Stadt kündigt Trägerschaft für Kindergarten

Stadt kündigt Trägerschaft für Kindergarten

Beitragvon Celtic » Do 22. Mär 2012, 14:40

Erstmals hat eine Kommune die Trägerschaft eines Kindergartens der römischen Kirche aufgekündigt.
Grund: Die Kirche hat der Leiterin gekündigt, weil sie nach der Trennung von ihrem Mann eine neue Beziehung eingegangen ist.

http://www.fr-online.de/meinung/komment ... 51738.html

Vielleicht schließen sich ja noch mehr Städte und Gemeinden dieser Praxis an? :up:
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Re: Stadt kündigt Trägerschaft für Kindergarten

Beitragvon stine » Do 22. Mär 2012, 15:06

Die Trägerschaft kündigen hieße den Kindergarten ganz auflösen oder als Gemeindekindergarten weiterführen. Davon steht da nichts. Ich denke, dass es sich hier vorerst nur mal um einen Protest gegen die Vorgaben der Kirche gegenüber der Privatsphäre ihrer Angestellten handelt.
Erfahrungsgemäß kündigt die Kirche keine Leitung, wenn nicht auch noch andere Fakten dazu kommen. Ich kenne eine Kindergartenleiterin die schon seit 10 Jahren in "wilder Ehe" lebt und das auch noch mit dem ungeschiedenen Vater eines Ex-Kindergartenkindes. Außer dem Hinweis, das Verhältnis endlich zu legalisieren, folgen vom Erzbischöflichen Ordinariat keinerlei Konsequenzen.

LG stine
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Re: Stadt kündigt Trägerschaft für Kindergarten

Beitragvon Celtic » Fr 23. Mär 2012, 13:37

Das Wort "kündigen" steht explizit drin in dem Artikel. Das bedeutet mit großer Wahrscheinlichkeit, daß der Kindergarten ein städtischer Kindergarten wird.

Protest hat in einem solchen Fall noch nie was genutzt: Da die römische Kirche meint, sie würde als quasi von Gott selbst eingesetzte Institution über den Dingen stehen, prallt insbesonders "weltlicher" Protest wirkungslos ab. Nicht umsonst wird immer wieder betont, daß sich die Kirche nicht "dem Zeitgeist" - was auch immer man darunter versteht - anpassen dürfe, sondern anderen (ewigen und göttlichen) Richtlinien folgen müsse.
Leider gehören auch Demokratie und Menschenrechte zu den Neuerungen des Zeitgeists - ebenso wie ein unverkrampfter Umgang mit wieder verheirateten geschiedenen Mitgliedern.
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Re: Stadt kündigt Trägerschaft für Kindergarten

Beitragvon stine » Fr 23. Mär 2012, 16:30

Celtic hat geschrieben:Das Wort "kündigen" steht explizit drin in dem Artikel. Das bedeutet mit großer Wahrscheinlichkeit, daß der Kindergarten ein städtischer Kindergarten wird.
Das wird aber nicht so ohne weiteres gehen, denn in der Regel sind die Gebäude Eigentum der Kirche. Da wird die Gemeinde das Gebäude kaufen müssen oder denken sie, dass die Kirche das an sie vermietet und gehen die "restlichen" Angestellten dann automatisch an den neuen Arbeitgeber über?
Ich persönlich vermute, dass hier vom Berichterstatter gar nicht überlegt, sondern nur mal wieder vorschnell geschossen wurde.

:wink: stine
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Re: Stadt kündigt Trägerschaft für Kindergarten

Beitragvon mat-in » Fr 23. Mär 2012, 17:15

In dem Fall ist es wohl so einfach, denn das Land ist zu 100% Träger des ganzen, die Kirche finanziert da also gar nichts und ihr gehört auch nichts, wenn ich das richtig verstehe. Find ich nur richtig so. Ich kann die Kirchenposition "Wo katholisch drauf steht ist auch katholisch drin" durchaus nachvollziehen, da ist es aber auch nur konsequent, daß dort wo 0% Kirchenfinanzen drin sind auch nicht mehr Kirche drauf steht. Würde ich mir für mehr Einrichtungen wünschen. Hoffe das hat Signalwirkung.
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Re: Stadt kündigt Trägerschaft für Kindergarten

Beitragvon stine » Sa 24. Mär 2012, 09:38

mat-in hat geschrieben:denn das Land ist zu 100% Träger des ganzen
Hilfe!!!
Es wird immer komplizierter. Wenn das Land 100% Träger des Kindergartens ist, wieso kündigt es dann der Kirche die Trägerschaft?

:o0: stine
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Re: Stadt kündigt Trägerschaft für Kindergarten

Beitragvon 1von6,5Milliarden » Sa 24. Mär 2012, 10:13

(Ich kann aber nicht sagen, was in diesem Fall exakt los ist.)
Das Land hat die Trägerschaft.
Es kündigt die (seine! eigene!) Trägerschaft des Kindergartens (gegenüber der Kirche), es (das Land) trägt also künftig nicht mehr (die Kosten) des Kindergartens.
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Re: Stadt kündigt Trägerschaft für Kindergarten

Beitragvon stine » Sa 24. Mär 2012, 12:46

Jaa, das würde Sinn machen!
Tatsächlich aber bezahlt die Gemeinde (Stadt) nur Zuschüsse, wenn ein sogenannter Erzieher-Schlüssel eingehalten wird. Anzahl der Kinder im Verhältnis zu den Erzieherinnen. Die Einnahmen der Einrichtung werden zum größten Teil über die Gebühren selbst abgedeckt, also der Kindergarten ist nicht bankrott, wenn die Stadt die Zuschüsse nicht mehr zahlt, denn im Zweifelsfalle würde die Kirche selbst die Finanzlücke ausgleichen. Die Gebäude kirchlicher Kndergärten sind immer Eigentum der Kirche und die Erzieher sind Angestellte des Kindergartens der katholischen Kirche, werden also auch von der Kirche selbst mit deren Tarif bezahlt. Die Trägerschaft kündigen geht eigentlich nicht, die Stadt/Land kann nur ihre Zuschüsse streichen.
Hier allerdings ist wieder unklar, ob sie das denn dürfen, denn gestzlich geregelt ist, wer den Erzieherschlüssel einhält (gilt für alle privaten Einrichtungen, hierzu gehören auch die kirchlichen) ist Zuschuss berechtigt. Und könnte den auch einklagen.

Also prinzipiell ist es doch so, dass jeder, der sich in einem katholischen Kindergarten vorstellt, davon unterrichtet wird, was der Arbeitgeber sonst noch so für Vorstellungen hat. Man muss die Stelle ja nicht annehmen, wenn das nicht gefällt. Hat man das aber unterschrieben, so gilt das als einverständliche Zusage. Wenn sich private Umstände verändern, sollte man sie so verändern, dass sie wieder zum Arbeitgeberwillen passen. Gerade Erzieherinnen werden doch derzeit wie Nadeln im Heuhaufen gesucht und es müssten fast auf jede Erzieherin 10 offene Stellen kommen.

Und wie gesagt, mir ist kein Fall bekannt, wo bis zur Kündigung nicht mehrere Fakten zusammengekommen wären. Das müssen auch die Eltern nicht immer wissen, denn so wird den Gekündigten die Chance offen gehalten sich noch anderswo bewerben zu können.

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Re: Stadt kündigt Trägerschaft für Kindergarten

Beitragvon mat-in » Sa 24. Mär 2012, 23:47

Trotzdem echt seltsam, daß die Kirche 0% und das Land 100% zuschießen und es sich kirchlich nennen darf, oder?

Und jetzt der Frau die da rausgeworfen wurde zu unterstellen, daß sie noch sonstwas getan hätte ... ändert nichts daran, daß es da eine Kündigung aus "göttlichen" Gründen gibt. Sowas sollte nicht passieren, zu mindest nicht in einer 100% öffentlich bezahlten Einrichtung.
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Re: Stadt kündigt Trägerschaft für Kindergarten

Beitragvon stine » So 25. Mär 2012, 11:23

Wie oft muss ich das eigentlich wiederholen?
Der Kindergarten trägt sich selbst und die Angstellten werden über die Einnahmen aus dem Kindergarten bezahlt. Das Gebäude ist Eigentum der Kirche und wird auch aus deren Budget erhalten.
Dass Stadt oder Land Zuschüsse an private Einrichtungen geben, wenn von ihnen verlangte Vorgaben erfüllt werden, macht die Einrichtung nicht zu einer städtischen oder einer vom Land. Ich würde sagen, dass sich Stadt und Land viel Ärger und Kosten sparen, wenn sie auf diese Weise verfahren.
Ohne die Kirche in Schutz nehmen zu wollen, aber hier ist die Kritik nicht gerechtfertigt.

mat-in hat geschrieben:Und jetzt der Frau die da rausgeworfen wurde zu unterstellen, daß sie noch sonstwas getan hätte
Interessant, wie man alles verqueren kann.

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Re: Stadt kündigt Trägerschaft für Kindergarten

Beitragvon 1von6,5Milliarden » So 25. Mär 2012, 12:15

stine hat geschrieben:Der Kindergarten trägt sich selbst

und die Angstellten werden über die Einnahmen aus dem Kindergarten bezahlt.


Das Gebäude ist Eigentum der Kirche und wird auch aus deren Budget erhalten.
Du weißt dies bei diesem Kindergarten? Nachweis bitte! Für jeden Punkt!

stine hat geschrieben:Interessant, wie man alles verqueren kann.
Ja ...
und wie man zum Beispiel einfach behaupten kann, da muss mehr vorgefallen sein.
stine hat geschrieben:Erfahrungsgemäß kündigt die Kirche keine Leitung, wenn nicht auch noch andere Fakten dazu kommen.
Das ist durchaus grenzwertig (auch wenn es durchaus möglich ist). Du unterstellst der einen Seite quasi reinste Weste, bei der anderen mutmaßt du Dreck. Ja, so kennen wir die ausgewogene Vertreterin der Kirche ganz unten. :/
Das ist wahrlich christlich (und moralisch).

Wenn der Kindergarten sich selbst komplett tragen würde, dann wäre u.U. eine Trägerschaft durch die Kommune recht seltsam. Also "in meinem Gau" werden solche Einrichtungen immer zumindest bezuschusst. (Mal ganz abgesehen davon, dass die Kirche i.d.R. ja schon über das Steuer nicht Zahlen bezuschusst und anderen Einrichtungen gegenüber bevorteilt wird.

.
stine hat geschrieben:Ich persönlich vermute, dass hier vom Berichterstatter gar nicht überlegt, sondern nur mal wieder vorschnell geschossen wurde.

Ich persönlich vermute, dass hier stine gar nicht überlegt, sondern nur mal wieder vorschnell geschossen wurde. Wenn's um solche Fragen geht, die RKK (scheinbar) ganz unten, dann springt auch bei dir ein seltsamer Reflex an.
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Re: Stadt kündigt Trägerschaft für Kindergarten

Beitragvon stine » So 25. Mär 2012, 17:39

Trägerschaften erfüllen die Aufgabe der Personalverantwortung für Einrichtungen, wie zB Kindergärten, Kinderhorte, Kinderkrippen. Sie steuern also die personelle Besetzung und den admisnistrativen Ablauf der Einrichtung. Sind aber nicht Besitzer oder Geldgeber.
Die Kirche vergibt die Trägerschaft ihrer Kindergärten meist an den Pfarrer der Gemeinde, in welcher sich die Einrichtung befindet. Auch ein Ehrenamtlicher der Gemeinde kann Trägervertreter für kirchliche Einrichtungen dieser Art werden.
Vermutlich gibt es zwei Konstellationen:
- Kirchlicher Kindergarten mit der Gemeinde als Träger (ist mir nirgendwo bekannt)
- Gemeindekindergarten mit der Kirche als Träger (scheint offensichtlich hier der Fall zu sein)
Wenn nun die Gemeinde der Kirche die Trägerschaft kündigt, so befreit sie sich nur vom Personalverantwortlichen, heißt aber, dass die Gemeinde immer schon Geldgeber und Besitzer des Kindergartens gewesen sein muss, man nimmt der Kirche also nichts weg weil sie es gar nicht hatte. Und dann verstehe ich nicht, wieso die Gemeinde einen kirchlichen Träger gewählt hat, wenn sie mit den Klauseln des Trägers nicht einverstanden ist.

Natürlich lässt sich darüber streiten wieviel Privatleben ein Arbeitgeber bestimmen darf, aber selbst eine Bank wird sich im Zweifelsfall von einem Vorbestraften trennen. (wenn auch hier ein anderer Sachverhalt vorliegen würde)
Und wie gesagt, wer sich die Kirche als Arbeitgeber aussucht, weiß in der Regl, was auf ihn zukommen kann. Und mir ist trotzdem kein Fall bekannt, wo alleinig die Scheidung zum Arbeitsplatzverlust geführt hätte.

1von6,5Milliarden hat geschrieben:Ich persönlich vermute, dass hier stine gar nicht überlegt, sondern nur mal wieder vorschnell geschossen wurde. Wenn's um solche Fragen geht, die RKK (scheinbar) ganz unten, dann springt auch bei dir ein seltsamer Reflex an.
Stimmt. Ich bin der Kämpfer für die Unterdrückten. :wink:
Und das ist in einem Atheistenforum nun mal die Kirche.

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Re: Stadt kündigt Trägerschaft für Kindergarten

Beitragvon Celtic » Mo 26. Mär 2012, 12:37

stine hat geschrieben:Natürlich lässt sich darüber streiten wieviel Privatleben ein Arbeitgeber bestimmen darf, aber selbst eine Bank wird sich im Zweifelsfall von einem Vorbestraften trennen. (wenn auch hier ein anderer Sachverhalt vorliegen würde)
Und wie gesagt, wer sich die Kirche als Arbeitgeber aussucht, weiß in der Regl, was auf ihn zukommen kann. Und mir ist trotzdem kein Fall bekannt, wo alleinig die Scheidung zum Arbeitsplatzverlust geführt hätte.


Stimmt, eine Scheidung alleine führt noch nicht zum Verlust des Arbeitsplatzes. Einfach deshalb, weil es - aus Sicht der Kirche - keine Scheidung gibt.
Sobald die Leute dann aber eine neue Beziehung eingehen, ist der Job weg. Gleiches gilt, wenn sie als homosexuell geoutet werden. Aber das sind alles keine kriminellen Handlungen und noch nicht mal pauschal moralisch verwerflich, insofern ist der Vergleich mit dem vorbestraften Bankmitarbeiter ziemlich daneben.

Das Argument "es hat ja jeder gewußt, was auf ihn zukommen kann" halte ich für ziemlich zynisch - sag das mal einem betroffenen Kirchenmitarbeiter ins Gesicht, wenn du dich traust!! Und sei vor allem froh, wenn es nicht mal dich selbst trifft - das kann sehr schnell gehen.

Ich habe mir nach dem Abi ernsthaft überlegt, Theologie mit Ziel Gemeindereferent/Pastoralreferent zu studieren. Das Risiko, 20 Jahre später wegen einer gescheiterten Ehe den Job zu verlieren und einen komplett anderen Beruf ergreifen zu müssen, habe ich damals jedenfalls nicht gesehen. So weit denkt niemand, der mit 20 vor der Entscheidung der Berufswahl steht.

Grundsätzlich muß der Staat wissen, ob er mit der Institution Kirche zusammenarbeiten will. Und vor allem, ob er deren Spielregln vollständig und widerspruchslos akzeptiert.

Und das ganze Thema wird im Hinblick auf die kirchlichen Mißbrauchsskandale noch grotesker: Einen einfachen Mitarbeiter (= Laie) wird wegen einer zweiten Heirat entlassen. Ein Kleriker, den man des Kindesmißbrauchs bezichtigt, wurde bis vor kurzem nur still und heimlich versetzt. Kirchliche Logik!

Ähm- und bei allem Respekt: Die Kirche gehört schon seit mindesten 1.700 Jahren nicht mehr zu den Unterdrückten. Ganz im Gegenteil!
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Re: Stadt kündigt Trägerschaft für Kindergarten

Beitragvon stine » Mo 26. Mär 2012, 14:48

Celtic hat geschrieben:Ähm- und bei allem Respekt: Die Kirche gehört schon seit mindesten 1.700 Jahren nicht mehr zu den Unterdrückten. Ganz im Gegenteil!
Prinzipiell gebe ich dir recht. Aber wenn ich Sachverhalte klären kann, mach ich das. Ich weiß zwar nicht viel, aber wenn ich was weiß, lass ich euch gerne daran teilhaben.

:mg: stine
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Re: Stadt kündigt Trägerschaft für Kindergarten

Beitragvon Pete » Mo 26. Mär 2012, 20:01

Prinzipiell - unabhängig von der tatsächlichen Finanzierhung und der rechtlichen Seite - ist doch durch diesen Fall endlich wieder eine Diskussion in Stande gekommen.

Ich finde es in der Tat erbärmlich, dass es in Deutschland überhaupt möglich ist von Kirchenseite aus wegen solche Sachen zu kündigen. Es geht ja nicht nur um Scheidungen und mit jemanden anderem zusammenleben, es geht auch um Homosexualität z.b. und andere Sachen. Dass ein Arbeitgeber so tief Einfluss auf das Privatleben von Angestellten hat geht eindeutig zu weit.

Es ist klar, dass überall Regeln einzuhalten sind. So wird ein kath. Kindergarten immer erwarten, dass ein religiöses Programm mit integriert ist und dass die Mitarbeiter dieses proffesionell gestalten. Auch kann es nicht sein, dass ein in der Kirche Angestellter in seiner Freizeit offen zum Kirchenaustritt aufruft. Das wäre ja vergleichbar mit einem VW-Arbeiter, der Werbung für Opel macht. Eine gewisse Loyalität verlangt jeder Arbeitgeber und das wohl auch mit Recht. Jedoch geht die Loyalitätsklausel in den Arbeits-Vertrags-Richtlinien der Kirchen und deren Wohlfahrtsverbände entschieden zu weit. Das gehört reformiert und deshalb begrüße ich ausdrücklich die Diskussion, die durch diesen Fall wieder in die Öffentlichkeit kommt.

Problematisch dabei ist, dass wir eine konservative Regierung haben, die SPD auf Kuschelkurs mit den Kirchen geht und es recht unwahrscheinlich ist, dass sich in absehbarer Zeit etwas an der rechtlichen Lage ändern wird, wenn nicht die Gewerkschaften etwas Entscheidendes erreichen. Das ist wieder etwas, was ich bedenklich finde, dass die großen Volkspateien so eng mit den Kirchen zusammen sind.
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Re: Stadt kündigt Trägerschaft für Kindergarten

Beitragvon stine » Di 27. Mär 2012, 06:49

Pete hat geschrieben:Es geht ja nicht nur um Scheidungen und mit jemanden anderem zusammenleben, es geht auch um Homosexualität z.b. und andere Sachen.
:o0: was denn noch für Sachen?

Pete hat geschrieben:Eine gewisse Loyalität verlangt jeder Arbeitgeber und das wohl auch mit Recht.
Ich denke, das ist genau der springende Punkt. Und der Arbeitnehmer unterschreibt dafür. Hinterher nichts davon wissen zu wollen ist einfach unkorrekt.
Wie gesagt: Wer bei der Kirche arbeiten möchte, muss wissen, worauf er sich einlässt und wer der Kirche die Trägerschaft überlässt, hatte sicher Gründe dafür.

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Re: Stadt kündigt Trägerschaft für Kindergarten

Beitragvon mat-in » Di 27. Mär 2012, 07:19

Es geht doch hier nicht um "Rechte von Unterdrückten Kirchen", sondern um Sonderrechte die sich sonst kaum ein Arbeitgeber rausnehmen darf. Bei manchen Arbeitgebern in bestimmten Positionen ist das nachvollziehbar, z.B. wenn ein hochrangiger, medienpräsenter Gewerkschaftsvertreter den ganzen Tag rum erzählt das Gewerkschaften abgeschafft werden oder wenn ein Pfarrer oder Bischof plötzlich mit FengShui Räucherstäbchen loslegt und den Kirchenaustritt predigt. Mir fällt aber kein Fall ein, in dem man das nicht auch anders begründen könnte und es ist einfach unfair, daß solche Arbeitgeber solche Kündigungen aussprechen. Oder wie stine beschrieben hat solche Gründe "in der Schublade liegen haben" falls mal jemand unbequem wird oder was anderes passiert für das man ihn nicht allein kündigen kann. Das gehört abgeschafft.
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Re: Stadt kündigt Trägerschaft für Kindergarten

Beitragvon Pete » Di 27. Mär 2012, 08:18

stine hat geschrieben:
Pete hat geschrieben:Es geht ja nicht nur um Scheidungen und mit jemanden anderem zusammenleben, es geht auch um Homosexualität z.b. und andere Sachen.
:o0: was denn noch für Sachen?
Das liegt beim Arbeitgeber. Es ist ja durchaus nicht einheitlich. Manche Chefs sind ja auch noch Menschen und wissen, was im Leben Sache ist und kündigen auch nicht wegen Scheidungen und Wiederheirat. Andere ticken schon aus, wenn in einer wilden Ehe gelebt wird, obwohl vorher noch keiner der Beiden verheiratet war... Hier kommt der nächste Punkt... woher weiß der Arbeitgeber überhaupt, dass der Partner schon mal verheiratet war? Stasi lässt grüßen...

stine hat geschrieben:
Pete hat geschrieben:Eine gewisse Loyalität verlangt jeder Arbeitgeber und das wohl auch mit Recht.
Ich denke, das ist genau der springende Punkt. Und der Arbeitnehmer unterschreibt dafür. Hinterher nichts davon wissen zu wollen ist einfach unkorrekt.
Wie gesagt: Wer bei der Kirche arbeiten möchte, muss wissen, worauf er sich einlässt und wer der Kirche die Trägerschaft überlässt, hatte sicher Gründe dafür. LG stine

Hier geht die verlangte Loyalität eindeutig zu weit und es ist (um diese Wort auch mal zu benutzen) unmoralisch wenn man in vielen Einrichtungen quasi ein Monopol hat - solche Knebelverträge überhaupt zu machen.
Dazu kommt gerade noch in der kath. Kirche das eigene Verhalten. Es ist schon schlimmer als Doppelmoral, wenn man jahrzehntelang Missbrauch vertuscht, Priester einfach nur versetzt und weiter machen lässt, und dann jetzt nur auf Grund des öffentlichen Drucks mit der Justiz zusammen arbeitet, gleichzeitig aber an Angestellte so hohe Ansprüche setzt und diese kündigt... wo ist da die Verhältnismäßigkeit? Oder Priester zeugen Kinder, die sie verleugnen müssen, die Kirche zahlt zwar den Unterhalt aber der Priester wird nicht rausgeschmissen wie es z.B. bei einer Erzieherin der Fall wäre...

Es wird Zeit, dass Verdi hier wirklich für klare Verhältnisse sorgt und dass dieser 3. Weg beendet wird.

Zu dem ist es ja nicht nur in Kindergärten so, sondern auch in vielen andere Bereichen. Wohnheime für Behinderte und Altenheime beispielsweise. Und hier werden die Kosten immer zu 100% vom Staat getragen - durch Sozialhilfeträger, Pflege- und Krankenversicherung.

Gruß, Pete
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Re: Stadt kündigt Trägerschaft für Kindergarten

Beitragvon stine » Di 27. Mär 2012, 09:27

Pete hat geschrieben:es ist (...) unmoralisch wenn man in vielen Einrichtungen quasi ein Monopol hat -
Wie kommst du denn darauf, dass die Kirche ein Monopol haben könnte, sich um Kinder, Jugendliche, Kranke oder Pflegebedürftige zu kümmern?

Pete hat geschrieben:Wohnheime für Behinderte und Altenheime beispielsweise. Und hier werden die Kosten immer zu 100% vom Staat getragen - durch Sozialhilfeträger, Pflege- und Krankenversicherung.
Das wissen wir nicht, wir vermuten das.
Es gibt inzwischen jede Menge private Unternehmer mit Pflegeheimen - auch sie werden bezuschusst und höchstwahrscheinlich in gleicher Höhe wie die kirchlichen Häuser.
Und: Der Staat spart sich einiges an Kosten und Aufwand, wenn er diese Einrichtungen nicht selber führen muss.

Pete hat geschrieben:Priester zeugen Kinder, die sie verleugnen müssen, die Kirche zahlt zwar den Unterhalt aber der Priester wird nicht rausgeschmissen wie es z.B. bei einer Erzieherin der Fall wäre...
Woher weißt du das?
Soviel ich weiß werden Priester die sich öffentlich zu ihrer Familie bekennen sogar exkommuniziert, das ist die schlimmste Strafe die es gibt. (Glaub ich :/ ) Und ob die Kirche für deren Kinder zahlt? Ich weiß es nicht. Würde sie es tun, wenn der Priester im Amt bleibt, wäre das nur gerecht und würde sie es nicht tun, wäre das eine Sauerei, deshalb verstehe ich nicht, warum das schlecht sein soll.

Pete hat geschrieben:Es wird Zeit, dass Verdi hier wirklich für klare Verhältnisse sorgt
Um euren Unmut noch eins draufzustezen: Verdi hat der Kirche gar nichts zu sagen. Die Kirche hat ihre eigenen Tarife und die liegen unterhalb der ÖTV-Tarife. Schon deshalb sollte man sich überlegen, wo man arbeiten möchte.

Nochmal im Klartext: Die Kirche sieht sich als Verein mit einer ganz bestimmten Vereinsideologie. Wer diesem Verein angehört soll sich nach dieser Ideologie ausrichten oder muss damit rechnen, dass er unerwünscht ist. Das ist aber die theoretische Auslegung. Prinzipiell ist der Spielraum größer.

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Re: Stadt kündigt Trägerschaft für Kindergarten

Beitragvon Celtic » Di 27. Mär 2012, 12:17

stine hat geschrieben:Nochmal im Klartext: Die Kirche sieht sich als Verein mit einer ganz bestimmten Vereinsideologie. Wer diesem Verein angehört soll sich nach dieser Ideologie ausrichten oder muss damit rechnen, dass er unerwünscht ist. Das ist aber die theoretische Auslegung. Prinzipiell ist der Spielraum größer.


Das ist nicht nur Theorie, sondern gelebte Praxis. Ich kenne mehrere ehemalige hauptamtliche Kirchenmitarbeiter (Ordinariatsangestellte, Jugendleiter) und ReligionslehrerInnen, die genau so behandelt worden sind.

Und die Kirche sieht sich leider nicht als "Verein", sondern als Träger und Bewahrer der göttlichen Wahrheit und als himmlisches Bollwerk gegen die böse Welt.
Bei diesem Selbstbild sind Reformen ausgeschlossen.

Ob Kirche mit unserem Staat kompatibel ist, der seinen Bürgern sehr viele Freiheiten und Entfaltungsmöglichkeiten garantiert und ihnen umfassende Grundrechte einräumt, wage ich zu bezweifeln. Wer sich in Abhängigkeit der Kirche begibt, gibt de facto eine ganze Reihe von Grundrechten ab.

Inzwischen bin ich froh, daß ich da nicht reingeraten bin!! :blush2:
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