Bewegung für radikale Demokratie - Aktivisten im Bundestag

Bewegung für radikale Demokratie - Aktivisten im Bundestag

Beitragvon Sisyphos » Di 1. Mai 2007, 15:29

Es ist schon originell, was manche Leute so bewerkstelligen...

indymedia.org hat geschrieben:Am Freitag, 27. April, sprangen vier AktivistInnen in den Plenarsaal des Bundestages und der Slogan des Bundestages "dem deutschen Volke" wurde durch ein Banner von weiteren AktivistInnen mit der Aufschrift "der deutschen Wirtschaft" überdeckt. Die AktivistInnen der Gruppe "Geld oder Leben" warben für eine Bewegung für eine radikale Demokratie, da der Bundestag und damit der Parlamentarismus gescheitert sei, was sich besonders in der von den parteien gepredigten Alternativlosigkeit zum Kapitalismus zeige. Nach der Räumung des Bundestages kam es zu lautem Jubel durch die Bundestagstouristen für die AktivistInnen. Ein Interview mit einer Aktivistin.

Bild

http://de.indymedia.org/2007/04/174278.shtml
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Beitragvon Klaus » Di 1. Mai 2007, 15:41

Ergänzung, die Bundestagsvizepräsidentin der SPD schrie dann ganz hysterisch, "Weg mit dem Pack". Auf perspektive2010 und auf meinen Blog gibt es was dazu.
Außerdem war der Bundestag an diesem Sitzungstag nicht beschlussfähig, da viele, auch die Bundesmutter von der Leine, um deren Haushalt es eigentlich ging, schon im langen Wochenende ware. Thierse hat dann die Nachsitzer nach Hause geschickt.
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Beitragvon Sisyphos » Di 1. Mai 2007, 16:01

Ich habe keinen Fernseher und habe mich in den vergangenen Tagen auch sonst nicht groß um Nachrichten gekümmert (Sonnenschein, Hängematte etc.).

Welches Medienecho hat die Aktion erfahren?
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Beitragvon Klaus » Di 1. Mai 2007, 16:06

Das Medienecho war einfach, es sind Chaoten, die Medien waren sich da einig. Ich habe auch kein Fernsehen, ich kann nur das sagen was in den online Zeitungen steht.
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Beitragvon Nox » Di 1. Mai 2007, 16:41

Klaus hat geschrieben:Das Medienecho war einfach, es sind Chaoten, die Medien waren sich da einig.
Nichts berichten oder "Verwirrte stürmen Bundestag" ist was ich erwartet hätte.

Blog zur Aktion. Haben auch ein wenig Presseecho verlinkt:

Zeit:
Kapitalismuskritiker trugen am Freitag ihren Protest bis in den Plenarsaal des Bundestags und sorgten während der laufenden Debatte für einen Eklat. [...] um unter der Inschrift "Dem deutschen Volke" ein Plakat "Der deutschen Wirtschaft" anzubringen. [..] Plakat mit der Aufschrift "Die Wünsche der Wirtschaft sind unantastbar", eine Anspielung auf Artikel 1 des Grundgesetzes, mit dem Satz beginnt: "Die Würde des Menschen ist unantastbar."

Süddeutsche:
Der Bundestag ist Schauplatz einer Aufsehen erregenden Störaktion geworden. Von der Terrasse des Reichstagsgebäudes seilten sich zwei Unbekannte ab und entrollten dabei ein Transparent mit der Aufschrift "Der deutschen Wirtschaft" über dem Haupteingang. Dort, an der Westseite des Gebäudes, steht die bekannte Aufschrift "Dem deutschen Volke".

Focus:
Protestaktionen
Eklat im Bundestag
[...]Zwei Menschen seilten sich an der Westseite des Reichstags ab und enthüllten ein Plakat mit der Aufschrift „Der Deutschen Wirtschaft“. [...] An der Aktion seien insgesamt vier Menschen beteiligt gewesen, teilte der Bundestag mit.

Spiegel:
Demonstranten haben im Bundestag für einen Eklat gesorgt. Während einer Debatte über Kinderbetreuung warfen sie mit Papiergeldscheinen und hangelten sich von der Tribüne ins Plenum hinab. Andere entrollten an der Fassade des Reichstags ein Banner: "Der deutschen Wirtschaft" [...] Kapitalismus-Kritiker auf der Zuschauertribüne ein Spruchband mit der Aufschrift "Die Wünsche der Wirtschaft sind unantastbar"

Nirgends was Inhaltliches. Mal weitersuchen...
Nur immer "Auf den Plaketen stand" *lol*
Alles andere ist zu schwierig für Journalisten =)
Aber selbst, falls wer den Blog gefunden hat - der Redakteur wird schon einen guten Grund gefunden zu haben nicht auf die Gründe der Aktion einzugehen.

[youtube]http://www.youtube.com/watch?v=eo0_3h7OBc8[/youtube]

Diskussion im FGH


Oha, da wirds wirklich krank:
Berliner Kurier - Gewalt in der Politik
Meine Meinung (Peter Brinkmann)
Chaoten stürmen den Bundestag. Diesmal nur mit Flugblättern. Und das nächste Mal mit Waffen? [...]

Erinnert mich an "Behind that gate" von Rovics:
[...]
So we've got to throw away the Fourth Amendment
Keep those protesters on the run
'Cause we found sandwich wrappers
Next we might just find a gun
[...]
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Beitragvon Andreas Müller » Di 1. Mai 2007, 17:19

Chaoten stürmen den Bundestag. Diesmal nur mit Flugblättern. Und das nächste Mal mit Waffen?


Denn wenn die Kraft des Wortes, der politische Streit um und mit Argumenten nicht mehr als einziges Mittel der Auseinandersetzung gelten soll, dann nähern wir uns der Gewalt in der Politik. Dies darf nicht sein. Daher sollten die Volksvertreter begreifen: Macht endlich wieder Politik für uns, das Volk.


Musst du schon ganz zitieren, das relativiert sich doch etwas.

Außerdem gibt es ein Widerstandsrecht für bestimmte Fälle, klingt ja fast so, als dürfte man prinzipiell nicht den Reichstag mit Waffen stürmen. Das hätten sie zu Hitlers Zeiten gerne tun können.
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Beitragvon HF******* » Di 1. Mai 2007, 17:40

Woran erkennt man, dass es sich um eine Bewegung handelt? Woran erkennt man, um welche Bewegung es sich handelt? Was ist "radikal demokratisch", bedeutet es undemokratisch?
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Beitragvon Andreas Müller » Di 1. Mai 2007, 18:03

Was ist "radikal demokratisch", bedeutet es undemokratisch?


In dem Fall bedeutet es basisdemokratisch, wenn man sich die Interviews mit den Leuten anhört. Ein bisschen mehr Demokratie würde sicher nicht schaden. Mir würde es auch schon reichen, wenn ein paar ansatzweise aufgeklärte Leute im Bundestag sitzen würden und nicht nur ein paar halbverrückte Selbstdarsteller. Dann würde die parlamentarische Demokratie vielleicht sogar mal funktionieren.
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Beitragvon Klaus » Di 1. Mai 2007, 18:27

Wir haben keine parlamentarische Demokratie, was wir haben ist eine Parteien-Demokratie. Denn die, die demokratische Rechte einfordern sind Pack, das entfernt werden muss.
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Ich applaudiere nie Idioten

Beitragvon Tom K » Di 1. Mai 2007, 18:53

Wie kann man eine solche Aktion auch nur ansatzweise begrüßen?
Wer sich so verhält, hat mit unserer Demokratie nichts am Hut – und ist deswegen mein Gegner.
Ich kann diese dumme Gewäsch nicht ertragen. „Für das Volk“ was tun? Basisdemokratie?
Ich seh’ schon, wo das hinführt. Wir schmeißen dann nach basisdemokratischem Mehrheitsbeschluss alle Ausländer raus. Ist einem von diesen Träumern mal aufgegangen, dass Basisdemokratie ganz gewaltig nach hinten losgehen kann? Werden Sie einen faschistoiden, aber mit dem GG irgendwie vereinbaren Beschluss akzeptieren? Glauben die etwa, dass dann immer nur das Paradies auf Erden herbeigestimmt wird?
Als wären die Vorgänge nach dem Untergang des Ostblocks nicht lehrreich genug, glauben wirklich noch Leute, dass der Mensch „tief im Innern“ sozial ist und sich vorbehaltlos für alle anderen einsetzt. Das ist die gleiche dumme Träumerei der Christen, die glauben, dass der Mensch „tief im Innern“ nur gut ist. Open your eyes! Der Mensch an sich ist egoistisch und schlecht, er muss zum Guten und Sozialen erzogen werden. Das geht mit Sicherheit nicht durch Störaktionen oder ähnlich Idiotisches.
Mir sind die Ziele dieser Demonstranten nicht genannt worden; die Art des Protests macht mich jedoch extrem negativ voreingenommen. Leute, die sich selbst bescheinigen, ein Recht auf Gewaltausübung zu haben, sind meistens Extremisten, die vor Intoleranz und Antidemokratie nur so triefen – aktuell mal wieder hervorgeholt: die RAF.
Also packt sie, schmeißt aus dem Reichstag und rein ins Gefängnis. Sie werden es mit ihrem Martyrerkomplex erfreut ertragen...
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Re: Ich applaudiere nie Idioten

Beitragvon Nox » Di 1. Mai 2007, 19:00

Tom K hat geschrieben:Der Mensch an sich ist egoistisch und schlecht

Imho die schwachsinnigste Stelle in deinem Post.

Was von der Presse und dir gern als "Störaktion" (von Chaoten) tituliert wird nennt sich auch Demonstration...
Und tatsächlich gibt es einige Mißstände auf die es sich hinzuweisen lohnt. Ob man den Abgeordneten deswegen vor die Füße springen sollte weiß ich auch nicht - aber das Plakat "der deutschen Wirtschaft" war großartiger Aktionismus. Wer sich wodurch auch immer ein Paradies auf Erden verspricht dem ist nicht mehr zu helfen - aber das dürften nicht viele sein.

Tom K hat geschrieben:Mir sind die Ziele dieser Demonstranten nicht genannt worden;

Das ist aber wirklich gemein von den Demonstranten, dass sie dir nicht persönlich Bescheid gegeben haben. Ist Information jetzt eine Bringschuld? Am besten schön häppchenweise? Oder hab ich das falsch verstanden?

Interview
Blog


@Autor: Ja, hast recht, der Rest davon ist harmloser.
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Beitragvon Sisyphos » Di 1. Mai 2007, 19:16

Ich habe mich zu dem Thema mit Wertungen weitgehend zurückgehalten.

(1) Diese Aktion war keine Gewaltausübung. Ich fand das mutig und originell - wenn auch weit außerhalb der üblichen Formen bürgerlichen Engagements. In anderen Ländern wird in Parlamenten geschossen und es gehen Bomben hoch.

(2) Diese Leute forderten keine Basisdemokratie, sondern von ihren Repräsentanten, dass sie sich mehr um die Belage der Menschen, weniger um das Wohlergehen der Wirtschaft kümmern sollen. Ich beurteile das an sich nicht negativ. Ich würde mir auch wünschen, dass sich unsere Parlamentarier öfter auf die grundlegenden philosophischen Fragen zurückbesinnen: Zum Beispiel jene, wie die Menschen glücklich werden.

(3) In der Frage Basisdemokratie vs. repräsentative Demokratie bin ich nicht festgelegt. Beide Varianten haben ihre oft zitierten Vor- und Nachteile.
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Beitragvon Klaus » Di 1. Mai 2007, 19:22

Die Macht geht vom Volke aus, so sollte es sein. Ist es aber nicht. Wie kann man wollen, dass Menschen dieses festgeschriebene Recht einfordern eingesperrt werden?
Diese Aktion war mutig und die Reaktionen zeigen mir wie weit wir von Demokratie weg sind. Diese Menschen haben schon wegen ihres Mutes meinen Respekt.
Und wer solche Menschen als Pack bezeichnet ist selbst Pack und wer meint sie sind kriminell hat keine Ahnung von Demokratie.
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Re: Ich applaudiere nie Idioten

Beitragvon Tom K » Di 1. Mai 2007, 19:23

Nox hat geschrieben:Was von der Presse und dir gern als "Störaktion" (von Chaoten) tituliert wird nennt sich auch Demonstration...

Die innerhalb der Bannmeile verboten ist.
Nox hat geschrieben:Und tatsächlich gibt es einige Mißstände auf die es sich hinzuweisen lohnt. Ob man den Abgeordneten deswegen vor die Füße springen sollte weiß ich auch nicht - aber das Plakat "der deutschen Wirtschaft" war großartiger Aktionismus.
Zugegeben war das Plakat eine gut gemachte Aktion. Allerdings ist sie durch das, was dann im Reichstag veranstaltet wurde, ihrer Wirkung beraubt worden.

Nox hat geschrieben:
Tom K hat geschrieben:Mir sind die Ziele dieser Demonstranten nicht genannt worden;

Das ist aber wirklich gemein von den Demonstranten, dass sie dir nicht persönlich Bescheid gegeben haben. Ist Information jetzt eine Bringschuld? Am besten schön häppchenweise? Oder hab ich das falsch verstanden?

Damit zur schwachsinnigsten Stelles Deines Post: Ich wollte damit ausdrücken, dass kein Demonstrant auch nur irgendwann mal eine Art Ziel deutlich gemacht hat. Man kann auch so etwas auf Plakate schreiben.
Melden muss sich bei mir keiner...
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Re: Ich applaudiere nie Idioten

Beitragvon Nox » Di 1. Mai 2007, 19:45

Tom K hat geschrieben:Ich wollte damit ausdrücken, dass kein Demonstrant auch nur irgendwann mal eine Art Ziel deutlich gemacht hat. Man kann auch so etwas auf Plakate schreiben.
Melden muss sich bei mir keiner...
Danke.

Aber "Der deutschen Wirtschaft" und "Die Wünsche der Wirtschaft sind unantastbar" finde ich für Plakate schon angemessen. (Ist ja auch das einzige was es in die Zeitungen geschafft hat :sauer: ) Kann ja auf Plakaten keine Argumentationsketten oder komplexe Inhalte darlegen. Nur Aufmerksamkeit erregen und provozieren. Aber Vorschläge sind natürlich gern gesehen!

Die Bannmeilengeschichten sind nicht ganz unbedeklich.
"Ach geht doch da hinten demonstrieren... da sieht euch keiner... Insbesondere bekommen diejenigen, an die sich eure Kritik richtet nichts davon mit..."
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Beitragvon Kurt » Mi 2. Mai 2007, 00:01

Klaus hat geschrieben:Die Macht geht vom Volke aus, so sollte es sein. Ist es aber nicht. Wie kann man wollen, dass Menschen dieses festgeschriebene Recht einfordern eingesperrt werden?

Wieso ist es nicht so? Wo steht dieses "Recht" festgeschrieben? In der deutschen Verfassung steht ziemlich genau, wie unsere Form von Demokratie funktioniert. Die Ziele dieser Aktivisten stimmen mit der Verfassung nicht überein, die Kerls haben quasi verfassungsfeindliche Meinungen. Ich halte diese Meinung zwar für blödsinnig, aber meinen kann jeder was er will. Die Form der Meinungsäußerung halte ich auch für unsinnig. Können die Leute denn nicht zivilisiert kommunizieren? Wie wärs mit einem offenen Brief? Wo wird dargelegt, dass das Parlament pro Wirtschaft und zum Schaden des Bürgers entscheidet? Das bezweifle ich nämlich sehr stark. Ich kann diese Wirtschaftsfeindlichkeit gar nicht nachvollziehen. Wir sind doch alle an der Wirtschaft beteiligt, sie verdient quasi für uns das Geld (für den Staat die Steuern und den Arbeiter das Einkommen). Wer nicht arbeiten will, soll doch "aussteigen" und sich ne bessere Alternative suchen, sein Dasein zu fristen. Ich kenne (für mich) keine.

Ich bin der Überzeugung, dass unsere Demokratie in dieser Form gut funktioniert und dass eine liberale Wirtschaft und ein sozialer Staat die richtige Lösung sind. Es gibt zwar ein paar Mängel, wie in jeder komplexen Struktur, aber man sollte nicht gleich das Kind mit dem Bade ausschütten. Mängel kann man beheben, z.B. ein scharfes Auge auf die Korruption und Bürokratiewucherung haben. Mit Radikalismus kommt man aber IMO nicht weiter.

Viele Grüße,
Kurt
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Beitragvon Andreas Müller » Mi 2. Mai 2007, 01:03

Wir schmeißen dann nach basisdemokratischem Mehrheitsbeschluss alle Ausländer raus. Ist einem von diesen Träumern mal aufgegangen, dass Basisdemokratie ganz gewaltig nach hinten losgehen kann?


Du glaubst doch wohl nicht ernsthaft, dass den anarchistischen Theoretikern der letzten 150 Jahre dieses Problem entgangen ist? Man verknüpft die Basisdemokratie genau so mit Grundrechten wie die parlamentarische Version. Über menschenrechtswidrige Gesetze darf man nicht basisdemokratisch entscheiden.

dass der Mensch „tief im Innern“ sozial ist und sich vorbehaltlos für alle anderen einsetzt.


Glaube ich nicht.

Der Mensch an sich ist egoistisch und schlecht


Das ist mindestens der selbe Schwachsinn.

Mir sind die Ziele dieser Demonstranten nicht genannt worden


Weil sie dich gar nicht interessieren. Sonst hättest du das Video angesehen und das Interview gelesen.

Gewalt


Es wurde keine Gewalt ausgeübt. Für das ordnungswidrige Betreten des Plenarsaals und das Abseilen am Gebäude kann man sie bestrafen, aber nicht zu hoch.

Also packt sie, schmeißt aus dem Reichstag und rein ins Gefängnis.


Damit wären wir bei Pöbelniveau angekommen.

Diese Leute forderten keine Basisdemokratie


In dem Video beschreibt ein Demonstrant das, was ich Basisdemokratie nennen würde. Elemente des Interview klingen auch danach.

Die innerhalb der Bannmeile verboten ist.


Noch dazu unangemeldet.

die Kerls haben quasi verfassungsfeindliche Meinungen


Wer hat die nicht? Alleine schon die grundrechtlich garantieren Kirchenvorrechte würde ich abschaffen. Bin ich deshalb Verfassungsfeind? Außerdem haben wir keine Verfassung, sondern ein Grundgesetz.

Wie wärs mit einem offenen Brief?


Hast du dich schon mal politisch betätigt? Weißt du, wer sich alles für Petitionen und offene Briefe so interessiert?

Wer nicht arbeiten will, soll doch "aussteigen" und sich ne bessere Alternative suchen


Sozialdarwinistischer Vollmist. Du weißt verdammt genau, dass man nicht einfach "aussteigen" kann. Und dass es allzu viele Leute gibt, die einfach nur nicht arbeiten wollen, von Sisyphos mal abgesehen( =) ), das glaube ich auch nicht.

liberale Wirtschaft und ein sozialer Staat


Das ist ja fast schon künstlerisch wertvoll, diese Antithetik. Pathetischer Dadaismus, Respekt.

Mit Radikalismus kommt man aber IMO nicht weiter.


Ich nehme mal an, du kennst dich mit radikaler Theorie auch gut aus? Die Erkämpfer der parlamentarischen Demokratie waren zu ihrer Zeit selbst Radikale. Martin Luther King und Gandhi waren politisch Radikale, gar keine Frage. Jeder, der das Problem an der Wurzel packt, ist ein Radikaler. Frauenrechte - eine radikale Idee, unerhört. Schwarze sollen Rechte haben? Unverschämt...

Du machst es dir VIEL zu leicht.


Übrigens: Was meinst du eigentlich, was die Brights sind? Eine aufgeklärte Gesellschaft ohne irrationale Glaubenssysteme - das ist so weit von der Realität entfernt, radikaler geht es gar nicht. Wenn wir so eine Gesellschaft anstreben, dann sind wir selbst radikal. Mal ganz abgesehen von dem Umstand, dass die Brights eine basisdemokratische Organisation sind und ich es insofern schon merkwürdig finde, sich Teilnehmer an so einer Bewegung gegen alle basisdemokratischen Ideen aussprechen.


Hier eine Auswahl der Positionen und Ziele aus dem Interview, welche diese Leute vertreten:

zeigt es nur einmal mehr wie die politische Debatte in Deutschland geführt wird:
Es geht nicht um Inhalte sondern darum Feindbilder zu schaffen, um die drastische Verschärfung der Inneren Sicherheit und die „Terrorismusbekämpfung“ zu legitimieren.
Ob das Feindbild, Kritiker, Chaoten, Ausländer und/oder Terroristen sind, der Standpunkt der rational geführten Debatte wird vom politischen und medialen Mainstream permanent verlassen, mit Sprengstoff oder Waffen wären wir nicht in den Plenarsaal gekommen. Wer etwas in die Luftsprengen will kann das immer, davor können wir uns mit keiner Überwachungsmaßnahme schützen.
Das schürt Mistrauen unter den Menschen, die eigentlich als Gemeinschaft zusammen leben sollten.
Hätten die Menschen so viel Angst vorm Klimawandel wie vorm Terrorismus würden sie ihre Autos klimaneutral entsorgen.


Wir fordern einen ehrlichen Diskurs über die Veränderung des bestehenden Systems. Die parlamentarische Demokratie ist gescheitert, der Kapitalismus hat seine Grenzen bereits überschritten.
Die Ressourcengrundlagen, die zu privat Eigentum gemacht wurden, werden teilweise unwiderruflich zerstört.
Wir können so wie es ist nicht weiter machen. Hunger, Armut, Ausbeutung und Menschenrechtsverletzungen können wir nicht tolerieren, wir können nicht verstehen, dass der Mensch sich scheinbar selbst zerstört. Wir brauchen einen bewussten Umgang mit unserer Welt und fordern eine kostenlose Grundversorgung, sprich Bildung, Gesundheit, Wohnraum, Lebensmittel und Kultur, um den Menschen ein freies und selbstbestimmtes Leben zu ermöglichen.
Es darf nicht verboten sein Alternativen und Utopien in Freiräumen zu entwickeln, erproben und zu leben. Der Mensch, darf nicht als Humankapital gesehen werden, dessen Aufgabe darin besteht zu konsumieren, um die Wirtschaft anzukurbeln. Er darf nicht Abstumpfen durch massenkompatibelen Journalismus, der als selbsternannt „kritisch“ lediglich das bestehende System reproduziert.


Wie können Menschen die Möglichkeit zu einer Grundlegenden Veränderung verneinen, wenn tagtäglich Menschenrechte mit Füßen getreten werden, die Erde als Lebensgrundlage des Menschen auf das perverseste Zerstört wird. Dieser Raubbau an der Natur führt spätestens in 200 Jahren nicht nur zum Ende menschlicher Entwicklung, sondern seiner Existenz.


Meiner Einschätzung nach eine Mischung aus vernünftiger Gesellschaftskritik und anarchistischer Ideologie. Die kostenlose Grundversorgung befürworte ich bekanntlich selbst. Die Kritik am Journalismus ist treffend, denn die großen Medien gehören alle neoliberalen Konzernen wie Bertelsmann oder Springer. Eine Analyse davon hab ich mal auf den Nachdenkseiten gelesen. Die Kritik am Privateigentum ist überholt und ideologisch. Die Kritik am Schüren der Terrorangst trifft. Die Propagierung von Umweltschutz ist überzogen und auch ideologisch.

So würde ich das mal in der Kürze zusammenfassen. Das ist durchaus differenziert möglich, so eine Kritik.
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Beitragvon Kurt » Mi 2. Mai 2007, 02:04

Der Autor hat geschrieben:
Wie wärs mit einem offenen Brief?


Hast du dich schon mal politisch betätigt? Weißt du, wer sich alles für Petitionen und offene Briefe so interessiert?

Ja.

Wer nicht arbeiten will, soll doch "aussteigen" und sich ne bessere Alternative suchen


Sozialdarwinistischer Vollmist. Du weißt verdammt genau, dass man nicht einfach "aussteigen" kann. Und dass es allzu viele Leute gibt, die einfach nur nicht arbeiten wollen, von Sisyphos mal abgesehen( =) ), das glaube ich auch nicht.

Über das Thema Grundeinkommen haben wir ja schonmal gesprochen, das unterstütze ich mittlerweile auch. Der Punkt ist, dass der Sozialstaat für diese Art Versorgung zuständig ist, nicht die Wirtschaft.

liberale Wirtschaft und ein sozialer Staat


Das ist ja fast schon künstlerisch wertvoll, diese Antithetik. Pathetischer Dadaismus, Respekt.

Keine Ahnung was du meinst. So sehe ich unser "System" und so passt es mir im Wesentlichen auch.


Mit Radikalismus kommt man aber IMO nicht weiter.


Ich nehme mal an, du kennst dich mit radikaler Theorie auch gut aus? Die Erkämpfer der parlamentarischen Demokratie waren zu ihrer Zeit selbst Radikale. Martin Luther King und Gandhi waren politisch Radikale, gar keine Frage. Jeder, der das Problem an der Wurzel packt, ist ein Radikaler. Frauenrechte - eine radikale Idee, unerhört. Schwarze sollen Rechte haben? Unverschämt...

Du machst es dir VIEL zu leicht.

Gegen große Missstände muss man mit radikalen Mitteln kämpfen. Der Punkt ist, dass wir heute Menschenrechte, Demokratie usw. haben, es gibt nur noch kleinere Mängel. Das ist natürlich nur meine Meinung.

Übrigens: Was meinst du eigentlich, was die Brights sind? Eine aufgeklärte Gesellschaft ohne irrationale Glaubenssysteme - das ist so weit von der Realität entfernt, radikaler geht es gar nicht. Wenn wir so eine Gesellschaft anstreben, dann sind wir selbst radikal. Mal ganz abgesehen von dem Umstand, dass die Brights eine basisdemokratische Organisation sind und ich es insofern schon merkwürdig finde, sich Teilnehmer an so einer Bewegung gegen alle basisdemokratischen Ideen aussprechen.

Ich sehe die Brights eher als eine Gesellschaft zur Aufklärung/Bildung der Öffentlichkeit. Aber egal, ich habe keinen Mitgliedsantrag unterschrieben, ich kann damit leben, wenn die Brights sich als was sehen, was ich nicht unterstütze. Ich weiß auch nicht, was daran radikal sein soll - ich lebe schon seit vielen Jahren nach diesen Grundsätzen (keine irrationale Glaubenssysteme). Ob sich die Brights basisdemokratisch oder anders organisieren, ist mir gleich. Jede Gruppe soll das für sich entscheiden.

Hier eine Auswahl der Positionen und Ziele aus dem Interview, welche diese Leute vertreten:

Wir fordern einen ehrlichen Diskurs über die Veränderung des bestehenden Systems. Die parlamentarische Demokratie ist gescheitert, der Kapitalismus hat seine Grenzen bereits überschritten.
[...]
Hunger, Armut, Ausbeutung und Menschenrechtsverletzungen können wir nicht tolerieren, wir können nicht verstehen, dass der Mensch sich scheinbar selbst zerstört.


Ich sehe nicht, dass die parlamentarische Demokratie gescheitert wäre. Wo ist ein reales funktionierendes Beispiel einer besseren Regierungsform? Haben Hunger, Armut... in den letzten Jahrzehnten zu- oder abgenommen? Ich glaube, die Situation hat sich verbessert.

Wie können Menschen die Möglichkeit zu einer Grundlegenden Veränderung verneinen, wenn tagtäglich Menschenrechte mit Füßen getreten werden, die Erde als Lebensgrundlage des Menschen auf das perverseste Zerstört wird. Dieser Raubbau an der Natur führt spätestens in 200 Jahren nicht nur zum Ende menschlicher Entwicklung, sondern seiner Existenz.


Ich glaube, das ist ein globales Problem. Das hat mit unserem Parlament erstmal nichts zu tun.
Meiner Einschätzung nach eine Mischung aus vernünftiger Gesellschaftskritik und anarchistischer Ideologie. Die kostenlose Grundversorgung befürworte ich bekanntlich selbst. Die Kritik am Journalismus ist treffend, denn die großen Medien gehören alle neoliberalen Konzernen wie Bertelsmann oder Springer.

Ich würde den deutschen Journalismus durchaus als unabhängig und frei betrachten. Die Lage hat sich mit den Blogs auch gebessert, jetzt können auch "normale" Leute einfacher öffentlich machen. Aus meiner Sicht sind die Aktivisten kräftig übers Ziel hinausgeschossen und vertreten eine Minderheitenmeinung. Auf deutsch, sie stören sinnlos.

Ich bin übrigens durchaus politisch aktiv und habe eine gut informierte, gefestigte Meinung. "Sozialer Staat und freie Wirtschaft" fasst sie gut zusammen. Wichtig in der Politik ist, nicht nur Missstände anzuprangern, sondern auch Alternativen anzubieten und zu zeigen, wie sie realisiert werden können. Eine Utopie in den Raum zu stellen oder zu stören reicht nicht. Schau dir mal an, wie "Praktiker" in der Politik vorgehen.
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Beitragvon Sisyphos » Mi 2. Mai 2007, 08:25

Der Autor hat geschrieben:
Diese Leute forderten keine Basisdemokratie


In dem Video beschreibt ein Demonstrant das, was ich Basisdemokratie nennen würde. Elemente des Interview klingen auch danach.


Ich habe das Video noch nicht gesehen. Mein Augenmerk galt der Aktion selbst, die nicht auf die Forderung nach einer Basisdemokratie ausgerichtet schien. Eher als Wink mit dem Zaunpfahl: "Hee Leute, ihr seid für uns da! Ihr repräsentiert zu aller erst das Volk und nicht die Wirtschaft."

Gut. Ich habe aber auch gegen eine Basisdemokratie (etwa nach schweizer Vorbild) nichts einzuwenden. Dort haben sich die Menschen sogar schon für Steuererhöhungen und andere unpopuläre Dinge ausgesprochen. Basisdemokratie fordert eben auch Aufklärung über politisch-ökonomische Zusammenhänge. Ja, sie zwingt dazu, um die Nachteile dieser Demokratieform klein zu halten.
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Beitragvon HF******* » Mi 2. Mai 2007, 08:49

Die Schweiz hat gezeigt, dass Volksabstimmungen recht gut funktionieren können - mit teilweise sehr viel befriediegenderen Ergebnissen, als bei der Entscheidung durch unser System.

Wenn hier vorgehalten wird, dass das Volk möglicherweise eine Abstimmen könnte, wie es einem selbst nicht passt (z. B. Ausländer raus), dann muss man sich die Frage stellen, ob man auf dem Boden der Demokratie besteht: Wessen Wille soll denn durchgeführt werden, wenn nicht der des Volkes?

Meine Kritik an der Parteiendemokratie:
Das Problem in der parlamentarischen Demokratie ist, dass man seltenst mit ALLEN Zielen einer Partei übereinstimmen kann, die man wählt: Das ist wegen der Vielfältigkeit der Themen nahezu ausgeschlossen. Demnach wählt man eine Partei nach wenigen Themen aus, die einem am wichtigsten sind - das hat dann aber keinerlei Aussagegehalt über die anderen Themen.
Es ist insofern nur wenig legitim, Menschen über Themen entscheiden zu lassen, für die man sie nicht gewählt hat.

Die Parteiendemokratie ist eine Art Blockwahl der Themen, vergleichbar mit einer Volksabstimmung, in der man etwa abstimmen kann, ob man für die Abschaffung der Wehrpflicht und gleichzeitiges Verbot des Schwangerschaftsabbruches ist oder dagegen. Eine solche Abstimmung ist dem Grunde nach unsinnig. In unseren Wahlen geht es daher auch zu einem großen Anteil um Personen, statt um Themen - was in der Konsequenz bedeutet, dass das Volk nur sehr Eingeschränkt das bestimmen kann, was gemacht wird. Das demokratische Prinzip ist stark zurück gedrängt.

Es wird übrigens immer wieder angeführt, die Weimarer Republik sei bezüglich der Volksabstimmungen eine schlechte Erfahrung gewesen: Tatsächlich wurden dort aber niemals wirklich unsinnige Entscheidungen gefällt und die Beteiligung soll wohl auch gar nicht so schlecht gewesen sein.
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