(Geld-)Systemkrise

Re: (Geld-)Systemkrise

Beitragvon Gandalf » Sa 26. Mai 2012, 08:25

Nanna hat geschrieben: - Hauptsache, man kann den anderen Ideologie vorwerfen, irgendeinen conversation stopper braucht man ja, wenn die Mitdiskutanten sich nicht von Pamphleten beeindrucken lassen.


Nun, - die Ideologie hast Du jüngst wieder in's Spiel gebracht, indem Du (selbstgewählte) Partikularinteressen als Allgemeininteressen umdefiniert hast und über kritisch rationale Hinterfragung hinweggehst:
Zitat: "Ich wollte einfach nur sagen, dass der Medienmainstream allen Grund hat, Sarrazin links, Verzeihung, rechts liegen zu lassen. "

Übrigens sollte Dich das "Pamphlet" (..wie sagte mal eine: Mit Schaum vor dem Mund spricht sich's schlecht^^) nicht "beeindrucken" (wer kann das schon hier?), sondern lediglich dokumentieren, das es jenseits pseudowissenschaftlicher sozialer Theorien und Interessen des "Medienmainstreams" durchaus falsifizierbare Gegenentwürfe gibt, die für die herrschende Staatsräson unangenehm sind. Und wie gesagt: Da die Zukunft offen und die Evolution nicht abgeschlossen ist, muss man nicht alles akzeptieren, sondern nur kritisch überdenken ( - wollen). Und die Freiheit es sein zu lassen zu dürfen.

Daher nochmal eine 'fundierte Fundgrube' für diejenigen, dies das "Gefühl" haben, das einiges in unserer Gesellschaft schief läuft und es ihnen "mainstreammedial" ausgetrieben werden soll, das zu benennen:

Das Libertäre Manifest: Über den Widerspruch zwischen Staat und Wohlstand
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Re: (Geld-)Systemkrise

Beitragvon Gandalf » Mo 2. Jul 2012, 18:22

..nur damit es nicht untergeht, wenn das Grundgesetz gebrochen und ein 'Ermächtigungsgesetz' auf dei Schnelle durchgeboxt wird:

Redebeiträge im Bundestag: http://www.youtube.com/watch?v=nKFrNVfO ... r_embedded

Thorsten Polleit:
http://www.rottmeyer.de/esm-ein-trojani ... arlamente/
Faktisch erhält das Direktorium so einen Anspruch auf einen unlimitierten Geldbetrag, den er ohne Zustimmung der nationalen Parlamente von jedem ESM-Mitglied, das noch zahlungsfähig ist, abfordern kann. Mit anderen Worten: Das Direktorium hat Anspruch auf das Nachfüllen des Glases, das er austrinkt – und damit gehört ihm faktisch das Fass des Wirtes, der verpflichtet ist, das leere Glas nachzuschenken.

Anders als vielfach gedacht, ist der ESM volumensmäßig nach oben auch nicht beschränkt. Art. 8 Abs. 2 gibt dem Gouverneursrat die Möglichkeit, ein beliebig hohes Aufgeld (Agio) zu erheben, und zwar bei „besonderen Umständen“, die aber nicht inhaltlich definiert werden.
Das bedeutet ein betragsmäßig unbegrenztes Agio: Mit den letzten 100 Euro genehmigtes Stammkapital könnten 10 Billionen Euro eingefordert werden! Auch ohne Mitwirkung Deutschlands kann eine beliebige Haftungssumme formal korrekt erreicht werden.

Die Mitglieder des Gouverneursrates und des Direktoriums genießen nach Art. 35 persönliche Immunität in Bezug auf ihre Amtshandlungen, Schriftstücke und Unterlagen. Nach Art. 34 unterliegen sie der Schweigepflicht.

Die deutschen Vertreter im ESM dürfen also den Deutschen Bundestag gar nicht unterrichten beziehungsweise können eine Unterrichtung unter Verweis auf ihre Schweigepflicht ablehnen. Ein parlamentswidriges Abstimmen eines nationalen Vertreters im ESM kann auch nicht durch nationales Recht geahndet werden.


Auf Deutsch: Wenn Direktoriumsmitglieder beschliessen, das von den nationalen Parlamenten zwangseingetriebene Geld zu "versaufen und verhuren" - hat NIEMAND jemals mehr eine Handhabe dagegen... (und allein schon deshalb weil das möglich ist, - wird es auch passieren)


Frank Schäffler zur Ursache der Krise:
http://www.welt.de/politik/deutschland/ ... ution.html

Welt Online: Herr Schäffler, für wie kompetent halten Sie die Bundeskanzlerin in Währungsfragen?

Frank Schäffler: Viele Politiker haben die Ursache der Krise in unserem Weltfinanzsystem nicht verstanden. Dazu zähle ich auch die Bundeskanzlerin. Der Grundfehler in deren Annahme ist der Glaube, man könne mit billigem Geld aus dieser Krise herauswachsen. Das ist nicht möglich. Die Krise ist durch das billige Geld gerade entstanden. Aber zugegeben, das ist ein hochkomplexes Thema.

Welt Online: In einfachen Worten: Was ist Ihrer Meinung nach die Ursache der Probleme?

Schäffler: Die Krise des internationalen Geldsystems hat schon 1971 begonnen, als das Prinzip der Golddeckung für den Dollar aufgegeben wurde. Seitdem gibt es keinen Stabilitätsanker mehr, das Geld kann sich beliebig vermehren – was es auch tut.

Die Notenbanken manipulieren die Zinsen hinauf und herunter, um Konjunktur zu erzeugen. Aber sie schaffen eigentlich nur Blasen. Ökonomisch richtig wäre es, die Luft aus der Kredit- und Geldblase herauszulassen.
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Re: (Geld-)Systemkrise

Beitragvon Zappa » Mo 2. Jul 2012, 18:38

Gandalf hat geschrieben:..nur damit es nicht untergeht, wenn das Grundgesetz gebrochen und ein 'Ermächtigungsgesetz' auf dei Schnelle durchgeboxt wird ...


Ich persönlich glaube, dass es nicht untergeht und das Verfassungsgericht sich hier endlich querstellt. Aber vielleicht ist da eher der Wunsch der Vater des Gedanken.

Das einzige, was passieren könnte ist, dass das VG argumentiert, die Parlamente hätten sich ja schließlich mit 2/3 Mehrheit quasi selbst entmachtet.
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Re: (Geld-)Systemkrise

Beitragvon Gandalf » Di 3. Jul 2012, 06:40

..ein möglicherweise interessanter Beitrag wie es zur Eurokrise kam

heute Abend auf ARD: http://www.daserste.de/doku/beitrag_dyn ... qcx~cm.asp
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Re: (Geld-)Systemkrise

Beitragvon stine » Di 3. Jul 2012, 07:25

Zappa hat geschrieben:Ich persönlich glaube, dass es nicht untergeht und das Verfassungsgericht sich hier endlich querstellt. Aber vielleicht ist da eher der Wunsch der Vater des Gedanken.
Vermutlich wird es keinen Widerspruch geben. Die Misere wird nur ein paar Wochen hinausgeschoben, damit Frau Merkel noch ein wenig durchatmen kann.

Zappa hat geschrieben:Das einzige, was passieren könnte ist, dass das VG argumentiert, die Parlamente hätten sich ja schließlich mit 2/3 Mehrheit quasi selbst entmachtet.
Mitternächtliche Abstimmungen mit übernächtigten Abgeordneten müssten eigentlich sowieso anfechtbar sein. Das nenne ich "über den Tisch ziehen".
Aber auf diese Weise funktionieren fast alle Verhandlungen mit anschließender Abstimmung. Bei diesen Marathonsitzungen geht es ausschließlich ums Durchhalten. Selbst bei der Bundeswehr muss vor jeder Anzeige erst eine Nacht darüber geschlafen werden. Das hat schon seinen Grund.

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Re: (Geld-)Systemkrise

Beitragvon xander1 » Di 3. Jul 2012, 09:16

Anstelle Geld nach Griechenland zu geben, sollten wir lieber unsere Banken Geld geben, die Geld in griechische Staatsanleihen verliehen haben und Griechenland pleite gehen lassen und damit eine Weltkrise riskieren. Banken sind gefährlicher als stehende Armeen. So lange wir noch unser Bankensystem haben, brauchen wir unsere Banken.

Wenn wir jetzt, so wie es unsere Regierung macht, Geld in Pleiteländer und Pleitebanken vergeben, dann verschieben wir das Problem in die Zukunft und gleichzeitig in der Zukunft zu unseren Ungunsten.
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Re: (Geld-)Systemkrise

Beitragvon xander1 » Di 3. Jul 2012, 11:25

Gibt es niemanden, der Goldman Sachs verklagt, weil sie den Betrug den Griechenland begangen hat unterstützt haben?

Wenn es nach dem Völerrecht geht, gibt es das dritte Reich immer noch, mit all seinen Verpflichtungen zu Reparationszahlungen, auch an Griechenland. Nur die BRD muss nicht dafür aufkommen.

Habe erst kürzlich gelesen, dass Eurobonds uns billiger kommen würden, als das was wir jetzt umgesetzt haben. Ich vermute (weiß es nicht) man hat die aktuelle Lösung umgesetzt, damit sichtbarer ist, welchen Beitrag Deutschland zahlt. Aber drucken das die griechischen Medien überhaupt? Die aktuelle Lösung führt zu höheren Zinsen, die Griechenland bezahlen muss.

Was ich mich jetzt frage ist, ob die EU mit diesem Geldfluss an Griechenland, theoretisch ganz Griechenland kaufen kann. (Anschließend müsste man die EU Länder kaufen, damit die nicht Pleite gehen. Bis alle Länder sich gegenseitig kaufen und pleite gehen und schließlich jeder jeden besitzt und wir uns alle gegenseitig versklaven :hangman: .)
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Re: (Geld-)Systemkrise

Beitragvon Gandalf » Di 3. Jul 2012, 19:04

stine hat geschrieben:
Zappa hat geschrieben:Ich persönlich glaube, dass es nicht untergeht und das Verfassungsgericht sich hier endlich querstellt. Aber vielleicht ist da eher der Wunsch der Vater des Gedanken.
Vermutlich wird es keinen Widerspruch geben. Die Misere wird nur ein paar Wochen hinausgeschoben, damit Frau Merkel noch ein wenig durchatmen kann.




Schachtschneider ("..bewegen uns auf eine Diktatur zu") hält die Klage für aussichtsreich - spätestens beim nächsten mal..
http://www.youtube.com/watch?feature=pl ... Iig8oZOZyY
Hankel:
http://www.youtube.com/watch?feature=pl ... EEftNoqM0#!
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Re: (Geld-)Systemkrise

Beitragvon stine » Mi 4. Jul 2012, 07:28

Die Verfassungsbeschwerde wird vom Gericht ernst genommen. In 14 Tagen werden wir wissen, wie ernst Karlsruhe diese Angelegenheit nimmt. Wenn nicht, müssen die Bürger aktiven Widerstand leisten.
Da bin ich neugierig. Es gibt ja auch genügend Befürworter für die ESM Hoheit. Europaweit sind der Sozialismus mit Parteibonzen an der Spitze leider nicht so verpönt wie bei uns und deswegen eine durchaus vorstellbare künftige Gesellschaftsform.

LG stine
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Re: (Geld-)Systemkrise

Beitragvon Gandalf » Mi 25. Jul 2012, 21:39

(ich mach mal hier weiter, weil das vlt. besser zur "Systemkrise" passt)

Zappa hat geschrieben:
Gandalf hat geschrieben:
Nanna hat geschrieben: Ich meine nämlich, als einzier hier (!) eine nennenswerte Zahl an empirischen Belegen für meine Thesen angeführt zu haben.


Mit Empirie kommst Du weder in der Soziologie, noch in der Wirtschaft, noch hier weiter. Du vergisst die Motivation und die Implikation der menschlichen Handlung(en)


Den angeblichen Widerspruch hab ich jetzt nicht verstanden. Sind menschliche Handlungen und Ihre Motivation prinzipiell nicht erfahrbar, oder was?


Man kann die 'Auswirkung' von Motivation und Handlungen erfahren, nicht jedoch den Grund der Handlung selbst.

Daher geht die 'Lehre vom menschlichen Handlen' - die Praxeologie von bestimmten axiomatisch formulierten Grundannahmen aus, die mit deduktiver Logik kombiniert werden und damit Vorhersagen ermöglichen.

Wesentliche Axiome sind:

1) menschliches Handeln erfolgt zielgerichtet
2) menschliches Handeln kostet Zeit

Allein schon aus diesen beiden Axiomen, lässt sich ableiten, das Menschen Präferenzen in der zeitlichen Abfolge ihrer Zielerreichung(en) setzen (müssen). Präferenzen werden unterschiedlich gewichtet und es entstehen Opportunitätskosten in Form von Verzicht, - womit man letztlich bei einem Preis für den Verzicht, - den "Zins" landet.. (ff)

Was nutzt hier eine "nennenswerte Anzahl von empirischen Belegen", die nur die (möglicherweise und sehr wahrscheinliche) voreingenomme Wertung belegt?

... im Gegenteil: Weil man 'immer' empirische Belege zu irgendeiner These finden kann, die beim näheren Ansehen wohl einer Ideologie entspricht, verstellt das genau den Blick auf wesentliche Zusammenhänge. Nicht umsonst konnten ja die die aktuelle Soziologie oder Volkswirtschaftslehre die gegenwärtige Systemkrise NICHT vorhersagen. (Was aber genau die "Libertären der österreichischen Schule der Nationalökonomie" nachweislich fertig gebracht haben)

Auch ein sehr schönes Beispiel für die 'Eigenblindheit' unserer Gesellschaft, in der sich zwar sets 'einzelne Belege' für Korruption finden lassen, aber dabei ausblendet, das wir insgesamt an einer 'kollektiven Korruption' beteiligt sind, die das System unaufhaltsam zerstören wird:
http://www.rottmeyer.de/kollektive-korr ... eben-wird/

Ökonomische Abhängigkeit macht die Mehrheit zu Komplizen

Ein Fiatgeldsystem macht also weite Teile der Bevölkerung und des Unternehmenssektors ökonomisch abhängig von seiner Fortführung: Es findet sich mehrheitlich eine Unterstützung für eine Geldpolitik, die einen drohenden Bust, der an sich die notwendige Folge eines vorangegangenen Booms ist, mit immer mehr Kredit und Geld zu immer tieferen Zinsen zu „bekämpfen“ sucht.

Die Mehrheit der Fiatgeld-Abhängigen wird dabei auch weitreichenden Verletzungen der privaten Eigentumsrechte der Einzelnen akzeptieren beziehungsweise zustimmen, wie zum Beispiel dem Einschränken der Freiheiten bei der Geldanlage, dem Erlass von Handelsverboten oder 2012 dem Erlass von Kapitalverkehrsbeschränkungen und dem Auswuchern der Regulierungs-Bürokratie. Die fortschreitende Verletzung der Freiheiten lässt sich als Folge „kollektiver Korruption“ beschreiben: Nicht nur einige wenige, sondern eine wachsende Zahl von Gemeinschaftsmitgliedern und ganze gesellschaftliche Gruppen werden zu bedingungslosen Befürwortern staatlicher Zwangsmaßnahmen. In der Konsequenz befürwortet das Eigennutzkalkül des Individuums Politiken, durch die die Gesellschaft zusehends in ein kollektivistisch-sozialistisches Gemeinwesen überführt wird: einen immer stärker wachsenden Staat, zu Lasten der individuellen Freiheit…

Die Vorteilssuche („Rent-seeking“) und der Lobbyismus kleiner, aber machtvoller Gruppen in parlamentarischen Demokratien bewirken einen allmählichen Niedergang der gesamtwirtschaftlichen Leistungsfähigkeit, so dass eine Reform letztlich nur im Zuge einer gesellschaftlichen „Krise“ (Rezession-Depression, Revolution oder Krieg) zustande kommen kann.
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Re: (Geld-)Systemkrise

Beitragvon Gandalf » Mi 12. Sep 2012, 06:42

Nur zum Protokoll: Heute ist Urteilsverkündung vom BVerfG inwieweit das "deutsche Volk" noch ein Mitspracherecht hat, was mit seinem Eigentum geschieht.

Man sollte sich keine Illusionen machen, das Urteil ist ja längst geschrieben (und Schäuble nicht auf der Flucht)

Wir sind mittlerweile bei Pkt. 7 angekommen: http://www.stop-esm.org/
1. Die Betreiber des Schneeballsystems beginnen ohne kriminelle Absicht.

2. Sie geraten in finanzielle Schwierigkeiten, beginnen erst zu lügen, dann zu betrügen.

3. Die ständige Verschlechterung der finanziellen Situation wird verschleiert.

4. Einzelne Gläubiger erkennen was gespielt wird und versuchen ihr Geld herauszuziehen.

5. Um den Systemcrash zu verhindern, werden heimlich Vereinbarungen mit drängenden "Systemaussteigern" getroffen, damit diese unauffällig ihr Geld herausziehen können, aber in einer Weise und einem Umfang, dass das System nicht zwangsweise kollabiert.

6. Zu diesem Zweck müssen - durch Lug, Trug und Propaganda - immer größere Summen eingesammelt und anschließend sofort an drängende Gläubiger ausgezahlt werden.

7. Beim Euro-Schneeballsystem bedeutet dies, dass das an fliehende Gläubiger gezahlte Geld durch das der unwissenden Bürger zwangsweise ersetzt wird (via Rettungsschirm, ESM bzw. über EZB-Anleihekäufe mit Zustimmung der Regierenden).

8. Die Zahl der fliehenden und um ihr Geld kämpfenden System-Gläubiger steigt.

9. Die Nettoabflüsse überwiegen die Nettozuflüsse: Das System implodiert.


Eine kurze Übersicht über den "Kraken" in Brüssel: http://www.youtube.com/watch?v=NmCuFRzb ... e=youtu.be
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Re: (Geld-)Systemkrise

Beitragvon Gandalf » Mi 12. Sep 2012, 20:22

..mal eine Frage an die Politologen hier:


Wie kann es sein, das der ESM, der bereits im Juni im Bundestag beschlossen wurde und mit der Unterschrift des Bundespräsidenten ratifiziert(?) ist, jetzt noch im Sinne des heutigen Urteils (Betragsgrenze der Haftung und Transparenz) nachträglich verändert werden kann?

- Muss nochmal neu - mit den geforderten Vertragsänderungen - abgestimmt werden (Denn die 'Haftungsobergrenze' war ja offensichtlich nicht drin, entgegen der Lügen von Schäuble u.Co. - und wie vorher schon einige Gutachten feststellten)

- muss der Vertrag mit den anderen EU-Partnern nochmals nachverhandelt werden?

- ist er mit Unterschrift des Bundespräsidenten völkerrechtlich verbindlich (ohne die geforderten Änderungen gemäß BVerfG)?

.....und wenn ja, was soll das? (... daran möchte ich noch gar nicht denken)
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Re: (Geld-)Systemkrise

Beitragvon Nanna » Mi 12. Sep 2012, 22:44

Gandalf hat geschrieben:Wie kann es sein, das der ESM, der bereits im Juni im Bundestag beschlossen wurde und mit der Unterschrift des Bundespräsidenten ratifiziert(?) ist, jetzt noch im Sinne des heutigen Urteils (Betragsgrenze der Haftung und Transparenz) nachträglich verändert werden kann?

EIne Verfassungsbeschwerde würde nur dann automatisch zur Nichtigerklärung der Entscheidung der Legislative führen, wenn diese gegen Menschen- bzw. Grundrechte verstoßen würde. Verstößt die Entscheidung "nur" gegen sonstige Artikel der Verfassung, kann der Gesetzgeber entweder eine verfassungsgemäßge Neuentscheidung herbeiführen oder die bestehende Regelung nachbessern, ohne sie in allen Punkten neu verhandeln zu müssen. Oftmals räumt das BVerfG bei komplizierten Fragen auch Übergangsfristen ein, damit der politische Prozess nicht im Nichts steckenbleibt (so geschehen beim an und für sich verfassungswidrigen Wahlrecht, nach dem 2009 trotzdem nochmal gewählt wurde; der Schaden für die Demokratie durch gar kein Wahlrecht und gar keine Wahlen wurde vom Gericht wohl als deutlich größer eingestuft als eine in ihren Effekten überschaubare Verfassungsverletzung).

Gandalf hat geschrieben:- Muss nochmal neu - mit den geforderten Vertragsänderungen - abgestimmt werden (Denn die 'Haftungsobergrenze' war ja offensichtlich nicht drin, entgegen der Lügen von Schäuble u.Co. - und wie vorher schon einige Gutachten feststellten)

Die Haftungsobergrenze muss gewahrt bleiben, sonst gilt der ESM-Vertrag als verfassungswidrig. So gesehen ist der ESM nur verfassungskonform, solange die 190 Milliarden die Obergrenze bleiben ODER das Parlament eine erneute Erhöhung beschließt. Die Richter haben angemahnt, dass diese Erhöhung nicht dazu führen darf, dass sich das Parlament durch eine überbordende Abgabenlast de facto handlungsunfähig macht, aber haben keine konkrete Zahl genannt.
Das alles bedeutet, dass der ESM ratifiziert werden kann, sofern die Haftungsobergrenze nicht verletzt wird.

Gandalf hat geschrieben:- muss der Vertrag mit den anderen EU-Partnern nochmals nachverhandelt werden?

Nein, aber der Bundespräsident, der die Ratifizierungspapiere formal ausfertigt, muss einen Anhang an die Vertragspapiere anhängen, in denen klargestellt wird, dass Deutschland den Vertrag nur unter der Bedingung ratifiziert, dass alle anderen Vertragspartner die juristische Auslegung des BVerfG akzeptieren. Sollte ein anderes Land wider Erwarten erklären, dass es dieser Auffassung nicht folgen wird, könnte es tatsächlich sein, dass einzelne Abschnitte nachverhandelt werden müssen.

Gandalf hat geschrieben:- ist er mit Unterschrift des Bundespräsidenten völkerrechtlich verbindlich (ohne die geforderten Änderungen gemäß BVerfG)?

Das hat mich jetzt ehrlich gesagt eine Weile gekostet, das ist nämlich verfahrenstechnisch wirklich keine ganz triviale Frage. Es gibt dazu keinen Präzedenzfall. Zwar hat das BVerfG schon mehrere Gesetze kassiert, die der Bundespräsident vorher unterschrieben hat und der Bundespräsident darf auch verfassungsrechtlich zweifelhafte Gesetze unterschreiben (bisher neunmal mit ausdrücklicher Rüge des Präsidenten geschehen, zuletzt 2002 beim Zuwanderungsgesetz und 2006 beim Luftsicherheitsgesetz). Im Falle inländischer Gesetze ist es insofern einfacher, als dass das Gesetz einfach vom BVerfG kassiert werden kann, ohne dass ein ausländischer Vertragspartner mit dranhängt.

Im Prinzip würde ich sagen: Ja, sobald der Bundespräsident mit seiner Unterschrift und der Übergabe der Papiere an den Depositar den Ratifizierungsprozess abgeschlossen hat, ist der Vertrag völkerrechtlich verbindlich. Das ist in Art. 59 GG eigentlich recht schlicht und eindeutig geregelt. Genau aus dem Grund wartet der Präsident ja normalerweise mit der Ratifikation auf eine entsprechende Entscheidung des BVerfG, darum dauert das Umsetzen völkerrechtlicher Verträge meistens auch lange, weil eben inländisch u.U. ein mehrstufiges Verfahren durchlaufen werden muss.
Allerdings könnte der Präsident dann nach Art. 61 GG zumindest theoretisch wegen vorsätzlicher Verletzung des Grundgesetzes angeklagt und seines Amtes enthoben werden. Der Vertrag würde wahrscheinlich neu verhandelt werden, aber zumindest temporär wäre Deutschland wahrscheinlich an seine Einhaltung gebunden, es sei denn, der Vertrag würde über die Spezifika der deutschen Verfassung hinaus Menschenrechte verletzen, dann könnte Deutschland wahrscheinlich eine prinzipielle Nichtigkeit des Vertrages geltend machen, da damit ja nicht nur spezifisch deutsche Artikel, sondern weltweite Vertragssysteme wie die UDHR verletzt würden. Wenn wir allerdings schon so weit gekommen wären, würden solche Formalitäten wahrscheinlich ohnehin nur noch geringe Beachtung finden.

Das sind aber Überlegungen, die jetzt eher theoretisch interessant sind. Praktisch wird Gauck die Ratifizierungspapiere nur mit den nötigen Anmerkungen an den Depositar übergeben und damit ist, zumindest formal, der Einhaltung der Regeln Genüge getan.
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Re: (Geld-)Systemkrise

Beitragvon provinzler » Mi 12. Sep 2012, 23:14

Nanna hat geschrieben:Die Haftungsobergrenze muss gewahrt bleiben, sonst gilt der ESM-Vertrag als verfassungswidrig. So gesehen ist der ESM nur verfassungskonform, solange die 190 Milliarden die Obergrenze bleiben ODER das Parlament eine erneute Erhöhung beschließt. Die Richter haben angemahnt, dass diese Erhöhung nicht dazu führen darf, dass sich das Parlament durch eine überbordende Abgabenlast de facto handlungsunfähig macht, aber haben keine konkrete Zahl genannt.
Das alles bedeutet, dass der ESM ratifiziert werden kann, sofern die Haftungsobergrenze nicht verletzt wird.

Was aber faktisch egal ist, weil der ESM ohnehin nurals Fassade vorgesehen ist. Der eigentliche Bailout findet über die EZB statt. Die Haftungsgrenze im ESM kann man also ohnehin problemlos einhalten. Schon bisher erfolgten etwa 2/3 der Zahlungen ohne Zustimmung irgendwelcher Abgeordneten über die EZB, dieser Anteil wird nun schlicht und ergreifend steigen. Was die Karlsruher Richter nicht begreifen, oder nicht sehen wollten/durften ist, dass reale Kaufkraft-Abflüsse über die EZB via Notenpressenverwendung genauso real sind wie Zahlungen via ESM. Es hat nun für den letzteren eine Haftungsgrenze gefordert, die aber real egal ist, weil der zweite Kanal der Steuerzahler "Geld" (besser Kaufkraft der Bürger) am Parlamenten vorbeizuschleusen, weiterhin offen bleibt.

Nanna hat geschrieben:Nein, aber der Bundespräsident, der die Ratifizierungspapiere formal ausfertigt, muss einen Anhang an die Vertragspapiere anhängen, in denen klargestellt wird, dass Deutschland den Vertrag nur unter der Bedingung ratifiziert, dass alle anderen Vertragspartner die juristische Auslegung des BVerfG akzeptieren. Sollte ein anderes Land wider Erwarten erklären, dass es dieser Auffassung nicht folgen wird, könnte es tatsächlich sein, dass einzelne Abschnitte nachverhandelt werden müssen.

Was würde eigentlich hypothetisch passieren sollte der Bundesfinanzminister gegen dieses Urteil verstoßen und höhere BEträge überweisen. Soweit ich weiß, wäre dann der Generalbundesanwalt am Zuge, der aber wiederum weisungsgebunden durch den Bundesinnenminister ist, oder irre ich da?
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Re: (Geld-)Systemkrise

Beitragvon Nanna » Do 13. Sep 2012, 00:30

provinzler hat geschrieben:Was aber faktisch egal ist, weil der ESM ohnehin nurals Fassade vorgesehen ist. Der eigentliche Bailout findet über die EZB statt. Die Haftungsgrenze im ESM kann man also ohnehin problemlos einhalten. Schon bisher erfolgten etwa 2/3 der Zahlungen ohne Zustimmung irgendwelcher Abgeordneten über die EZB, dieser Anteil wird nun schlicht und ergreifend steigen. Was die Karlsruher Richter nicht begreifen, oder nicht sehen wollten/durften

Die Richter haben nur über die in der Verfassungsbeschwere zum ESM angeführten Punkte entschieden (und entscheiden können). Auf Eigeninitiative können die Richter hier nichts machen, egal, ob sie etwas sehen oder nicht.

provinzler hat geschrieben:
Nanna hat geschrieben:Nein, aber der Bundespräsident, der die Ratifizierungspapiere formal ausfertigt, muss einen Anhang an die Vertragspapiere anhängen, in denen klargestellt wird, dass Deutschland den Vertrag nur unter der Bedingung ratifiziert, dass alle anderen Vertragspartner die juristische Auslegung des BVerfG akzeptieren. Sollte ein anderes Land wider Erwarten erklären, dass es dieser Auffassung nicht folgen wird, könnte es tatsächlich sein, dass einzelne Abschnitte nachverhandelt werden müssen.

Was würde eigentlich hypothetisch passieren sollte der Bundesfinanzminister gegen dieses Urteil verstoßen und höhere BEträge überweisen. Soweit ich weiß, wäre dann der Generalbundesanwalt am Zuge, der aber wiederum weisungsgebunden durch den Bundesinnenminister ist, oder irre ich da?

Puh, das ist auch eine gar nicht so einfach zu beantwortende Frage. Weder im Grundgesetz noch in der Geschäftsordnung der Bundesregierung habe ich etwas dazu gefunden. Zuallererst: Ich weiß nicht, ob der Finanzminister das so einfach kann. Beschlüsse dieser Tragweite sind - wenn nicht juristisch, dann faktisch - wahrscheinlich von der gesamten Bundesregierung abzusegnen. Verstößt die Bundesregierung gegen die Verfassung, müsste sie vor dem BVerfG verklagbar sein, da können dann auch du und Gauweiler theoretisch Beschwerde einlegen. Würde tatsächlich ein einzelner Minister derart querschießen, würde die Kanzlerin ihn wohl nach Art. 64 GG feuern, würde sie es nicht tun, müsste sie u.U. mit einem Misstrauensvotum des Bundestags rechnen, der ja wegen Eingriff in seine Kompetenzen dazu jedes Interesse hätte. So oder so wäre eine solche Handlung wahrscheinlich das politische Ende von irgendwem, ganz unabhängig von der Juristerei.

Aber mal theoretisch: Ob der Generalbundesanwalt zuständig wäre, weiß ich nicht genau. Auf jeden Fall ist der im Bundesministerium der Justiz angesiedelt, nicht im Innenministerium, und eine eigenständige Behörde. Die Weisungsbefugnis wird sich da in Grenzen halten, schon weil der GBA zur Judikative gehört und das Ministerium zur Exekutive, d.h. da gibt es sicherlich ein gewisses Maß an Gewaltenteilung. Es könnte auch gut sein, dass der Bundesrechnungshof sich einmischt, dem obliegt nämlich die Kontrolle der rechtmäßigen Verwendung der Gelder des Bundes. Dem Finanzminister könnte, sehr theoretisch, Fahrlässigkeit im Amt vorgeworfen werden und Regressansprüche gestellt werden, falls das Geld nicht mehr wiederzukriegen wäre, aber da bewegen wir uns jetzt natürlich nicht mehr auf realistischem Grund und Boden (und von Schäubles Pension kriegen wir die Milliarden auch nicht wieder). Selbst wenn die Überweisung nämlich verfassungswidrig wäre, wäre sie nicht automatisch kriminell, da der Finanzminister ja nichts veruntreuen wollte, sondern eine politische Lösung für ein politisches Problem gesucht hat. Der Spielraum bis zu einer Anklage ist da schon erstmal beträchtlich, weil man in der Politik häufig mal grenzwertige Lösungen ausprobieren muss. Als Richter ist in solchen Fällen halt primär das Wahlvolk vorgesehen. Anders gesagt, auch wenn möglicherweise die Überweisung rückgängig gemacht werden müsste, weil sonst das BVerfG und der Bundesrechnungshof der Regierung auf's Dach steigen, wäre juristisch der Finanzminister nicht zwingend dran, zumal der als Parlamentsmitglied auch noch erstmal ein Verfahren zur Aufhebung der Immunität durchlaufen müsste. Das wahrscheinlichere Szenario wäre eine politische Lösung, ein Rücktritt etwa, oder, wenn das politische Klima es zulässt, sogar nur eine Entschuldigung ans Parlament oder eine ähnliche Geste unter Hinweis auf die extrem schwierige Lage. Die Regierung testet regelmäßig die Grenzen ans Äußerste aus um sich Gestaltungsmacht zu bewahren, das ist im Prinzip auch normal, und wird nicht gleich kriminell geahndet, wenn mal was Zweifelhaftes passiert. In der jetzigen Stimmung wäre aber wohl sicherlich ein Rücktritt fällig, unabhängig davon, dass die 190-Mia.-€-Grenze derzeit eh keiner reißen wird. Eher wird man den formal sauberen Weg über das Parlament gehen oder andere Tricksereien versuchen, die du ja selber schon angedeutet hast. Es gibt viel zu viele unauffällige Alternativen zu einem offen illegalen Vorgehen, deshalb ist das wirklich eine sehr theoretische Frage.
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Re: (Geld-)Systemkrise

Beitragvon provinzler » Do 13. Sep 2012, 00:44

Nanna hat geschrieben:Die Richter haben nur über die in der Verfassungsbeschwere zum ESM angeführten Punkte entschieden (und entscheiden können). Auf Eigeninitiative können die Richter hier nichts machen, egal, ob sie etwas sehen oder nicht.

Die EZB-Geschichte hat man ja schon vor längerem durchgewunken (spätestens als man den Verstoß gegen die No-Bailoutregelung in den Euroverträgen abgesegnet hat). So gesehen war die Veranstaltung heute eher Show fürs Stimmvieh.

Danke für deine Ausführungen. Mit dem ganzen Kram bin ich nicht im Details bewandert, mein Feld ist eher die Geldpolitik. Faktisch ist es ohnehin so, dass man wenig ausrichten kann, solange sich die drei Staatsgewalten einig sind, egal ob das nun gegen das GG verstößt oder nicht. Da hilft dann der berühmte Widerstandartikel im GG auch nichts, weil darüber letztlich auch wieder die gleichen Mitglieder der Judikative entscheiden. Letztlich schlicht eine Machtfrage und eine Frage wie lange sich die Bevölkerung das gefallen lässt.
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Re: (Geld-)Systemkrise

Beitragvon Nanna » Do 13. Sep 2012, 13:56

Das Wir-da-unten-gegen-die-da-oben-Prinzip halte ich analytisch für ziemlich flach. "Die Bevölkerung" hat die Regierung gewählt, arbeitet teilweise im Staatsapparat, erhält staatliche Zuschüsse oder Hilfen und ist in sich uneins darüber, wie gut der Job ist, den die Regierung macht.

Der Widerstandsartikel hat mit der Geldpolitik auch erstmal wenig zu tun, da geht es um viel grundsätzlichere Fragen. In Art. 20 GG steht ja nicht "Jeder, der deiner Meinung nach gegen das GG verstößt, darf erschossen werden", sondern "Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist." Mit der "Ordnung" sind grundsätzliche Fragen wie die Gewaltenteilung als solche, die Demokratie oder der Föderalismus gemeint, sprich, bis Art. 20 greift müssen schon putschähnliche Zustände und komplettes Justizversagen herrschen.

Natürlich entscheidet am Ende, wer die Macht hat, aber das sagt nichts über die Intentionen desjenigen aus, noch darüber, wie frei derjenige wirklich entscheiden kann. Die Bevölkerung muckt u.a. auch deshalb nicht auf, weil keiner so genau weiß, was er denn alternativ machen sollte. Natürlich kommt aus den Reihen der Mitbürger gerne mal der Ruf nach Verweigerung, aber das ist natürlich auch ein eher kindisches Verhalten, das letztlich doch darauf hinausläuft, dass die "da oben" bitte eine Lösung finden sollen. Libertäre wie du und Gandalf, die vielleicht einen Schimmer davon hätten, was sie machen würden, wenn sie sich einfach von der Regierung abwenden könnten, sind nicht der Regelfall, bei den meisten bedeutet "Wir zahlen nicht für eure Krise" eben sehr konkret "Uns ist das alles zu doof und ihr sollt gefälligst wieder alles gut machen". Und natürlich ist es auch die Verpflichtung der Volksvertreter und Ministerialbeamten, Lösungen für solche politischen Probleme zu finden, dafür werden sie ja auch tatsächlich gewählt und bezahlt. Es ist nur nicht so, dass die Bevölkerung es eigentlich irgendwie besser weiß oder alleine, ohne die Regierung, besser machen würde (die Selbstzerfleischung der Piraten ist meines Erachtens der letzte gute Beleg dafür, dass lose organisierte Gemeinschaften nicht produktiv tätig sein können, sprich, dass eine gewisse "Oligarchisierung" im Sinne funktionaler Ausdifferenzierung für Organisationen unerlässlich ist). Den meisten Leuten ist das auch klar, weshalb es nur selten in der Geschichte so weit kommt, dass tatsächlich Regierungen gestürzt werden. Es lohnt sich für das Kollektiv einfach meistens nicht.
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Re: (Geld-)Systemkrise

Beitragvon Zappa » Do 13. Sep 2012, 17:51

Passend zum Thema: QE3 ist da!

http://www.spiegel.de/wirtschaft/unternehmen/us-notenbank-kuendigt-weitere-anleihekaeufe-an-a-855712.html

Die FED will für 40 Milliarden $ Schuldenpapiere kaufen, pro Monat!
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Re: (Geld-)Systemkrise

Beitragvon provinzler » Do 13. Sep 2012, 19:34

Nanna hat geschrieben:Das Wir-da-unten-gegen-die-da-oben-Prinzip halte ich analytisch für ziemlich flach. "Die Bevölkerung" hat die Regierung gewählt, arbeitet teilweise im Staatsapparat, erhält staatliche Zuschüsse oder Hilfen und ist in sich uneins darüber, wie gut der Job ist, den die Regierung macht.

Ich hatte andernorts schon mal geschrieben. Es gibt immer Profiteure und solche, die sich fälschlicherweise dafür halten und es gibt Benachteiligte undd solche, die sich fälschlicherweise dafür halten.
Homogene Interessen haben weder die Befürworter noch die Gegner der aktuellen Politik. Und verstanden was grad passiert, haben auch auf beiden Seiten die allerwenigsten.
Und in der hohen Politik, sind diejenigen die AHnung hatten auf deutscher Seite, im Verlauf der letzten beiden Jahre zurückgetreten, weil sie nicht die Veranwortung übernehmen wollten.
Ich persönlich sehe für mich aktuell keine Möglichkeit etwas sinnvolles zu unternehmen, nichts andres wollte ich eigentlich zum Ausdruck bringen...

Nanna hat geschrieben:Der Widerstandsartikel hat mit der Geldpolitik auch erstmal wenig zu tun, da geht es um viel grundsätzlichere Fragen. In Art. 20 GG steht ja nicht "Jeder, der deiner Meinung nach gegen das GG verstößt, darf erschossen werden", sondern "Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist." Mit der "Ordnung" sind grundsätzliche Fragen wie die Gewaltenteilung als solche, die Demokratie oder der Föderalismus gemeint, sprich, bis Art. 20 greift müssen schon putschähnliche Zustände und komplettes Justizversagen herrschen.

Aktuell geht es darum, dass ein wesentliches Hoheitsrecht, nämlich das Budget, dem Parlament entzogen wird, indem Kanäle geschaffen wurden, durch die Geld am Parlament vorbei geschleust werden konnte und kann. Das BVerfG hat dieses Verhalten der EZB zwar gerügt, aber m.W. nichts nennenswertes unternommen, es wirksam zu unterbinden.
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Re: (Geld-)Systemkrise

Beitragvon Nanna » Do 13. Sep 2012, 21:38

provinzler hat geschrieben:Und verstanden was grad passiert, haben auch auf beiden Seiten die allerwenigsten.
Und in der hohen Politik, sind diejenigen die AHnung hatten auf deutscher Seite, im Verlauf der letzten beiden Jahre zurückgetreten, weil sie nicht die Veranwortung übernehmen wollten.

Mit der Feststellung kann ich eher leben, weil sie nicht impliziert, dass eine gierige Elite ein kleptokratisches System installiert hat und aufrechterhält. Das Problem ist, dass es derzeit sehr viele Ökonomen gibt, die alle durchaus Meriten haben, und sich aber durch die Bank uneins sind. Als Politiker, selbst als einer mit soliden ökonomischen Kenntnissen, würde ich mich da auch überfordert fühlen.
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