Warum sind Bevölkerungsthemen kein Thema?

Re: Warum sind Bevölkerungsthemen kein Thema?

Beitragvon donquijote » Di 16. Nov 2010, 21:31

Lumen hat geschrieben: Der Evolution ist doch egal, ob Leute intelligent sind oder nicht.


Wer ist das: "Evolution"? Ist mir noch nicht vorgestellt worden.

Ach ja: Den Menschen der nächsten Generation dürfte es nicht egal sein, ob es genügend intelligente Menschen gibt, die sie wieder zusammenflicken können, wenn sie von der Leiter gefallen sind.
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Re: Warum sind Bevölkerungsthemen kein Thema?

Beitragvon Lumen » Di 16. Nov 2010, 21:37

Zappa hat geschrieben:
Lumen hat geschrieben: Der Evolution ist doch egal, ob Leute intelligent sind oder nicht.


Vollkommen richtig und der Kern des Problems: Moralisieren, Politisieren und Evolutionstheorie passen einfach nicht zusammen. Die Evolution passiert, so oder so und wird sich in einer Richtung entwickeln, die wir alle nicht vorhersagen können. Wenn Dummheit sich am besten fortpflanzt (was ich im Leben nicht glaube und im Übrigen auch allen Tatsachen widerspricht, denn auch seit den Vorhersagen der letzten Eugenikern sind wir im Durchschnitt nicht dümmer geworden), dann ist es so.

Der Versuch sich politisch in die Evolution einzumischen ist im besten Fall tollkühn, wahrscheinlich aber einfach nur dumm. Denn er vermischt Ebenen, die nicht zusammen gehören ....


Ganz so einfach machen kann man es sich meiner Meinung nach jedoch auch nicht, das wäre eine Art Schicksalsergebenheit. Der Evolution mögen »high level Erscheinungen« wie Intelligenz egal sein, uns als Menschheit sollte es aber nicht egal sein. Käme z.B. heraus, dass eine Substanz im Toastbrot die Menschheit dümmer macht, müsste man was dagegen machen. Käme zweifelsfrei heraus, dass bestimmte Umstände konkret dieselbe Wirkung haben, müsste man der Logik folgend auch etwas dagegen tun. Was nicht zusammen passt, sind haufenweise Annahmen und Korrelationen mit krassen gesellschaftlichen »Umbaumaßnahmen«. Eine Gehirnoperation sollte man nur dann wagen, wenn man erstens absolut sicher ist, dass sie das Problem behebt und zweitens, dass man todsicher keine Alternativen hat.
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Re: Warum sind Bevölkerungsthemen kein Thema?

Beitragvon donquijote » Di 16. Nov 2010, 21:49

Lumen hat geschrieben:Was nicht zusammen passt, sind haufenweise Annahmen und Korrelationen mit krassen gesellschaftlichen »Umbaumaßnahmen«. Eine Gehirnoperation sollte man nur dann wagen, wenn man erstens absolut sicher ist, dass sie das Problem behebt und zweitens, dass man todsicher keine Alternativen hat.


Andere scheinen weniger zimperlich zu sein.
Hier ein paar krasse gesellschaftliche Umbaumaßnahmen:
1. Gleichberechtigung der Geschlechter auf der Basis einer gleichheitsfeministischnen Doktrin (generelle Aufhebung der mehrere Millionen Jahre währenden Arbeitsteilung zwischen den Geschlechtern, Gender-Konzept, paritätische Aufteilung der Familienarbeit, Krippe statt Hausfrau, Milupa statt Brust).
2. Sozialstaat (wer kein Geld zum Leben hat, der wird von der Gemeinschaft versorgt, das gilt auch für alle seine Kinder, von denen er beliebig viele haben darf).
3. Allgemeine Verfügbarkeit der Pille.
4. Rentenversicherung

Richard Dawkins bezeichnet im "Das egoistische Gen" sowohl Kontrazeptiva als auch Wohlfahrtsstaat als "unnatürlich".

Aktuell wird sogar ein bedingungsloses Grundeinkommen vorgeschlagen, eine vermutlich kollossal dysgenische Maßnahme. Diese Maßnahme wird ohne jegliche Annahmen und Korrelationen vorgeschlagen. Ihre einzige Grundlage ist die Bergpredigt. Gelten deine Mahnungen für solche Vorschläge auch, oder nur, wenn sie dir aufgrund politischer Voreingenommenheiten gegen den Strich gehen?
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Re: Warum sind Bevölkerungsthemen kein Thema?

Beitragvon Lumen » Di 16. Nov 2010, 22:19

Danke für den Hinweis. Ich habe durch deinen Beitrag angeregt mal bei Dysgenik nachgeschlagen (Begriff wurde oben von dir eingebracht). Dort steht unten:

Dysgenik — Wikipedia hat geschrieben:Kritiker wie Stephen Jay Gould (in: Der falsch vermessene Mensch[5]) und Richard Lewontin[6] sehen hinter den Veröffentlichungen von Lynn und anderen Autoren rassistische Motivationen.


Das Buch kannte ich nicht, ist aber im Kontext der Diskussion interessant zu sehen. Ein Klick darauf offenbart:

The Mismeasure of Men — Wikipedia hat geschrieben:Das Werk ist eine Kritik am allgemeinen Intelligenzbegriff und seiner Anwendung auf verschiedene Ethnien, Geschlechter und Bevölkerungsgruppen. Mit The Mismeasure of Man gelang Gould eine der einflussreichsten modernen Diskussionen des Intelligenzbegriffs.


So, habe ich jetzt also auch ein Autoritätsargument eingebracht. (Ja, ich sehe auch, dass er für das Buch u.a. von Pinker Kritik geerntet hat, aber laut verlinktem Artikel richtet sich seine Kritik gegen die Pauschalaussage dass nur die Kultur allein den Menschen formt — wo ich Pinkers Kritik zustimme).

In der Alltagssprache ist der Begriff »unnatürlich« ein relativ unverdächtiger Begriff der etwas bezeichnet, dass nicht dem »Gang der Natur« entspricht. Dies entspringt aus der kulturhistorischen bedingten Ansicht, dass der Mensch etwas der Natur »entgegengesetztes« ist und diese zähmt und sich Untertan macht und im Zuge dessen in »natürliche« Abläufe eingreift. Diese Sprechweise ist auch heute noch sinnvoll, selbst wenn man »alles ist Natur« definiert und das Eingreifen des Menschen in irgendeinen Ablauf genauso ansieht, wie irgendein »natürliches« Verhalten irgendeines Tieres. Der Begriff Natur hat mehrere Ebenen (die sprachlich gesehen sinnvoll sind), daher sehe kein Problem in Dawkins Aussage. In diesem Sinne kann »Unnatürlichkeit« auch eine positive Bedeutung haben. Ein Tier dem Verhungern zu überlassen ist natürlich, es zu retten wäre unnatürlich. Einen Menschen dem Verhungern zu überlassen sollte nie positiv sein (der natürliche Gang der Dinge), ergo ist unnatürlich in diesem Sinne positiv besetzt.

Du willst mit deiner Liste hoffentlich nicht andeuten, wir sollten alte Menschen verhungern lassen usw. …

Hier noch eine Aussage, die ich eben in Pinkerts Ausführungen entdeckt habe:

Steven Pinker hat geschrieben:I believe that while IQ variation has a substantial genetic component, there is enough non-genetic variance in addition that the B-W difference could be completely environmental.


B-W ist der gemessene Unterschied zwischen Menschen verschiedener Hautfarbe. Übertragen auf unsere Situation bedeutet das: der gemessene Intelligenzunterschied zwischen zwei Gruppen (in unserem Kontext Bildungsfern und Gebildet) könnte vollständig auf Umweltfaktoren (d.h. nicht-genetische Faktoren) zurückgeführt werden. Es gibt anscheinend genügend Varianz dafür.
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Re: Warum sind Bevölkerungsthemen kein Thema?

Beitragvon donquijote » Di 16. Nov 2010, 23:11

Lumen hat geschrieben:Danke für den Hinweis. Ich habe durch deinen Beitrag angeregt mal bei Dysgenik nachgeschlagen (Begriff wurde oben von dir eingebracht). Dort steht unten:

Bei solchen politischen Begriffen kannst du dich nicht auf Wikipedia berufen, da die Site politisch unterlaufen wurde. Dort sitzen Linke, die gezielt Fakten fälschen und unliebsame User abschießen. Richard Lynn hat ein globales Absinken der genotypischen Intelligenz prognostiziert. Wie kann man das mit Rassismus in Verbindung bringen???

Lumen hat geschrieben:Das Buch kannte ich nicht, ist aber im Kontext der Diskussion interessant zu sehen. Ein Klick darauf offenbart:

The Mismeasure of Men — Wikipedia hat geschrieben:Das Werk ist eine Kritik am allgemeinen Intelligenzbegriff und seiner Anwendung auf verschiedene Ethnien, Geschlechter und Bevölkerungsgruppen. Mit The Mismeasure of Man gelang Gould eine der einflussreichsten modernen Diskussionen des Intelligenzbegriffs.


Genau das meinte ich: Das ist so weit weg von jeglicher Neutralität, dass es schon wehtut. Dort versuchen Linkspolitiker wissenschaftliche Erkenntnisse zu fälschen. Relevant können in diesem Zusammenhang nur die einschlägigen Lehrbücher sein. Aber die zitiert man nicht, weil die Ergebnisse nicht passen.

Gould und Lewontin sind im Übrigen keine Intelligenzforscher, sondern Evolutionsbiologen. Der ganze Vorfall ist an Peinlichkeit nicht zu überbieten.

Lumen hat geschrieben:So, habe ich jetzt also auch ein Autoritätsargument eingebracht.


Ein Autoritätsargument, in dem du die Fälschungen von Linksradikalen zitierst? Da kannst du gleich ein Che-Guevara-Flugblatt nehmen.

Lumen hat geschrieben:(Ja, ich sehe auch, dass er für das Buch u.a. von Pinker Kritik geerntet hat, aber laut verlinktem Artikel richtet sich seine Kritik gegen die Pauschalaussage dass nur die Kultur allein den Menschen formt — wo ich Pinkers Kritik zustimme).


Pinker ist wenigstens vom Fach, Lynn natürlich auch. Gould und Lewontin (der durch seine wissenschaftsunüblichen Attacken gegen E.O.Wilson berühmt berüchtigt wurde) sind es nicht. Ihre Kompetenz in diesem Zusammenhang ist bestenfalls, dass sie erklärte Marxisten sind.

Lumen hat geschrieben: ... daher sehe kein Problem in Dawkins Aussage.


Ich sehe auch kein Problem in Dawkins Aussage. Aber sie macht deutlich, dass wir in den letzten Jahrhunderten Dinge eingeführt haben, die zunächst einmal unnatürlich sind. Für sie gibt es keine naheliegende Begründung. Die verlangst du aber bei den Dingen, die dir nicht passen, trotz Korrelationen etc. Warum? Weil dir die Sache politisch nicht passt. So ist das halt mit den Wahrheiten. Jeder zimmert sich heute das zusammen, was ihm am besten in den Kram passt. Im Ergebnis werden klare wissenschaftliche Fakten einfach geleugnet. Man sagt dann zu einer Studie, die ein globales Sinken der menschlichen Intelligenz feststellt, Rassismus, und schon ist das Thema vom Tisch. Diese Leute sind unverantwortlich. Ich verachte sie.

Lumen hat geschrieben:Du willst mit deiner Liste hoffentlich nicht andeuten, wir sollten alte Menschen verhungern lassen usw. …


Nein, lediglich dass Maßnahmen umgesetzt wurden, weil man sie moralisch/ethisch/politisch etc. gut fand, ohne das zu fordern, was du forderst.
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Re: Warum sind Bevölkerungsthemen kein Thema?

Beitragvon donquijote » Di 16. Nov 2010, 23:20

Lumen hat geschrieben:B-W ist der gemessene Unterschied zwischen Menschen verschiedener Hautfarbe. Übertragen auf unsere Situation bedeutet das: der gemessene Intelligenzunterschied zwischen zwei Gruppen (in unserem Kontext Bildungsfern und Gebildet) könnte vollständig auf Umweltfaktoren (d.h. nicht-genetische Faktoren) zurückgeführt werden. Es gibt anscheinend genügend Varianz dafür.


Das widerspricht einschlägigen Ergebnissen der Fachdisziplinen, die ich bereits zitierte. Du könntest das im Grunde nach Belieben fortführen. Nimm statt bildungsfern und gebildet die Gruppe der Hochschulprofessoren und der Hauptschulabsolventen.
Oder die Gruppe der Nobelpreisträger und Nachwächter.

Meinst du ernsthaft, zwischen denen bestünden keine genetischen IQ-Unterschiede? Es wird immer absurder. Komm mal langsam wieder runter. Die Realität kann manchmal auch schön sein.

Im Übrigen halte ich die Ablehnung der Gen-These für äußerst gefährlich. Sie ist schon so oft von totalitären Systemen missbraucht worden, dagegen ist der angebliche Sozialdarwinismus eines Hitlers ein Zuckerschlecken. Aber das ist leider auch so eine Eigenart des linken Gutmenschen: Ständig tritt man wie die Polizei auf und versucht zu kontrollieren, was man nicht Schlimmes sagen darf. Dann kommt der Verweis auf die Eugenik und den Sozialdarwinismus. Gleichzeitig wird vor dem Horror eines Pol Pots oder Maos die Augen verschlossen. Grauenhaft.
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Re: Warum sind Bevölkerungsthemen kein Thema?

Beitragvon Lumen » Di 16. Nov 2010, 23:36

donquijote hat geschrieben:[…] politisch unterlaufen wurde. Dort sitzen Linke, die gezielt Fakten fälschen […] Marxisten sind. […] Man sagt dann zu einer Studie, die ein globales Sinken der menschlichen Intelligenz feststellt, Rassismus, und schon ist das Thema vom Tisch. Diese Leute sind unverantwortlich. Ich verachte sie. […] Nein, lediglich dass Maßnahmen umgesetzt wurden, weil man sie moralisch/ethisch/politisch etc. gut fand, ohne das zu fordern, was du forderst […] Sozialdarwinismus eines Hitlers […] linken Gutmenschen: […] Eugenik […] Sozialdarwinismus. Gleichzeitig wird vor dem Horror eines Pol Pots oder Maos die Augen verschlossen. Grauenhaft.


Du hast Holocaust und Satan vergessen, glaube ich :)

Ich habe überhaupt nichts gefordert. Ich habe bisher nur und ausschließlich dargestellt, dass zwischen Korrelation und Kausalität ein Unterschied besteht und andere Faktoren neben der Genetik eine Rolle spielen. Weder behaupte ich, die Gene bestimmten alles, noch behaupte ich, die Gene haben keinerlei Einfluss. Auch will ich nicht zwischen die Gräben einer Fachdiskussion geraten. Der Punkt ist Korrelation und Kausalität und das ist mir hinreichend, intuitiv, klar. Dir anscheinend nicht. Auch bin ich weder mit Marxisten im Bunde, noch habe ich Linke Flugblätter auf meinem Tisch liegen. Bloß weil in Schweden mehr Kinder geboren werden und es dort mehr Störche gibt, heißt das noch lange nicht, die Störche bringen die Kinder und man müsse Maßnahmen ergreifen, die Störche abzuschießen, um der Überbevölkerung entgegenzuwirken.

Meine Kreativität an Metaphern ist bald am Ende, wenn du den Knackpunkt nicht sehen willst, sondern lieber deiner Verachtung und Hass nachgehen willst, dann bitte sehr. Das ist keine Diskussionsgrundlage. Dazu noch ein Abschlussgag:

donquijote hat geschrieben:Meinst du ernsthaft, zwischen denen bestünden keine genetischen IQ-Unterschiede?


Gesprungene Platte? Nein, bezweifele ich nicht. Das hatten wir doch schonmal. Also, ich steige hier aus. Lies einfach oben weiter bis hierher, antworte dir selber und spring dann wieder bis oben und antworte dir selbst usw. bis du glücklich bist. Stichwort: Korrelation != Kausalität.
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Re: Warum sind Bevölkerungsthemen kein Thema?

Beitragvon donquijote » Di 16. Nov 2010, 23:48

Lumen hat geschrieben: Ich habe bisher nur und ausschließlich dargestellt, dass zwischen Korrelation und Kausalität ein Unterschied besteht und andere Faktoren neben der Genetik eine Rolle spielen.


In evolutionären Zusammenhängen muss keine Kausalität vorhanden sein. Korrelation genügt. Alle Argumentationen basieren auf Korrelationen. Ob es daneben noch Kausalitäten für die Korrelationen gibt, ist irrelevant.

Lumen hat geschrieben: Bloß weil in Schweden mehr Kinder geboren werden und es dort mehr Störche gibt, heißt das noch lange nicht, die Störche bringen die Kinder und man müsse Maßnahmen ergreifen, die Störche abzuschießen, um der Überbevölkerung entgegenzuwirken.


Das ist kein Argument. Die zentralen Evolutionsprinzipien sind reine Korrelationsaussagen. Nach der Kausalität fragt dort niemand. Siehe die einschlägigen Lehrbücher wie Evolution von Stearns/Hoekstra.

Wenn eine positive Korrelation zwischen Laufleistung und Reproduktionserfolg bei Gazellen besteht, dann wird die nächste Generation durchschnittlich schneller laufen können. DAs sagt das Prinzip der natürlichen Selektion. Kein Biologe wird aber ernsthaft behaupten, dass die Laufleistung die Ursache für den Reproduktionserfolg ist. Bei solch komplexen natürlichen Zusammenhängen sind solche Aussagen nicht sinnvoll.
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Re: Warum sind Bevölkerungsthemen kein Thema?

Beitragvon donquijote » Mi 17. Nov 2010, 00:11

Glücklicherweise dokumentiert Mersch in seinen Texten immer alles sehr penibel.

Hier ist die Definition der natürlichen Selektion gemäß dem Lehrbuch von Stearns/Hoekstra:

Natural selection causes adaptive evolution in traits and genes; neutral evolution causes non-adaptive change in traits and genes; and two conditions are necessary for both adaptive and neutral evolution to occur. These two conditions are:

1. variation among individuals in lifetime reproductive success, in the number of their offspring that survive to reproduce;

2. heritable variation in the trait; that is, whether the state of the trait in the parent - at least whether it is above or below average - is inherited by the offspring. Only if at least some of the variation in the trait is heritable will the genes that are responsible for the trait change in frequency and record the action of selection or drift.

It is not these two conditions but the link between them that determines whether evolution is adaptive or neutral. The link is the correlation of the trait or gene with lifetime reproductive success; that is, a consistent relationship between a state of the trait or gene and whether or not the individual carrying it has more or fewer than the average number of offspring that survive to reproduce.

Thus two conditions and the link between them are the key elements of microevolution. The conditions are heritable variation in traits and the variation in lifetime reproductive success. The link is the correlation between the two. The difference between adaptive and neutral evolution lies in the correlation (...). When the correlation is positive or negative, natural selection is operating on the trait, and evolutionary change will move the trait from generation to generation in the direction of increasing adaption. When the correlation is zero, natural selection disappears, and then the things that are inherited and that vary, whether genes or traits, fluctuate randomly in the population. (Stearns, Stephen C./Hoekstra, Rolf F.: Evolution. An introduction, Oxford 2005, S. 27f.)


Liest du etwas von Ursachen? Nein, die ganze Evolutionstheorie beruht auf Korrelationsbeziehungen.
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Re: Warum sind Bevölkerungsthemen kein Thema?

Beitragvon stine » Mi 17. Nov 2010, 08:54

donquijote hat geschrieben:Hier ein paar krasse gesellschaftliche Umbaumaßnahmen:
1. Gleichberechtigung der Geschlechter auf der Basis einer gleichheitsfeministischnen Doktrin (generelle Aufhebung der mehrere Millionen Jahre währenden Arbeitsteilung zwischen den Geschlechtern, Gender-Konzept, paritätische Aufteilung der Familienarbeit, Krippe statt Hausfrau, Milupa statt Brust).
2. Sozialstaat (wer kein Geld zum Leben hat, der wird von der Gemeinschaft versorgt, das gilt auch für alle seine Kinder, von denen er beliebig viele haben darf).
3. Allgemeine Verfügbarkeit der Pille.
4. Rentenversicherung


Diese vier Punkte sind in der Tat wesentliche Eckpfeiler für die Umgestaltung einer ganzen Gesellschaft.

Zu Punkt 1:
Frauen versuchen sich seit Generationen zu emanzipieren. Der Griff zur Zigarette in den 70ern hat leider nicht die gewünschte Anerkennung in einer von Männern dominierten Gesellschaft gebracht. Erst Bildung und berufliche Anerkennung schafften dies. Leider müssen Frauen "ihren Mann" auch heute noch in der Berufswelt stehen, sie dürfen ihr Frausein nicht ausleben, weil dies sofort der Karriere einen Abriss verschafft. Folge: Keine Schwangerschaften, keine Kinderzeit.
Dass im Gegenzug der vermännlichten Frauen viele Männer verweiblichen mag ein Zufall sein, kann aber auch bedeuten, dass man sich seinen Gegenpol einfach woanders sucht. Vielleicht sind auch Hormonverseuchung im Wasser oder die Weichmacher im Schnuller daran schuld. Nur: Bei den Frauen scheint es nicht zu wirken oder anders, als erwartet.
Dass Frauen der Familienarbeit verloren gehen, sehe auch ich, als groben Fehler. Natürlich kann auch ein Mann Brutpflege betreiben, aber "natürlich", im Sinne des Tieres Mensch, sehe ich das nicht. Mutter ist Mutter und Vater ist Vater. Eine Verunsicherung innerhalb der Gesellschaft macht sich breit und Kinder sind orientierungslos geworden. Viele Mädchen möchten immer noch gerne eine Familie haben und sehen dies schon in frühen Jahren als wenig gesellschaftsfähig und haken das einfach ab.
Lerne was, dann bist du was!
Was das letzten Endes für eine ganze Gesellschaft bedeutet, kann man heute schon sehen: die Geburtenrate sinkt, die wenigen die noch Familienarbeit leisten, werden nicht verrentet, haben wirtschaftliche Nachteile, weniger Anerkennung gelten als dümmer, wie die verdienende beruflich engagierte Kollegin und letztlich werden sie noch geschieden, weil Mann nach den Erziehungsjahren sich mit einer jüngeren aus dem Staub macht. ER empfindet nämlich Familie als was Schönes, deshalb das Ganze ein zweites Mal!

Zu Punkt 2:
Die Vollversorgung von Familien, die keinerlei Einkommen haben ist in einem reichen Land sicherlich angebracht. Dass die Kinder aus solchen Haushalten dümmer als andere sind, sehe ich allerdings nicht. Das Gegenteil ist vielleicht sogar der Fall: Viele müssen sich beweisen, damit sie nicht untergehen und stehen oft sogar schon wesentlich eher auf eigenen Beinen, wie der Student aus dem Akademikerhaushalt der noch mit 30 bei Muttern ißt und waschen lässt. Ich finde, dass diesen Kindern Unrecht getan wird.
Abhilfe zu schaffen hieße allerdings nicht die Transferleistungen zu erhöhen, sondern die Menschen aus ihrer Lethargie reißen. Ich persönlich habe den Eindruck, dass viele Menschen in dieser Schicht erst wieder lernen müssen sich selbst zu versorgen; einfachste Dinge, wie gesundes Kochen, Ordnung halten, sich bewegen, die Kinder begleiten, sich einbringen - einfach das Leben selber in die Hand zu nehmen. Teilweise sind die Kinder solcher Familien taffer und organisierter als ihre Eltern.
Ein Beweis für den Niedergang der menschlichen Rasse ist das nicht, eher ein Beweis dafür, dass falsche Konsequenzen die Lebensweise nachhaltig beeinträchtigen.

Zu Punkt 3:
Die Pille ist das Medikament des vergangenen Jahrhunderts! Noch nie konnte Frau so selbstbestimmt ihr Leben leben und noch nie konnte Mann so unbeschwert seinem Vergnügen nachgehen. Die Verantwortung für das menschliche Leben hat sich auf das eigene Leben verschoben. Wo früher einfach Kinder geboren wurden und man die Konsequenzen tragen musste (meisten dann doch eher gemeinsam), kann man sich das jetzt bequem aussuchen, wann und wo man sich für ein Kind entscheidet. Wie alles hat auch das zwei Seiten. Der anfänglich gedachten Geburtenkontrolle folgt fast zwangsläufig die Steigerung der sexuellen Aktivitäten, bis hin zur Hyperaktivität. Werbung, Film und Fernsehen zeigen, dass erlaubt ist was gefällt. Der Sexualakt wird zum Höhepunkt menschlichen Daseins hochstilisiert.
Junge Menschen glauben, sie müssten sich schämen, wenn sie mit 20 noch Jungfrau sind.
Die Sexualität hat ihren Sinn gewandelt.

Zu Punkt 4:
Das hatte ich selbst auch schon mehrmals geschrieben: Dass Frauen, die ihr Leben mit Familienarbeit verbringen im Alter nicht abgesichert sind, ist schlichtweg eine Sauerei!

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Re: Warum sind Bevölkerungsthemen kein Thema?

Beitragvon donquijote » Mi 17. Nov 2010, 10:43

stine hat geschrieben:Viele Mädchen möchten immer noch gerne eine Familie haben und sehen dies schon in frühen Jahren als wenig gesellschaftsfähig und haken das einfach ab.

Ja, das haben auch Untersuchungen klar bestätigt.
stine hat geschrieben:... und letztlich werden sie noch geschieden, weil Mann nach den Erziehungsjahren sich mit einer jüngeren aus dem Staub macht. ER empfindet nämlich Familie als was Schönes, deshalb das Ganze ein zweites Mal!

Diese Optionen ergeben sich für heutige Männer eigentlich kaum. Ferner: Die meisten Ehen werden heute auf Antrag der Frau geschieden.
stine hat geschrieben:Die Vollversorgung von Familien, die keinerlei Einkommen haben ist in einem reichen Land sicherlich angebracht.

Einerseits ja. Andererseits: Wieso sollte damit das moralische Recht einhergehen, beliebig viele Kinder in die Welt zu setzen, die alle auch wieder in diesem reichen Land von allen anderen zu versorgen sind? Es ist u.a. diese Anspruchshaltung, die vielen Menschen in unserem Land auf den Keks geht. Auch aus diesem Grund fand Sarrazin so viel Anklang. Ich kenne Frauen und Männer, die klar sagen: "Ich muss schauen, dass ich in meinem Beruf halbwegs über die Runden komme. Kinder kann ich mir nicht leisten. Dann wird mir ganz viel von meinem Lohn abgezogen, womit andere ihre Kinder finanzieren. Das ist ungerecht." Es ist fast so, als wenn man sagte: "Ich bezahle meiner Putzfrau 10 EUR die Stunde." Das ist zunächst okay. Und dann zusätzlich: "Sie darf selbst bestimmen, wie lange sie zum Putzen braucht, da ich nicht weiß, wieviel Putzarbeit anliegt." Das ist dann nicht mehr okay, weil es in der Praxis dazu führen wird, dass die Putzfrau immer gründlicher putzt.
stine hat geschrieben:Dass die Kinder aus solchen Haushalten dümmer als andere sind, sehe ich allerdings nicht. Das Gegenteil ist vielleicht sogar der Fall: Viele müssen sich beweisen, damit sie nicht untergehen und stehen oft sogar schon wesentlich eher auf eigenen Beinen, wie der Student aus dem Akademikerhaushalt der noch mit 30 bei Muttern ißt und waschen lässt. Ich finde, dass diesen Kindern Unrecht getan wird.

PISA hat etwas ganz anderes zum Ergebnis gehabt. Ich bin erstaunt, dass du hier etwas behauptest, was allen einschlägigen Untersuchungen widerspricht. Wenn man es so sieht wie du, müsste man die Entwicklung sogar regelrecht gutheißen: "Aus H4 kommen die Kinder gestärkt und lebenstüchtiger hervor. Sie sind die Top-Manager von morgen." Überall auf der Welt wird das Gegenteil bewiesen, in Deutschland sogar regional. Weshalb meinst du sind Bayern und Baden Württemberg bei PISA so viel besser als Bremen?
stine hat geschrieben:Abhilfe zu schaffen hieße allerdings nicht die Transferleistungen zu erhöhen, sondern die Menschen aus ihrer Lethargie reißen.

Was bedeuten könnte, sie zu einer Beschränkung der Nachkommenzahlen anzuregen, denn wer unter Sozialhilfebedingungen 5 Kinder in die Welt setzt, will und wird dort bleiben. Ggf. sollte man über ein Gutscheinsystem jede Verdienstmöglichkeit der Eltern an ihren Kindern unterbinden.
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Re: Warum sind Bevölkerungsthemen kein Thema?

Beitragvon donquijote » Mi 17. Nov 2010, 10:56

stine hat geschrieben:Dass die Kinder aus solchen Haushalten dümmer als andere sind, sehe ich allerdings nicht. Das Gegenteil ist vielleicht sogar der Fall: Viele müssen sich beweisen, damit sie nicht untergehen und stehen oft sogar schon wesentlich eher auf eigenen Beinen, wie der Student aus dem Akademikerhaushalt der noch mit 30 bei Muttern ißt und waschen lässt. Ich finde, dass diesen Kindern Unrecht getan wird.


Die Sarrazin-Debatte ist ganz wesentlich um solche Punkte gegangen. Es stand die Behauptung im Raum, dass sich die Unterschicht im Grunde selbst reproduziert und auf diese Weise zahlenmäßig immer stärker wird. Wenn die Eltern von Sozialhilfe lebten, besteht eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass auch die Kinder wieder dort landen werden.
In Verbindung mit türkischen und muslimischen Zuwanderern war gar von Parallelgesellschaften die Rede. Aus dem Sarrazin-Buch lasen viele heraus, dass sich seine Analysen im Wesentlichen auf Ausländer beziehen. Nein, sie galten explizit auch für den deutschen Teil der Bevölkerung. Mersch schrieb schon 2007 das Buch "Hurra, wir werden Unterschicht!", welches genau zum gleichen Ergebnis kommt: Kinder ähneln ihren Eltern in jeglicher Hinsicht, jedenfall statistisch betrachtet.

Unabhängig davon gibt es arme, aber gebildete Eltern bzw. Alleinerziehende, deren Kinder genauso (und vielleicht tatsächlich manchmal sogar mehr) gebildet werden, wie die von wohlhabenden gebildeten Eltern. Das ist bekannt.

Ich finde es nicht richtig, wie du hier die Fakten ignorierst, nur weil sie nicht in dein Weltbild passen. Wo warst du denn die letzten Wochen während der Sarrazin-Debatte?
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Re: Warum sind Bevölkerungsthemen kein Thema?

Beitragvon stine » Mi 17. Nov 2010, 11:34

donquijote hat geschrieben:Ich finde es nicht richtig, wie du hier die Fakten ignorierst, nur weil sie nicht in dein Weltbild passen. Wo warst du denn die letzten Wochen während der Sarrazin-Debatte?
Ich ignore keine Fakten, aber ich erlaube mir, mir damit ein eigenes Bild zu machen.
Ich kenne die Statistiken von Sarrazin und ich kenne seine Argumente und bin trotzdem nicht davon überzeugt, dass die sogenannte Unterschicht nicht das Zeug zum Überleben hat. Näme man diesen Menschen das Geld weg, dann wären sie die ersten, die es schafften auch ohne Doktortitel das eigene Leben zu organisieren. Und es ginge ihnen damit wahrscheinlich besser, als dem Jurastudenten, der es aus Konkurrenzgründen und fehlender Einsatzmöglichkeiten nur bis zum Taxifahren gebracht hat und deswegen an der Gesellschaft verzweifelt.

Es ist doch im Gegenteil so, dass die sogenannte Mittelschicht und/oder die Akademikerfamilien ihre Kinder heutzutage in den Bildungswahnsinn treiben. Was soll das Gerede von den schlauen Genen? Sie sind bei manchen eben nicht feststellbar und viele Kinder und Jugendliche verzweifeln heute daran, dass sie leisten sollen, was sie nicht leisten können. Abstürze aus der besseren (sofern man das überhaupt sagen kann) Gesellschaft sind doch keine Seltenheit mehr. Burning out und Depression lassen doch vor allem aus der übertrieben nach Bildung rufenden Akademikergesellschaft grüßen.

Kinder mit einem Notenschnitt von dreikommairgendwas werden dennoch ins Gymnasium geschickt, weil sie sonst nicht mehr in den Mittelschichtshaushalt passen. Ballet und Musikinstrument werden zur gehassten Pflicht und für soziale Kontakte bleibt nur noch der Internetanschluß im abgelegenen Kinderzimmer.
Mach dir nichts vor, donqijote, die andere Seite ist nicht viel besser, nur sie bezahlt sich selber.

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Re: Warum sind Bevölkerungsthemen kein Thema?

Beitragvon Zappa » Mi 17. Nov 2010, 16:10

Lumen hat geschrieben: Ganz so einfach machen kann man es sich meiner Meinung nach jedoch auch nicht, das wäre eine Art Schicksalsergebenheit. Der Evolution mögen »high level Erscheinungen« wie Intelligenz egal sein, uns als Menschheit sollte es aber nicht egal sein.


Nein, da missverstehst Du mich. Nur weil es der Evolution egal ist, muss es uns nicht egal sein. Das eine ist ein evolutionäres Problem, dass andere ein gesellschaftliches. Halt zwei Ebenen.

Wie Intelligenz weitergegeben wird, bzw. wie hoch der genetische Anteil an Intelligenz ist, ist meines Wissens nach einigermaßen verstanden. Wie sich der genetische Anteil evolutionär entwickelt entzieht sich unserer Kenntnis und - mal brachiale Eingriffe außen vor - auch unserer Einflussnahme. Das entscheiden schlicht alle heutigen und zukünftigen Eltern: Kind machen oder nicht Kind machen, dass ist hier die Frage. Und dann natürlich die Selektion: Kind überlebt und kann auch Kind machen oder Kind überlebt nicht und kann leider nicht Kind machen :)

Inwieweit sich Intelligenz in unserer Gesellschaft entfalten kann d.i. gefördert wird, ist ein ganz anderes Problem, nämlich ein politisch-soziologisches. Da kann man auf gesellschaftlicher Ebene natürlich fördernd oder hemmend eingreifen. Der Versuch Erklärungsmodelle einer Ebene einfach auf eine andere zu übertragen ist meiner Meinung nach ziemlich naiv. Man kann allenfalls dialektisch eine Synthese versuchen, von mir aus und viel Spass dabei.

Die beiden Ebenen bedingen sich natürlich gegenseitig (der Mensch unterliegt der biologischen und kulturellen Evolution), das rechtfertigt aber noch nicht die beiden zu vermengen. Durch die Wechselwirkung der Ebenen wird es im Übrigen noch schwerer Vorhersagen zu treffen. So können sich z.B. Reproduktionsraten von menschlichen Subgruppen durch kulturelle Einflüsse sehr, sehr rasch ändern. Das ist meiner Meinung nach einer der Gründe dafür, dass bisherige Schreckenszenarien (die Menschheit verdummt, weil die Dummen mehr Kinder bekommen) immer an der historischen Realität gescheitert sind. Und meines Wissens hat sowas zuerst Sokrates prophezeit (wenn auch ohne evolutionäre Grundlage).
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Re: Warum sind Bevölkerungsthemen kein Thema?

Beitragvon ganimed » Mi 17. Nov 2010, 18:59

Also ich kapiere das ganze Problem irgendwie noch nicht.

Wenn es mehr Dumme als Schlaue gibt bzw. die Dummen mehr Kinder bekommen, dann sind sie per Definition doch fitter in der Evolution. So soll es dann eben sein. Wieso wollen wir Menschen da künstlich in die natürlich/kulturelle Selektion eingreifen? Was wäre das Ziel dieses Eingreifens?

Sarrazin betrachtet ja sogar nur einen Spezialfall: die Evolution in Deutschland. Wenn es mehr dumme Ausländer als schlaue Deutsche gibt und/oder die dummen Ausländer mehr Kinder als die schlauen Deutschen bekommen, dann sind dumme Ausländer per Definition doch fitter in der Evolution in Deutschland. Wieso und mit welchem Recht sollten die schlauen Deutschen da künstlich eingreifen? Aus einer Art dumpfem Nationalismus heraus? Das Ziel lautet offenbar: Deutschland den schlauen Deutschen für alle Ewigkeit. Was ist mit dem Ziel Frieden, Glück und langes Leben für alle?

Wieso kann die ganze Welt in ferner Zukunft nicht mit dummen Ausländern bevölkert werden? Solange sie alle glücklich und zufrieden sind, ist doch alles in bester Ordnung.
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Re: Warum sind Bevölkerungsthemen kein Thema?

Beitragvon Zappa » Mi 17. Nov 2010, 19:03

ganimed hat geschrieben: Wieso wollen wir Menschen da künstlich in die natürlich/kulturelle Selektion eingreifen? Was wäre das Ziel dieses Eingreifens?


Evolution zu politisieren, mit dieser politisierten Evolution Propaganda zu betreiben, mit einer politisierten Variante der Evolution nicht-biologische Phänomene zu erklären, verschiedene Ebenen zu mischen, an den Schrauben der Existenz zu drehen?

Ich versteh es auch nicht.
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Re: Warum sind Bevölkerungsthemen kein Thema?

Beitragvon Lumen » Mi 17. Nov 2010, 21:09

donquijote hat geschrieben:
Lumen hat geschrieben: Ich habe bisher nur und ausschließlich dargestellt, dass zwischen Korrelation und Kausalität ein Unterschied besteht und andere Faktoren neben der Genetik eine Rolle spielen.


In evolutionären Zusammenhängen muss keine Kausalität vorhanden sein. Korrelation genügt. Alle Argumentationen basieren auf Korrelationen. Ob es daneben noch Kausalitäten für die Korrelationen gibt, ist irrelevant.


Also gut. Die Kausalität und Korellation betrifft dein ganzen Gedankengebäude, nicht die evolutionäre Hälfte deiner Argumentation. In evolutionären Zusammenhängen mögen Kausalität eine untergeordnete Rolle spielen, in politischen aber nicht, vor allem aber nicht bei der Vermischung der beiden Ebenen. In der Politik geht es ja gerade darum, bestimmte Verhältnisse so zu ändern, damit eine gewünschte Wirkung eintritt.

Du wirst schon deinen Argumentations-Gambit aufgeben müssen. Diskutiert man mit dir politisch, kommen Argumente aus der Evolution. Geht man auf Evolution ein, kommen politische Argumente. Zwischen diesen beiden Spähren hast du eine dünne Korrelation gespannt, die — wie oben beschrieben — auf wackeligen Beinen steht. Es muss aber ein fester Zusammenhang hergestellt werden, wenn deine Argumente stichhaltig sein sollen.

Würde herauskommen, dass Menschen durch eine Substanz langsam dumm werden, sähe sich die Politik gezwungen, diese Substanz zu verbieten, also entsprechende Regeln zu ändern. Kausalität. Wenn das "Dumm-Machende" sich aber im Nebel aus könnte und müsste, vagen Vermutungen und teilweise schon erkennbaren falschen Annahmen verliert, über denen nur das Etikett »Evolution« heftet, ist es mindestens dubios.

Mit gleichem Recht wäre meine Pornographie-Theorie wahr, weil bestimmte Fakten korrelieren. Oder man könnte zu dem Schluss kommen, dass die Erde den Chinesen zu überlassen ist, weil sie »offenkundig« intelligenter sind als andere Menschen. Ihre Wirtschaftsdaten sind besser und auch zeigt die Geschichte viele frühe Erfindungen, die im Reich der Mitte gemacht wurden. Ich hoffe du siehst deinen Denkfehler jetzt.

Ach und siehe Zappa und ganimed für die Kurzform.
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Re: Warum sind Bevölkerungsthemen kein Thema?

Beitragvon donquijote » Do 18. Nov 2010, 00:12

Zappa hat geschrieben: Die beiden Ebenen bedingen sich natürlich gegenseitig (der Mensch unterliegt der biologischen und kulturellen Evolution), das rechtfertigt aber noch nicht die beiden zu vermengen.

Natürlich rechtfertigt dies das. Laktoseintoleranz war nur deshalb in Gesellschaften mit Milchwirtschaft rückläufig, weil laktoseintolerante Menschen weniger Nachkommen hinterließen.

Zappa hat geschrieben:Und meines Wissens hat sowas zuerst Sokrates prophezeit (wenn auch ohne evolutionäre Grundlage).


Vielleicht war das in seiner Zeit ja auch richtig. Vielleicht findet so etwas gegen Ende von Hochkulturen ganz häufig statt, bis es dann nach dem Zusammenbruch der Kultur wieder auf andere Weise weiter geht.

Beispielsweise könnte unsere Gesellschaft irgendwann an der Dummeheit zerbrechen und dann verarmen. Körperliche Kraft würde wieder an Bedeutung gewinnen. Die Frauen würden wieder unterdrückt, die Religionen kehrten zurück und die Männer kümmerten sich um die sozialen Aufgaben. 500 Jahre später wäre wieder alles auf hohem Niveau. Was hättest du damit bewiesen? Dass die Menschen aktuell nicht dümmer werden?
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Re: Warum sind Bevölkerungsthemen kein Thema?

Beitragvon donquijote » Do 18. Nov 2010, 00:24

ganimed hat geschrieben:Wenn es mehr Dumme als Schlaue gibt bzw. die Dummen mehr Kinder bekommen, dann sind sie per Definition doch fitter in der Evolution.

Nein, nur in der Begriffsdefinition der Synthetischen Evolutionstheorie, die sich jedoch auf Sozialstaaten nicht anwenden lässt.

ganimed hat geschrieben:Wieso wollen wir Menschen da künstlich in die natürlich/kulturelle Selektion eingreifen? Was wäre das Ziel dieses Eingreifens?

Wir tun es doch die ganze Zeit. Meinst du, arbeitslose Menschen würden ohne Sozialstaat auch nur ein Kind durchbekommen? Das Problem ist, dass es in Sozialstaaten nur noch eine soziale Selektion gibt, und zwar gemäß den Organisationsprinzipien des Sozialstaats. Wenn man beschließt, dass arbeitslosen und bildungsfernen Menschen alle Kinder vom Staat finanziert werden, während berufstätige und bildungsnahe Menschen ihre Kinder selbst finanzieren müssen, dann betreibt man Selektion, und zwar eine "dysgenische". Man bevorzugt in der Fortpflanzung Menschen mit geringeren sozial nutzbaren Kompetenzen. Es ist so, als wenn da ein Züchter säße und sagte: "So, du hast schön studiert, und deshalb schicke ich dich in die Arbeit. So, und du hast nichts gelernt, und deshalb verwende ich dich für die Zucht."

Das ist Selektion.

ganimed hat geschrieben:Wenn es mehr dumme Ausländer als schlaue Deutsche gibt und/oder die dummen Ausländer mehr Kinder als die schlauen Deutschen bekommen, dann sind dumme Ausländer per Definition doch fitter in der Evolution in Deutschland.

Nein, nur deshalb, weil sie von der Gesellschaft in der Fortpflanzung selektiert werden.

ganimed hat geschrieben:Wieso und mit welchem Recht sollten die schlauen Deutschen da künstlich eingreifen?

Weil die jetzige Situation ein Eingriff ist. Ein arbeitsloser, "dummer" Ausländer kann in Deutschland nur deshalb seine Kinder großbekommen, weil er vom Staat selektiert wird.

ganimed hat geschrieben:Aus einer Art dumpfem Nationalismus heraus? Das Ziel lautet offenbar: Deutschland den schlauen Deutschen für alle Ewigkeit. Was ist mit dem Ziel Frieden, Glück und langes Leben für alle?

Nein, das Ziel lautet: Generationengerechtigkeit. Wenn jemand in 50 Jahren einen Unfall hat, dann soll ihm geholfen werden. Er wird benachteiligt, wenn es heißt: "Leider kann dir keiner helfen, da alle zu doof waren, um Unfallchirurg zu werden."

ganimed hat geschrieben:Wieso kann die ganze Welt in ferner Zukunft nicht mit dummen Ausländern bevölkert werden? Solange sie alle glücklich und zufrieden sind, ist doch alles in bester Ordnung.


Wenn sie von den anderen nicht verlangen, dass sie sie und alle ihre Kinder finanzieren, ist das okay.
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Re: Warum sind Bevölkerungsthemen kein Thema?

Beitragvon donquijote » Do 18. Nov 2010, 00:36

Lumen hat geschrieben: Würde herauskommen, dass Menschen durch eine Substanz langsam dumm werden, sähe sich die Politik gezwungen, diese Substanz zu verbieten, also entsprechende Regeln zu ändern. Kausalität.


Sie sähe sich aber auch bei einer Korrelation gezwungen. In der Medizin ist es meist so, dass ein Medikament nur mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit wirkt. Gleichzeitig hat es nur mit einer bestimmten Wahrscheinlichkeit Nebenwirkungen. Wenn sich z. B. herausstellte, dass es unter den Anwendern eines bestimmten Diabetesmedikamentes zu einer signifikant erhöhten Todesrate käme (obwohl man überhaupt nicht weiß, auf welche Weise die Mortalität erhöht wird), dann müsste das Medikament vom Markt genommen werden.

Bei Contergan hat man anfangs nicht gewusst, durch welchen Mechanismus es zu den Missbildungen kam. Man wusste nur, dass sie häufig dann auftraten, wenn Frauen das Medikament in der Frühphase einer Schwangerschaft einnahmen. Das reichte aus, um das Medikament zu verbieten. Erst später fand man den kausalen Mechanismus. Manchmal kann es sein, dass es überhaupt keinen kausalen Mechanismus gibt.

Bei Intelligenz ist die Sache aber eindeutig: IQ korreliert stark mit Bildung und sozialem Erfolg. Ferner ist IQ stark erblich. Und schließlich korrelieren IQ, Bildung und sozialer Erfolg negativ mit Fortpflanzungserfolg. Unter diesen Voraussetzungen wird es zu einem Sinken des durchschnittlichen IQs kommen. Das ist simple Mathematik.
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