Die Wahrheit über Benno Ohnesorg

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Beitragvon Mark » Mo 23. Jan 2012, 01:12

http://www.sueddeutsche.de/politik/tod- ... -1.1264325

Welches Signal will man damit setzen dies jetzt publik zu machen ?
Daß der Staat jetzt ein "anderer" ist ?
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Re: Die Wahrheit über Benno Ohnesorg

Beitragvon Nanna » Mo 23. Jan 2012, 02:27

Wer ist "man" und warum sollte jemand ein Signal setzen wollen?

Die neuen Erkenntnisse beruhen auf Neusichtung von Fotografien mithilfe moderner Technik und jüngst aufgetauchten Filmaufnahmen von damals, aus denen sich anscheinend der Tathergang eindeutiger rekonstruieren lässt (http://www.rbb-online.de/nachrichten/po ... nisse.html). Außerdem hat der Spiegel als privates Medium und nicht der Staat die neuen Erkenntnisse zutage gefördert, wo soll da die politische Motivation vorhanden sein?
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Re: Die Wahrheit über Benno Ohnesorg

Beitragvon Darth Nefarius » Mo 23. Jan 2012, 11:00

Auch wenn ich da keinen politischen Plan erkenne, ist das ein interessantes Thema: Das Verhalten des Staates bei der Vertuschung von Verbrechen. Buback ist auch so ein Fall, es ist fast schon dreist, wie konsequent, aber schlampig vertuscht wurde und man auch noch auf diesen alten Standpunkt besteht. Dass der Staat heute noch bestimmtes aus dieser Zeit verschweigt, ist nicht ganz abwägig, wenn man an den Fall Buback denkt.
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Re: Die Wahrheit über Benno Ohnesorg

Beitragvon webe » Mo 23. Jan 2012, 16:17

Der Radikalenerlass mit und unter Willy Brand, Helmut Schmidt lässt daher heute noch bei jeweilgen sozialdemokratischen Regierungsstellungen einem Demokraten einen faden Hintergeschmack offen. Was aber CDU und FDP nicht besser stellt, denke nur an die Persönlichkeiten wie die Herren zu Gutenberg und Wulf, von Strauss und Co. gar nicht zureden. Anderseits haben viele damalige Betroffene trotzdem Karriere gemacht und somit den gesellschaftlichen Aufstieg geschaft, was sie jetzt als angepast und vergessend machte: Geld beruhigt eben oft besser als Medizin.

Die Benno-Ohnesorg-Geschichte halte ich auch für heute noch machbar, siehe das Abenteuer Verfassungsschutz mit ihrem Nazi-Spitzel-Drama. Noch haben die Politik und ihre Organe zuwenig Kontrollmechanismen und strafrechtliche Massnahmen zubefürchten. Leider.

.
Unser Politik ist heute wie gestern noch einiges zu zutrauen, was negativ ist. Trotzdem ist die Demokratie bis jetzt das beste Übel, was sie aber durchaus noch demokratischer werden lassen sollte in Richtung Volksentscheidungen und soweiter.

Leider ist jenes politisches Einbringen der damaligen Jugend heute in jener Grösse nicht mehr anzutreffen.
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Re: Die Wahrheit über Benno Ohnesorg

Beitragvon Vollbreit » Mo 23. Jan 2012, 17:42

webe hat geschrieben:Leider ist jenes politisches Einbringen der damaligen Jugend heute in jener Grösse nicht mehr anzutreffen.


Was vielleicht auch daran liegt, dass eine "Jugend heute in jener Grösse nicht mehr anzutreffen" ist.
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Re: Die Wahrheit über Benno Ohnesorg

Beitragvon webe » Mo 23. Jan 2012, 19:12

Du meinst doch sicherlich nicht ausschliesslich die Körpergrösse?

- Du wirst mir aber trotzdem zugestehen, dass sie mehrheitlich politischer war wie heute.
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Re: Die Wahrheit über Benno Ohnesorg

Beitragvon Zappa » Mo 23. Jan 2012, 19:17

Ich persönlich halte die auf offenbar neuen Fakten beruhende Neuinterpretation eines für die BRD einschneidenden historischen Momentes für hochgradig interessant. Offenbar ist Benno Ohnesorg von Kurras - aus welchen Motiven auch immer - quasi hingerichtet worden und - was noch schlimmer ist! - sein Verhalten wurde durch Polizei und Staatsschutz gedeckt. Wenn davon auch nur die Hälfte stimmt, ist das eine politische Zeitbombe.
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Re: Die Wahrheit über Benno Ohnesorg

Beitragvon Darth Nefarius » Mo 23. Jan 2012, 19:28

webe hat geschrieben:Du meinst doch sicherlich nicht ausschliesslich die Körpergrösse?

- Du wirst mir aber trotzdem zugestehen, dass sie mehrheitlich politischer war wie heute.

? Wenn es politisch war, sich permanent vollzudrönen und die freie Liebe zu leben, dann waren die Leute es damals. Ich betrachte die "68" als eine sehr unpolitische, oder zumindest sehr ungebildete, unfähige Bewegung. Die Einstellung war doch sehr der des berühmten Zimmermanns ähnlich, der von Nietzsche begründet in der ursprünglichen Bedeutung als "Idiot" bezeichnet wurde, als unpolitischer Mensch. Ihre Hochachtung haben wir Leuten aus ihrer Generation zu verdanken, die jetzt genau das sind, was sie angeblich verachtet haben: Beamte, Politiker, Biedermenschen.
Ich betrachte es als ignorant, dass man behauptet, die Nutzung des Internets (Stichwort Wiki Leaks, Anonymous, etc.) sei nicht erwähnenswert. Die Occupy-Bewegungen sind auf einem anderen Niveau als die damaligen Proteste. Wenn wir außerhalb Deutschlands nach politischen Jugendlichen suchen, müssen wir nur in die arabische Welt schauen, ob diese Entwicklungen nachhaltig oder demokratisch sein werden, sei dahingestellt. Letztlich kann man auch unpolitisches Verhalten als politisches Statement betrachten, man kann nicht leichtfertig die eine Generation als politischer als die andere betrachten, man kann ebenso bei einer solchen Stellung, wie du siehst, auch in die andere Richtung argumentieren. Das ist wieder die Einstellung nach dem Motto: "Früher war alles besser."
P.S.: "...politischer als heute", hoffentlich bist du jetzt klüger als wie zuvor. :wink:
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Re: Die Wahrheit über Benno Ohnesorg

Beitragvon Zappa » Mo 23. Jan 2012, 19:43

Darth Nefarius hat geschrieben:Die Occupy-Bewegungen sind auf einem anderen Niveau als die damaligen Proteste.


Stimmt, ein paar Etagen drunter!

Im Ernst (und ich bin für alle, die gerne Intentionen hinter Argumenten vermuten, zu jung um mich als 68er bezeichnen zu können): Die 68er als unpolitisch zu bezeichnen ist ziemlich bizarr. Welche Gründe gäbe es dafür?
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Re: Die Wahrheit über Benno Ohnesorg

Beitragvon webe » Mo 23. Jan 2012, 20:13

Die Grünen sind aus jener Bewegung entstanden. Auch leider haben viele heutige Jugendliche ihren Zudröhnungsstoff, andere Marke zuweilen, und in Richtung Sex halte ich keine grossen Unterschiede.
Doch alledem gibt es auch Respekt und Hochachtung von dem Wirken Vieler der heutigen Jugend. Es ist somit nicht besser wie es Früher war, sondern ich hoffe, die Zukunft wird immer Besser.

Darth Nefarius: Mögen sich hier unsere Meinungen nicht ganz gedeckt haben, trotzdem lese ich deine Einwendungen gerne. Durch anderstlautende Meinungen überprüft man seine Eigene auf Richtigkeit und kann sie dann gegenfalls dahin abändern. Das ist oft der Zweck jenes Austausches-jedenfalls für mich. Aber in einigen Punkten stimme ich dir zu.
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Re: Die Wahrheit über Benno Ohnesorg

Beitragvon Darth Nefarius » Mo 23. Jan 2012, 20:26

Wenn wir diese Bewegungen unter dem Stichwort "Hippie" betrachten, können wir anhand des berühmtesten Hippies, diesem vergötterten Sektenführer, ganz klar erkennen, was unpolitisch ist: Die Abkapselung von der Realität, ob nun durch Drogen oder Opium für das Volk. Der Hang zur Esoterik (ein Symptom für diese Abkapselung). Die Berufung auf Emotionalität (Liebe, etc. :kotz: ), die Verachtung der Rationalität, der Ordnung. Nietzsche hat diesen Archaetypen als "Idioten", als unpolitischen Menschen bezeichnet. Dies mag auch nicht ganz zulässig sein, da ich auch so ein Verhalten als politisch betrachte, es hat schließlich Auswirkungen auf das Leben im hier ud jetzt, aber das habe ich schon gesagt. Es wird wohl auch einige gegeben haben, die noch ihre hellen Momente hatten und aus politischen Gründen "anti" waren, aber ich wollte damit klarstellen, dass auch diese Leute mal jung waren und nicht mehr oder weniger politisch als die heutigen Jugendlichen sind. Ich habe noch andere Beispiele für aktuelles Politikbewusstsein genannt als die Occupy-Bewegung. Diese ist auf einem ähnlichen Niveau wie die damaligen Proteste, denn der Inhalt lässt sich in wenigen Worten zusammenfassen: Kein ausbeutender Kapitalismus mehr!/Kein Krieg, nur Liebe und Frieden!
Ich denke, wenn beide Intentionen sich so einfach zusammenfassen lassen, sind sie in etwa gleichwertig, es gibt keinen Anlass die Occupy-Bewegung als niveauloser zu betrachten als die damaligen, wenn du willst, kannst du sie nennen, ich werde mit dir darüber diskutieren.
Nochmal extra erwähnt:
Ich habe also klar gemacht (zumindest dachte ich das), dass man politisches Bewusstsein nicht einfach absprechen kann, auch die Ablehnung der Politik ist eine politische Haltung, dies ist heute wie damals festzustellen. Anstrengungen zur "Verbesserung der Welt" werden auch von Idealisten von heute durchgeführt, sie benutzen die neuen Medien, was ich schon erwähnt habe.
Gut, dass du, webe, erkennst, dass sich nicht so leicht eine Aussage über "politischer"/"unpolitischer" machen lässt. Ich habe versucht auf 2 Schienen zu argumentieren, ich wollte nur zeigen, dass dies möglich ist.
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Re: Die Wahrheit über Benno Ohnesorg

Beitragvon Zappa » Mo 23. Jan 2012, 20:47

Darth Nefarius hat geschrieben:Wenn wir diese Bewegungen unter dem Stichwort "Hippie" betrachten, können wir ... ganz klar erkennen, was unpolitisch ist ...


Jau, und wenn nicht dann nicht :mg:

Tschuldige, aber Du hast ein ziemlich verqueres Bild der 68er. Natürlich gab es das hippiehafte, kommunardige, spaßguerillamäßige, groupiehafte und dann ist natürlich das Ganze später auch noch recht ordentlich ästhetisiert und kommerzialisiert worden. Aber die politischen Leitfiguren der 68er waren alles andere als Hippies (für mich vor allen R. Dutschke).

Der Kern der Bewegung war hochpolitisch, ernsthaft, theorielastig und ist von den intellektuellen Elite der alten BRD sehr ernst genommen worden; zudem hat das Ganze ja auch einen nicht unwesentlichen politischen Effekt gehabt (Stichworte: Marsch durch die Institutionen, Die Grünen, Feminismus, Bildungsreform der 70er, Faschismuskritik etc. pp.).
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Re: Die Wahrheit über Benno Ohnesorg

Beitragvon Darth Nefarius » Mo 23. Jan 2012, 20:53

Man, ich wollte nur zum Ausdruck bringen, dass man so argumentieren könnte. :kopfwand: Leitfiguren hat die Gesellschaft von heute auch (z.Bsp. Julien Assange, Obama), es ging mir um die Mehrheit. Mein Einwand bestand nur in der Bewertung, dass die 68er politischer waren als die Leute von heute. Es gab noch andere Argumente, dieses bleibt auch noch eines. Natürlich können wir nicht die Folgen der akltuellen Bewegungen nennen, weil es sie noch nicht gibt. Ich bleibe dabei, die von damals waren nicht politischer als die von heute, du musst meine Argumente schon entkräften und auch auf die anderen Aussagen eingehen.
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Re: Die Wahrheit über Benno Ohnesorg

Beitragvon webe » Mo 23. Jan 2012, 21:50

Rudi Dutschke war eine Person die durchaus als Vorbild in der heutigen Zeit stehen sollte. Leider ist sein Leben durch einen sinnlosen und abscheulichen Gewaltakt eingeengt, wenn nicht auch zerstörrt worden. Solche Persönlichkeiten sind das beste Nährwasser für ein gerechtes Leben.

-Unser Gesellschaft ist verseucht von Religion, Korruption, Ausbeutung und Unehrlichkeit. Siehe USA, hier herrschen gefährliche FundisChaoten wie die FundisIslamnisten.
..dies sollte man so sagen dürfen!

Daher ist es eine Freude wenn so Menschen wie Herr Dutschke wirken.

-Der Fall Benno Ohnesorg hätte es nie so in einer Demokratie geben dürfen!
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Re: Die Wahrheit über Benno Ohnesorg

Beitragvon 1von6,5Milliarden » Di 24. Jan 2012, 08:34

Rechtsstaat wäre der treffende Begriff.

Und ich habe meiner Elterngeneration auch immer erklärt, wie ihr Leben an der Ostfront im Schützengraben und im Kessel von Stalingrad wirklich war. Hatten ja keine Ahnung die Alten.

Auch wenn manche unbefleckte Sicht einem auch mal andere Sichtweisen oder neutralere Blickwinkel im Abstand erbringt, weil man selber neu aus der Distanz nachdenkt und reflektiert, es zeigt auch wen man wie ernst nehmen muss.
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Re: Die Wahrheit über Benno Ohnesorg

Beitragvon Darth Nefarius » Di 24. Jan 2012, 09:35

1von6,5Milliarden hat geschrieben:Auch wenn manche unbefleckte Sicht einem auch mal andere Sichtweisen oder neutralere Blickwinkel im Abstand erbringt, weil man selber neu aus der Distanz nachdenkt und reflektiert, es zeigt auch wen man wie ernst nehmen muss.

Unbefleckt ist eher unpassend. Unbeflecktheit assoziiere ich mit Unschuld, Naivität, Unwissenheit. Wissen und die Fähigkeit zu denken wurde oft als Sünde betrachtet, insofern ist eine kritische Position immer "befleckt". Wenn du auf meine Argumentation gegen die 68er anspielst, dann gilt selbiges aber auch für Zappa, er hat zumindest eingeräumt, dass er auch zu jung ist, um ein 68er zu sein. Ich halte die aktuelle Generation, wie gesagt, nicht für unpolitischer als die damaligen, ich habe das auch begründet. Einen 68 kannte ich ja persönlich, es war dieser Psycholehrer, von dem ich euch erzählt habe. Er war sehr nahe am Geschehen, war in Berlin, hat uns von seinen Erlebnissen, den Einstellungen seiner Freunde und Bekannten erzählt. Das, was ich entnehmen konnte, war das, was ich als Grundlage für meine Argumentation genommen habe. Er war relativ politisch, nicht mehr oder weniger als seine Schüler. Er hatte naive Ideale, die werder reflektiert noch durchdacht waren (wie er das selbst in etwa formuliert hatte). Die alte Version dieses 68ers war ein faschistischer, religiöser, frustrierter Rest, von dem ich euch berichtet habe. Als jemand, der vor kurzem noch Schüler war, kann ich durchaus von Zeitzeugen, den heutigen Lehrern, die kurz vor der Rente stehen, oder jetzt schon sind, berichten. Ich hatte noch einen anderen Lehrer, den ich allerdings sehr bewundert habe und der wesentlich klüger war, der ähnliches berichtete und eine ähnliche Einstellung heute hat (er ist ein Misantrop, ein Zyniker, aber weder faschistisch noch religiös, weswegen ich ihn schätzte). Ich muss nicht unbedingt so alt sein, um mir ein Bild machen zu können, ich habe nur Zeitzeugen zugehört, die mich zu meinem Urteil gebracht haben.
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Re: Die Wahrheit über Benno Ohnesorg

Beitragvon webe » Di 24. Jan 2012, 16:13

Die heutige Jugend ist sicherlich nicht unpolitischer wie die 68er, nur dürften ihre politischen Aktivitäten nicht jene Breite und Medienaufmerksamkeit nicht die gleiche Stärke haben wie jene vergangene Epoche sie hatte; anderseits hat sie durch das Einbeziehen des Internet eine andere Arbeitsweise. Und hierbei können noch einige Überraschungen parrat werden, die sie dann durchaus mit der Jugend von damals gleichziehen lässt, oder sie überholt in der Wirkung.

Oder?
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Re: Die Wahrheit über Benno Ohnesorg

Beitragvon Nanna » Di 24. Jan 2012, 16:32

Die "Jugend von heute" hat vor allem kein so klar eingrenzbares Feindbild wie die Nazieltern der 68er und das System und die gesellschaftliche Atmosphäre, für die diese standen. Auch ist die Gesellschaftsentwicklung in den letzten 40 Jahren nicht stehen geblieben und damit findet die heutige junge Generation eine andere Kontextstruktur vor. Zum einen betrifft das die gesellschaftliche und politische Struktur im Allgemeinen, die größtenteils liberaler und gleichzeitig fragmentierter geworden ist, zum anderen haben sich die Repertoires politischen Protests natürlich auch weiterentwickelt. Ersteres führt dazu, dass die Mobilisierung breiter Gesellschaftsschichten für ein bestimmtes politisches Ziel heute viel schwieriger ist, als 1968, weil kollektive Erfahrungen wie die der unmittelbaren Nachkriegsgeneration so nicht vorhanden sind, zweiteres dazu, dass man heute zum Teil anders gegen Missstände protestiert.
Häufig wird auch die Beobachtung ins Feld geführt, dass die heutige Jugendgeneration von den Umbruchversuchen der eigenen Eltern desillusioniert ist und deshalb kleinteiligere, pragmatischere Formen des Engagements wählt und auch, dass die zerrissenen Privatstrukturen der 68er und die Wirtschaftsliberalisierung bei vielen jungen Leuten den Wunsch nach Sicherheit und Beständigkeit gefördert hat und das zu einem teils etwas biedermeierlichen Rückzug ins Private geführt hat.

Also zusammenfassend würde ich behaupten, dass sich einerseits die Politisiertheit der Jugend heute schwerer fassen lässt und andererseits die jeweiligen Ausgangsbedingungen und daraus resultierenden Zielsetzungen so unterschiedlich sind, dass ein direkter Vergleich schwer zu bewerkstelligen ist (denn auch der Wunsch nach wirtschaftlicher Sicherheit ist durchaus ein politischer, lässt sich von seiner Gewichtung her aber kaum mit den emanzipatorischen Zielsetzungen der 68er vergleichen).
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Re: Die Wahrheit über Benno Ohnesorg

Beitragvon webe » Di 24. Jan 2012, 22:38

Nanna hat ziekgerecht die Situation dagelegt, während ich aussen herumgelaufen bin. Bravo.


Intelligenz ist oft nur eine Begleiterscheinung, und vielmals keine nützliche-Menschen wollen oft die Welt verändern, aber der Anfang wäre im Persönlichem dazu der Start.(hat aber nichts mit den Usern oder dem Moderatorenteam zutun, eher mit mir im Selbstgespräch, oder zu dem Ich im Paralleluniversium!)
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Re: Die Wahrheit über Benno Ohnesorg

Beitragvon Darth Nefarius » Mi 25. Jan 2012, 15:46

webe hat geschrieben:Die heutige Jugend ist sicherlich nicht unpolitischer wie die 68er, nur dürften ihre politischen Aktivitäten nicht jene Breite und Medienaufmerksamkeit nicht die gleiche Stärke haben wie jene vergangene Epoche sie hatte; anderseits hat sie durch das Einbeziehen des Internet eine andere Arbeitsweise. Und hierbei können noch einige Überraschungen parrat werden, die sie dann durchaus mit der Jugend von damals gleichziehen lässt, oder sie überholt in der Wirkung.

Oder?

Das ist zweifelhaft, nach 20 Jahren können wir über die damalige Jugend nochmal reden, wenn etwas aktuell ist, kann man nicht die ganzen Auswirkungen erkennen. Ich denke, dass der arabische Frühling und das Wanken (/Scheitern?!) des Kapitalismus in dieser Form den späteren Generationen länger im Gedächtnis bleiben wird als diese unreifen, emotionalen Bewegungen einer Generation, die nach ihrer Jugend all ihre Ideen selbst flächendeckend verworfen hat.
Nanna hat geschrieben:Die "Jugend von heute" hat vor allem kein so klar eingrenzbares Feindbild wie die Nazieltern der 68er und das System und die gesellschaftliche Atmosphäre, für die diese standen.

Nein, das stimmt überhaupt nicht! Heute ist ganz klar der Banker der Böse, genauso wie die Berlusconis/Gadaffis in der Politik! Das ist sogar viel eingegrenzter als die damalige, sowohl in ideologischer als auch in praktischer Hinsicht. Auch der CO2-verursachende Westler ist ein Feind, genauso wie jeder Fleischesser, darin steckt auch viel Selbsthass oder Mangel an Reflektion, aber diese Feindbilder sind sehr konkret, es sind nur besonders viele, aber saght das etwas über die Jugend oder die Umwelt aus? Wahrscheinlich über beide. :mg:
Nanna hat geschrieben:Ersteres führt dazu, dass die Mobilisierung breiter Gesellschaftsschichten für ein bestimmtes politisches Ziel heute viel schwieriger ist, als 1968, weil kollektive Erfahrungen wie die der unmittelbaren Nachkriegsgeneration so nicht vorhanden sind, zweiteres dazu, dass man heute zum Teil anders gegen Missstände protestiert.

Nein, schon rechnerisch kommt man wegen der schnellen Kommunikation und des Bevölkerungswachstums global zumindest auf höhere Zahlen, das auch noch schnelller, das zu jedem Scheis.
Die "68er" sind, gerade weil sie "nur" die Nachkriegsgeneration sind, nicht direkt von entsprechenden pärgenden Erfahrungen betroffen gewesen. Die heutigen Protestformen sind sogar effizienter, Anonymous sabotiert, wie ich finde, recht beeindruckend bestimmte Netzwerke, ich beineide das schon fast, weil ich keine Ahnung davon habe. :ka: :desperate: :shyly: :crazy:
Nanna hat geschrieben:Häufig wird auch die Beobachtung ins Feld geführt, dass die heutige Jugendgeneration von den Umbruchversuchen der eigenen Eltern desillusioniert ist und deshalb kleinteiligere, pragmatischere Formen des Engagements wählt und auch, dass die zerrissenen Privatstrukturen der 68er und die Wirtschaftsliberalisierung bei vielen jungen Leuten den Wunsch nach Sicherheit und Beständigkeit gefördert hat und das zu einem teils etwas biedermeierlichen Rückzug ins Private geführt hat.

das trifft nur auf einen Teil zu, der andere wird wild und neigt dazu, alte Fehler des Kommunismus wiederholen zu wollen (ich bin schockert, wie stark linke Gruppierungen im Gymnasiusm und auf meiner Uni sind; bei der Wahlliste hatte man die Wahl zwischen "den Linken", "den linkeren Linken", "den grünen Linken" usw. :selbstmord: ).
Nanna hat geschrieben:Also zusammenfassend würde ich behaupten, dass sich einerseits die Politisiertheit der Jugend heute schwerer fassen lässt und andererseits die jeweiligen Ausgangsbedingungen und daraus resultierenden Zielsetzungen so unterschiedlich sind, dass ein direkter Vergleich schwer zu bewerkstelligen ist (denn auch der Wunsch nach wirtschaftlicher Sicherheit ist durchaus ein politischer, lässt sich von seiner Gewichtung her aber kaum mit den emanzipatorischen Zielsetzungen der 68er vergleichen).

Der ersten Schlussfolgerung stimme ich zu, der zweiten teilweise auch. Trotzdem kann man vergleichen, der Vergleich muss aber nicht unbedingt angebracht sein. Emanzipatorische Zielsetzungen gibt es auch heute der Wortbedeutung nach, sie sind sogar sehr stark vertreten: Emanzipation von der Staatspolitik, der indirekten Demokratie/Bürokratie, von dem Kapitalismus, von Imperialismus. Diese vielen Herausforderungen zwingen die aktuelle Generation fast politischer zu sein.
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