Ich denke, das Hauptproblem an der ganzen Sache ist, dass eine Lösung gesucht wird, die mit dem Wort „Demokratie“ in irgendeiner Weise vereinbar sein muss. Von einem Begriff möchte ich hier nicht sprechen, denn es gibt unzählige Demokratie-Begriffe. Die Menge an Demokratie-Begriffen führt mitunter auch dazu, dass kaum einer noch versteht, was los ist. So ungefähr als würden ein Pantheist, ein Christ und ein heidnischer Germane über „Gott“ reden, ohne dass der eine weiß, wovon der andere spricht.
Was ich an der Demokratie bemängele ist vor allem, dass fast jeder, der davon spricht, das irgendwie mit der idealen Gesellschaft verbindet. Was aber, wenn Demokratie nicht ideal ist und somit diese Vorstellung nur zu Fehlschlüssen führen kann? Eines ist jedenfalls für mich klar, nämlich dass die Demokratie die alten Herrschaftsformen in keiner Weise überwunden hat, sondern die selben etablierten Sachen in noch krasserer Form mit einer anderen Legitimierung weiterführt. Gewaltmonopol, räuberische Erpressung (Steuern) etc. werden alle „zum Wohl des Volkes“ weiter betrieben anstatt hinterfragt. Und wenn jemand mal nur ein Gedankenspiel macht, dass das System hinterfragt, wie zum Beispiel Peter Sloterdijk mit seiner „Revolution der gebenden Hand“ (wobei der Titel nicht auf seinem Mist gewachsen ist), dann wird gleich von allen Seiten geschossen, anstatt mal wirklich darüber reflektiert, was er eigentlich damit meint.
Die Frage ist für mich somit – und damit wird es in der Tat sehr komplex – nicht, welches Herrschaftssystem optimal ist, sondern was für Gesellschaften jenseits von Herrschaft denkbar sind („Anarchie“ sagt nichts aus, deswegen spreche ich auch nicht davon) und wie eine Gesellschaft sich aus der Herrschaft und der Ideologie hinaus bewegen kann.
Mit der kapitalistischen „freiheitlichen“ Demokratie ist die Herrschaft als solche in eine Sackgasse geraten. Das ist sozusagen meine neue Interpretation von Francis Fukuyamas „Ende der Geschichte“, da diese Geschichte quasi wirklich damit zu ende geht.
Eine denkbare Möglichkeit wäre eine Gesellschaft, die nicht hierarchisch aufgebaut ist, sondern wie das Rhizom-Modell von Gilles Deleuze und Felix Guattari. Dann wäre die Frage nicht mehr „Globalisierung – ja oder nein?“, sondern „wie viele Globalisierungen?“.
Gerade durch das Internet bieten sich unvorstellbare Möglichkeiten und mir ist bisher kein Soziologe bekannt, der da auch nur den leisesten Anschein von Verständnis darüber zeigt.
Da ich selbst Philosophie und Sozialpsychologie studiere, hab ich da ein besonders starkes Interesse an solchen Themen und möchte selbst auch gerne in diese Richtung forschen, vorzugsweise nicht nur zur Unterhaltung einiger Akademiker, sondern so, dass es auch was bewirkt. Von daher bin ich über jeden differenzierten Austausch zu diesem Thema sehr froh.