Motive von Anarchie-Befürwortern?

Re: Motive von Anarchie-Befürwortern?

Beitragvon Nanna » Do 19. Dez 2013, 13:24

provinzler hat geschrieben:Wir regeln zwar, welche Krümmung Gurken haben dürfen

An der Stelle muss ich mal kurz einhaken, weil das eine der vielen Mythen rund um die EU ist, auf die sich ein paar Journalisten Anfang der 90er eingeschossen haben und die danach ein eigenständiges, jedoch mit der Realität wenig zu tun habendes Mem geworden war.

Die Verordnung (EWG) Nr. 1677/88 vom 15. Juni 1988 legt keineswegs fest, wie stark eine Gurke gekrümmt sein darf, damit sie verkauft werden darf, sondern teilt Gurken in verschiedene Güteklassen ein. Es gab ähnliche Verordnungen auf staatlicher Ebene in mehreren europäischen Ländern schon weit früher und es gab/gibt Normsysteme auch für andere Früchte. Dass die Gurke immer herhalten muss, liegt nur daran, dass es so schön absurd klingt, dass die EU angeblich den Krümmungsgrad der Gurke vorschreiben würde.

Was die EU getan hat, war auf einen Bedarf des Lebensmittelhandels, also der Privatwirtschaft (!), zu reagieren, der einen Bedarf an Normen für eine einfachere Abwicklung des Handels mit landwirtschaftlichen Erzeugnissen angemeldet hatte. Bei der obersten Klasse durfte der Krümmungsgrad in der Tat nur äußerst gering (<0,5 cm) sein. Das heißt aber nicht, dass der Handel mit gekrümmten Gurken dadurch verboten worden wäre. Dass man fast nur gerade Gurken der "besten" Norm findet, hat schlichtweg mit deren besserer Transport- und Lagerungsfähigkeit sowie mit den Wünschen der Verbraucher nach möglichst makellosen Früchten zu tun. Anders gesagt, es war eine Marktentscheidung für die gerade Gurke, bei der die EU lediglich das Klassifizierungssystem beigesteuert hatte. Die großen Ketten benutzen dieses System auch nach seiner Abschaffung munter als internen Standard weiter und die ganzen Wirtschafts- und Bauernverbände hatten sich 2009 für die Beibehaltung des Systems ausgesprochen. Dass die EU es dennoch abgeschafft hat, war eine reine Reaktion auf den unrettbaren Ruf dieser Verordnung, der entgegen der sachfernen Polemik in den Medien und v.a. im Kabarett nichts mit Wirtschaftsfeindlichkeit zu tun hatte, sondern lediglich so beliebt war, weil die Verordnung vordergründig so wunderbar das Feindbild EU unterstützte.
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Re: Motive von Anarchie-Befürwortern?

Beitragvon Gandalf » Fr 20. Dez 2013, 15:31

Nanna hat geschrieben:Was die EU getan hat, war auf einen Bedarf des Lebensmittelhandels, also der Privatwirtschaft (!), zu reagieren, der einen Bedarf an Normen für eine einfachere Abwicklung des Handels mit landwirtschaftlichen Erzeugnissen angemeldet hatte. Bei der obersten Klasse durfte der Krümmungsgrad in der Tat nur äußerst gering (<0,5 cm) sein. Das heißt aber nicht, dass der Handel mit gekrümmten Gurken dadurch verboten worden wäre. Dass man fast nur gerade Gurken der "besten" Norm findet, hat schlichtweg mit deren besserer Transport- und Lagerungsfähigkeit sowie mit den Wünschen der Verbraucher nach möglichst makellosen Früchten zu tun. Anders gesagt, es war eine Marktentscheidung für die gerade Gurke, bei der die EU lediglich das Klassifizierungssystem beigesteuert hatte.


Wie naiv darf man denn sein?
An ein frieer Markt ist dadurch definiert, das nicht die Politik darüber entscheidet was gekauft wird, sondern die Verbraucher (Nachfrager). Wenn die Nachfrage nach "geraden Einehitsgurken" gegeben wäre und ein tatsächlicher Vorteil damit verbunden wäre, dann hätten sich diese auch ohne 'zusätzliches' Klassifzierungsystem schon lange vorher durchgesetzt. (Qualitätsstandards und Bewusstsein gab's schon vor der EU und auch vor andererer staatlicher Intervention) Das auch Bauernverbände etc. dem zustimmen ist dem allgemeinen (subventionsbedingten) Größenwahn und den damit verbunden "trockenen und warmen Sitzgelgegenheit an Schalthebeln und Formularbögen" zuzuschreiben, denn Gurkenpflücken ist anstrengender und geht auf's Kreuz. 10 Mio Fördergelder lassen sich halt leichter bei einem Großbetrieb unterbingen als bei 100 kleinen, die sich nicht mal dankbar dafür zeigen.

Nein, - diese Verordnungen dienen allein dazu den staatsnahen (=subventionsabhängigen) Konzernen die Konkurrenz der Innovativen vom Hals zu halten. (..und den Politkern die Taschen zu füllen, während sie sich auch noch einreden, sie würden außer für sich selbst auch noch was für den Wohlstand anderer tun)

Auch scheinst Du nicht bemerkt zu haben, das die diversen "Gammelfleischskandale" und ihre Größenordnung mit der Zunahme der staatlichen Kontrollen und eingreifenden Vorschriften korrelieren.
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Re: Motive von Anarchie-Befürwortern?

Beitragvon Nanna » Fr 20. Dez 2013, 23:14

Schön, dass du für alles eine Erklärung hast, die rein zufällig genau in dein Weltbild passt. ;-)
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Re: Motive von Anarchie-Befürwortern?

Beitragvon provinzler » So 22. Dez 2013, 12:57

Nanna hat geschrieben:Was die EU getan hat, war auf einen Bedarf des Lebensmittelhandels, also der Privatwirtschaft (!), zu reagieren, der einen Bedarf an Normen für eine einfachere Abwicklung des Handels mit landwirtschaftlichen Erzeugnissen angemeldet hatte.

Ein paar große Lebensmittelkonzerne (zugegebenermaßen privat)wollten das so, und haben sich dann die Politiker gekauft, die das so gemacht haben. Für die Masse der Herstellerbetrieber war das nie interessant.
Kleine Unternehmen in Süddeutschland wurden von der EU gezwungen das was sie jahrhundertelang als Marmelade verkauften, mit dem Preissn-Wort "Konfitüre" zu etikettieren, weil der Zuckergehalt "nicht hoch genug war". Die Verbraucher fanden das nicht so toll. Die EU ist eine Organisation in der man als private Firma Privilegien gegenüber kleineren Wettbewerbern mit großzügigen verdeckten Schmiergeldzahlungen (Aufsichtsratspöstchen, Betraterverträge, großzügig entlohntes Quasseln) kaufen kann. Und jeder der Gekauften schiebt dann die Schuld den andren Gekauften zu...
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Re: Motive von Anarchie-Befürwortern?

Beitragvon Dissidenkt » Mi 1. Jan 2014, 22:23

xander1 hat geschrieben:Meine Frage ist: Was treibt diese Menschen an, die Anarchie besser als Demokratie finden?


Offensichtlich speisen sich deine Vorstellungen von Anarchie und Demokratie aus einer Herrschaftspropaganda, die davon lebt, Menschen dumm zu halten. Die Zustände in Somalia, die du zu kennen glaubst, haben so wenig mit Anarchie zu tun, wie die Zustände in Deutschland mit Demokratie.

Wenn du ernsthaft glaubst, dass es Demokratie sei, wenn du dich alle 4 Jahre mit einem Kreuz auf einem Zettel für unmündig erklärst, dann solltest du auch mal informieren, was Demokratie tatsächlich bedeutet!

Wie Anarchie aussehen kann und warum Menschen eine solche Gesellschaftsform für erstrebenswert halten, kannst du dir hier ansehen:
http://deu.anarchopedia.org/Die_Utopie_leben
https://www.youtube.com/watch?v=zvF7PoB-438
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Re: Motive von Anarchie-Befürwortern?

Beitragvon Nanna » Fr 3. Jan 2014, 18:53

Anarchopedia hat geschrieben:Interessant an diesem Dokumentarfilm ist vor allem, dass es nicht darum geht, irgendwelche Daten herunterzuleiern. Stattdessen berichten die ZeitzeugInnen sehr begeistert von dem, was sie einst geschaffen haben. Das macht den Film nicht nur für AnarchistInnen interessant.

Könnte ich stattdessen eine Quelle haben, die Daten herunterleiert und sich das euphoriebesoffene revolutionsromantische Gewäsch spart?
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