Organspende: Widerspruchslösung geplant!

Organspende: Widerspruchslösung geplant!

Beitragvon HF******* » Do 26. Apr 2007, 09:16

Es ist gegenwärtig geplant, die Rechtslage zu den Organspenden zu ändern:
Es sollen einem Toten nur dann keine Organe entnommen werden können, wenn er zuvor ausdrücklich widersprochen hat.

Es wird immer wieder angeführt, religiöse Gründe sprächen gegen die Entnahme von Organen. Welche Gründe könnten das sein?

Wichtiger aber ist: Kann es religiöse Gründe geben, die gegen die geplante Regelung sprechen, dass grundsätzlich jedem Toten Organe entnommen werden können, wenn er nicht zu Lebzeiten widersprochen hat? Ich meine, dass es keine solchen religiösen Gründe geben kann.
HF*******
 
Beiträge: 2651
Registriert: Do 19. Okt 2006, 11:59

Beitragvon Klaus » Do 26. Apr 2007, 09:23

Religiöse Gründe, na klar die wollen am Tag des jüngsten Gerichts, vollständig und nicht fragmentiert vor ihrem Schöpfer stehen. Das ist der Grund dafür, das sich die Katholen so ungern verbrennen lassen, die wollen ihre Verpackung erhalten.
Benutzeravatar
Klaus
 
Beiträge: 4704
Registriert: Mo 11. Sep 2006, 21:43
Wohnort: get off the Net, I´ll meet you in the Streets

Beitragvon HF******* » Do 26. Apr 2007, 09:49

Es dürfte aber doch kein Christ heute ernsthaft bezweifeln wollen, dass Menschen in der Erde verwesen. Auch Einäscherungen werden mittlerweile von den Kirchen akzeptiert.

Und selbst wenn das einige Christen so sehen würden, spricht das doch ansich nicht gegen die Widerspruchslösung.
HF*******
 
Beiträge: 2651
Registriert: Do 19. Okt 2006, 11:59

Beitragvon Klaus » Do 26. Apr 2007, 10:05

Das ist mir schon klar, nur denen nicht. Ich habe Katholiken kennengelernt, die eine Verbrennung ablehnen, weil sie ihren Körper erhalten wollten, der sollte in seiner Gänze verwesen.
Benutzeravatar
Klaus
 
Beiträge: 4704
Registriert: Mo 11. Sep 2006, 21:43
Wohnort: get off the Net, I´ll meet you in the Streets

Beitragvon [C]Arrowman » Do 26. Apr 2007, 10:07

Soweit ich weiß wird man doch mit besterGesundheit wiedererweckt, dann müssten doch auch die Organe wieder da sein, oder?
Benutzeravatar
[C]Arrowman
 
Beiträge: 961
Registriert: Mo 1. Jan 2007, 16:18
Wohnort: Fuldabrück

Beitragvon Peter Janotta » Do 26. Apr 2007, 10:07

Das ist ja klasse! Ich war schon immer fuer das pasive Organspenderecht!
Benutzeravatar
Peter Janotta
 
Beiträge: 1492
Registriert: Mo 26. Mär 2007, 10:53
Wohnort: Würzburg

Beitragvon HF******* » Do 26. Apr 2007, 10:11

Es ist noch alles in der Diskussion und keineswegs beschlossene Sache.
HF*******
 
Beiträge: 2651
Registriert: Do 19. Okt 2006, 11:59

Beitragvon Mark » Do 26. Apr 2007, 10:37

war nicht immer ein hauptargument dagegen , daß menschen die gesundheitlich "auf der kippe" stehen dann gefahr laufen würden von anderen zum zwecke der ausschlachtung getötet zu werden ?
also jeder grundsätzlich erstmal ein potentieller spender (=schlachtvieh) wäre ?
alleine mit dieser angst kann man einen grossteil der tumben bevölkerung in deutschland schon dagegen mobilisieren.
Benutzeravatar
Mark
 
Beiträge: 1683
Registriert: Do 30. Nov 2006, 18:19
Wohnort: München

Re: Organspende: Widerspruchslösung geplant!

Beitragvon Max » Do 26. Apr 2007, 12:22

HFRudolph hat geschrieben:Es ist gegenwärtig geplant, die Rechtslage zu den Organspenden zu ändern:
Es sollen einem Toten nur dann keine Organe entnommen werden können, wenn er zuvor ausdrücklich widersprochen hat.


Das finde ich sehr sinnvoll. In Österreich ist das ja schon seit Langem so, obwohl es stark katholisch geprägt ist. Daher meine ich schon, dass die neue Regelung mit der KK zu vereinbaren ist.

Klaus hat geschrieben:Religiöse Gründe, na klar die wollen am Tag des jüngsten Gerichts, vollständig und nicht fragmentiert vor ihrem Schöpfer stehen. Das ist der Grund dafür, das sich die Katholen so ungern verbrennen lassen, die wollen ihre Verpackung erhalten.


Bei den Juden geht das sogar so weit, dass nach Bombenattentaten in Bussen oder Cafes die verstreuten Fleischstückchen zusammengesucht werden und mittels DNA-Tests den getöteten zugeordneten werden. :irre:
Max
 
Beiträge: 2038
Registriert: So 10. Sep 2006, 09:55

Beitragvon HF******* » Do 26. Apr 2007, 12:37

Mark schrieb:
war nicht immer ein hauptargument dagegen , daß menschen die gesundheitlich "auf der kippe" stehen dann gefahr laufen würden von anderen zum zwecke der ausschlachtung getötet zu werden ?


Da ist durchaus etwas dran: Man könnte ja sagen: Och, da geben wir uns nicht solche Mühe, das Unfallopfer wiederzubeleben, immerhin können dann zahlreiche andere Menschen davon profitieren: Einer bekommt die eine Niere, einer die andere, einer bekommt das Herz, ein anderer einen Lungenflügel - und schon haben wir vier Menschen gerettet, indem wir einen haben sterben lassen. Unter dem Gesichtpunkt kann man sich fragen, ob es nicht schon fast verwerflich ist, einen ansonsten intakten Menschen zu reanimieren.

Immerhin steht die unterlassne Hilfeleistung aber immer noch unter Strafe, ebenso Mord und Totschlag. Und Ärzten generell etwas derartiges zu unterstellen, wäre wohl auch etwas stark: Ich kann mir dennoch vorstellen, dass es derartige Denkweisen auch bei Ärzten geben kann.
HF*******
 
Beiträge: 2651
Registriert: Do 19. Okt 2006, 11:59

Beitragvon Mark » Do 26. Apr 2007, 12:50

HFRudolph hat geschrieben:
Mark schrieb:
war nicht immer ein hauptargument dagegen , daß menschen die gesundheitlich "auf der kippe" stehen dann gefahr laufen würden von anderen zum zwecke der ausschlachtung getötet zu werden ?


Da ist durchaus etwas dran: Man könnte ja sagen: Och, da geben wir uns nicht solche Mühe, das Unfallopfer wiederzubeleben, immerhin können dann zahlreiche andere Menschen davon profitieren: Einer bekommt die eine Niere, einer die andere, einer bekommt das Herz, ein anderer einen Lungenflügel - und schon haben wir vier Menschen gerettet, indem wir einen haben sterben lassen. Unter dem Gesichtpunkt kann man sich fragen, ob es nicht schon fast verwerflich ist, einen ansonsten intakten Menschen zu reanimieren.

Immerhin steht die unterlassne Hilfeleistung aber immer noch unter Strafe, ebenso Mord und Totschlag. Und Ärzten generell etwas derartiges zu unterstellen, wäre wohl auch etwas stark: Ich kann mir dennoch vorstellen, dass es derartige Denkweisen auch bei Ärzten geben kann.


dort muss sie auch keinen einfluss haben...ich meine die denkweise... es genügt daß die breite masse des volkes sich auf solche böcke setzen lässt um das gesetz nicht so wirklichkeit werden zu lassen.
Benutzeravatar
Mark
 
Beiträge: 1683
Registriert: Do 30. Nov 2006, 18:19
Wohnort: München

Beitragvon Max » Do 26. Apr 2007, 13:18

HFRudolph hat geschrieben:
Mark schrieb:
war nicht immer ein hauptargument dagegen , daß menschen die gesundheitlich "auf der kippe" stehen dann gefahr laufen würden von anderen zum zwecke der ausschlachtung getötet zu werden ?


Da ist durchaus etwas dran: Man könnte ja sagen: Och, da geben wir uns nicht solche Mühe, das Unfallopfer wiederzubeleben, immerhin können dann zahlreiche andere Menschen davon profitieren: Einer bekommt die eine Niere, einer die andere, einer bekommt das Herz, ein anderer einen Lungenflügel - und schon haben wir vier Menschen gerettet, indem wir einen haben sterben lassen. Unter dem Gesichtpunkt kann man sich fragen, ob es nicht schon fast verwerflich ist, einen ansonsten intakten Menschen zu reanimieren.

Immerhin steht die unterlassne Hilfeleistung aber immer noch unter Strafe, ebenso Mord und Totschlag. Und Ärzten generell etwas derartiges zu unterstellen, wäre wohl auch etwas stark: Ich kann mir dennoch vorstellen, dass es derartige Denkweisen auch bei Ärzten geben kann.


Man merkt, dass du Jurist bist.

Der von dir geschilderte Fall gilt als klassisches Beispiel für Handeln mit dem Menschen als Mittel. Jeder von uns empfindet deine Schilderung als moralisch verwerflich. Der Grund dafür ist, dass der Mensch dabei als Mittel für einen anderen verwendet wird. Versuche mit verschiedenen sozialen Gruppen, die nicht von westlichen Kultureinflüssen geprägt waren, wie Indianern haben hervorgebracht, dass diese Attitüde in uns auch genetisch veranlagt ist.
Max
 
Beiträge: 2038
Registriert: So 10. Sep 2006, 09:55

Beitragvon HF******* » Do 26. Apr 2007, 14:03

Das moralische Denkmodell stammt aus "God Delusion": Dort wird dargelegt, dass es eben von den meisten Menschen als verwerflich angesehen wird, eine unbeteiligte Person zu opfern, die ansich überlebt hätte:

Die zu reanimierende Person hat ansich nichts damit zu tun, dass andere Personen krank sind und soll nicht dafür büßen müssen. Genau das, was Du schreibst.
HF*******
 
Beiträge: 2651
Registriert: Do 19. Okt 2006, 11:59

Beitragvon Max » Do 26. Apr 2007, 14:49

Die moralische Unterscheidung zwischen dem Menschen als Mittel und als Zweck stammt von Kant.
Max
 
Beiträge: 2038
Registriert: So 10. Sep 2006, 09:55

Beitragvon Sisyphos » Do 26. Apr 2007, 15:32

Klaus hat geschrieben:Das ist mir schon klar, nur denen nicht. Ich habe Katholiken kennengelernt, die eine Verbrennung ablehnen, weil sie ihren Körper erhalten wollten, der sollte in seiner Gänze verwesen.


Deshalb experimentiert man heute mit Pilzen, die den Verwesungsprozess etwas beschleunigen sollen, da die Friedhöfe keinen Platz mehr haben, aber eine Einäscherung abgelehnt wird. :irre:

http://forum.brights-deutschland.de/viewtopic.php?t=637
Sisyphos
 
Beiträge: 692
Registriert: So 4. Mär 2007, 09:50

Re: Organspende: Widerspruchslösung geplant!

Beitragvon Tom K » Do 26. Apr 2007, 18:30

Max hat geschrieben:Bei den Juden geht das sogar so weit, dass nach Bombenattentaten in Bussen oder Cafes die verstreuten Fleischstückchen zusammengesucht werden und mittels DNA-Tests den getöteten zugeordneten werden. :irre:


Wobei ich zugegebenermaßen diese Menschen bewundere. Ich glaube, dass diese Arbeit extrem an die Nieren geht. Und etwas Gutes soll es ja auch haben: Niemand kann so gut Bombenanschläge rekonstruieren wie das israelische Äquivalent zum CSI.
Nebenbei die, die einsammeln sind orthodoxe Juden. Liberale spenden durchaus Organe, obwohl das eigentlich nicht sein soll.
Tom K
 
Beiträge: 47
Registriert: Do 22. Mär 2007, 21:27
Wohnort: Mainz

Beitragvon Klaus » Do 26. Apr 2007, 18:47

Da kommt sicherlich noch ein hygienischer Hintergrund dazu, nicht gefundene Leichenteile dürften sehr schnell in Verwesung übergehen und als Ausgangspunkt für Krankheiten gelten.
Benutzeravatar
Klaus
 
Beiträge: 4704
Registriert: Mo 11. Sep 2006, 21:43
Wohnort: get off the Net, I´ll meet you in the Streets

Beitragvon Mark » Fr 27. Apr 2007, 11:49

Klaus hat geschrieben:Da kommt sicherlich noch ein hygienischer Hintergrund dazu, nicht gefundene Leichenteile dürften sehr schnell in Verwesung übergehen und als Ausgangspunkt für Krankheiten gelten.


ähm...wenn ein jude mal einem menschenfresser anheim fällt...äh...was machen sie dann mit...ähh....also...ihr wisst schon...
Benutzeravatar
Mark
 
Beiträge: 1683
Registriert: Do 30. Nov 2006, 18:19
Wohnort: München

Re: Organspende: Widerspruchslösung geplant!

Beitragvon Joe » Sa 28. Apr 2007, 18:55

HFRudolph hat geschrieben:Wichtiger aber ist: Kann es religiöse Gründe geben, die gegen die geplante Regelung sprechen, dass grundsätzlich jedem Toten Organe entnommen werden können, wenn er nicht zu Lebzeiten widersprochen hat? Ich meine, dass es keine solchen religiösen Gründe geben kann.


Nun, wenn ein Mensch die Organentnahme bei sich, aus welchen Gründen auch immer nicht will, hat er ja die Möglichkeit, zu Lebzeiten zu widersprechen. Daher kann es wohl kaum religiöse Gründe geben, die gegen diese Regelung sprechen. Wenn jemand aus religiösen Gründen Wert darauf legt, komplett verwesen zu dürften, so muss er eben widersprechen.

Eine solche Regelung würde ich begrüßen. Ich habe schon seit vielen Jahren einen Organspendeausweis.

Ehrlich gesagt kann ich es nicht verstehen, dass viele Leute diesbezüglich Probleme haben. Zwar haben die Kirchen, soweit ich weiß, nichts gegen Organspende, allerdings bekomme ich den Eindruck nicht los, dass es hauptsächlich die Frommen sind, die Organspende aus irgend welchen an den Haaren herbeigezogenen Gründen für sich ablehenen.
Joe
 
Beiträge: 168
Registriert: Do 21. Dez 2006, 17:08
Wohnort: Stuttgart


Zurück zu Gesellschaft & Politik

Wer ist online?

Mitglieder in diesem Forum: 0 Mitglieder und 2 Gäste