Ist unsere Welt esoterischer geworden?

Re: Ist unsere Welt esoterischer geworden?

Beitragvon mat-in » Do 16. Feb 2012, 10:22

Selbst wenn es keine "Abzocke" ist die mit Wasser + Nichts drin nicht mal einen Placeboeffekt erzielt und hunderte von Euro einnimmt: Auch "für einen Unkostenbeitrag" ist das ganze schädlich. Ich will Bio-Kartoffeln. Ich bin nicht bereit, dafür 50cent/kg mehr zu zahlen (als für herkömliche BioKartoffeln), daß sie mit Hornkiesel gedüngt und eurythmisch betanzt wurden und rege mich jedes mal im Laden auf wenn es nur "herkömlich" und "demeter" gibt. Das verursacht finanziellen Schaden für "eso-kacke".
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Re: Ist unsere Welt esoterischer geworden?

Beitragvon Vollbreit » Do 16. Feb 2012, 11:08

Ich finde demeter ganz gut, vor allem auch deshalb, weil die einen hohen Standard haben und Überzeugungstäter sind, nicht überall wo bio draufsteht, ist auch bio drin.
Gut finde ich aber, dass nicht schon Bioernährung per se als „esoterisch“ gilt, das war auch mal anders.
Ich finde die breite Palette an Angeboten ganz angenehm, von konventionell bis demeter und wer will kann ja auch bioland oder so was kaufen. Der Mehrpreis ist ja gerechfertigt, wenn die mit den Kartoffeln tun, was sie zu tun vorgeben, ob man das dann sinnvoll findet, steht wieder auf einem anderen Blatt.

Das demeter Kartoffeln anzubauen allerdings schon Esoterik sein soll, ja meinetwegen, sie zu essen sicher nicht. Entweder man glaubt bereits dran oder man isst die Dinger einfach. Das Trinken von Messwein macht aus einem ja auch noch keinen Christen.
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Re: Ist unsere Welt esoterischer geworden?

Beitragvon Nanna » Do 16. Feb 2012, 11:23

Vollbreit hat geschrieben:Das demeter Kartoffeln anzubauen allerdings schon Esoterik sein soll, ja meinetwegen, sie zu essen sicher nicht. Entweder man glaubt bereits dran oder man isst die Dinger einfach. Das Trinken von Messwein macht aus einem ja auch noch keinen Christen.

Das Problem ist nur, dass man demeter dadurch suggeriert, dass man deren Methoden gutheißt. Man kann ja nur das ganze Paket kaufen und demeter kann sich dann aussuchen, was der Kunde dabei gedacht haben soll. Es sendet schon eine andere Botschaft, wenn man durch seinen Kauf Bioanbau unterstützt, aber auch deutlich macht, dass man nicht bereit ist, für willkürliches Ökovoodoo sein Geld hinzublättern.
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Re: Ist unsere Welt esoterischer geworden?

Beitragvon mat-in » Do 16. Feb 2012, 18:07

Ich habe ja weder "angst" vor den kartoffeln noch vor der entstehenden "eso-kacke" ;) aber wie Nanna sagt: Man fördert damit deren Vorgehen. Hohe Stnadards beim Bioanbau? Ja, gerne. Mit in der richtigen Mondphase energetisch aufgeladenem Bergkristall Wasser Harmonisieren um die Energiebilanz meiner Kartoffeln einzustellen und zu tanzen um die Seelen aus meinem Gemüse zu entlassen? Und dafür soll ich extra bezahlen?

:irre:

Ich versuche doch - wenn ich gegen Kinderarbeit bin - auch zu vermeiden, 2-euro-tshirts und 5-euro-hosen zu kaufen, oder bei Firmen, bei denen man davon ausgehen kann das es so ist...

EDIT:
Also mal abgesehen davon, wo und wie man die Vorteile von Bioessen generell sieht. Das könnte man sicher auch esoterisch begründen und zu Recht dafür ausgelacht werden.
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Re: Ist unsere Welt esoterischer geworden?

Beitragvon King Lui » Fr 17. Feb 2012, 11:07

Der Artikel passt vielleicht zum Thema:
Eine kleine Leseempfehlung.
http://www.gehirn-und-geist.de/alias/pd ... pdf/834640

Seit es bisher Menschen gab, gab es noch nie eine völlig religionslose Gesellschaft. Es war eher das Gegenteil der Fall.
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Re: Ist unsere Welt esoterischer geworden?

Beitragvon mat-in » Fr 17. Feb 2012, 11:48

Netter Artikel, was etwas kurz kommt ist die Förderung des ganzen im Nationalsozialismus als "Germanische (Ersatz)Religion". Aber hier geht es um Wicca und Neuheidentum als Ersatz für gängige Religionen, nicht um das - oft neben her zu findende - Eso-Zeug. Ich denke du wirst sowohl in christlichen als auch in wicca Haushalten ab und an chakra-jade-steine finden zur Energiebalancierung, oder Bachblüten Relax Tropfen, obwohl es weder mit der einen noch mit der anderen Religion was zu tun hat.

Die "völlig religionslose Gesellschaft" ist jetzt eine Frage der Definition von Religion.
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Re: Ist unsere Welt esoterischer geworden?

Beitragvon 1von6,5Milliarden » Fr 17. Feb 2012, 16:51

King Lui hat geschrieben:Seit es bisher Menschen gab, gab es noch nie eine völlig religionslose Gesellschaft. Es war eher das Gegenteil der Fall.
Das ist sicher falsch, aber man mag es glauben, wenn man will.
Selbst wenn du nur den "modernen Menschen" meinst ist es eher vermessen zu behaupten, dass auch schon frühzeitliche Gesellschaften so ein künstliches Konstrukt wie Religion gehabt hätten.
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Re: Ist unsere Welt esoterischer geworden?

Beitragvon Vollbreit » Fr 17. Feb 2012, 23:53

Nanna hat geschrieben:Das Problem ist nur, dass man demeter dadurch suggeriert, dass man deren Methoden gutheißt. Man kann ja nur das ganze Paket kaufen und demeter kann sich dann aussuchen, was der Kunde dabei gedacht haben soll. Es sendet schon eine andere Botschaft, wenn man durch seinen Kauf Bioanbau unterstützt, aber auch deutlich macht, dass man nicht bereit ist, für willkürliches Ökovoodoo sein Geld hinzublättern.


Ich wäre, bevor ich das hier zum ersten Mal gelesen habe, gar nicht auf die Idee gekommen, dass man ernsthaft etwas dagegen haben kann. Ich vermute mal, dass das eher bei einem geringen Prozentsatz der Käufer der Fall sein wird, einige werden genau das gut finden, viele werden es achselzuckend hinnehmen und vielleicht schmunzeln.
Nichts gegen eine bessere Welt, aber ohne dass ich coming outs erwarte, ich frage mich schon, ob denn jeder von denen, die sich über eingetanzten Dinkel erregen, ganz genau weiß, ob in seiner Lebensversicherung nicht Fondspakete von Rüstungskonzernen und sonstigen üblen Gesellen sind und ob, wenn man es denn wissen will, das wohl postwendend dazu führt, dass man sich umorientiert…

mat-in hat geschrieben:Ich habe ja weder "angst" vor den kartoffeln noch vor der entstehenden "eso-kacke" ;) aber wie Nanna sagt: Man fördert damit deren Vorgehen. Hohe Stnadards beim Bioanbau? Ja, gerne. Mit in der richtigen Mondphase energetisch aufgeladenem Bergkristall Wasser Harmonisieren um die Energiebilanz meiner Kartoffeln einzustellen und zu tanzen um die Seelen aus meinem Gemüse zu entlassen? Und dafür soll ich extra bezahlen?


Das sollst Du doch gar nicht. Wenn Du ernsthaft Probleme damit hast, würde ich Dir raten, durch bewusstes Kaufverhalten Deine Probleme kenntlich zu machen. Könnte halt nur sein, dass Dein Händler, wenn Du ihn über die Beweggründe aufklärst, Dich auch etwas komisch anschaut, aber das käme auch einen Versuch an, vielleicht ist er ja auch dankbar für den Hinweis.

mat-in hat geschrieben:Ich versuche doch - wenn ich gegen Kinderarbeit bin - auch zu vermeiden, 2-euro-tshirts und 5-euro-hosen zu kaufen, oder bei Firmen, bei denen man davon ausgehen kann das es so ist...


Das ehrt Dich durchaus, denn auf vieles hat man wirklich Einfluss.

King Lui hat geschrieben:Seit es bisher Menschen gab, gab es noch nie eine völlig religionslose Gesellschaft. Es war eher das Gegenteil der Fall.


So neu ist das mit den Vicca ja nicht, aber dennoch danke für den Artikel. Eine merkwürdige Fusion, die viele Elemente vereint, dabei aber in der Gefahr steht, aufs falsche Pferd zu setzen. Es geht dabei immer auch um eine Ablehnung des Männlichen, vor allem des Patriarchalen, das wird vermischt mit der Sehnsucht nach Spiritualität, Emanzipation, der Schattenseite des Tages, dem Triebhaft-Animalischen und so weiter.
Die ganzen Naturreligionen, so finden Forscher heute heraus, waren alles andere als nett, weltoffen und naturverbunden, man darf nicht vergessen, dass man mit dem Vater im Himmel auch verhandeln konnte, Mutter Natur war lebensspendend, aber auch zerstörerisch und noch heute wird sie mit dem Chaotischen verbunden. Auch wieder so ein abendfüllendes Thema.

1von6,5Milliarden hat geschrieben:Selbst wenn du nur den "modernen Menschen" meinst ist es eher vermessen zu behaupten, dass auch schon frühzeitliche Gesellschaften so ein künstliches Konstrukt wie Religion gehabt hätten.


Ich glaube das ist nicht ganz richtig. Selbst die ältesten Höhlenmalereien, sagen einige Archäologen, haben die Funktion gehabt im Rahmen theaterähnlicher, ritueller Singspiele als eine Art Ilustration für Schöpfungsmythen zu fungieren.
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Re: Ist unsere Welt esoterischer geworden?

Beitragvon 1von6,5Milliarden » Sa 18. Feb 2012, 00:22

Vollbreit hat geschrieben:Ich glaube das ist nicht ganz richtig. Selbst die ältesten Höhlenmalereien, sagen einige Archäologen, haben die Funktion gehabt im Rahmen theaterähnlicher, ritueller Singspiele als eine Art Ilustration für Schöpfungsmythen zu fungieren.
"Einige Archäologen sagen" wäre noch kein Beweis, dass einige Wissenschaftler gezielt oder dank eigener (nicht prinzipiell negativ gemeinter) Beschränktheit oder Wunschdenkens auch nicht unbedingt bewusst (aber einige durchaus vorsätzlich) so was hineininterpretieren, auch nicht. Selbst die Existenz von Schöpfungsmythen macht noch keine Religion.
Und vor allem die Gattung Mensch setzt schon viel, viel früher an (2-3 Millionen Jahre), selbst der moderne Mensch ist sehr deutlich (!) älter (100.000 - 200.000 Jahre), als jede gefundene Höhlenmalerei (~ 35.000 Jahre).
Einige Spekulationen in solchen Zusammenhängen haben wissenschaftlich nicht mehr Wert als Dänikens Geschichtchen.
Zuletzt geändert von Nanna am Sa 18. Feb 2012, 01:24, insgesamt 1-mal geändert.
Grund: Zitat repariert
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Re: Ist unsere Welt esoterischer geworden?

Beitragvon Vollbreit » Sa 18. Feb 2012, 09:07

Die Schwäche meiner Aussage liegt darin, dass ich die Quelle nicht nennen kann, das hat den einfachen Grund, dass ich es während einer Autofahrt im Radio gehört habe, aber der Archäologen schien mir kein verkappter religiöser Fundamentalist zu sein, sondern er wollte herausfinden, welchem Zweck Höhlenmalereien wohl dienten.

Davon aber abgesehen, stärkt oder schwächt das doch die Position als Bright in keiner Weise.
Nehmen wir an, die Menschheit sei von Beginn an immer religiös gewesen und Atheismus eine sehr späte Entwicklung, was würde das ändern?
Oder anders herum: Im Zuge der Entwicklung hat es immer mal wieder Phasen oder Völker oder Clans gegeben, die explizit areligiös waren. Was macht das für einen Unterschied für Deine heutige Argumentation als Bright?
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Re: Ist unsere Welt esoterischer geworden?

Beitragvon 1von6,5Milliarden » Sa 18. Feb 2012, 10:01

Vollbreit hat geschrieben: aber der Archäologen schien mir kein verkappter religiöser Fundamentalist zu sein, sondern er wollte herausfinden, welchem Zweck Höhlenmalereien wohl dienten.
Du musst (du musst nicht, aber du magst wenn du willst) dich mal mit der menschlichen Psyche und mit dem heutigen Wissenschaftsbetrieb beschäftigen.
Man sieht gerne, was man sehen will.
Man sieht gerne, was man kennt.
Man liest sich gerne.
u.v.m.

Vollbreit hat geschrieben:Davon aber abgesehen, stärkt oder schwächt das doch die Position als Bright in keiner Weise.
Das ist egal, die Aussage ist einfach falsch bzw. für die ersten Höhlenmalerei nicht wirklich haltbar, auch wenn es da sein könnte, dass es Zeichen einer Religion sind.
Vollbreit hat geschrieben:Nehmen wir an, die Menschheit sei von Beginn an immer religiös gewesen und Atheismus eine sehr späte Entwicklung, was würde das ändern?
Es würde Hoffnung geben, dass der Mensch sich doch auch geistig weiterentwickelt.
Allerdings ist die Idee absurd bzw. klingt nach IT, dass der Mensch plötzlich *schwupp* religiös entstanden sei.
Vollbreit hat geschrieben:Oder anders herum: Im Zuge der Entwicklung hat es immer mal wieder Phasen oder Völker oder Clans gegeben, die explizit areligiös waren. Was macht das für einen Unterschied für Deine heutige Argumentation als Bright?
Diese Aussage stellt sich zumindest schon mal gegen =>
King Lui hat geschrieben:Seit es bisher Menschen gab, gab es noch nie eine völlig religionslose Gesellschaft.

Eine Menschwerdung mit Religion widerspricht den (zumindest den großen (mono)theistischen) Religionen, die zumindest die harten Fakten der Wissenschaft nicht mehr ganz verleugnen. Natürlich könnten Religionen und Religiöse in Narzissmus und Verblendung einfach entgegen der wissenschaftlichen Einordnung, den Mensch erst mit Beginn von Religiosität als Mensch anerkennen.
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Re: Ist unsere Welt esoterischer geworden?

Beitragvon mat-in » Sa 18. Feb 2012, 10:21

Ich habe auch das gefühl, je weiter weg etwas liegt, desto mehr spinnen die Archäologen sich was zusammen. Oder schränken wir das ein durch: Archäologen und welche die es sein wollen, die Medienrummel erzeugen können. Ich denke da gibt es viele Forscher, die sowas nicht sagen würden, oder als persönlcihe Meinung formulieren, statt als Fakten. Nehmen wir als aktuelles Beispiel die Stonhedge-Geräusche Geschichte ( http://www.spiegel.de/wissenschaft/mens ... 30,00.html ). Entweder wird er fürchterlich schlecht zusammengefaßt oder er sagt da wirklich, das Stonehedge erbaut wurde um ein Klangphänomen zu erzeugen, das man damals nicht anders erklären konnte als mit göttlichem und anderswelten. WTF? Woher sollen die dann gewußt haben, wie sie die Steine exakt hinstellen müssen???

Ich bin nur Laie, aber wenn man nicht ein ganzes Gro an zusätzlichen Argumenten hat, kann eine Jadgszene an einer Felswand und ein par Handabdrücke daneben genausogut das "Bob war hier, Bob hat 3 Hirsche und eine Wutz erlegt" Tag eines Stammesmitglieds sein, das ist sogar einfacher und eleganter als Erklärungen von mystischen Zeremonien zum herbeilocken der Tiere und Mannwerdungsrituale mit Handabdruck an der Wand der Jäger oder sowas lustiges...
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Re: Ist unsere Welt esoterischer geworden?

Beitragvon Vollbreit » Sa 18. Feb 2012, 11:48

1von6,5Milliarden hat geschrieben:Du musst (du musst nicht, aber du magst wenn du willst) dich mal mit der menschlichen Psyche und mit dem heutigen Wissenschaftsbetrieb beschäftigen.
Man sieht gerne, was man sehen will.
Man sieht gerne, was man kennt.
Man liest sich gerne.
u.v.m.


Also, was die Beschäftigung mit der Psyche angeht, da kann ich Dir guten Gewissens Entwarnung geben, ich glaube damit beschäftige ich mich vergleichsweise exzessiv.
Was den Wissenschaftsbetrieb angeht, da mache ich mir keine größeren Illusionen, klar gibt es da Eitelkeiten, Gewohnheiten, finanzielle Abhängigkeiten und Gefälligkeiten, keine Frage.
Ist ja auch nicht so, dass das noch niemand dargestellt hätte von pauschaler und oft etwas paranoider Wissenschaftsschelte bis zur intelligenten Kritik an den Strukturen wie von Kuhn, Sellars und Latour (den ich allerdings kaum kenne).

1von6,5Milliarden hat geschrieben:Das ist egal, die Aussage ist einfach falsch bzw. für die ersten Höhlenmalerei nicht wirklich haltbar, auch wenn es da sein könnte, dass es Zeichen einer Religion sind.


Warum denn nicht? Hast Du andere Theorien?

1von6,5Milliarden hat geschrieben:Es würde Hoffnung geben, dass der Mensch sich doch auch geistig weiterentwickelt.
Allerdings ist die Idee absurd bzw. klingt nach IT, dass der Mensch plötzlich *schwupp* religiös entstanden sei.


Meine Güte, da engst Du Dich selbst ideologisch ein.
Ohne Zweifel entwickelt sich der Mensch geistig, früher hat man die Vögel bewundert, heute fliegen wir, früher haben wir uns mit Knüppeln tot geschlagen, heute bringen wir uns mit Präzisionswaffen um.
Aber auch was Ackerbau und Viehzucht abgeht, Demokratie und Sozialsysteme, das ist nicht mehr Steinzeit. Wer wollte das bei klarem Verstand leugnen?

1von6,5Milliarden hat geschrieben:Eine Menschwerdung mit Religion widerspricht den (zumindest den großen (mono)theistischen) Religionen, die zumindest die harten Fakten der Wissenschaft nicht mehr ganz verleugnen. Natürlich könnten Religionen und Religiöse in Narzissmus und Verblendung einfach entgegen der wissenschaftlichen Einordnung, den Mensch erst mit Beginn von Religiosität als Mensch anerkennen.


Die Formen der Religiosität sind sicher andere, der Monotheismus ist ja als Religionsform eher ein neues Modell, früher gab es Naturreligionen, Schamanismus, archaische Vorstellungen von Ahnengeistern und dergleichen.
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Re: Ist unsere Welt esoterischer geworden?

Beitragvon Celtic » Fr 24. Feb 2012, 17:11

Vollbreit hat geschrieben: ... der Monotheismus ist ja als Religionsform eher ein neues Modell, früher gab es Naturreligionen, Schamanismus, archaische Vorstellungen von Ahnengeistern und dergleichen.


Die Schwäche der großen monotheistischen Religionen in Europa ist für mich die Erklärung dafür, dass sich viele der Esoterik zuwenden. Vor 60 Jahren brauchte man sich in Deutschland keine Gedanken über Religion zu machen: Man wurde in eine Kirche hineingeboren, ist darin aufgewachsen und hat deren Theologie praktisch mit der Muttermilch mitbekommen.

Inzwischen sind die Kirchen - zumindest was Europa betrifft - stark auf dem absteigenden Ast. Die dadurch entstandene Lücke wird u.a. von Esoterik ausgefüllt. Anscheinend brauchen sehr viele Menschen die Vorstellung von übernatürlichen Mächten, um sich ein schlüssiges Weltbild zu konstruieren. Oder ist es einfach nur der Wunsch nach einer beschützenden Macht, die dafür sorgt, dass im Leben doch irgendwie alles gut wird?

Ich nehme an, dass das schon ausreichend erforscht und mit belastbaren Zahlen versehen wurde.
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Re: Ist unsere Welt esoterischer geworden?

Beitragvon Vollbreit » Sa 25. Feb 2012, 08:12

Wird diese Lücke denn durch Esoterik ausgefüllt?
Das ist ja eine Frage, die ich klären möchte.
M.E. eigentlich eher nicht. Das, was man Esoterik nennen kann, hatte in Deutschland einen Boom von etwa 1980 bis in die späten 1990er.
Esoterik war in dieser Zeit ein Sammelpool für heterogene Gruppen.
Da waren die sogenannten „Jugendsekten“, sicher auch einige, die Rituale und Glauben schön fanden, aber mit den Amtskirchen nicht viel am Hut hatten, es gab die Gesundlebeszene, die einen Teil ausmachte, es gab die berühmte überspannte Hausfrau mit zuviel Zeit und Langeweile, in den ernsthafteren Kreisen fand man die gut Betuchten, nicht selten auch Akademiker, viele Lehrer.

Ich denke, dass die Motive auch entsprechend vielschichtig waren, kommt eben immer drauf an, wen man fragt. Wer am Wochenende schwarze Messen zelebriert, wird sicher andere Motive haben, als die Hausfrau, die das Orakel befragt, ob es mit der neuen Liebe denn noch was wird oder der Arzt, der sich für „esoterische Medizin“ interessiert.

Mit den belastbaren Zahlen ist das immer so eine Sache, da man ja oft selbst nicht weiß, warum man irgendwo dabei ist. Ich glaube, dass die meisten Brights-Anhänger sicher Gründe nennen könnten, warum sie Brights-Anhänger sind, ich glaube nicht, dass wir in einer größeren Zahl damit die wirklichen Motive erfassen werden. Die werden dem handelsüblichen Brights-Anhänger so unbekannt sein werden, wie der handelsüblichen Esoterikerin.
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Re: Ist unsere Welt esoterischer geworden?

Beitragvon Celtic » Mo 27. Feb 2012, 10:47

Ich denke schon, daß Esoterik hier die Lücke füllt:
Man kann sich mit Hilfe von Engeln und Lichtwesen, Wünschelruten und Magie etc. ein in sich stimmiges Weltbild konstruieren. Eines, das mehr oder weniger so plausibel ist wie die christliche Lehre vom "Lamm Gottes, das hinwegnimmt die Sünde der Welt". Der große Vorteil von Esoterik ist für den "Gläubigen", daß es keine dogmatisch festgezurrte Lehre gibt und keine Priesterkaste, die Gehorsam einfordert. Das heißt, der Esoteriker kann sich seine Weltsicht ohne Druck von außen konstruieren. Beweise für die Richtigkeit eines religiösen Weltbildes gibt nicht.

Esoterik ist aber selbstverständlich nicht die einzige Bewegung, die in die Lücke vorstößt, die die abnehmende Kirchenbindung in Europa hinterläßt.
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Re: Ist unsere Welt esoterischer geworden?

Beitragvon Vollbreit » Mi 29. Feb 2012, 16:03

Es stimmt, dass Esoterikfans sich häufig ihre „Religion selber machen“, ich habe das mehrfach wörtlich so gehört. Der Nachteil dieser Privatveranstaltungen ist, dass man, wenn man in seinem Traumuniversum so lange nachgebessert hat, bis alles perfekt ist, man doch auf die unangenehme Realität stößt, die häufig einen scharfen Kontrast zum eigenen Weltbild darstellt.

Wie bei allen zu idealistischen Konzepten, vergrößert sich die Kluft zwischen Anspruch und Wirklichkeit immer mehr, so das man wieder nachbessern muss, um sich schönzureden, was schwer schönzureden ist, jedenfalls, wenn man ein Vertreter der esoterischen Weichzeichnerfraktion ist.

Der Ehrlichkeit und Vollständigkeit halber muss man sagen, dass es immer auch schon andere Richtungen der Esoterik (auch der neueren) gab.

Am Ende sagst Du Esoterik sei nicht die einzige Bewegung, die in diese Lücke passt, ja.
Gestern habe ich im „Cicero“ gelesen, dass die neue Religion die Sucht nach immer neuen Verschwörungstheorien ist. Das sehe ich auch so, beides könnten Anzeichen einer regressiven Bewegung sein, die leider (auch) unsere Gesellschaft erfasst. Die einen, die Wellness-Esoteriker, bedienen eher den narzisstisch regredierten Pol, die Verschwörer den paranoid regredierten.
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Re: Ist unsere Welt esoterischer geworden?

Beitragvon Celtic » Mi 7. Mär 2012, 17:00

Meiner Beobachtung nach besteht grundsätzlich ein Trend zur Patchwork-Religion, nicht nur im Bereich der Esoterik: Da heute jeder schnell und unkompliziert übers Internet Informationen zu anderen Kirchen/Religionen/Glaubensgemeinschaften einholen kann und es in der Praxis keinen dogmatischen Druck mehr auf die Gläubigen gibt, kann sich ganz einfach seine eigene Religion und Weltsicht aus einem schier unbegrenzten Reservoir selbst zusammenbasteln.

Selbst "evangelikale" Christen, die sich selbst als "bibeltreu" bezeichnen, picken sich Bibelstellen, die zu ihrem Weltbild passen heraus - und relativieren bzw. ignorieren den Rest. Im Katholizismus glaubt kaum noch jemand das "volle Programm", wie es im Kathechismus steht. Auch da suchen sich die Gläubigen einen Aspekt des christlichen Glaubens heraus, der zu ihnen paßt.
Ich habe einen mehrjährigen theologischen Kurs gemacht, auch da war die Bandbreite des persönlichen Glaubens ungemein groß. Vor ein paar Jahrhunderten wären die meisten Teilnehmer (und auch einige Dozenten) als Ketzer öffentlich verbrannt worden. :wink:

Darüber hinaus gibt es die Tenzenz, Lehren anderer Religionen mit einzubauen. Nicht wenige Christen glauben an eine Wiedergeburt, Lichtwesen, Magie, Astrologie oder den üblichen Aberglauben (schwarze Katzen, Glückspfennige, kosmische Energien, linksrum gerührte Suppe oder vergleichbaren Blödsinn). Auch hier ist die Auswahl schier unerschöpflich. :clairvoyance:

Es ist ungemein spannend, wenn jemand etwas über seinen ganz persönlichen Glauben und sein Bild von der Welt erzählt... man muß einfach nur zuhören.
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Re: Ist unsere Welt esoterischer geworden?

Beitragvon Nanna » Mi 7. Mär 2012, 17:26

Celtic hat geschrieben:Selbst "evangelikale" Christen, die sich selbst als "bibeltreu" bezeichnen, picken sich Bibelstellen, die zu ihrem Weltbild passen heraus - und relativieren bzw. ignorieren den Rest.

Die schiere Möglichkeit einer wortgetreuen Interpretation ist ja an sich schon ein einziger Mythos. Man kann schlichtweg nicht nicht-selektiv, interpretationsfrei lesen. Insofern wäre generell fraglich, ob ein einheitliches Dogma im starken Sinn überhaupt beschreib- und lebbar ist, ganz abgesehen davon, dass die Bandbreite akzeptierter Überzeugungen heute natürlich sehr viel größer ist.
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Re: Ist unsere Welt esoterischer geworden?

Beitragvon mat-in » Do 8. Mär 2012, 06:43

Das Poster mit den sich wiedersprechenden Stellen in der Bibel kennt ihr?
http://www.project-reason.org/gallery3/image/105/

Man kann das gar nicht wörtlich nehmen ohne sich in tausende von Widersprüchen zu ertränken. Aber wenn Glauben in einer Sache gut ist, dann gezielt an der passenden Stelle das Gehirn auszuschalten, oder?

@Celtic
Aber ist das ganze neu? Die Christen feiern Ostern mit Eiern und Hasen, man hat die Zukunft in Eingeweiden gelesen oder in den Sternen. So manch christlicher Monarch hatte mehr als nur einen Hofastrologen und das Volk war sicherlich was Aberglauben der über christliche mythen hinaus geht nicht besser. Verboten war doch immer nur, was der Kirche schaden konnte (macht)politisch.
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