Aeternitas hat geschrieben:Die Problem des Ausstiegs aus Anerkannten Kirchen liegt ja woanders.
Denn da diese halt anerkannt werden und nicht wie du das eben bei den Sekten beschreibst,
Richtig. Bei den JZ greifen, wie ich inzwischen erfahre, allmählich beide Probleme.
Nun sind sie in Deutschland als Körperschaft des öffentlichen Rechts anerkannt.
In vielen Gemeinden leben die Jugendlichen zwar entgegen den offiziellen Regelungen wesentlich freier, machen nach aussen wie nach innen einen auf "cool" (ganz normales Jugendverhalten eben), sind aber dennoch so intensiv und loyal mit der Gemeinschaft verbunden, dass sie dort nicht raus kommen.
Denn die grössere Freiheit gilt nur für das Verhalten, das aber nur solange geduldet wird, solange keine kritischen Töne kommen. Dann wird andersrum nämlich schnell ein Schuh draus, die offiziellen Rauswurfgründe und die damit verbundene Ächtung der Gemeinschaft haben sich nicht geändert.
Die Tendenz geht immer mehr zu einer elitären Einstellung: Wir sind cool, wir sind toll, wir werden den Krieg Gottes überleben und ihr nicht. Pech für Euch. Uns doch egal.
Das äusserliche zählt allmählich immer mehr. Je schnieker und teurer der Anzug, desto "geistig gesinnter" sein Träger, desto mehr Chancen auf den sozialen Aufstieg innerhalb der Gruppe. Die ersten dieser Generation übernehmen allmählich die Führung. Während diese Generation allmählich auf den unteren Ebenen an die Macht kommt, sind es freilich die altgedienten, die dieses immer mehr frustriert - denn der früher durchaus vorhandene Zusammenhalt innerhalb der Gemeinden ist nur noch Makulatur, wenn man nicht mehr zu der Clique gehört, die halt "in" ist.
Und das Problem ist, dass die Träger dieser immer grösser werdenden kognitiven Dissonanz dieses nicht einmal bewusst bemerken. Sie könnten das nicht einmal formulieren, denn Worte wie "kognitive Dissonanz" sucht man im Sprachschatz von Wachtturm & Co vergebens.
Zurück bleiben entseelte junge Leute, die innerlich zerfressen sind und daher immer auf 180 Touren laufen (was die Führung weislich auszunutzen weiss),
andere, die weder innerhalb noch ausserhalb der Gemeinde noch Halt finden, es sich aber einreden, dass drinnen alles so toll ist, weil sie sonst gar nichts mehr haben,
und wieder andere, die sich entweder frustriert einigeln oder deswegen beginnen, nachzudenken.
So war es bei mir. Als die Vorträge auf den grossen Kongressen und der Tenor der internen Literatur (so gibt es einen Wachtturm, der verteilt wird, und einen anderen, den die Zeugen intern benutzen) immer mehr den Stil von Reden von Controllern und Verkaufsleitern annahmen, ging mir das quer genug, um die Ansichten der Kritiker erstmal unvoreingenommen unter die Lupe zu nehmen. Früher allerdings war es auch nicht viel besser: Da herrschte ein Sprachstil vor, der politischer Kriegspropaganda glich. Nur das war ich ja gewöhnt ;).
LG
Stephan