Stuttgart 21, Atomausstieg und Sarrazin: Alles ein Thema?

Re: Stuttgart 21, Atomausstieg und Sarrazin: Alles ein Thema

Beitragvon donquijote » Do 11. Nov 2010, 15:37

Nanna hat geschrieben:...dass ein Bundesbanker mit zusammengeschusterten Gen-Theorien...

...die von den führenden deutschen Intelligenz- und Begabungsforschern Rost und Rindermann als im Wesentlichen richtig bezeichnet wurden.
Nanna hat geschrieben:...und ein Systemtheoretiker mit gewöhnungsbedürftigen Visionen von Familienpolitik im Alleingang nicht gleich hofiert werden, nur weil du ihre Ideen gut findest.

Meine Aussagen in der Hinsicht waren klar: Ich erwarte nicht, dass darüber gleich in der FAZ berichtet wird, sondern dass es einen Weg in die Fachdisziplinen gibt. Den scheint es aktuell nicht zu geben, weil das Gewöhnungsbedürftige schon abgewürgt wird, bevor man sich daran gewöhnen könnte. Gewöhnungsbedürftig war sicherlich auch Einsteins Raum/Zeit-Vorstellung. Hätte man sie vor der Veröffentlichung abwürgen sollen?
Nanna hat geschrieben:Es gibt tausende solcher Hobbyrefomer, wundert es dich wirklich, dass deren Thesen nicht täglich in den Nachrichten duskutiert werden? Und wenn es so wäre, glaubst du im Ernst, dass das ganze Volk oder auch nur ein signifikanter Teil dann jeden Abend damit zubringen würde, am Küchentisch darüber zu diskutieren und Petitionen zu entwerfen?

Es würde ja schon helfen, wenn Menschen zuhören und lesen könnten. Aus irgendeinem Grund scheint da bei dir etwas schief gelaufen zu sein. Ich hatte in aller Klarheit geschrieben, dass ich genau daran nicht glaube, sondern dass es zunächst einen Weg hin zu den Leuten geben muss, die sich professionell damit beschäftigen und die vom Staat dafür bezahlt werden.

Nanna hat geschrieben:Die Wahrscheinlichkeit, dass ein Nobody die Riemannsche Vermutung beweist, ist derart abwegig, dass es völlig verständlich ist, dass nicht massenhaft wertvolle Arbeitszeit von Spezialisten darin investiert wird, jedem Möchtegernmathematiker darzulegen, wo es in seiner Beweisführung hakt. Wenn derjenige derart begabt ist, soll er ein Mathematikstudium aufnehmen (das er, um die Riemannsche Vermutung zu beweisen ohne mit Bravour absolviert haben müsste) und peer-reviewed publizieren, wenn ihn keiner nimmt, dann hat das meistens seine Gründe und die haben selten etwas mit einer organisierten Verschwörung zu tun.

Wer redet denn von Verschwörung? Es geht um Probleme, die aus Überheblichkeit und Arroganz resultieren, wie du sie hier demonstrierst. Über den Film "Good Will Hunting" schreibt Wikipedia:
In dem 1997 entstandenen Film „Good Will Hunting“ von Gus van Sant kommt das Verhältnis von Ramanujan und Hardy ebenfalls zur Sprache, weil die Konstellation zwischen Will Hunting (gespielt von Matt Damon) und dem Mathematikprofessor Gerald Lambeau (gespielt von Stellan Skarsgård) ein ähnliches ist.

Was wirfst du denn eigentlich Sarrazin vor? Deine hier demonstrierte Arroganz gegenüber anderen, die es nicht so gut angetroffen haben im Leben (und z. B. in einer indischen Lehmhütte aufwachsen mussten), ist einfach unglaublich. Ein Bemühen um Chancengleichheit zeigt sich exakt in solchen Fragen.
Nanna hat geschrieben:Jeder, der in den Wissenschaftsbetrieb einsteigt, muss Klimmzüge machen, es ist nicht die Aufgabe von Uniprofessoren, sich neben der eigenen Forschung und der Lehre noch hauptberuflich mit den politischen Visionen von Außenseitern und Splittergruppen auseinanderzusetzen, zumal die Erfahrung zeigt, dass der mainstream der Wissenschaften am Ende doch in der Mehrzahl der Fälle richtig lag und nicht unverantwortlich darin handelte, kuriose Randmeinungen zu ignorieren.

Ja ja, wir haben alle so hart gearbeitet, um an den Dr.-Titel zu kommen, und da kommt da einer einfach daher und meint ... Ne ne, mit mir nicht.
Nanna hat geschrieben:Soweit ich dich und Herrn Mersch richtig verstehe, hat er einen Artikel bei einer Zeitschrift eingereicht und, nachdem von zwei Gutachten eines negativ ausfiel, die Nerven verloren, sich beleidigt in die Ecke gesetzt und lässt jetzt von seinen Freunden verbreiten, wie würdelos er behandelt worden sei. Bei allem Mitgefühl für seine unglücklich verlaufene Lebensgeschichte, aber wenn jemand genau weiß, dass er mit 40 Probleme mit den üblichen Strukturen des medialen und wissenschaftlichen Diskurses bekommen wird, muss er mehr Hartnäckigkeit beweisen und wenn er im wissenschaftlichen Diskurs Erfolg haben will, sollte ihm mal jemand sagen, dass "Hurra, wir werden Unterschicht" nicht so ganz das ist, was der gemeine Wissenschaftler unter einem sachlichen Buchtitel versteht.

Die Arbeit heißt Familienarbeit in gleichberechtigten Gesellschaften und ist öffentlich im Internet einsehbar. Für mich ist das eine echte wissenschaftliche Arbeit. Sie wurde von allen deutschen soziologischen Fachzeitschriften abgelehnt. Die Zeitschrift für Soziologie war die einzige, die den Gutachterprozess zuließ, alle anderen lehnten schon vorher ab. Mersch könnte die Arbeit also nur noch auf Englisch publizieren.
Nanna hat geschrieben:Ich finde es ziemlich lächerlich, wie Mersch und seine Freunde die Schuld grundsätzlich bei einem feindlichen System suchen, anstatt reinzuhauen und endlich einen Artikel in ein peer-reviewed-Magazin zu kriegen.

Es ist nicht gegangen und es wird nicht gehen. Solche Artikel will er nach meiner Kenntnis nur noch im Internet (und bei BoD) publizieren.
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Re: Stuttgart 21, Atomausstieg und Sarrazin: Alles ein Thema

Beitragvon donquijote » Fr 12. Nov 2010, 11:27

Hier noch etwas von Pat Condell zum Thema:

http://www.youtube.com/profile?gl=GB&user=patcondell

:mg:
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Re: Stuttgart 21, Atomausstieg und Sarrazin: Alles ein Thema

Beitragvon stine » Do 18. Nov 2010, 07:36

Ich hätte gerne, dass die Menschen jeden Montag in großer Zahl gegen den Einsatz der Bundeswehr in Afghanistan auf die Straße gingen.
Aber das interessiert niemanden.
Ein nichtgebauter Bahnhof ist viel wichtiger, obwohl er nur einen Bruchteil der Kosten und schon gar nicht Menschenleben fordert.
:(

Es lebe der Wohlstand mit seinen verdrehten Wichtigkeiten.
LG stine
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Re: Stuttgart 21, Atomausstieg und Sarrazin: Alles ein Thema

Beitragvon 1von6,5Milliarden » Do 18. Nov 2010, 15:28

stine hat geschrieben:Ein nichtgebauter Bahnhof ist viel wichtiger, obwohl er nur einen Bruchteil der Kosten und
Bruchteil ist nun definitiv falsch.
Der Bahnhof heute(!) allein(!) wird mit 2/3 aller bisherigen Afghanistankosten (inklusive Entwicklungshilfe im Paket) veranschlagt
stine hat geschrieben:schon gar nicht Menschenleben fordert.
Wäre zu hoffen.

Wobei ich mir zynisch wirklich absolut nicht sicher bin, ob die Anzahl der Toten in Afghanistan wirklich höher ist, als wenn die Soldaten zuhause geblieben wären. Die Zahl der Unfalltoten (z.B. unter Alkohol, im Straßenverkehr, Manöver etc.) könnte durchaus höher sein, als die Unfall- und Kriegstoten "am Hindukusch".
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Re: Stuttgart 21, Atomausstieg und Sarrazin: Alles ein Thema

Beitragvon Nanna » Fr 7. Jan 2011, 17:36

Aus aktuellem Anlass möchte ich auf die Studie der Politikwissenschaftlerin Naika Foroutan von der HU Berlin hinweisen, die Sarrazins Thesen empirisch überprüft hat. Das Ergebnis zeigt, dass Sarrazin bei vielen Zahlen teilweise stark übertrieben hat (etwa bei Kriminalität, Erwerbslosigkeit und Parallelgesellschaftsbildung) oder Einwanderer entlastende Fakten unterschlagen hat (den gewaltigen Bildungserfolg in der zweiten Generation beispielsweise).

Zum Einstieg:
Berichterstattung der ZEIT: http://www.zeit.de/gesellschaft/zeitges ... die?page=1

Für alle, die es genauer wissen wollen:
Projektseite: http://www.heymat.hu-berlin.de/
Zusammenfassung der Studienergebnisse als PDF-Datei: http://www.heymat.hu-berlin.de/sarrazin2010/
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