Umfrage : wie politisch sind die Brights ?

Welceh Partei favorisiert ihr aktuell ?

Umfrage endete am Fr 21. Nov 2008, 17:41

CDU/CSU
0
Keine Stimmen
SPD
2
8%
FDP
2
8%
Grüne
4
17%
Linke
5
21%
Freie-Wähler
2
8%
Keine davon..
9
38%
 
Abstimmungen insgesamt : 24

Re: Umfrage : wie politisch sind die Brights ?

Beitragvon ostfriese » Sa 15. Nov 2008, 21:19

pinkwoolf hat geschrieben:Wenn es wirklich ein kluger Kopf ist, darf er schon einen überdurchschnittlichen Lebensstandard genießen.

Warum? Was kann er für seine angeborene Intelligenz und die Sozialisation in einer "bildungsnahen Schicht"? Was konnte Bill Gates für den Erfolg seines Software-Unternehmens? Und wie viele Milliarden ist es der Menschheit wert, dass eine gute Idee dem einen Kopf ein paar Tage früher entspringt als einem anderen?

Vor Bill Gates habe ich übrigens höchsten Respekt, aber das ist hier nicht der Punkt...
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Re: Umfrage : wie politisch sind die Brights ?

Beitragvon ostfriese » Sa 15. Nov 2008, 21:30

Falk hat geschrieben:Hätten wir keine Topverdiener, aber dafür Vollbeschäftigung, würde es uns insgesamt schlechter gehen, weil der Staat mit viel weniger Kohle auskommen, bzw. viel höhere Steuern erheben müsste.

Dies gilt wieder nur unter der Prämisse, dass der "Freie Markt" alternativlos ist.

Falk hat geschrieben:Es ist daher gut, dass es Menschen gibt, die "illegitim" viel zu viel verdienen. Klar wäre es besser, wenn die "legitimen" Leute entsprechend verdienen würden, aber das ist Utopie.

Nein. Dass dieses Wirtschaftssystem vor die Wand fährt und einer neuen Ordnung weichen muss, ist sogar unvermeidlich.

Falk hat geschrieben:Eine Alternative dazu wäre ein echter Kommunismus, der aber eben (zumindest zurzeit) nicht funktioniert. Die bestmögliche, also in der Praxis umsetzbare Variante ist die Wirtschaftsordnung, die wir haben.

Gewiss nicht. Wir haben nämlich de facto keine soziale Marktwirtschaft mehr, sondern globalen Raubtierkapitalismus. Und wenn uns innerökonomische Beweggründe nicht ausreichen, das globale System in eine soziale Marktwirtschaft umzuformen, dann wird uns der ökologische Rahmen sehr bald dazu zwingen, von der angeblich besten Wirtschafts-"Ordnung" (davon kann global schon lange keine Rede mehr sein) Abschied zu nehmen.

Falk hat geschrieben:Du musst das alles nicht mögen - mir gefällt es ja auch nicht sonderlich -, aber an der Realität kommen wir halt doch nicht vorbei.

Eben, siehe meinen Beitrag zu den prinzipiellen Destruenten des Modells "Freier Markt".
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Re: Umfrage : wie politisch sind die Brights ?

Beitragvon pinkwoolf » Sa 15. Nov 2008, 22:05

ostfriese hat geschrieben:
pinkwoolf hat geschrieben:Wenn es wirklich ein kluger Kopf ist, darf er schon einen überdurchschnittlichen Lebensstandard genießen.

Warum? Was kann er für seine angeborene Intelligenz und die Sozialisation in einer "bildungsnahen Schicht"?

Das ist natürlich nicht sein Verdienst. Abgesehen von den eher raren Fällen, wo ein sozial benachteiligter Mensch es geschafft hat, in die Elite vorzudringen.

Trotzdem erscheint es mir in jedem Fall sinnvoll, dass ein kluger Kopf, der diesen auch klug einsetzt, einen materiellen Vorteil davonträgt. Motivation würde ich das nennen. So traurig es auch ist - manche Menschen errechnen ihre persönliche Wertschätzung in Dollars.

Ich wiederhole, dass sich solch eine materielle Profilierung auch auf bescheidenerer Ebene verwirklichen ließe. Doppelt so viel wie die Dödels ist doch auch schon nicht schlecht, oder?
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Re: Umfrage : wie politisch sind die Brights ?

Beitragvon Falk » Sa 15. Nov 2008, 22:33

@ostfriese
Wir haben nämlich de facto keine soziale Marktwirtschaft mehr, sondern globalen Raubtierkapitalismus.

Nein, das haben wir nicht. Das ist ein Stammtischspruch.

Unser Sozialstaat funktioniert noch immer ganz prima. Mit vielen Mängeln im Detail, klar, aber er steht noch und hilft uns.

Ich halte deine Haltung für gefährlich, wenn ich ehrlich bin. Sie nimmt den Menschen das Vertrauen in den Staat und weckt falsche, weil unrealistische Erwartungen. Damit erreichst du das genaue Gegenteil von dem, was du willst. Du schwächst den Sozialstaat.

Bei allem berechtigten Ärger über gewiss zahlreich vorhandene Raubtierkapitalisten finde ich es grundfalsch, deswegen gleich die ökonomische wie moralische Apokalypse auszurufen. Du spielst der Apokalypse damit nur in die Hände.
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Re: Umfrage : wie politisch sind die Brights ?

Beitragvon ostfriese » So 16. Nov 2008, 01:31

Falk hat geschrieben:@ostfriese
Wir haben nämlich de facto keine soziale Marktwirtschaft mehr, sondern globalen Raubtierkapitalismus.

Nein, das haben wir nicht. Das ist ein Stammtischspruch.

Mitnichten. Du urteilst aus einer eingeengt europäischen, wahrscheinlich sogar westdeutschen Perspektive. Noch geht es den meisten von uns gut, jammern wir auf hohem Niveau. Doch der Sozialstaat ist längst erpressbar, dramatisch überschuldet, in Auflösung begriffen. Und unsere Parlamentarier tanzen am Gängelband der Wirtschaftslobbyisten.

Auf die globalen Auswirkungen kapitalistischer Exzesse haben unsere geschätzten Politiker schon gar keinen Einfluss mehr. Weil ihnen die Finanzkrise unmissverständlich vorgeführt hat, dass ihnen die Kontrolle entglitten ist, bemühen sie sich nun endlich darum, sie ansatzweise zurück zu gewinnen.

Dramatisch gefährlich wäre es, wenn alles weiter liefe wie bisher. Du hast meiner einsichtigen Begründung hierfür noch kein Argument entgegen gestellt.

Aber Du kannst auch einfach mal die Familien in den Slums von Manila, Mexico City, Nairobi usw. fragen, ob sie den "Raubtierkapitalismus" für eine Stammtischparole halten...
Zuletzt geändert von ostfriese am So 16. Nov 2008, 01:42, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Umfrage : wie politisch sind die Brights ?

Beitragvon ostfriese » So 16. Nov 2008, 01:42

pinkwoolf hat geschrieben:Trotzdem erscheint es mir in jedem Fall sinnvoll, dass ein kluger Kopf, der diesen auch klug einsetzt, einen materiellen Vorteil davonträgt. Motivation würde ich das nennen. So traurig es auch ist - manche Menschen errechnen ihre persönliche Wertschätzung in Dollars.

Ich wiederhole, dass sich solch eine materielle Profilierung auch auf bescheidenerer Ebene verwirklichen ließe. Doppelt so viel wie die Dödels ist doch auch schon nicht schlecht, oder?

Eben. Keiner von denen, die eine gute Idee auf den Weg gebracht haben, war anfangs von Millionengehältern motiviert. Denn zum Zeitpunkt einer Unternehmensgründung kann ja niemand den Erfolg definitiv vorhersagen. Also ist es nichts als ein Mythos, dass der Wettbewerb um Spitzengehälter unverzichtbare Bedingung für Spitzenleistungen sei. Zwischen ungehemmtem Profitrausch und Zwangsverstaatlichung von Privatvermögen gibt es zahllose denkbare Zwischenstufen, die noch nie ausprobiert wurden. Also ist es zutiefst unredlich, sofort den Popanz des gescheiterten Ostblock-Kommunismus' aufzubauen, sobald jemand auch nur wagt, über eine Beschränkung privaten Gewinns nachzudenken.
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Re: Umfrage : wie politisch sind die Brights ?

Beitragvon Kurt » So 16. Nov 2008, 02:22

ostfriese hat geschrieben:Du setzt im Begriff "Gutverdiener" voraus, dass diese Menschen ihr höheres Einkommen "verdienen", dass ihre materielle Besserstellung legitim ist. Doch genau das ist nicht der Fall. Niemand kann etwas für seine Leistungsfähigkeit. Weder für seine Intelligenz, noch für seine Motivation, für sein soziales Umfeld, für die positiven Rückkopplungen von Erfolgserlebnissen oder die negativen von Niederlagen, für Frustration und Resignation. Der "Freie Markt" verstärkt die gegebenen Ungleichheiten.


Wie willst du die Menschen dann dazu bringen, ihre gegebenen Vorteile zu nutzen, z.B. als Ingenieur statt als Kartoffelschäler zu arbeiten? Wie willst du sie anregen, vielleicht mehr zu arbeiten, wenn nach deiner Sicht eine matierelle Besserstellung nicht legitim ist? Wenn alle Jobs gleich gut bezahlt würden, hätte ich mir sicherlich was anderes ausgesucht.
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Re: Umfrage : wie politisch sind die Brights ?

Beitragvon ostfriese » So 16. Nov 2008, 12:25

Kurt hat geschrieben:Wie willst du die Menschen dann dazu bringen, ihre gegebenen Vorteile zu nutzen, z.B. als Ingenieur statt als Kartoffelschäler zu arbeiten?

Kennst Du irgendeinen Ingenieur, der für das gleiche Geld lieber als Kartoffelschäler arbeiten würde??

Kurt hat geschrieben:Wie willst du sie anregen, vielleicht mehr zu arbeiten, wenn nach deiner Sicht eine matierelle Besserstellung nicht legitim ist?

Ich möchte überhaupt niemanden anregen, mehr zu arbeiten. Wer freiwillig mehr arbeitet, soll das tun dürfen, aber dann tut er's eben freiwillig und bedarf keiner zusätzlichen Entlohnung. Ich möchte, dass der Druck wegfällt, mehr arbeiten zu müssen. Mehrarbeit bedeutet (so lange wir noch nicht im solaren Zeitalter angekommen sind): höheren Energieumsatz, Entropievermehrung und Ressourcendissipation -- sie hat also nachhaltig schädliche Folgen. Während Arbeiten, die früher ganze Wochentage in Anspruch nahmen ("Waschtag") und unmittelbar der Befriedigung von Grundbedürfnissen (Nahrung, Kleidung, Behausung) dienten, heute auf einen Bruchteil ihres vorindustriellen Zeitbedarfs reduziert sind, steigen Tages- und Lebensarbeitszeit in den letzten Jahren paradoxerweise wieder an. Hans-Peter Martin und Harald Schumann ("Die Globalisierungsfalle") haben errechnet, dass statistisch gesehen mehr als die Hälfte unserer Arbeitszeit nur dazu dient, die Zinsen auf das Privatvermögen von Millionären zu erwirtschaften. Es behaupte also niemand, Mehrarbeit sei vor allem nötig zur Finanzierung der Renten!

Wenn alle Jobs gleich gut bezahlt würden, hätte ich mir sicherlich was anderes ausgesucht.

Ich nicht. Und ich arbeite für 11 Euro pro Stunde netto (liegt hauptsächlich daran, dass meine effektive Arbeitszeit viel höher ist, als sie offiziell veranschlagt wird). Aber es gibt sicher Jobs, die würde freiwillig niemand erledigen wollen, und da wäre es entsprechend gerechtfertigt, für erhöhte Lasten einen finanziellen Ausgleich anzubieten. Kanalarbeitern beispielsweise...
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Re: Umfrage : wie politisch sind die Brights ?

Beitragvon stine » So 16. Nov 2008, 13:44

ostfriese hat geschrieben:Hans-Peter Martin und Harald Schumann ("Die Globalisierungsfalle") haben errechnet, dass statistisch gesehen mehr als die Hälfte unserer Arbeitszeit nur dazu dient, die Zinsen auf das Privatvermögen von Millionären zu erwirtschaften.

Interessante Perspektive :breit:

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Re: Umfrage : wie politisch sind die Brights ?

Beitragvon Falk » So 16. Nov 2008, 13:54

@ostfriese
ostfriese hat geschrieben:Aber Du kannst auch einfach mal die Familien in den Slums von Manila, Mexico City, Nairobi usw. fragen, ob sie den "Raubtierkapitalismus" für eine Stammtischparole halten...

Das ist für die Sache, über die wir ursprünglich diskutiert haben, vollkommen irrelevant. Ich habe mich lediglich dagegen gewendet, in Deutschland eine Umverteilung von unten nach oben feststellen zu wollen. Von Slums in der zweiten und dritten Welt war nie die Rede.

Dass unser Sozialstaat dabei wäre, den Bach runterzugehen, das behauptest du einfach, so wie es die Linken und andere behaupten. Belege sehe ich dafür aber nirgendwo. In anderen, sagen wir: weltanschaulichen, Bereichen würdest du solche Behauptungen auch nicht akzeptieren. Ich habe den Eindruck, dass du die Sache zu emotional siehst.

Die Fakten sagen uns ja eher das: Überschuldet ist der Staat schon lange, von der Wirtschaft abhängig noch länger. Trotzdem steht er noch und war gerade in den letzten Jahren wieder auf einem positiven Weg. Eine Gefahr gibt es immer noch, aber wie du selbst sagst, sind die zuständigen Politiker gerade dabei, auch diese Gefahr anzugehen.

Ich habe nach wie vor den Eindruck, dass du mich missverstehst. Deine Entgegnungen gehen etwas in Richtung Anti-Neoliberalismus, obwohl ich diese Position ja überhaupt nicht vertrete. Ich denke, was eine Wirtschaftsordnung und Maßnahmen zur Verbesserung derselben angeht, liegen wir ziemlich genau auf derselben Linie. Der Unterschied ist nur, dass ich den Status Quo (der BRD, nicht Schwarzafrikas) nicht so pessimistisch sehe wie du.
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Re: Umfrage : wie politisch sind die Brights ?

Beitragvon pinkwoolf » So 16. Nov 2008, 16:15

Falk hat geschrieben:Ich habe mich lediglich dagegen gewendet, in Deutschland eine Umverteilung von unten nach oben feststellen zu wollen. Von Slums in der zweiten und dritten Welt war nie die Rede.

Zweifellos ist die Umverteilung in Deutschland nicht so hanebüchen wie in den genannten Ländern, oder auch den USA, Indien, Russland, China ...

Du gehst wohl davon aus, dass unser Wirtschaftssystem das beste aller möglichen ist. Das lässt sich schwer widerlegen; denn alle anderen Versuche sind bis dato gescheitert. Dennoch will sich mein Gerechtigkeitssinn mit dem Status quo nicht zufriedengeben. Insbesondere dann nicht, wenn der soziale Bestandteil der sozialen Marktwirtschaft, angeblich auf Grund von Sachzwängen, immer weiter zurückgefahren wird; und wenn die Hinnahme von Einbußen den obersten 10% aus unerklärlichen Gründen nicht zugemutet wird.

Umverteilung ist das schon; wenn auch, wie gesagt, nicht zu vergleichen mit dem, was sich anderswo abspielt.
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Re: Umfrage : wie politisch sind die Brights ?

Beitragvon stine » So 16. Nov 2008, 16:52

Komisch finde ich, dass nach mehr als 50 Jahren Frieden, den zu meist erfüllten Wunsch nach den eigenen vier Wänden, der größtmöglichen Mobilität innerhalb eines garantierten Straßen- und Schienennetzes und einer gesicherten Kranken- und Altersversorgung unser System von einigen immer noch als unzureichend und schauderhaft diagnostiziert wird.

Mir persönlich scheint es, dass linke Wahlpropaganda hier deutlich ihre Wirkung zeigt.
So wie manche Politiker versuchen ihren Wert durch die Wertminderung anderer sicher zu stellen, so versuchen sie auch uns unsere Armut dadurch glaubhaft zu machen, indem sie uns die Millionäre vor Augen führen.

Dass manches verbesserungswürdig ist und mancheiner ungebührlich sein Geld verdient steht außer Frage. Aber deshalb an unserem System zu zweifeln halte ich für gefährlich. Ein staatlich verordneter Einheitsbrei wäre der absolute Stillstand.

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Re: Umfrage : wie politisch sind die Brights ?

Beitragvon pinkwoolf » So 16. Nov 2008, 18:01

stine hat geschrieben:Komisch finde ich, dass nach mehr als 50 Jahren Frieden, den zu meist erfüllten Wunsch nach den eigenen vier Wänden, der größtmöglichen Mobilität innerhalb eines garantierten Straßen- und Schienennetzes und einer gesicherten Kranken- und Altersversorgung unser System von einigen immer noch als unzureichend und schauderhaft diagnostiziert wird.

Die eigenen vier Wände haben nie zu meinen Wünschen gehört. Wenn du mit "eigene" Eigentum meinst. Unfreiwilliges Flat-sharing würde ich mir schon verbitten.

Die größtmögliche Mobilität hat auch, wie man hört, ihre Schattenseiten. Insbesondere wenn Milliarden von Menschen zu dem Schluss kommen, dass sie an einem anderen Ort als dem, wo sie sich gerade befinden, tausendmal besser aufgehoben wären.

Den Punkt mit der gesicherten Kranken- und Altersversorgung gestehe ich dir zu. Aber täusche ich mich, wenn ich zu sehen glaube, dass die Marktliberalen hier bereits ihre Axt ansetzen?
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Re: Umfrage : wie politisch sind die Brights ?

Beitragvon ganimed » So 16. Nov 2008, 21:43

@stine: du hast schon recht. Man sollte auch in diesem Thema die Kirche im Dorf lassen. Deutschland geht es recht gut, im Vergleich zur Vergangenheit auch deutlich besser. Bei der Frage, ob man nicht vielleicht doch das mit der Umverteilung von unten nach oben anders machen könnte, geht es um leichte Kursänderungen in der Politik, nicht um die Frage, ob wir das Wirtschafts- und Gesellschaftssystem umkrempeln sollten.

Wenn unser bisher gut funktionierendes System von jemandem als schauderhaft bezeichnet wird, dann ist das sicher eine Frage der Perspektive. Wenn ich arm wäre und hören müsste, dass ich das vermutlich auch bleiben werde, und das alles hauptsächlich deshalb, weil die reiche Schicht ihr Pfründe so nachhaltig und geschickt verteidigt, dann würde ich am System schon mal zweifeln. Und diese Zweifel werden natürlich von links geäußert, weil die sich eher als Sprachrohr der Armen verstehen, würde ich denken. Während der typische CDU-Abgeordnete im Geiste sicher eher den Wohlhabenden, Etablierten und wirtschaftliche Einflußreichen nahe stehen dürfte und eher in Richtung: ist doch alles supergut, lassen wir alles so wie es ist und schauen wir der Schere beim sich weiter öffnen zu.

Und nochmal als Beleg, dass die Schere sich wirklich öffnet, ein Fund aus der Google-Suche nach den Wörtern "Schere" und "Armut": http://www.wdr.de/tv/wdraktuell/sendungsbeitraege/2008/kw21/0519/armut.jsp
    "Armut in Deutschland: Die Schere wird größer

    Am Nachmittag (19.05.08) wird der neue Armutsbericht offiziell in Berlin vorgestellt, die dramatischen Zahlen sind aber schon durchgesickert: Jeder vierte Deutsche gilt als arm oder muss Geld vom Staat in Anspruch nehmen, um nicht unter die Armutsgrenze zu rutschen."

Für mein Gefühl bestehen an der Tatsache mit der sich öffnenden Schere also kaum Zweifel. Nur die Politiker von Union und SPD scheinen unfähig, die Schere wieder kleiner werden zu lassen. Geeignete Maßnahmen gäbe es sicher zu Hauf, die Reichensteuer ein wenig erhöhen hier, die soziale Unterstützung für Arme auch ein wenig erhöhen da, alles mit Augenmaß und Sachverstand. Nur leider klappt es nicht. Nach meinem Eindruck vor allem deshalb, weil die Reichen und Einflussreichen unseres Landes ganz ungeniert und egoistisch, ihre Vorteile mehren wollen auch auf Kosten ärmerer Schichten. Und sie setzen ihre Macht ein um damit eine gesamtgesellschaftlich sinnvolle Entwicklung (das Schließen der Schere) zu verhindern.

Das macht mich persönlich umso wütender, als doch die Reichen es von uns allen eigentlich am wenigsten nötig hätten, ihre finanzielle Situation immer weiter zu verbessern. Ist wohl die menschliche Schwäche der Unersättlichkeit.
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Re: Umfrage : wie politisch sind die Brights ?

Beitragvon pinkwoolf » So 16. Nov 2008, 22:20

ganimed hat geschrieben:Das macht mich persönlich umso wütender, als doch die Reichen es von uns allen eigentlich am wenigsten nötig hätten, ihre finanzielle Situation immer weiter zu verbessern. Ist wohl die menschliche Schwäche der Unersättlichkeit.

Amen!
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Re: Umfrage : wie politisch sind die Brights ?

Beitragvon Falk » So 16. Nov 2008, 22:43

@pinkwoolf
Dennoch will sich mein Gerechtigkeitssinn mit dem Status quo nicht zufriedengeben.

Das geht mir ja nicht anders. Ich sage ja nicht, dass der Status Quo perfekt oder auch nur bestmöglich ist. Aber er ist nicht schlecht.
Und was die Umverteilung angeht, die du auch diagnostizierst, ist das in Zahlen einfach nicht richtig. Unser Abgabensystem ist klar ein Plus für die Gering- oder Garnichtverdiener. Den Großteil der Steuerlast trägt der reiche Teil der Bevölkerung. Das mag sich anders anfühlen und man mag den Status Quo oder die Entwicklung noch so schlimm finden - eine Umverteilung von unten nach oben geben die Zahlen einfach nicht her.
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Re: Umfrage : wie politisch sind die Brights ?

Beitragvon Kurt » So 16. Nov 2008, 23:38

ostfriese hat geschrieben:
Kurt hat geschrieben:Wie willst du die Menschen dann dazu bringen, ihre gegebenen Vorteile zu nutzen, z.B. als Ingenieur statt als Kartoffelschäler zu arbeiten?

Kennst Du irgendeinen Ingenieur, der für das gleiche Geld lieber als Kartoffelschäler arbeiten würde??


Also mein Job ist oft ziemlich aufreibend und stressig und viele meiner Kollegen stehen kurz vor dem Kollaps. Ich geh manchmal am Wochenende in den Wald und mach Brennholz, das entspannt ungemein. Was mir auch Spaß machen würde ist, einfach mal ein Jahr lang mit dem Laster durch Europa zu schippern. Vielleicht nicht auf Dauer, aber zeitweise würde ich meinen Job schon gerne gegen was anderes tauschen.

ostfriese hat geschrieben:
Kurt hat geschrieben:Wie willst du sie anregen, vielleicht mehr zu arbeiten, wenn nach deiner Sicht eine matierelle Besserstellung nicht legitim ist?

Ich möchte überhaupt niemanden anregen, mehr zu arbeiten. Wer freiwillig mehr arbeitet, soll das tun dürfen, aber dann tut er's eben freiwillig und bedarf keiner zusätzlichen Entlohnung. Ich möchte, dass der Druck wegfällt, mehr arbeiten zu müssen.


Gut, aber die Folge davon wäre auch, dass die Leute wieder mehr einfachere Arbeiten tun würden, statt sich auf die stressigen, (heute) gutbezahlten Jobs zu werfen, die den Technologiefortschritt erst ermöglichen. Hochbezahlte Leute arbeiten schließlich nicht nur für sich selbst, sondern auch für die Gesellschaft, indem sie Produkte und Dienstleistungen schaffen, die uns früher nicht zur Verfügung standen. Wenn ich mir die Menschheitsgeschichte anschaue, sehe ich keine Zeit, in der ich lieber gelebt hätte als heute, und deshalb will ich auch, dass der Fortschritt weitergeht.

ostfriese hat geschrieben:Während Arbeiten, die früher ganze Wochentage in Anspruch nahmen ("Waschtag") und unmittelbar der Befriedigung von Grundbedürfnissen (Nahrung, Kleidung, Behausung) dienten, heute auf einen Bruchteil ihres vorindustriellen Zeitbedarfs reduziert sind, steigen Tages- und Lebensarbeitszeit in den letzten Jahren paradoxerweise wieder an.


Ich weiß nicht, gab es früher schon Leute, die 20 Jahre lang nach ihrem Arbeitsleben von der Rente leben konnten? Vor 100 Jahren arbeiteten die Leute, solange sie konnten. Und dahin will ich nicht wieder zurück. Ist die Lebensarbeitszeit hier in Relation zur Lebenserwartung gesetzt oder absolut gemessen?

ostfriese hat geschrieben:Hans-Peter Martin und Harald Schumann ("Die Globalisierungsfalle") haben errechnet, dass statistisch gesehen mehr als die Hälfte unserer Arbeitszeit nur dazu dient, die Zinsen auf das Privatvermögen von Millionären zu erwirtschaften. Es behaupte also niemand, Mehrarbeit sei vor allem nötig zur Finanzierung der Renten!


Ich finde es auch bedenklich, dass man mit einer bestimmten Kapitalmenge von den Zinsen leben kann, ohne produktiv zu sein oder Risiko mitzutragen. Ich finde, Geld (ursprünglich ja Kredit im Sinne von "jemand schuldet mir eine Gegenleistung") sollte einen natürlichen Verfall haben. Möglicherweise könnte man das Problem geldpolitisch regeln. Ich weiß allerdings nicht welche Schrauben in welche Richtung gedreht werden müssten. Dass jemand wie Warren Buffet sich an Unternehmen beteililgt, die ihren Wert steigern, kann man IMO kaum verhindern, ohne die funktionierende Wirtschaft zu stören.

Wenn alle Jobs gleich gut bezahlt würden, hätte ich mir sicherlich was anderes ausgesucht.

Ich nicht. Und ich arbeite für 11 Euro pro Stunde netto (liegt hauptsächlich daran, dass meine effektive Arbeitszeit viel höher ist, als sie offiziell veranschlagt wird). Aber es gibt sicher Jobs, die würde freiwillig niemand erledigen wollen, und da wäre es entsprechend gerechtfertigt, für erhöhte Lasten einen finanziellen Ausgleich anzubieten. Kanalarbeitern beispielsweise...


Da stimme ich zu. Allerdings gibt es in fast allen Staaten die Grundsatzentscheidung, am globalen Markt teilzunehmen, günstig die anderswo einfacher herzustellenden Güter kaufen zu können und dafür eine Gegenleistung bringen zu müssen. Wenn du also in einer globalen Branche, z.B. Automobil, die Löhne so stark erhöhst, dass die Autos teurer und nicht mehr wettbewerbsfähig verkauft werden müssen, dann steigst du quasi aus dem globalen Markt aus. Willst du das wirklich? Es führt aus meiner Sicht kein Weg an Preis- und Lohnwettbewerb vorbei. Die Alternative wäre Protektionismus, d.h. Isolation vom Weltmarkt mit der Konsequenz, dass wir dem globalen Standard eine zu lange Zeitspanne hinterherhängen.
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Re: Umfrage : wie politisch sind die Brights ?

Beitragvon pinkwoolf » Mo 17. Nov 2008, 00:09

Falk hat geschrieben: Den Großteil der Steuerlast trägt der reiche Teil der Bevölkerung.

In absoluten Zahlen ist das vielleicht so. Dennoch würde ich behaupten, dass viele Arbeitnehmer wenig Spielraum haben, ihren tatsächlichen Aufwand geltend zu machen. Anders als beispielsweise Geschäftsbewirtungen.

Dass der reiche Teil der Bevölkerung tatsächlich den Großteil der Steuerlast trägt, wäre zu beweisen. Ich bin ganz Ohr. Ein dusseliges mathematisches Problem ergibt sich bereits daraus, dass der reiche Teil der Bevölkerung verhältnismäßig klein ist.

Ganz zu schweigen von den Möglichkeiten, Reichtum zu Kapitalverlusten umzudefinieren. Ich kann gar nicht so viel essen ...

:kotz:
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Re: Umfrage : wie politisch sind die Brights ?

Beitragvon Falk » Mo 17. Nov 2008, 00:31

ganimed hat geschrieben:Dass der reiche Teil der Bevölkerung tatsächlich den Großteil der Steuerlast trägt, wäre zu beweisen. Ich bin ganz Ohr. Ein dusseliges mathematisches Problem ergibt sich bereits daraus, dass der reiche Teil der Bevölkerung verhältnismäßig klein ist.


Die Welt hat geschrieben:In Deutschland haben die reichsten 20 Prozent aller Steuerpflichtigen 2004 zwei Drittel des gesamten Einkommensteueraufkommens bezahlt. Je mehr jemand verdient, umso mehr gibt er an die Gesellschaft ab. Dagegen tragen die ärmsten 40 Prozent nur rund drei Prozent zum Einkommensteueraufkommen bei. Dadurch verbessern sie im Vergleich zu den wohlhabenden Steuerzahlern ihr Einkommen.

Quelle

Handelsblatt hat geschrieben:Die reichen Bundesbürger tragen erheblich zur Finanzierung des Staates bei. Zu diesem Ergebnis kommt eine neue DIW-Studie über die „Effektive Besteuerung der Top-Einkommen in Deutschland“. Die Einkommensteuer trägt demnach deutlich zur Umverteilung von reich zu arm bei: Die reichsten zehn Prozent der Bevölkerung zahlen 55 Prozent des Einkommensteueraufkommens, während die ärmere Hälfte der Bevölkerung nur 5,1 Prozent dazu beiträgt. Die Steuerprogression wirkt dabei tatsächlich so wie sie soll: Die starken Schultern tragen eine stärkere Steuerlast als die schwachen, weil der effektiv gezahlte Steuersatz mit der Höhe des Bruttoeinkommens steigt.

Quelle

Die zahlen geben mir eindeutig Recht, eindeutiger geht es gar nicht mehr. Wer die Umverteilung von unten nach oben dennoch postulieren möchte hat klar die Beweislast. Da müssen schon gute Argumente her, die aufklappende Schere sagt nicht viel aus, wenn es um Umverteilung geht.
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Re: Umfrage : wie politisch sind die Brights ?

Beitragvon pinkwoolf » Mo 17. Nov 2008, 01:31

Falk hat geschrieben:
ganimed hat geschrieben:Dass der reiche Teil der Bevölkerung tatsächlich den Großteil der Steuerlast trägt, wäre zu beweisen. Ich bin ganz Ohr. Ein dusseliges mathematisches Problem ergibt sich bereits daraus, dass der reiche Teil der Bevölkerung verhältnismäßig klein ist.

Das war ich, pinkwoolf.

Deine Zahlen und Fakten lassen mich in der Tat alt aussehen; und heute ist es zu spät für mich, widersprechendes Material auszugraben. Nicht zu spät ist es jedoch, raffgierige Individuen dorthin zu wünschen, wohin sie sich selber nicht wünschen. Mir dämmern da so ein paar Bezeichnungen; aber man will ja höflich bleiben ...
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