Dasein in Spanien

Dasein in Spanien

Beitragvon emporda » Mi 8. Aug 2007, 16:16

Leben in Spanien

Für einen Haushalt mit mehreren Personen über 60Jahren sind Kosten das Kernthema. Die deutsche Durchschnittsrente beträgt 875 €/Monat bei voller Beitragszeit (2005), Frauen mit einer Kinderpause und einfachen Tätigkeiten haben aber oft unter 400 €/Monat Rente. Die Renten hatten in den letzten 6 Jahren deutlich unter 5% Steigerung, die Lebenshaltungskosten sind im gleichen Zeitraum um bis 25% gestiegen. Der Staat betreibt eine gezielte Verarmung seiner Rentner und beschäftigt hintenrum Millionen Beamte um die Sozialhilfe zu verwalten.

Wir haben 2002 in Begur auf 700 m² Grund mit Blick aufs Meer ein finnisches Blockhaus von 160 m² Wohnfläche plus eine 20 m² Garage gebaut und unseren Wohnsitz permanent nach Spanien verlegt. Das Budget von 1000 €/m² Nutzfläche ohne Grundstückskosten wurde eingehalten trotz schwieriger Fundamente (>100 m³ Beton) und Erdaushub in Hanglage bei etwa 25 % Mehrkosten. Die Baugenehmigung wurde mit kleineren Schwierigkeiten erteilt, die Auflagen waren 3 m Abstand rückwärts und seitlich sowie 5 m in der Front, eine maximale Bebauung von 30% der Fläche und eine maximale Firsthöhe von 7 m über der EG-Grundplatte. Das Haus in eigener Planung entworfen um der Grundstücksform gerecht zu werden war nach 3 Monaten Montage bezugsfertig. Die Gründe für ein finnischen Holzhaus waren neben der Bauzeit und den günstigen Kosten die Allergien der Ehefrau. Steinbauten sind bei der hohen Feuchtigkeit am Meer schnell muffig bzw. schimmlig und für Asthmatiker sehr bald ein ständiger Alptraum.

Die Restfläche des Grundstücks mit etwa 350 m² wurde bepflanzt, was bei 30° bis 45° Neigung und sehr steinigem Boden schwierig ist. Lose Erde wird bei gelegentlichen Regenfällen schnell weggeschwemmt, um ein Pflanze einzubringen braucht man Hammer und Meisel für ein Loch und etwas Torferde. Man sollte nur endemische Pflanzen einsetzten, welche die Monate der Sommerzeit ohne Regen überstehen, aus der Nachtfeuchte den Wasserbedarf decken und auch den gelegentlich starken Winden standhalten. Rasen und/oder ein Swimmingpool brauchen viel Pflege und noch mehr Wasser, werden kaum bis gar nicht genutzt und kosten entsprechend viel.

Man bekommt als EU-Bürger problemlos eine „Residencia“, also eine spanische Aufenthaltsgenehmigung in Form einer kleinen Plastikkarte mit vorerst 5 Jahren Gültigkeit. Dazu benötigt man einen gültigen Reisepass und den Nachweis eines ausreichenden Einkommens. Letztes hat die lokale Deutsche Bank mit einem Schreiben auf Basis des Rentenbescheides gemacht. Die Anträge haben je 8 € gekostet und 8 Monate Bearbeitung in Girona beansprucht, heute soll es deutlich schneller gehen. Nach Erteilung der „Residencia“ sollte man sich auf der Gemeinde registrieren lassen, sonst wird man nicht zu den lokalen Wahlen aufgerufen und bekommt auch nicht das für Begur obligate Weihnachtspaket mit Wein, Sekt und diversen Keksen. Auf den Behörden sind die Mitarbeiter sehr hilfsbereit und freundlich zu uns Nordlichtern. An den Wahlen in Deutschland kann man notfalls ohne Wohnsitz teilnehmen, der letzte Wohnort muss nach EU-Recht auf Verlangen die notwendigen Briefwahlunterlagen zustellen.

Ein Auto mit ausländischer Zulassung könnte man hier illegal sehr lange fahren. In der Sommersaison sind über 50% der Fahrzeuge aus dem Ausland, keiner hat wirklich den Durchblick bis es zu einem Unfall mit Personenschaden kommt. Auf den spanischen Inseln ist das anders, dort geht man gezielt gegen Nordlichter vor die ihr Fahrzeug nicht ummelden. Die vielen Millionen von Ferienhäusern werden nur wenige Monate im Jahr genutzt, den Rest verbringen die Eigentümer gerne in ihrer Heimat und kämpfen hier verzweifelt mit Schimmel und Feuchtigkeit nach Monaten des Leerstandes. Auch ist es eine Kostenfrage alle 2 Jahre für etwa 1000 € zum TÜV nach Deutschland zu fahren und jenseits von 65 Lebensjahren sind solche Fahrten kein reines Vergnügen mehr. Spanien hat eine Pkw-Luxussteuer, für unseren 2-Liter Opel ASTRA Diesel mit 2,5 Jahren wären das 550 € gewesen. Bis zu 2 Monaten nach Erteilung der Residencia kann man sein(e) Fahrzeug(e) kostenfrei als Umzugsgut ins Land bringen. Der überall ausgestellte EU-Führerschein (Plastikkarte) wird hier auf Dauer anerkannt.

Man geht hier zur ITV (TÜV) und lässt sich für das Fahrzeug spanische Dokumente mit einer Inspektion für rund 135 € (2003) machen. Der ITV-Catalunia ist technisch moderner ausgerüstet und besser organisiert als der TÜV in Deutschland. Jede weitere Untersuchungen im Abstand von 2 Jahren kostet dann 38 €. Anschließend ist auf der Gemeinde die Kfz Steuer zu bezahlen, für den Opel ASTRA waren das 117 €/Jahr (2007). Die Steuer wird immer Ende April fällig. Danach haben wir in Girona im Finanzamt die Befreiung von der Luxussteuer für 0,45 € Formularkosten geholt und auf der Zulassungstelle für 64 € eine spanische Zulassung mit Fahrzeugpapieren erhalten. Die Nummerschilder kosten 15 €, sie gelten unabhängig vom Wohnsitz in ganz Spanien. Die Kfz-Versicherung kostet etwa 350 €/Jahr mit Teilkasko wie Glasbruch, Diebstahl, Abschleppen und einem Anhänger, der hier keine extra Zulassung braucht

Umzugsgut unterliegt keiner Beschränkung, der spanische Grenzer hat auf meine dumme Frage „was ich denn zum Umzug brauche“ lakonisch geantwortet „einen Lkw“. Spanien produziert zwar schöne Möbel, aber verarbeitetes Vollholz ist inzwischen sehr teuer, alle modernen Mögel sind nur noch aus Spanplatten mit entsprechendem Dekor beklebt. Wir haben unsere neue Küche gleich als Umzugsgut mitgebracht. Haushaltsgeräte sind dagegen durchschnittlich 10 % bis 20 % billiger, Importware wie etwa Bosch, Siemens, Miele, Linde, Krup und dergleichen sind deutlich teurer und in der Serviceleistung miserabel. Kleinere Geräte und Elektronik kommt sowieso aus dem fernen Osten, die kauft man günstig bei LIDL oder in Andorra ohne Mehrwertsteuer.

Lediglich der unbeirrte Glaube an das „made in Germany“ hält viele Nordlichter vom Kauf einheimischer Produkte ab. Wer trotzdem auf deutscher Qualität besteht, der sollte besser Platz für eine Schrotthalde reservieren. Bei uns sind Elektroherd, Tiefkühlschrank, Spülmaschine, 2 Digitaldecoder, 2 Kaffemaschinen in nur 2 Jahren den Heldentod gestorben. Auf Siemens-Ersatzteile wartet man erst 18 Monate und dann vergebens. Manche Gewitternacht hatten wir bis zu 10 Stromausfälle, die Digitaldecoder von Zehnder sind dabei schlicht abgefackelt, während den günstigen asiatischen Geräten das vollkommen egal war. Ein Sonderfall sind in Deutschland produzierte Telefone, die nicht einmal in der Antarktis zu gebrauchen sind. Die deutsche Telekom hat 60 V Spannung, der Rest der Welt nur 48 V. Man kann durch einen Vorschaltwiderstand aus 60 V Gleichstrom leicht 48 V machen, umgekehrt kostet die notwendige Platine mehr als das ganze Telefon. Wir konnten unsere 2 deutschen Telefone nur verwenden, indem wir hier ein baugleiches Gerät dazu gekauft haben, welches direkt am Telefonanschluss hängt. Die alten Geräte bilden nun ein drahtloses internes Netz im Haus mit 3 Telefonen.

Die Kosten für die tägliche Lebenshaltung dürften geschätzt bei 85 % der Kosten in Deutschland liegen. Wir kaufen auch hier bei LIDL, ALDI, SCHLECKER, PLUS und INTERMARCHEE sowie bei CAPRABO und CARREFOUR-Express ein. Zwar gibt noch wenige lokale Geschäfte wie etwa VALVI (Edeka), die sind aber ungleich teurer und es werden immer weniger. Besonders LIDL ist mit über 100 Filialen in Catalunien sehr aktiv, dagegen führt ALDI viele deutsche Importenwaren wie etwa Dosenwurst, Formfleisch und dergleichen. Wer Verdauung und Geschmacksnerven über viele Jahre an Konservierungsmittel, Geschmacksverstärker, Emulgatoren, Farbstoffe, Nitriersalze, Gewürzersatz usw. gewöhnt hat, der wird bestens bedient. Konsequent wäre es das Foto von einem Steak zu betrachten und dabei den Chemiebaukasten des Enkels auszulöffeln. Als Vorspeise noch ein Hühnerbrühe aus der Tüte, die wirklich nur 3 Gramm Hühnerfleisch werden mit der Pinzette unter 3 Personen gerecht aufgeteilt, man gönnt sich ja sonst nichts.

Die Geschäftszeiten gehen mit Abweichungen von 9:30 Uhr bis 21:00 Uhr an 6 Wochentagen und am Sonntag von 10:00 Uhr bis 14:00 Uhr. In der Saison ist am Sonntag sogar bis spät abends offen. Lokale Hardwareläden wie Baukmarkt, Elektrohandel und dergleichen haben am Montag geschlossen als notwendigen Ausgleich für das Personal. Zwar gibt es in Girona auch MEDIA-MARKT und BAUHAUS, aber die sind bei gleicher Ware teurer als lokale Geschäfte. Die Läden gehen blendend, das Geschäft für Haushaltselektrik im nahen 20.000 Einwohner Ort hat in nur 3 Monaten nach Weihnachten 250 Panasonic 42“ Plasmabildschirme ab Lager verkauft. Die spanischen Haushalte verfügen über ausreichend Geld und/oder verschulden sich bis zum Limit.

Catalunien ist die wirtschaftlich stärkste Region Spaniens, die Arbeitslosigkeit liegt unter 4 %, Fachkräfte besonders im Baugewerbe und in der Touristik sind gesucht. Die Lohnkosten liegen bei brutto 18 €/h bis 21 €/h und kosten dem Arbeitgeber bis 26 €/h (2006) im Vergleich zu Deutschland mit 40 €/h bis 50 €/h und beim VW-Konzern 75 €/h. Von den 46.0000 Firmen in Catalunien sind etwa 20.000 reine Einmannbetriebe, die bei vielen Aufträgen zeitweise Hilfskräfte beschäftigen. Die Inflationsrate liegt derzeit bei 2% - 2,5%. Entlang den Touristenküsten wird besonders im Frühjahr viel umgebaut und renoviert um für die Saison vorbereitet zu sein. Spanien hat bei nur 44 Millionen Einwohnern rund 55 Millionen Touristen/Jahr.

Wir geniessen gerne Leckereien und fahren ab und an zum Einkaufen entweder in den AUCHAN Supermarkt nach Perpignan/Frankreich (95 km einfach) oder nach Andorra (225 km einfach). Der Einkauf in Frankreich beschränkt sich gezielt auf wenige Dinge die es hier kaum gibt. In 4 Jahren sind dort viele Lebensmittel um bis zu 75% teurer geworden und somit uninteressant, abgesehen von Fleisch, Pasteten und Käse. Nicht umsonst ist die spanische Grenze eine Einkaufsorgie, die täglich von Tausenden Franzosen besucht wird. Derzeit kostet der Diesel in Spanien 0,90 €/L, wenige Tankstellen geben bis 3% Rabatt. In Frankreich kostet der Diesel ähnlich wie in Deutschland zwischen 1,00 €/L im Supermarkt und bis zu 1,15 €/L an privaten Tankstellen. Andorra ist nicht Teil der EU und hat keine Mehrwertsteuer, fast alles ist um 10% bis 15% günstiger. Zigaretten kosten 1,45 €/20er Packung, Cognac 6 € die 2-Literflasche, Treibstoff ist etwa um 0,15 €/L billiger als in Spanien. Zusätzlich zu einer Fahrt durch eine wunderschöne Berglandschaft bis in Höhen von 1850 m NN auf dem Weg dorthin lohnt sich die Fahrt auch noch.

Einen wesentlichen Unterschied hat das Leben in Bezug auf die Nebenkosten eines Haushalts. Wir bezahlen für Wasser, Abwasser und Müll knapp um 1 €/m³ oder etwa 30 €/Monat, dazu kommen Strom mit 7.000 Kwh/Jahr sowie Warmwasserbereitung und Heizung mit 10.000 Kwh/Jahr für durchschnittlich 105 €/Monat. Anders als im spanischen Süden gibt es hier kaum Wassermangel. Allerdings enthält unser Wasser viele Mineralien, es schmeckt schlecht und ist für Kaffee, Tee usw. nicht geeignet. Ein 5-Liter Kanister Quellwasser kostet 0,45 €, wir brauchen bei 3 Personen etwa 8 Stück je Woche. Der Hausmüll wird hier nur begrenzt sortiert (Müll, Papier, Glas, Kunststoff), man bringt den Müll zu großen Behältern, die in bis zu 1 km Entfernung an den Straßen stehen. Manche Menschen sortieren gar nicht, bei den vielen Nutzern der Behälter kann das keiner nachprüfen. Gleichfalls halten viele Gemeinden einen Müllsammelplatz vor, in dem man seinen Sperrmüll entsorgen kann. Die letzte deutsche Mietwohnung mit 76 m² Wohnflache kostete im Jahr 2000 bereits 100 €/Monat nur für Strom und Heizung. In Deutschland wäre unsere Stromrechnung im Jahr heute mindestens 270 €/Monat und weiter steigend. Auf die Heizung entfallen bei uns etwa 50% des Verbrauchs, nachts laufen viele Geräte wie etwa Licht, Kühlschrank, Gefrierschrank, 3 Fernseher, der Computer, Warmwasser usw.

Wie haben bei 160 m² Wohnfläche eine vertikale Außenfläche von 220 m². Auf der geschützten Rückseite haben wir auf 80 m² einen Wärmedurchlasswiderstand von 0,70 und auf der restlichen Wetterseite 1,45 m²K/W, letzteres entspricht eine Ziegelwand von etwa 65 cm Stärke. Alle Fenster sind auf den 3 Wetterseiten und haben einen k-Wert von 1,17. Gleichzeitig ist der Fußboden isoliert und darunter sind 50 cm Luftraum, ist also nicht auf den Boden betoniert. Im Vergleich zu hiesigen Steinhäusern mit etwa 120 m² Brutto-Wohnfläche haben wir deutlich weniger Heizungsbedarf. In Spanien ist eine Nachtstromheizung derzeit noch 25% billiger als eine Ölheizung und dabei ohne teure Anschaffung und ständige Kessel- und Brennerwartung.

Das Telefon per digitalem Anschluss (TELEFONICA RDSI) kostet etwa 30 €/Monat mit nur wenigen lokalen Gespräche. Es gibt hier keine Fernsehengebühren, keine Hundesteuer, keine Computersteuer oder sonstige Freudenhausgebühren. Wir haben Parabolantennen für 2 Satelliten und empfangen auf 4 Fernsehgeräten gleichzeitig jeweils 500 freie Programme, von denen wir etwa 70 in 4 Sprachen kostenlos nutzen (ASTRA, HOTBIRD). Allerdings kauft man die notwendigen Geräte dazu besser im Internet, die lokalen Spezialgeschäfte sind sehr teuer.

Unsere spanische Gemeinde Begur mit 4000 Einwohnern betreibt wie andere Gemeinden auch ein drahtloses Funknetz für den schnellen Internetzugang mit 11 Mbps. Die Mitgliedschaft im WiFi kostet 70 €/Jahr und ermöglicht den unbeschränkten Internetzugung ohne weitere Kosten. Am Computer war dazu eine WiFi-Karte (RALINK) für 29 € notwendig. Wir telefonieren mit der Tochter in Melbourne, der Nichte in San Franzisco, der Grosscousine in London mittels SKYPE oft bis zu 2 Stunden kostenlos. Freunde und Bekannte ohne Computer rufen wir mittels SKYPE für 0,017 €/Minute quer durch Europa, Nordamerika und Australien an..

Die gesundheitliche Versorgung in Spanien ist gut. Wir haben einen Versorgungsvertrag mit einer Privatklink in Figueras (50 km einfach), die etwa 25,000 Mitglieder hat. Die Klinik hat eine 24-Stunden Ambulanz, ein OP-Zentrum und etwa 20 Betten. Neben der Ambulanz kann man weitere verschiedene Fachärzte in der Klinik konsultieren. Die Behandlung ist abgedeckt, man zahlt aber Material (wie Filme beim Röntgen 3,60 €) und Medikamente selber. Die sind hier deutlich billiger und man bekommt fast alles ohne Rezept. Man geht mit der alten Packung zur Apotheke und kauft eine neue, dazu braucht man keinen Arztbesuch, keine Wartezeit, keine Rezeptgebühr und die ganze Palette der absurden Abzocke. Unsere Gerda hat sich mit 86 Jahren in 2007 den Oberschenkel gebrochen, der Bruch wurde mittels Stahleinlage operiert. Die Zusatzkosten für 23 Tage Klinikaufenthalt beliefen sich auf 1680 €, wovon das Einzelzimmer allein 680 € ausmachte.

Den anfänglichen Versuch mit der deutschen Krankenkasse in Spanien mittels EU-Dokument zu leben haben wir schnell aufgegeben. Fast alles wurde abgelehnt, notfalls hat man aus einer „Behandlung einer Halsentzündung“ gemäß Arztrechnung eine „Anpassung eines Hörgerätes“ übersetzt und die Kostenübernahme verweigert. Allein die ständige Kommunikation mit der Kasse in Deutschland kostet mehr als die spanische Krankenkasse. Die Ambulanzen der regulären spanischen Kliniken sind überwiegend voll mit Afrikanern und sonstigen Asylanten samt deren vielen Kindern. Man fühlt sich fast wie in Marokko und muss aus Erfahrung gesprochen auf seine Sachen höllisch aufpassen, sonst sind sie binnen Minuten verschwunden. Nach einigen Jahren Aufenhalt in arabischen Ländern scheidet für uns so etwas absolut aus. Zum Zanhnarzt gehen wir im nahen Palafrugell zu einem belgischen Arzt, der an 2 Wochentagen in London praktiziert.

Für die Krankenversicherung zahlen wir 35 €/Monat/Person oder 105 € im Vergleich zu den 300 €/Monat in Deutschland (Stand 2002). Schweizer Rentnerpaare zahlen bis 750 SFr oder 500 € im Monat für ihre Versicherung. Wir sind hier wesentlich weniger krank, das liegt am gesunden Klima mit vielen Sonnentagen im Jahr und der guten Ernährung. Dagegen geht die deutsche Krankenversicherung rapide in Richtung US-System. Dort zahlt eine Familie mit Kind(ern) für die Krankenversicherung bis zu 900 US$/Monat, nur noch 45 % aller Amerikaner können sich überhaupt so eine Versicherung leisten. In der Konsequenz ist die Lebenserwartung der US-Amerikaner geringer als im Entwicklungsland Costa Rica. Von den US-Versicherungskosten werden 35 % für die Verwaltung gebraucht. Das erinnert an die 365 Krankenkassen in Deutschland mit 365 Hauptverwaltungen plus die sehr teure Kassenärztliche Vereinigung.

Jeder Einwohner Spaniens ist verpflichtet eine Steuererklärung abzugeben, bei Personen wie unsere Gerda mit 86 Jahren und einer kleinen Rente kann man darauf verzichten. Das Formular gibt es bei der HAZIENDA (Finanzamt in La Bisbal in 17 km einfach) für 0,25 €, man kann auch eine elektronische Version auf CD für 1,30 € kaufen. Auf den 8 Seiten musste ich etwa 30 von 850 Positionen ausfüllen. Einkünfte bis 8.000 €/Jahr sind steuerfrei, dazu kommen Freibeträge wie Mehrpersonenhaushalt, Alter und bei Iris 70% Behinderung, so dass dieser Wert auf bis zu 14.500 €/Jahr steigt. Also zahlen wir für 2 Personen nur Steuern für das Haus und die Gemeinde mit etwa 430 €/Jahr Im Dorf an der Weser haben Nachbarn das Doppelte in 3 Monaten bezahlt.

Unsere Haushaltsführung kostet bei einem 3 Personenhaushalt im Vergleich mit Deutschland etwa 600 €/Monat weniger (ohne Miete), für Rentner ein ganz erheblicher Betrag. Unsere monatlichen Festkosten von 270 bis 300 €/Monat (ohne Fahrzeug) mit Haus, Garage und Grundstück erlauben uns ein Auto zu halten und sehr gut zu essen, also einen gehobenen Lebensstandard ohne die ständige Erniedrigung auf dem Sozialamt zu betteln als hätte man nach dem Studium die folgenden 40 Berufsjahre als Schnorrer und Lebenskünstler verbracht.

Das Klima im Nordosten Spaniens gleich südlich der Pyrenäen unterscheidet sich wesentlich vom Rest des Landes. Tief im Süden in 1400 km Entfernung ist es bis zu 12°C wärmer, was bei den Kreislaufproblemen älterer Menschen nicht jedermans Sache ist. Im Sommer von Mai bis Oktober liegen die Temperaturen bei uns am Tag bei 25°C bis 35°C und in der Nacht bei 18°C bis 25°C, auf unserem Berg von 250 m NN sind es bis zu 3°C weniger. Im Winter sind es am Tag 8°C bis 18°C und in der Nacht 2°C bis 10°C, alle 5 Jahre liegt für wenige Stunden etwas Schnee. Die Feuchtigkeit liegt im Sommer bei 35 % RH bis 65% RH und im Winter bei 55% RH bis 80% RH. Der Aufenthalt im Hochsommer am Strand bei weit über 80% RH. ist nur etwas für gesunde junge Menschen mit stabilen Kreislauf. Im Winter ist bei über 75% RH in den Wohnräumen ein mobiler Entfeuchter zu empfehlen, der oft bis zu 10 L/Tag an Kondenswasser sammelt.

Es gibt hier im Nordosten um die 300 Sonnentage im Jahr und gelegentlich mit dem Tramontana einen starken Nordwind bis 120 km/h bei sonst sonnenklarem Himmel, während im angrenzenden Südfrankfreich ein Tiefdruckgebiet mit Regenschauern wütet. Die Vegetation ist im 25 km breiten Küstenstreifen zu 80 % ganzjährig grün und vermittelt mit den vielen Farben Lebensfreude. Die Gegend von Escala im Norden bis Palamos im Süden ist nicht durch riesige Hotelburgen und Hochäuser verschandelt, man lebt wie in einem gepflegten Park mit schönen Stränden, idyllischen Buchten, vielen Campinplätzen, Golfplätzen und Sportflugplätzen alles eingebettet in eine Vielzahl kleiner Orte mit teilweise noch pitoresker Bebauung und befindet sich doch fast mitten in Europa zwischen Barcelona und Frankreichs „Cote Azur“.

Fotos unter
http://www.goerke.us/begur/
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Beitragvon HF******* » Mi 8. Aug 2007, 16:26

emporda schrieb:
…Die Renten hatten in den letzten 6 Jahren deutlich unter 5% Steigerung…

Wie ist denn das Durchschnitts-Netto-Einkommen der Bevölkerung gestiegen?
In den letzten 2 Jahren ist es jedenfalls gesunken.
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Beitragvon emporda » Mi 8. Aug 2007, 16:52

HFRudolph hat geschrieben:
emporda schrieb:
…Die Renten hatten in den letzten 6 Jahren deutlich unter 5% Steigerung…

Wie ist denn das Durchschnitts-Netto-Einkommen der Bevölkerung gestiegen?
In den letzten 2 Jahren ist es jedenfalls gesunken.

Die Maurer einer lokalen Firma, die meine Fundamente 2002/2003 gebaut haben, die haben 350 bis 400 € die Woche verdient. Sicher brutto, obwohl das netto keine Relation zu Deiner Vorstellung zulässt. Von ca. 43.000 Firmen in Catalunia sind etwa 20.000 sogenannte Ich-AGs, die allenfalls bei hohen Auftragswerten Kräfte einstelllen. Genauere Zahlen kenne ich nicht.
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Beitragvon Klaus » Mi 8. Aug 2007, 17:46

@emporda, danke für die ausführliche Beschreibung deiner Lebensverhältnisse, wirklich sehr interessant, jetzt weiß ich auch, wo der dicke, fette, rote Punkt auf der Trafficmap des Blogs herkommt. :^^:
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Beitragvon emporda » Sa 11. Aug 2007, 15:33

Bauen in Spanien

Für einen Haushalt mit mehreren Personen über 60 Jahren sind Kosten das Kernthema. Die deutsche Durchschnittsrente beträgt bei voller Beiragszeit bis 2005 etwa 875 €/Monat, Frauen mit Kindern und einfachen Tätigkeiten haben unter 400 €/Monat. In 6 Jahren war die Anpassung unter 5%, die Lebenshaltungskosten sind im gleichen Zeitraum um bis 25% gestiegen, eine gezielte Verarmung. Ab 2007 sank die Durchschnittsrente auf 780 €/Monat

Frankreich und Italien sind Hochpreisländer mit absurder Abzocke, Nahrungsmittel haben sich in wenigen Jahre bis zu 75% verteuert, eine Strandliege mit Handtuch und Sonnenschirm kostet bis zu 70 €/Tag. Dazu kommen in Frankreich Steuern als „tax fonciere“ und „tax habitation“ auf Wohneigentum, je nach Gegend bis zu 300 €/Monat für ein kleines Ferienhaus. Eigenschaften wie Dachneigung, Firsthöhe, Deckung, Überstand usw. sind vorgeschrieben, am Ende sieht alles aus wie eine Fertiggarage. Deswegen sind die spanischen Grenzgebiete voll von Franzosen, die billig einkaufen, tanken und essen gehen. Sehr viele haben ihr Ferienhaus in Spanien gebaut, weil das noch bezahlbar war.

Baugrund mit Blick aufs Meer wird immer knapper, was sich in den Preisen zeigt. Von den etwa 7.750 km Küstenlinie Spaniens entfallen auf Catalunien rund 840 km. Davon stehen 40 % unter Naturschutz und dürfen nicht bebaut werden, außerdem ist die Küste zwischen Lloret de Mar bis nach Taragona durch riesige Touristenkomplexe und Industrieansiedlungen verschandelt. Abgesehen von öden oder baulich versauten Landstrichen beginnen die Grundstückspreise bei 150 €/m² ohne Limit nach oben. Grundstücke der 2.ten Reihe oder im Hinterland sind deutlich günstiger, haben aber keinen Wiederverkaufswert. Die goldenen Maklervisionen sind wenig hilfreich, die Praxis ist anders. Ein Grundstück im Hinterland mit leicht verbaubarer Aussicht oder schlechter Nachbarschaft kann schnell zum Totalverlust werden. Sofern man jung ist, machen Autofahrten von 2 x 1500 km mehrmals im Jahr nichts aus, ab dem 60.ten Lebensjahr sieht das anders aus. Noch erlauben die Rohölpreise billige Flugreisen, in 20 Jahren dürfte ein Mehrfaches daraus werden. Mit nachlassender Gesundheit muss man sich endgültig für einen Ort entscheiden.

Die Costa Brava in Spaniens Nordosten hat viele Schweinemastanlagen. Wenn im nahen Stall die Lüftung läuft, dann kann man bei richtigem Wind weder Türen noch Fenster öffnen oder sich gar im Freien aufhalten. Eine Terrasse in Südlage mittags im Hochsommer bei 35°C im Schatten ist nicht zu nutzen, die Spanier haben den ganzen Tag alle die Rollläden runter. Stark bewaldete Hänge haben zwar ein besseres Klima, nur die fackeln mal ab. Erst seit Brandflächen 30 Jahre nicht mehr bebaut werden dürfen, hat diese Baulandgewinnung abgenommen. Nahe Frankreich bis nach Palamos weht oft der Tramontana, ein Wind aus dem Nord-Westen mit bis zu 190 km/h. Leichte oder fliegende Anbauten ans Haus und hohe Dachüberstände sind unmöglich. Die Suche nach einem bezahlbaren Baugrund dauert lange und ist nicht per Prospekt oder einer Flugreise übers Wochenende abzuwickeln.

An der Küste gibt es fast nur noch steile Hanglagen mit wenig sinnvoller Bebauung. Für so ein Objekt sind teure Erdarbeiten und Fundamente notwendig, die das Mehrfache des Hauses kosten können. Viele Hanglagen sind Bruchsteinhalden, erst bei >3 m Tiefe findet man gewachsenem Boden zur Gründung. Andere sind von Felsadern durchzogen, an denen schwerstes Gerät viele Wochen hämmert. Trotzdem kommt es wie in Estartit und Tamariu vor, dass Häuser mit Fundamenten abrutschen oder durch plötzliche Schräglage abbruchreif werden. Dazu kommen Regenschauer, bei den das Wasser in Strömen bergab schießt und jedes Sandkorn mitreißt. Manchmal kommen die Autos gleich mit wie in Palamos-Calonge, wo eine 3 m hohe Flutwelle die Hauptstraße in einen reißenden Bach verwandelte.

Generell gilt in Spanien außerhalb des Ortskerns eine Abstandsregel mit 3 m und 5 m zur Front. Bei einer Firsthöhe von 7 m kann 2-stöckig gebaut werden mit einer Nutzung des Grundstücks von 30% für die Summe aller Geschosse. Die minimale Grundstücktiefe ist damit etwa 20 m bei weniger als 5 m Höhenunterschied. Die Grundstücksgröße ist die reale schräge Fläche, nutzbar ist dagegen nur die horizontale Projektion. Die Abstandsflächen werden horizontal gemessen und nicht in der Hangneigung. Exakte Grundstücksgrenzen sind unbekannt, man begnügt sich mit der eher groben Erschließung gemäß Katastereintrag.

Die Grundstückerschließung durch eine Gemeinde bzw. eine private Gesellschaft ist unabdingbar. Neben Wasser, Abwasser, Strom, Telefon und befestigten Zufahrt mit Parkplatz ist der Weg zwischen Parkplatz und Haustür wichtig. Bei steilen Hanglagen sind 60 bis 90 Stufen möglich, mit Einkaufstüten kaum zu bewältigen. Es gibt Häuser, die einen elektrischem Fahrstuhl von 4 Etagen und mehr haben. Bei gelegentlichen Stromausfällen ist das kein gutes Gefühl. Manch Rentner musste sein Traumhaus vorzeitig verkaufen, weil im Alter der Weg vom Auto zum Haus nicht mehr zu schaffen war. An den überbauten Promenaden wie etwa in Palamos, Jorett de Mar usw. sind Gebäude mit 300 Apartments auf 24 Etagen ohne Garage oder reservierten Parkplatz der Normalfall.

Die Nutzung einer öffentlichen Erschließung gestaltet sich einfach sofern der Zeitfaktor klappt. Man kann im neuen Haus gut Monate mit Bauwasser und Baustrom leben. Die Post muss man außerhalb vom Ortszentrum sowieso selber holen, ein mobiles Telefon funktioniert fast überall. Bei privaten Erschließungen sind diese Nebenkosten eine Zeitbombe, anfänglich moderate Gebühren werden Jahren zu schweren Kopfschmerzen

In Spanien muss die Bauvorlage von einem eingetragenen Architekten gemacht werden, vorhandene Pläne werden toleriert und ergänzt durch einen Textteil mit Beschreibungen. Hinzu kommen abschließende Dokumente für die offizielle Fertigstellung und Abnahme als Wohnraum durch die Gemeinde. Für Fertighäuser wie etwa Holzblockhäuser wird keine Baustatik abgefragt, obwohl eine vorhanden sein muss. Eine Baugenehmigung dauert 1 bis 3 Monate und kostet etwa 3% der Bausumme. Bei Unstimmigkeiten bleibt der Antrag schnell Monate liegen, das persönliche Gespräch mit dem Stadtarchitekten ist dann wichtig. Im Laufe der Planungsphase sind unbeabsichtigte Reisen nach Spanien üblich.

Spanische Architekten in den Küstengebieten planen fast nur Ferienhäuser, als Residenz haben sie kaum einen Wohnwert. Es gibt viele Schlafräume <8 m², in die nur ein Bett und ein Stuhl Platz haben. Bei Wohnzimmern <20 m², einseitig möblierbarer Küche und 2 winzigen Bädern tendiert der Wohnwert von vielleicht 100 m² schnell gegen NULL. In der Ferienzeit spielt sich das Leben überwiegend im Freien ab. In Spanien ist die Wohnfläche die äußere Umrandung einschließlich Mauern etc. Ein Haus von 100 m² in der lokalen Werbung hat gemäß deutschem Verständnis eine nutzbare Wohnfläche von allenfalls 75 m².

Es gibt keine Hemmungen Häuser von 20 m Länge und 2,75 m Breite zu bauen mit Räumen wie im DDR Plattenbau. Wer zum Ruhesitz seine gewohnten Möbel mitnimmt, der muss dann einen guten Teil in die Garage oder den Sperrmüll stellen. Damit der Bauherr alles nicht so fatal empfindet, werden in die Pläne Betten von 75 x 175 cm gezeichnet. Häuser von 120 m² mit 3 Schuko-Steckdosen, Schlafzimmer im OG ohne WC sind nicht ungewöhnlich. Alte Menschen mit schwacher Blase klettern nachts die Hühnerleiter runter ins Bad, kaufen sich einen Nachttopf oder pinkeln einfach aus dem Fenster – es ist ja dunkel. Spanische Architekten lieben runde Türmchen, das ist so romantisch. In solchen Räumen kann man weder Bilder aufhängen noch Möbel gegen die Wand stellen, diese Räume haben nur schmale Gucklöcher in den Wänden.

Die Innentreppen sind vielfach Hühnerleitern unter 80 cm Breite.. Bei Hanglagen werden spanische Häuser oft über mehrere Ebenen gebaut, fast jeder Weg im Haus geht über Treppen. Für ältere Menschen oder Behinderte sind das Alpträume, zumal Schlafräume und Sanitärräume oft auf unterschiedlichen Ebenen liegen. Welcher junger Mensch kennt schon seinen Gesundheitsstand als Rentner oder hat nicht gar seine Eltern mit im Haus

Ein Bauvorhaben mit Baugenehmigung bedarf eines Generalunternehmers der lokale Steuern zahlt, deswegen gibt es durchweg nur kleine Firmen. Gebaut wird einschaliges Mauerwerk von 20 cm bis 30 cm Stärke mit Betonsteinen, von Hand gesetzte oder geschalte Decken, flache Dächer <15° Neigung aus Tonsteinen (Nonne und Mönch) auf Spaltplatten gemauert. Vorgefertigte Filigran-Decken, Treppenläufe oder Trennlagen gegen aufsteigende Feuchtigkeit im Mauerwerk sind unbekannt wie auch Isolierung gegen Feuchte und schwimmender Estrich. Den Bauunternehmer sollte man sich sehr genau anschauen, der Typ mit Goldkette um den Hals, teurer Rolex Uhr am Handgelenk, dickem Mercedes, Ledersesselbüro und bunten Prospekten ist immer die falsche Wahl.

Unüblich sind abgehängte Decken, jeder Wohnraum hat oben nur Spaltplatten wie eine Garage. Der Makler verherrlicht diesen Schlichtbau als typisch spanisch rustikal. Wenn überhaupt Isolierung verwendet wird, dann auf der falschen Mauerseite – nämlich innen. Materialeigenschaften wie Dampfdiffusion scheinen in Spanien unbekannt zu sein. Solche Bauwerke werden im Winter bei 85% RH sehr feucht, auf dem Innenputz werden sogar die Mauerfugen sichtbar. Man kann keinen Schrank an die Außenwand stellen, nach der kalten Jahreszeit ist alles grün-schwarz von Schimmel und muffelt erbärmlich. Für einen Allergiker ist Leiden in so einem Haus mit täglichen Asthmaanfällen dann normal.

Bei den Fenstern setzt sich langsam eine Doppelverglasung durch, dies sind nur 12 mm Scheiben mit thermisch wenig geeigneten Glassorten und thermisch nicht getrennten Profilen. K-Werte von 1.1 oder 1.3 W/m²/°K sind damit nicht möglich. Gemessen an den alten Holzfenstern mit offenen Spalten im Rahmen sind solche Doppelfenster bereits eine Verbesserung um den Faktor 10. Türen mit Dichtlippen und 3 Scharnieren sind noch die Ausnahme. In Spanien wächst Holz in nur 20 Jahren heran, hat wenige Jahresringe, ist weich und fault nach wenigen Jahren. Holz aus der Arktis wächst in 80 bis 150 Jahren heran, ist fein strukturiert und deswegen hart, selbst mit geringer Pflege hält es erheblich länger.

Ein Hausbau in Spanien mit lokalen Kräften dauert 2 bis zu 3 Jahre. Eine arbeitsteilige Vorgehensweise ist unbekannt, oft passiert wochenlang nichts. Der Innenputz wird zuerst fertig ausgeführt, danach schlägt der Elektriker alles für seine Stränge auf und verputzt erneut. Dann kommt der Sanitärhandwerker und das Drama beginnt von vorne usw. usw.. Mauerrisse durch schlechte Steine oder unsachgemäße Bauwerksgründung sind häufig, leckende Flachdächern sind eher der Normalfall. Spanien hat keine Handwerkertradition, jeder der sich Maurer oder Installateur nennt, der wird als solcher beschäftigt, bis die Beschwerden der Kunden für den Unternehmer untragbar werden

Die hohle Verlegung von Bodenfließen ist allgemein üblich, bei den schlecht gemachten Betonflächen kann man keinen Kammspachtel verwenden. Ein schweres Tischbein hart aufgesetzt und schon ist der Schaden da. In manchen Gegenden ist das Brauchwasser oft leicht salzhaltig, dann versagen die Kupferleitungen binnen 2 Jahren (Denia 1985) und die Geräte im Haushalt wie Wasch- und Spülmaschine halten nur kurze Zeit. Spanische Handwerker sind erfinderisch, die neue Wasserleitung wird dann außen ums Haus herum verlegt und die vorhandenen Wasserventile über gebohrte Durchbrüche versorgt.

Zentralheizungen sind selten und der Holzofen oder Gasofen ist nur Notbehelf. Ein Holzofen oder Kamin macht viel Dreck. Bei oft viel zu niedrigen Schornsteinen verqualmt der Wohnraum schnell, was zusammen mit nassem Kaminholz furchtbar stinkt und sich auch durch Lüften nicht mehr beseitigen lässt. Dazu ist heizen mit Holz teuer, bei 7 € für ein 10 kg Bündel ist es 4 Mal teurer als Öl oder Strom. Ein offener Gasofen erzeugt bei der Butan-Verbrennung viel Wasserdampf und macht ein nasses Haus noch nasser. Außerdem wird immer nur ein einziger Raum beheizt. Im Winter morgens eine breite Kondensatspur vor den kalten Fliesenwänden in Bad, Toilette und Küche zu finden ist dann normal.

Spanische Eigenheime sind mangels Geld fast immer direkt ohne Isolierung auf die nasse Erde betoniert. Wenn im Winter die Kälte vom Erdreich aufsteigt und sich auf dem 4°C bis 6°C kaltem Fliesenboden Eisbeine einstellen, vergeht einem die Freude am eigenen Heim schnell. Dazu reicht ein normaler Winter mit 3°C bis 10°C Tagestemperatur. Trotz intensiver Heizung mit Lufttemperaturen bis zu 35°C direkt unter der Zimmerdecke kann sich bei dem Temperaturgefälle auf nur 250 cm Raumhöhe kein wohnliches Klima einstellen, gesundheitliche Dauerschäden sind nur eine Frage der Zeit.

Bei den Hanglagen wird das Haus oft rückseitig ins Erdreich gebaut. Isolierung, Putz und Schutz gegen Erdfeuchte sind unbekannt. Solche Räume sind Tropfsteinhöhlen und nicht trocken zu bekommen. Kleidungsstücke riechen nach wenigen Monaten muffig, Lebensmittel verrotten selbst im Kühlschrank und die innen noch körperwarmen Betten sind früh morgens außen klamm bis feucht.

Die Lohnkosten in Spanien bewegen sich auf vergleichbarem Niveau, eine private Putzfrau verlangt bereits 9 bis 15 €/Stunde. Das Land erlebt über Jahrzehnte einen Bauboom und hat Mangel an Fachkräften. In den Geschäften werden die Preise besonders in der Saison gerne mit Mondzuschlägen kalkuliert. Im Winter kostet der Kaffe in der Bar 1.10 €, im Sommer leicht 2.50 €. Ein Sack elastischer Fliesenkleber kostet je nach Geschäft 17 € oder 34 €. ganz wie bei arabischen Profiteuren, denen geringe Umsatzrenditen bei hohem Umschlag suspekt sind. Das Einrichten einer Satellitenschüssel kostet in Palafrugell 180 €, der im Internet für 119 € angebotene Multischalter gar 365 €. Ein Sicherungsautomat für 16 A bei 230 V, der im Hornbach-Baumarkt für 2.50 € zu haben ist, kostet im Elektroladen 13 €. Das Kabel 5 x 4 mm² je laufender Meter 13.30 €, der Max Bahr-Baumarkt verlangt 3.35 €. Steckdosen und Lichtschalter in der Domäne Harste für 1.50 € bis 2.50 € zu haben, werden hier für etwa 10 € angeboten. Dagegen sind keramische Bodenfliesen mit 6 €/m² und Naturschiefer mit 12 €/m² sehr günstig. Wer in Spanien baut, der sollte sich zuerst einen Anhänger kaufen und vorher umfassend über die Preise und Bezugsquellen informieren.

Mit dieser Basis für die Gewerke ist es nicht verwunderlich, wenn schlichte Bauwerke ohne Grundstück für 2000 – 4000 €/m² Nutzfläche angeboten werden. Mit anteiligen Grundstückkosten und Gewinn für den Makler/Generalunternehmer kostet eine 70 m² Etagenwohnung bei 55 m² realer Wohnfläche ohne Meeresblick <200,000 €. Selbst fertige Endreihenhäuser mit etwa 120 m² nutzbarer Wohnfläche kosten bei Meeresblick leicht 500.000 €. Wer so etwas neu kauft, muss 30 % Anzahlung leisten ohne jede Sicherheit seitens des Maklers – alles nur gegen seine Versicherung ehrlich, aufrichtig und überaus tüchtig zu sein. Oft wird behauptet spanische Banken kennen keine Bürgschaften. In Realität bekommt die Maklerfirma mangels Masse keine gestellt, der Bilanzwert ist nahe NULL. Die einzige Möglichkeit ist Zahlung nach Baufortschritt wie Planung mit Baugenehmigung (15%), Fundamente (15%), Rohbau (30%), Ausbau (20%) und Außenanlage (20%) bei 1,5 bis 2 Jahren Bauzeit. Wer das nicht akzeptiert, der ist kein seriöser Partner.

Zu glauben ein Unternehmer aus der kalten Heimat mit spanischem Wohnsitz wäre der bessere Partner, ist oft ein teurer Irrtum. Der Süden steckt voller Lebenskünstler. Irgendwann ist das Geld alle, für eine Arbeit fehlt jede Erfahrung und Ausbildung, Einsatzwille und Sprachkenntnisse sind mangelhaft, Hobbys wie Segeln, Golf und Tennis sind anfangs wichtiger, danach bleiben Existenzen als Wahrsager, Hundefriseur, Hauswartung und die Vermittlung der Arbeit Dritter ohne eigene Anstrengung. Diese Leute verkehren nur in ihrer Ausländerklicke, Kontakte zu professionellen Spaniern in Handwerk und Gewerbe bleiben ihnen verschlossen. Ohne diese Spanier ist ein Bauvorhaben aber nicht zu realisieren.

Trotzdem gibt es immer noch Kunden für überteuerte Immobilien, sicher sind dabei jene Menschen die an einen Verdienst aus der Vermietung ihrer Immobilie glauben. Mit etwas Glück schafft man eine Belegung von 8 Wochen/Jahr. Sofern der spanische Makler dann alle Mieteinnahmen abrechnet, sind daraus höchstens die Betriebskosten mit Aufwand für Reparaturen und Schwund zu decken. Geklaut wird nahezu alles, vom Aschenbecher über den Fernseher, Satellitenantenne, Kühlschrank bis zur Matratze. Oft mieten sich 2 junge Leute ein, das Objekt wird dann von 10 Urlaubern bezogen. Nach 2 Wochen ist die Einrichtung reif für den Sperrmüll. Ein Verkauf zum Kaufpreis ist ausgeschlossen, verkaufen kann man nur den realen Wert an Grund, Material und Hankwerkerleistung. Steuern und Gewinne von Maklern und diversen Nachunternehmern bleiben unverkäuflich. Nicht umsonst hängen die Verkaufsschilder an den überteuerten Objekten bis zu 4 Jahren und mehr.

Wer Zeit hat und mit etwas Sachverstand beim Bau vieles selber abwickelt, Preise und Leistungen im Detail prüft und gut einkauft, der kann noch für 1000 €/m² ohne Grundstück ein gediegenes Eigenheim bauen. Allerdings beansprucht das dauernde Anwesenheit vor Ort. Die reinen Lebenshaltungskosten sind in Spanien mit 75 % - 90 % billiger als deutsche Kosten und erlauben mit bescheidener Rente einen geruhsamen Lebensabend. Die Betriebskosten wie Strom 0,09 €/Kwh, Nachtstrom 0,04 €/Kwh, Wasser mit Abwasser und Müll um 1,00 €/m³ und die Grundsteuer von 0,2% des Katasterwertes sind günstig. Als Rentner mit „Residencia“ ist ein Einkommen bis 8000 €/Jahr steuerfrei, bei 2 Personen werden das mit Freibeträgen bis zu 14.500 €/Jahr je nach Alter und Behinderung.

Bei einem Holzhaus ist es wichtig die elektrische Installation nach konservativ sicheren Standards auszuführen. Alle Steckdosen in Schuko-Ausführung mit etwa 5 m² Wohnfläche je Dose. Der E-Herd Anschluss mit 4 mm² Kabel in Drehstrom, Speicherheizkörper mit 2,5 mm² in Drehstrom, Steckdosen in 2,5 mm² mit 8 Dosen je Sicherung zu 16 A, Lichtleitungen 1,5 mm² mit 10 Lampen je Sicherung zu 10 A. Je mm² Kabel werden etwa 3 - 4 Ampere übertragen, wenn der Wäschetrockner läuft und ein weiteres Gerät kommt dazu, dann fällt die Sicherung. Die Spanier verlegen die Steckdosen mit 1,5 mm² Kabel, das ist gefährlich.

Budget eines Blockhauses mit 165 m² Nutzfläche und 22 m² Garage (Stand Anfang 2003)
Lokaler Architekt und Baugenehmigung 9.000 €
Montage mit 3 Mann über 3 Monate, Kran und Diverse, Werkzeuge 24.000 €
Möbel Küche und Zimmer als Ergänzung 3.500 €
Erdbewegung, Fundamente, Stützmauern, Bodenplatte 57.000 €
Gebäude als Holzlieferung, Dachdeckung, Kleinmaterial 70.000 €
Ausbau von Elektro, Sanitär, Bäder, Nachtspeicherheizung 12.500 €
Diverse Kosten, Mietung über 6 Monate Bauzeit, Garten 14.000 €

Eine Alternative zur spanischen Bauqualität sind finnische Blockhäuser, deren Material einschließlich Türen, Fenster, Böden, Decken, Verkleidungen, Nägel, Schrauben, Beschläge usw. montagefertig angeliefert werden. Die Kosten liegen um 300 €/m² Wohnfläche. Ausgenommen davon sind Fundamente, Materialien wie Keramikfliesen, Dachdeckung, Isolierung sowie der Ausbau von Elektro, Heizung, Sanitär und Montage. Auch hier gilt es direkt beim Hersteller zu kaufen, was durchs Internet leicht zu machen ist. Ein Repräsentant oder Händler verteuert das Haus leicht um 20% ohne dabei das Risiko zu mindern.

Die Wände sind aus kerngetrennten Blockbohlen von 9 x 16 cm (oder 12 x 16 cm), die mit durch Federn vorgespannten Nägeln von 25 cm montiert werden. In der Wärmedämmung entspricht dies einer Ziegelwand von 30 cm. Wem das bei sehr windgeplagten Standorten an der Küste nicht reicht, der kann die Front noch mit Dachlatten rastern, die Flächen mit 4 cm Steinwolle ausfüllen, mit einer Plastikfolie verkleiden und mit 20 mm Profilbrettern in gleicher Struktur wie die Balken verkleiden. Das verdoppelt den k-Wert.

Hinzu kommen sehr gute Fenster mit einem K-Wert von 1.1, solide Türen und breite Innentreppen. Allerdings sind große Fenster in Südrichtung nicht zu empfehlen, unabhängig von der Bauart wird das Haus im Sommer zum Backofen. Eine Besonderheit bei Holzhäusern ist die Schrumpfung quer zur Faser von etwa 1,5 % bis 3 % je nach Bohlen. Nach 3 Jahren sind die Etagen bis zu 10 cm niedriger. Wandfliesen lassen sich nur auf flexibel befestigten Ausbauplatten montieren, besserman nimmt in der Küche große 2 cm starke Granitplatten, die lose gegen die Wand gestellt um fest umrandet werden.

Wer sein Haus über Monate ungenutzt stehen lässt, der sollte unbedingt Rollläden oder Eisengitter vor den Türen und Fenstern anbringen. Es gibt nicht wenige Zeitgenossen, die mangels Geld ihr Ferienhaus durch Einbrüche möblieren. Wer in der Nähe des Ortskerns oder in einer Sackgasse wohnt ringsum mit Häusern bei häufiger Nutzung, der hat wenig zu befürchten. Wir können ohne Risiko das Auto draußen und die Garage nicht abgeschlossen lassen. In berüchtigten Metropolen wie Sevilla steigen die Einbrecher sogar im dritten Stock ein, während der Besitzer vorm Fernseher ein Nickerchen macht. Blitzschutz ist in Spanien unbekannt. Bei einem französischem Nachbarn hat über die Jahre der Blitz 3 Mal in den gleichen Baum eingeschlagen, jedes Mal gab es einen kaputten Fernseher sowie verschmorte Stechdosen und Schalter. Den besagten Baum will der Mann aber nicht fällen.

Eine typische Krankheit der Neuzeit sind Allergien. Steinhäuser in Küstennähe sind am warmen Mittemeer immer feucht und haben schnell einen dauernden Schimmelbefall besonders in den hinteren dunklen Räumen. Für viele Allergiker sind Schimmelsporen und Blütenpollen zusammen mit Aerosolen das reinste Martyrium. Holzhäuser sind hier deutlich besser geeignet, da die Holzwände kaum Feuchtigkeit speichern.
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emporda
 
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