichen.
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Re: Evolution und Hackordnung

Beitragvon mat-in » Mi 26. Sep 2012, 19:46

Ich kanns nur wiederholen. Vielleicht hilft ein Comic?

http://zs1.smbc-comics.com/comics/20120824.gif
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Re: Evolution und Hackordnung

Beitragvon Darth Nefarius » Mi 26. Sep 2012, 21:01

Ja, ich verstehe, worauf du hinauswillst. Vielleicht diskutieren wir zu teleologisch. Wenn die gleichen Gene, die das Packen eines Beutetieres ermöglichen, die auch das Autofahren ermöglichen, sollte man das zur Kenntnis nehmen und nicht nach dem Motto "so war das von der Evolution aber nicht gedacht" argumentieren. Die Evolution kann aus Füßen schnell mal Flossen machen, wieso dann nicht aus Genen für "Beute Packen" gene für "Autofahren" machen?
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Re: Evolution und Hackordnung

Beitragvon stine » Do 27. Sep 2012, 07:45

Darth Nefarius hat geschrieben:Die Evolution kann aus Füßen schnell mal Flossen machen...
Zum Glück geht das nicht ganz so schnell. Wäre ja schrecklich, wenn ein Sportschwimmer seinen Kindern Schwimmhäute vererben würde.

:mg: stine
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Re: Evolution und Hackordnung

Beitragvon Vollbreit » Do 27. Sep 2012, 08:16

@ ganimed und Interessierte:

Es gibt wohl, was die Dominanz von aggressiven und ruhigeren Vertretern angeht, Zyklen, die sich selbst regulieren, wodurch man übrigens auf die (umstrittene) Idee der Dominanz der Theorie der egoistischen Gene kam. Man hat das damals spieltheoretisch ausgewertet, sogenannte (aggressive) Beschädigungskämpfer gegen (weniger aggressive) Kommentkämpfer, die Dominanz der jeweiligen Vertreter in Gruppen, haben spezifische Vor- und Nachteile.

Innerhalb von Gruppen ist das Zusammenwirken und die soziale Struktur äußerst komplex, je nach Entwicklung der Tierart.. Da ist oft gar nicht so ganz viel so, wie man es erwarten würden. Es kommt drauf an, ob ein Rudel (ich spreche hier von Wölfen, Wolfshybriden und Wildhunden) z.B. einen Führer anerkennt und ihm folgt. Besiegt ein rangniederes Tier den Rudelführer, aber das Rudel folgt nicht, dumm gelaufen… D.h. das Rudel entscheidet mit, wem es folgt.

Man kann regelrechte Exekutionen von überaggressiven Tieren beobachten, die in Sekunden vom ganzen Rudel, auf ein Kommando zerrissen werden.
Die Ordnungen in Rudeln sind im Grunde sehr rigide, das Omegatier ist wirklich der Arsch der Kompanie, hat nahezu keinen Raum sich zu bewegen und ist hochgestresst.

Ein ehemaliges Alphatier, bekommt keinen Ehrenvorsitz, mit privilegiertem Fressen, sondern steht in der Hierarchie ganz unten, auch das eine merkwürdige Beobachtung.

Wildhunde sind in der Lage auch „Fremdsprachen“ zu erlernen. Wenn ein Hund die Ohren, anders als seine Rudelmitglieder, so am Kopf angesetzt hat, dass er immer die „falsche“ Ohrstellung hat, können die anderen Rudelmitglieder sein Verhalten dennoch problemlos erkennen. Wobei man das ja auch von Hund und Katze kennt. Das ist aber insofern interessant, als sich das Konzept einfacher Schlüsselreize, die bei primitiven Fischen das Verhalten noch zu 100% erklären, hier durch ein Konzept einer dynamischen Gesamtheit von Reizen erweitert werden muss, bevor man es im Bereich des menschlichen Verhaltens völlig verabschieden muss, klassisch hier seit Chomskys Antwort an Skinner.

Ganz schön finde ich den Ansatz der Ethologie, mehr in richtig Individuum zu gehen, was aber nicht zwingend bedeutet, in Richtung egoistisches Individuum zu gehen, sondern man hat nur festgestellt, dass die artspezifischen Gemeinsamkeiten mitunter weniger relevant sind, als die innerartlichen Unterschiede, was natürlich auch ein Stück weit von der Komplexität der Individuen abhängt.


Ich glaube auch, dass man „die Evolution“ erst mal nichtteleologisch deuten sollte, was m.E. auch ganz gut geht. Bewusst sollte man sich sein, dass auch die Unterstellung des Nutzens eine Interpretation von uns ist und nichts, was „die Natur“ vorgibt.
M.E. bringt es nicht viel Erklärungsansätze die das Individuum, die Art oder den „Lebensstrom“ im Blick haben völlig auseinander zu dividieren, weil das weniger Erkenntnis als viel mehr Verwirrung bringt, all diese Erklärungsansätze greifen ineinander und warum genau einer dominieren muss, erschließt sich mir nicht ganz, weil ich nicht erkennen kann, warum sich das Verhalten von Pantoffeltierchen und Berggorillas aus genau dem gleichen Ansatz erklären lassen sollte.

Der Begriff der Evolution ist beim Verhalten des Menschen und seiner Deutung noch problematischer, weil der Mensch die natürliche Selektion und Evolution deutlich erkennbar kulturell überformt, so das die Erklärungsansätze der Biologen hier nur sehr begrenzt und reduzierend greifen.
Das tun sie durchaus und als Anregung ist das interessant, mehr aber auch nicht, entsprechend seicht wirken solche Ansätze.

Spätestens mit dem Menschen kommt natürlich auch eine Teleologie ins die Evolution, denn der will ja etwas erreichen und hat ein Ziel. Auch simple soziale Hackordnungen, die ehedem auf Körperkraft und Geschicklichkeit beruhten, bekommen eine völlig andere Ausprägung, die aus biologistischer Sicht überhaupt nicht zu erklären ist, bzw. dort ist alles und damit nichts zu erklären.
Ist nun ein Stephen Hawking aus Sicht der Evolutionsbiologie ein GAU, ein Schadensfall, ein Paradebeispiel für mangelnde Fitness oder doch eher ein Superstar, an der Spitze der Evolution, eine positive Rarität? Da man problemlos Argumente für beides findet, zeigt sich hier die Sinnlosigkeit und Widersprüchlichkeit biologistischer Deutungen.

Auch bei der Kommunikation müssen wir mindestens eine sparsame Teleologie unterstellen, denn Kommunikation wird erkennbare in der Absicht geführt, ein gemeinsames Ziel zu erreichen, Klärungen über Differenzen und Sichtweisen.

Das mal so als lose Einwürfe zum Thema von meiner Seite.
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