Nanna hat geschrieben:Der "Trick" an deiner Argumentation ist, dass du (un)bewusst offen lässt, was ein Vorteil sein soll. Ich vermute auch, dass du die Situationen im Kopf immer vom Ende her denkst, also vom Ergebnis aus bestimmst, was jetzt ein Vorteil für wen war. Wenn man aber immer seine Wunschsituation herbeidenkt und dann behauptet, das, was dahin führen würde, wäre ein Streben nach dem eigenen Vorteil aller Beteiligten, erschafft man einfach nur einen üblen Zirkelschluss.
...und (sofern deine These stimmen würde) könnte man es zu überhaupt nichts bringen, da man nur reagieren anstatt agieren würde. Das stimmt nun beim besten Willen nicht bei meinem Vorgehen oder bei meinen Leistungen. Ich habe unkonventionelle Entscheidungen getroffen und sie waren von Erfolg gekrönt. Das gelingt nur wenn man korrekt antizipiert, nicht im Nachhinein sagt, es war unvermeidlich. Alles in allem ein sehr hilfloses Argument, da du keinen Beleg für deine Vermutung hast und ich mir bewusst bin, dass mein Leben bis jetzt ganz anders verlaufen ist. Im echten Leben kann man sowas beweisen (so einen Vorwurf hat man mir nie gemacht, eher dass ich fies manipuliere), in einem Forum ist das leider nicht möglich.
Ein Vorteil bedeutet entweder geringerer Nachteil oder größererer Nutzen im Vergleich zu anderen. Nutzen ist selbsterklärend und hängt von der Zielsetzung ab. Da ich jedem seine Ziele überlasse, bleibt natürlich das Wort "Vorteil" abstrakt erklärt.
Nanna hat geschrieben:Insofern können deine Imperative ja auch keine Handlungsempfehlungen hervorbringen.
Wo habe ich Imperative? Und inwiefern ist das eine logische Konsequenz aus einem unkonkreten Vorteilsbegriff? Ich bin immerhin konkreter als jeder, das mit "gutem Willen"/"Pflicht"/"dem Guten" argumentiert. In jeder Philosophie, die nicht völlig verlacht wird, sind diese Begriffe weit weniger konkret gefasst als mein Vorteil.
Nanna hat geschrieben: Auf der abstrakten Ebene drehst du es gerne so hin, dass es irgendwie stimmig klingt (was es strukturell aufgrund der tautologischen Form des Arguments ja ironischerweise auch ist), aber die Übersetzung in Alltagssituationen gelingt nicht, eben gerade weil du dich gegen das Formulieren von Regeln oder auch nur Richtlinien aussprichst.
Wie gesagt, dann wäre ich ein durch und durch passives Wesen. Wieso taugt aber für mich diese Philosophie perfekt und wieso bin ich anderen oft einen Schritt voraus? Es besteht nunmal keine Tautologie darin den Vorteil oder Nutzen nicht zu konkretisieren. Das liegt in der Natur der Sache, da jeder "Vorteil" von der Situation und den Zielen abhängig macht. Ich kann z.Bsp. sehr gut malen und zeichnen, aber es scheint mir ein nutzloses Talent zu sein und insofern keinen echten Vorteil zu bieten. Einem Schöngeist, der keine richtigen Ziele im Leben hat, könnte dieses talent jedoch viel bedeuten, einen Vorteil verschaffen. Wo ist da die Tautologie?
Nanna hat geschrieben: Dadurch wird es auch unmöglich, deine Theorie experimentell zu überprüfen, weil ja im Nachhinein jeder nur so gehandelt haben kann, wie er gehandelt hat (das Problem retrospektiver Betrachtungen ist u.a., dass die Richtung der Kausalität nicht zweifelsfrei feststellbar ist, also Ursache und Wirkung potentiell vertauscht werden) und das war per definitionem egoistisch. Daraus erklärt sich bloß nichts.
Die Ursache (also die eine von vielen, die meine Handlungsphilosophie ausmacht) ist vom Handelnden zweifelsfrei zu erkennen. Wenn etwas nach jemandes Absicht geschehen ist (und sich das permanent in seinem Leben wiederholt) kann man mit Recht von Absicht, Antizipation sprechen oder auch verzweifelt als Gegner dieser Philosophie von Glück, Zufall (aber das wäre ein ziemlich verzweifeltes Argument).
Nanna hat geschrieben:Weiterhin kommen sehr viele implizite Annahmen hinzu, beispielsweise, dass Kooperation und Wohlwollen dem Eigennutz am besten dienen.
Das ist eine Annahme, die auf unserer Evolution basiert. Wenn sich unser soziales Verhalten so entwickelt hat, hatte es seinen Nutzen fürs Individuum und hat seine Fitness (seinen "Vorteil") gesteigert. Aufgrund der Eigenschaften des Menschen kann man ableiten, was für Vorteile entsprechende Entwicklungen hatten und welche noch heute wohl am Vorteilhaftesten sind. Diese Entwicklung ist sehr weit verbreitet, sie fängt schon in unserer Frühgeschichte an und mündet in die Endosymbiontentheorie.
Nanna hat geschrieben:Der von dir heißgeliebte Gandalf behauptet hier regelmäßig denselben Stuß.
Wohl der einzige Punkt in dem er Recht hat, seine Schlussfolgerungen sind jedoch naiv.
Den nächsten Brocken musste ich mal zerstückeln, um ihn selbst zu verstehen, du verzeihst mir also meinen Zitierstil:
Nanna hat geschrieben:Dass das nur unter der Erfüllung bestimmter Bedingungen stimmt und in der Empirie biologische Systeme, wenn wir mal auf der Ebene bleiben wollen, regelmäßig in ganz andere Richtungen kippen....
Jede Theorie hat seine Axiome, meine beruhen auf den Axiomen der Evolution, das ist mehr als Moralphilosophien zu bieten haben.
Nanna hat geschrieben: (was ja schon rein physisch im deterministischen Biologismus nur unter der dogmatischen Annahme geht, dass das System den eigenen Vorteil sucht, der unhinterfragt mit günstigeren energetischen Zuständen gleichgesetzt wird)
Da wirfst du jetzt einiges durcheinander. Um nicht in irgendeine Falle zu geraten, will ich wissen, was du hier unter "System" verstehst. Sofern das System ein Lebewesen ist, welches mit seiner Umgebung interagiert, so ist richtig, dass es seinen Vorteil sucht, aufgrund der Unternnbarkeit von Lebewesen und Stoffwechsel stimmt dann auch das mit dem energetischen Zustand (allerdings nur für das Lebewesen, die einzelnen Bestandteile des Lebewesens haben eher einen ungünstigen Zustand, da energetisch günstig energiearm bedeutet und eher das Gegenteil für Lebewesen als Ressource attraktiv ist). Daraus meine ich jedoch nicht die Absicht abzuleiten, sich einen Vorteil bewusst zu suchen. Ich leite daraus ab, dass der Mensch fähig wäre, daraus einen Vorteil, eine Absicht abzuleiten und bewusst und weniger instinktiv zu handeln (und und zu agieren, nicht zu reagieren).
Nanna hat geschrieben:- was sie aus evolutionären Überlegungen heraus eigentlich nicht tun dürften, weil sie längst ausgestorben sein müssten....
Das verstehe ich nicht. Wieso sollten die sogenannten Systeme (von denen ich im weiteren ausgehe, dass Lebewesen damit gemeint ist), wegen eines solchen Verhaltens ausgestorben sein? Es ist gerade das verhalten, welches wir bei den rezenten Tieren beobachten können!
Nanna hat geschrieben: - lasst ihr beide gern weg oder stellt es, Witz komm raus, als Folge des "künstlichen" Eingreifens des Menschens in die Natur da, der die ganzen perfekten natürlichen Regelkreisläufe (Gott, bist du das etwa!?) ignoranterweise kaputt macht.
So habe ich nie argunetiert, für Gadolf kann ich nicht sprechen. Ich halte (und das habe ich wohl bestimmt schon erwähnt) Begriffe wie "Natur" für unpraktisch. Gerade durch meinen Willen, die Natur so zu formen wie ich es will, kannst du ableiten, dass ich nichts von Auftrennungen zwischen Mensch und Natur halte oder das Eingreifen als Zerstörung sehe.
Ich nehme mal wohlwollend an, dass du da eher meinst, dass ich die Religion damit meine. Und ja, im Sinne eines Memes, welches sich wie eine abartige Krankheit verhält, kann ich der Religion wenig gutes abgewinnen; ich halte dieses Geschwür jedoch nicht für unnatürlich, da ich mir seinen Ursprung erklären kann (und es sich auf logischen Ängsten, Bedürfnissen aber auch aus einem schwachen Verstand und Willen ableitet). Ich heiße es lediglich nicht gut, aber ich benutze für dieses Urteil keinen Dualismus in der Natur-Diskussion.
Nanna hat geschrieben:Natürlich ist auch der Mensch zu 100% Teil des natürlichen Systems, was bedeutet, dass die ganze Hinterhältigkeit und das Morden und Totschlagen irgendwie auch dazu gehören und ganz natürliche und valide Strategien des Überlebens und der Vorteilsmaximierung sind.
Weil es verallgemeinert ist, stimmt das nicht. In manchen Situationen war und ist es jedoch zutreffend. Wenn die Regenerationsrate von Beutetieren so gut wäre, dass das Raubtier nur ein Stück aus dem Hintern beißen muss, um satt zu werden und das Tier daran nicht stirbt, ist das auch eine Überlebensstrategie. Parasiten handeln so, andere können nicht so effizient ausbeuten und zerstören ihre Quelle, aber das gehört auch dazu. Wieder andere leben in Symbiose und verschaffen sich gegenseitig einen Vorteil. Du siehst also, dass die Evolution verschiedene Strategien entwickelte, weswegen ich nicht zweifelsfrei sagen kann, dass Mord schlecht oder gut ist, ebensowenig wie Kooperation grundsätzlich schlecht oder gut ist. Ich beziehe meine Ideen meistens auf den Menschen.
Nanna hat geschrieben: Aber ach, lassen könnt ihr ja doch nicht vom so wunderschönen Gedanken der Erlösung durch selbstorganisierende Systeme, die ganz automatisch und ohne unser bewusstes Zutun das Gute und Schöne schaffen
Ja, wir sind nicht so weit, dass wir eine imaginäre oder tatsächliche Diktatur anstreben. Zumindest mein Diktator ist nicht das leere, illusorische Wort aber mit klarer Imperativer Form oder ein Wesen welchem ebenso unhinterfragt (ob nun reel als Mensch oder illusorisch als Gottheit) gehorcht werden muss. Ich sehe darin keinen Nachteil. Und Selbstorganisation bedeutet nicht, dass das Ergebnis grundsätzlich die erlösung bedeutet. Für mich bedeutet ein System, welches sich selbst erklärt und von selbst funktioniert ein natürliches, logisches System (wie es jeder Naturwissenschaftler anstrebt und an es glaubt). Unser Universum ist ein solches. Jedoch werte ich aufgrund dieser Eigenständigkeit die Situation weder als gut noch als schlecht. Mich ärgert (obwohl ich mir der Ursachen bewusst bin und noch keine bessere Alternative kenne) meine Sterblichkeit, jedoch halte ich meinen Körper so wie er momentan funktioniert für ein persönliches Nahezu-Optimum. Mich ärgert auch die Erkenntnis des Kältetodes des Universums, auch wenn mir bewusst ist, wieso dies geschehen müsste. Ein System als autark zu erkennen bedeutet nicht es gutzuheißen.
Nanna hat geschrieben:....und noch lustiger ist es ja, dass die Welt, die ihr euch erträumt, aufs Haar derjenigen gleicht, die all die seltsamen Moralischen anstreben, nur dass die den Mut haben, sie tatsächlich mit konkreten Überlegungen auszustatten.
Meine Überlegungen sind wesentlich konkreter. Ich habe ein abstrakteres Denkmuster, wäge jedoch anders als die Moralisten jede Situation einzeln ab. So komme ich nicht in Zwiespalt mit irgendwelchen Dogmen, die in einer konkreten Situation offensichtlich unangebracht sind. "Du sollst nicht töten" ist in einer Notwehrsituation nicht hilfreich und lässt unnötig zögern während das eigene Leben oder das anderer in Gefahr schwebt. Diese Dogmen sind so gefährlich und unnütz, da sie oft nicht als Ideen und Voerschläge erkannt werden, da man schon in früher Kindheit damit indoktriniert wird. Die Informationen der Moral sind völlig falsch vermittelt. Die imperative Form ist der größte Fehler der Moral und Ethik. Sie hindert einen schwachen Menschen daran zu hinterfragen.
Mein Ideal würde sich in dem Haar von der Realität unterscheiden als dass sich die Menschen einiger weniger Erkenntnisse bewusst wären und deswegen anders handeln würden. Einige sind bereits soweit, die meisten nicht. Diese Idee scheint mir keine Utopie zu sein, sondern nur eine Frage der Zeit. Ich prognostiziere einfach mal, dass das die nächste Stufe unserer sozialen Evolution ist, da sie bei einigen Persönlichkeiten erfolgsversprechend zu beobachten war und sich nur noch durchsetzen muss. Das geschieht nicht durch gewaltsame Revolutionen, sondern aus dem herauswachsen aus alten Denkstrukturen. Die nächsten Generationen werden schlichtweg anders handeln als die vorigen.