Wie lange können wir uns noch den Wohlfahrtsstaat leisten?

Re: Wie lange können wir uns noch den Wohlfahrtsstaat leiste

Beitragvon provinzler » Mi 5. Sep 2012, 20:56

webe hat geschrieben:Auch die NSDAP hatte die Bezeichnung Nazinalsozilistische Arbeiterpartei in sich und war eine Rechtspartei, trotz dem Strasser-Flügel.

Das dritte Reich hatte aber etliche sozialistische Elemente eingesetzt. Volkswirtschaftliche Mehrjahrespläne, den 1. Mai als Feiertag oder Sachen wie das KDF-Programm, Reichsarbeitsdienst usw.
Fakt ist, dass die NSDAP was Wirtschaft anging eigentlich überhaupt kein kongruentes Konzept hatte (was allerdings auf die meisten politischen Parteien zu jedem beliebigem Zeitpunkt zutrifft). Letztlich war ihre Wirtschaftspolitik ein Sammelsurium an widersprüchlichen Einzelmaßnahmen. EInzige Konstante war eigentlich nur die Arbeitslosigkeitsverschleierung (z.B. durch den Arbeitsdienst). Ein eindeutiges "Etikett" kann man der Realpolitik nicht aufpappen. Gibt aber schon ein paar idiologische Eckpunkte, die in heute übliche Rhetorik umformuliert, viele Politiker der Linkspartei vorbehaltlos unterschreiben würden...

webe hat geschrieben:Die SPD zählt sich auch als Linkspartei, was sie aber in Wirklichkeit nicht ist, eher ein CDU-Abklatsch. :explodieren:

Oder umgekehrt? :mg:
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Re: Wie lange können wir uns noch den Wohlfahrtsstaat leiste

Beitragvon Gandalf » Do 6. Sep 2012, 20:50

provinzler hat geschrieben:
webe hat geschrieben:Auch die NSDAP hatte die Bezeichnung Nazinalsozilistische Arbeiterpartei in sich und war eine Rechtspartei, trotz dem Strasser-Flügel.

Das dritte Reich hatte aber etliche sozialistische Elemente eingesetzt. Volkswirtschaftliche Mehrjahrespläne, den 1. Mai als Feiertag oder Sachen wie das KDF-Programm, Reichsarbeitsdienst usw.


Ich sehe überhaupt keinen Sinn zwischen nationalen ("braunen") oder internationalen ("roten") kollektivistischen Ideologien zu unterscheiden. Für die nationalen Sozis geht das "Volk über alles, für die Internazis "die Gesellschaft" (oder was auch immer für Partikularinteressen auf Kosten der Allgemeinheit durchgesetzt werden).

Man sieht es auch an den "staatstragenden Parteiprogrammen". So wurde die Vorstellung das Der Staat für die "Daseinsvorsorge" zuständig sei unter dem Nazi-Regime wohl unauslöschlich in die deutschen Köpfe gepflanzt.
http://de.wikipedia.org/wiki/Daseinsvorsorge - was natürlich "die Linke" in ihrem aktuellen Parteiprogramm gern übernommen hat.

Von den 3 großen politischen Ideen (Sozialismus, Konsverativismus, Liberalismus) feiert allein der Sozialismus (leider) wieder fröhliche Urstände. Die Rache des Erich: "Den Sozialismus in seinem Lauf halten weder Ochs noch Esel auf" - scheint aufzugehen. Der "Markt" im Geldwesen wurde ja mit Datum heute vollständig abgeschafft. Der realwirtschaftliche (Niedergang) folgt. Ich frag mich woher dann der "webe" seine Zinseinnahmen nimmt, die er so gern generös verteilt. Ach ja - ich vergesse schnell: Sie werden ja 'gedruckt'. ;) Ob die so Beschenkten ihm ihre Dankbarkeit zeigen werden?

Die Konservativen liefern sich allenfalls Rückzugsgefechte und sind mit ihrer FDJ-lerin, - ähm "Patin" - nicht mehr angriffsfähig.

Die Liberalen sind zum Gespött verkommen, da sie ihre Wurzeln vergesssen und sich zu sehr mit dem Staaat arrangiert haben. Ich kann nur hoffen, das etwas von der 'Ron-Paul-Bewegung' aus den USA zu uns herüberschwappt. (Wo sonst kann ein 76 jähriger bis zu 40% der Jugendlichen für die Ideale der Freiheit begeistern? Schade, das er sich aus der Politik zurückzieht, die er immer gehasst hat)
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Re: Wie lange können wir uns noch den Wohlfahrtsstaat leiste

Beitragvon webe » Do 6. Sep 2012, 21:40

Gandolf:

Freiheit für die reiche Schicht, dagegen Unfreiheit für die Ärmeren. Dein Wertedenken läuft doch auf dieses hinaus, dass die Unfreien den Oberen die Freiheit leisten müssen.
Warum bist du gegen einen demokratischen Sozialismus, indem Marktwirtschaft und auch unterschiedliche Einkommen erreicht werden, der Mittelstand existiert?

Nch Deiner politischen Einstellung würde ich lieber dem Religionsgott untertan sein, als dem Kapitalistengott!

Die CDU war in ihrer Gründungszeit wie die SPD eine Linkspartei und wurden dann ins rechte Eck gehievt.

Wenns nach den Kapitalisten und Spekulanten ginge, wäre EU und Euro am Ende, ebenso Deutschland. Aus den Sozialkassen wurde Unsummen herausgeklaut, Die Wiedervereinigung vom kleinen Mann gesponsert, Der kleine Friseurbetrieb bezahlt mehr Steuer als Grosskonzerne, Minderjährigen darf die Vorhaut geklaut werden, Kuckuckskinder muss man finanzieren als Getölbter, Dein Liberalismus-Kapitalismus stinkt bis in den Weltraum. Atommüll wird produziert und kann ohne Probleme nicht entsorgt werden, Militärische Menschenrechtsverletzungen mit dem Krieg in Irak auf Lügen aufgebaut und jene Verantwortliche werden nicht vor ein Gericht zitiert, Religion hat im Grundgesetz Sonderrechte unsw..

Demokratischer Sozialismus kann nicht mehr Unfug anrichten! :2thumbs: :applaus:
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Re: Wie lange können wir uns noch den Wohlfahrtsstaat leiste

Beitragvon Gandalf » Do 6. Sep 2012, 21:46

Zappa hat geschrieben:@Gandalf: Kann ich deinem angestrengten Entlastungsangriff entnehmen, dass Du keinerlei Fakten für deine These angeben kannst?


Was für einen "Entlastungsangriff"?

Hab ich was verpasst? Wo hast Du 'meine Thesen' falsifiziert? Du bist ja nicht mal darauf eingegangen?

Ich habe lediglich 'Deine Methodologie' als das offengelegt was sie ist: Untauglich um wissenschaftliche Erkenntnisse zu gewinnen
(Unabahängig davon, das Deine vollmundigen Beahuptung "monokauslaer Ursachen" immer noch jeglichen Nachweises entbehren. Der - da bin ich mir sicher - auch nicht kommen wird. - Wie bei jeder psuedowissenschaftlichen Behauptung halt)

Danke@Vollbreit hat mich auf ein Kompendium gesammelter Thesen Popper's aufmerksam gemacht. Und daher muss ich an einer Stelle durchaus zurückrudern. Popper hält von Soziologie als Wissenschaft sehr viel (entstammt ja selbst der "österreichsichen Schule").

Er macht für den Niedergang dieser Wissenschaft etwas verantwortlich was alle "Naturalisten, - die sich der Wissenschaftlichkeit verbunden führlen", - sehr betroffen machen sollte: Einen 'verfehlten Naturalismus' der die wissenschaftliche Methodik mißverstanden hat und ...
1) irrtümlicherweise (nach 100 jahren Quantenphysik!) immer noch 'glaubt', das Wissenschaftler prinzipiell objektiv sein könnten.
2) 'glaubt' mit Induktion Thesen aufstellen zu können, die als naturwissenschaftliche Theorien bezeichnet werden dürfen.

http://www.vordenker.de/ggphilosophy/po ... alwiss.pdf
Karl Popper:
Da ist zum Beispiel der verfehlte und missverständliche methodologische Naturalismus oder Szientismus, der verlangt, dass die Sozialwissenschaften endlich von den Naturwissenschaften lernen, was wissenschaftliche Methode ist. Dieser verfehlte Naturalismus stellt Forderungen auf wie:
"
- Beginne mit Beobachtungen und Messungen
- das heißt zum Beispiel: mit statistischen Erhebungen
- schreite dann induktiv zu Verallgemeinerungen vor und zur Theorienbildung.
- Auf diese Weise wirst Du dem Ideal der wissenschaftlichen Objektivität näher kommen, sowie das in den Sozialwissenschaften überhaupt möglich ist.
- Dabei musst Du Dir darüber klar sein, das in allen Sozialwissenschaften die Objektivität weit schwieriger zu erreichen ist (falls sie überhaupt zu erreichen ist) als in den Naturwissenschaften;
- denn Objektivität bedeutet Wertfreiheit, und der Sozialwissenschaftler kann sich nur in den seltensten Fällen von den Wertungen seiner eigenen Gesellschaftsschicht soweit emanzipieren, um auch nur einigermaßen zur Wertfreiheit und Objektivität vorzudringen.

"

Meiner Meinung nach ist jeder dieser Sätze, die ich hier diesem verfehlten Naturalismus zugeschrieben habe, grundfalsch und auf ein Missverständnis der naturwissenschaftlichen Methode begründet, ja geradezu auch einen Mythus – einen leider weit verbreiteten und einflussreichen Mythus von induktiven Charakter der naturwissenschaftlichen Methode und vom Charakter der naturwissenschaftlichen Objektivität.


Kommen diese Sätze, die Popper den Naturalisten zuschreibt, irgendjemand hier bekannt vor? ;)

Naturalisten also, die auf Grund ideologischer Scheuklappen nicht verstehen, wie naturwissenschaftliche Methodik "funktioniert". Was Popper hier treffend kritisiert, ist mir ja auch schon öfters hier im Forum aufgefallen: Popper und seine in den Naturwissenschaften dominierende Methodologie fristet neben seinen libertären, staatskritischen Idealen "ausgerechnet bei den sich "als Naturalisten" Bezeichnenden ein Nischendasein. Zum Scherbenhaufen was der 'verfehlte Naturalismus' in den Sozialwissenschaften angerichtet hat, siehe auch seine "10te These": Der "Krieg" von dem er spricht, "ist offenbar verloren".

Mittlerweile (dank "vollbreit's" Hinweis) weis ich auch warum.

Ich bitte die "Brights" hier im Forum mal zu diesem Thema Stellung zu nehmen, da ich nun die ganze Diskussionsgrundlage, die sich an naturwissenschaftlichen Werten und Erkenntnissen orientieren sollte, in Frage gestellt sehe.
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Re: Wie lange können wir uns noch den Wohlfahrtsstaat leiste

Beitragvon Gandalf » Do 6. Sep 2012, 22:01

webe hat geschrieben:
Demokratischer Sozialismus kann nicht mehr Unfug anrichten!

Das ist imho genauso ein Widerspruch in sich, wie ein "lebender Toter" und reiht sich in dei Reihe des "Orwellschen Neusprech" ein, von dem wir derzeit bombardiert werden :applaus:

Auf die restlichen Deiner (einfach nur beliebig kombinierten, unsinnigen) Behauptung möchte ich auch in Zukunft nicht mehr eingehen, da ich Dir die Fähigkeit abspreche, Sachargumente aufnehmen und diskutieren zu wollen.

Vlt. zum Abschluss @all ein fundierter und aufschlussreicher Artikel darüber, woran es liegt, das die Nahrungsmittelpreise steigen (und nein, es sind nicht die Spekulanten webe - es sind 'Deine sozialistischen Freunde', die das zu verantworten haben.)

Der Hunger in der Welt und seine wahren Ursachen
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Re: Wie lange können wir uns noch den Wohlfahrtsstaat leiste

Beitragvon Gandalf » Do 6. Sep 2012, 22:22

mat-in hat geschrieben:@Gandalf
Ein sehr guter Freund von mir ist überzeugter Anarchist. Mit ihm bin ich nach nächtelangen Gesprächen an dem Punkt angekommen, das wir unterschiedlicher Meinung sind, ob das funktionieren kann, weil wir ein unterschiedliches Menschenbild haben. Es glaubt da an Eigenschaften die in ihm zweifelsohne vorhanden sind (kritisch denken, Mäßigung, auf den Vorteil aller bedacht), die ich aber aus wissenschaftlicher Sicht (und meiner Alltagserfahrung) so leider nicht allen Menschen um mich herum zusprechen kann. Diese Form zu leben wird von zwei Dingen kaputt gemacht: 1) Das "sich da nicht einmischen wo es einen nicht betrifft" bei globalen Problemen keine Lösung ist. Wir müssen uns in die CO2 Produktion von China einmischen, denn wir bewohnen den selben Planeten. und 2) setzt es - leider muß ich sagen - ein viel zu positives, aufgeklärtes Menschenbild voraus. Menschen sind so nicht.

@mat-in

Mir ging es hier nicht um CO2 (zu dem "drumherum" ich sicherlich auch wieder eine Meinung habe, die Anstoß erregen wird), sondern einfach nurdarum klarzustellen, das 'Selbstorganisation' nicht zentral angeordnet werden muss, sondern die natürlichste Form einer Ordnung (These) im Universum darstellt.

...Und ich mich wundere das stets immere wieder auf's neue darlegen zu müssen, bevor es überhaupt zu 'Folgediskussionen' kommt, bei denen man erörtern kann inwieweit so ein homöostatisches System ausgebaut werden kann und wo seine Grenzen sein könnten. - Das alles wird NICHT ge- und hinterfragt, sondern regelmäßig von vorne herein von konstruktivistisch voreingestellten Ideologen, dies isch zudem wohl noch als Naturalisten sehen, als Ideologie diffamiert, so das jede Diskussion darüber im Keim erstickt wird.

Denn eines finde ich ja erstaunlich. Selbst große Organisationen (wie dei SPD) sind anarchisch in Form eines nicht eingetragenen Vereins "einigermaßen funktionsfähig" - sagt man ;)

Und ich habe es schon an andere Stelle gesagt. Gebt uns das "Recht auf Ausgründung" (was z.B. für wohl viele überraschend das CSU Urgestein Scharrnagl fordert: http://www.welt.de/politik/deutschland/ ... hland.html)

Ein Recht beinhaltet ja noch lange nicht die Pflicht. Sondern das System erhält zusätzliche Freiheitsgrade in denen es sich organisieren 'könnte'. Allein schon diese Option würde mit großer Wahrscheinlichkeit zu völlig neuen "Umgangsformen" miteinander führen, die wiederum zu Strukturen hervorbringen, in denen sich eine Sezession erübrigt...
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Re: Wie lange können wir uns noch den Wohlfahrtsstaat leiste

Beitragvon webe » Do 6. Sep 2012, 23:59

Gandolf,
Deine direkte Art finde ich erfrischend, wenn sie auch zuweilen nach radikaler Holzfällerart ausgeteilt wird. Lass doch Ieden auf seine Art für eine bessere Welt träumen. Hauptsache die Basis ist die eines aufrichtigen Demokraten! Somit würdest Du auch Karriere in einer demokratischen soziallistischen Republik machen-wozu Deine Ängste?
Hier hätte Deine atheistische Gesinnung volle Freiheit, während der Kapitalismus Dich irgendwie religiösen Fakten untertan macht-siehe unsere BRD1 :motz:

Gibst Du wegen Geld deine atheistische Geisteshaltung auf? Kannst Du als Atheist CDU wählen? :kopfwand:

Muss man sich wegen Bereicherung unterwerfen? :gott:
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Re: Wie lange können wir uns noch den Wohlfahrtsstaat leiste

Beitragvon webe » Fr 7. Sep 2012, 00:42

Gandolf:

Dass Tier Mensch hat die Begabung, seine Komunikation so auszuschmücken, dass sie einen perfekten Klang abgibt, aber dabei den eigentlichen Sachverhalt ins bodenlose unbemerkt vergräbt. Zurück bleibt dabei nur noch der abtriffende Blumenduft.

Und die Perfektionisten jenes Stiles nennt man dann Politiker. :applaus:
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Re: Wie lange können wir uns noch den Wohlfahrtsstaat leiste

Beitragvon provinzler » Fr 7. Sep 2012, 16:16

Gandalf hat geschrieben:Ich sehe überhaupt keinen Sinn zwischen nationalen ("braunen") oder internationalen ("roten") kollektivistischen Ideologien zu unterscheiden. Für die nationalen Sozis geht das "Volk über alles, für die Internazis "die Gesellschaft" (oder was auch immer für Partikularinteressen auf Kosten der Allgemeinheit durchgesetzt werden).

ICh hatte mich auch nicht über Ideologie geäußert, sondern die reale Wirtschaftspolitik diese Zeit. Dass sich die Schöpfer von Shoa, Holodomor und des großen Sprungs speziell in ihrer Auffassung vom Wert des Individuums im Vergleich zum Kollektiv und in ihrer Menschenverachtung zum Verwechseln ähneln sehe ich genauso.
Der Unterschied in der Realpolitik ergab sich auch aus der unterschiedlich starken Machtbasis.
Themawechsel:
DAss man versuchen würde, die Probleme mit der Druckerpresse zu lösen, war doch nun nicht wirklich nicht überraschend. Wenn dann nächste Woche das BVerfG erwartungsgemäß sich auch noch formal für überflüssig erklärt (was es in punkto Fiskal- und Geldpolitik de facto eh schon seit spätestens 2008 ist), dann läuft alles wie absehbar. Richtig lustig wirds ohnehin erst, wenn die Babyboomer feststellen, dass die Rentenversprechungen, die man ihnen gemacht hat, nicht einzuhalten sein wird. Und zwar aus mathematischen (demografischen) Gründen, nicht ideologischen, oder weil irgendwo "Geld geklaut wurde" (was so eh nicht stimmt, eher im Gegenteil, aber das ist ein andres Thema). Ludwig Erhard hatte das vorausgesehen, Adenauer wars wurscht, der wollte nur wiedergewählt werden. Und mit der Devise hantelt man sich durch die Jahrzehnte. Der Witz ist, dass wir heute gemessen an der Bevölkerung noch immer weniger "Alte" als "normal" haben, und mehr als normal in der Erwerbstätigkeit. Das wird sich in den nächsten 30 Jahren umkehren. Da wird so mancher Anbeter des Ersatzgottes Staat sein blaues Wunder erleben...
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Re: Wie lange können wir uns noch den Wohlfahrtsstaat leiste

Beitragvon stine » Fr 7. Sep 2012, 19:33

Der Wohlfahrtsstaat könnte leistungsfähiger bleiben, wenn nur bekäme, wer wirklich braucht.
Metin Kaplan hat jetzt wohl ausreichend bewiesen, dass es möglich ist, auch mit Hartz4 ordentlich zu leben. 214 000 Euro soll er jetzt zurückzahlen, obwohl er 2004 schon mal zu 150 000 Euro Rückzahlung verdonnert wurde.
Wie geht das denn?
Die Besetzung des Jobcenters Köln sollte mal ausgetauscht werden.

Ich nehme nicht an, dass Metin Kaplan ein Einzelfall ist.

LG stine
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Re: Wie lange können wir uns noch den Wohlfahrtsstaat leiste

Beitragvon Nanna » Fr 7. Sep 2012, 19:48

stine hat geschrieben:Ich nehme nicht an, dass Metin Kaplan ein Einzelfall ist.

Dass alle Hartz-IV-Empfänger heimlich reich sind, halte ich für ein ernsthaft absurdes Gerücht.

provinzler hat geschrieben:Der Witz ist, dass wir heute gemessen an der Bevölkerung noch immer weniger "Alte" als "normal" haben, und mehr als normal in der Erwerbstätigkeit. Das wird sich in den nächsten 30 Jahren umkehren. Da wird so mancher Anbeter des Ersatzgottes Staat sein blaues Wunder erleben...

Ja, aber wie lösen? Alte Leute, die sich nicht mehr selber durch Erwerbstätigkeit selbst versorgen können, müssen ja irgendwoher das Geld für ihren Lebensunterhalt bekommen. Die Erhöhung des Renteneintrittsalters und die Schaffung besserer Arbeitsbedingungen für ältere Mitarbeiter in Unternehmen erscheinen mir als wichtiger Baustein, aber für diejenigen, die tatsächlich Rente beziehen müssen und nicht mehr produktiv tätig sein können, müssen wir das Geld ja irgendwoher auftreiben. Ich bin kein Spezialist, aber sind private Vorsorgesysteme dem staatlichen Solidarsystem überlegen (und woher weiß der durchschnittliche Verbraucher, ob er ein wirklich zukunftsfähiges Angebot erhält oder nur das Geld aus der Tasche gezogen bekommt? Übermäßige Kompetenz in komplizierten Finanzprodukten kann man dem Normalbürger realistischerweise nicht abverlangen, und genau dafür haben wir ja auch die moderne Arbeitsteilung)?
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Re: Wie lange können wir uns noch den Wohlfahrtsstaat leiste

Beitragvon stine » Fr 7. Sep 2012, 20:18

Nanna hat geschrieben:
stine hat geschrieben:Ich nehme nicht an, dass Metin Kaplan ein Einzelfall ist.

Dass alle Hartz-IV-Empfänger heimlich reich sind, halte ich für ein ernsthaft absurdes Gerücht.

Wie kommst du von meinem Post auf "ALLE"?
Die Adverbien "immer" und "nie" hört man normalerweise nur im Kindergarten.
Auch in öffentlichen Ämtern werden Fehler gemacht, wie man am geposteten Beispiel sieht.

:o0: stine
Zuletzt geändert von stine am Fr 7. Sep 2012, 20:20, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Wie lange können wir uns noch den Wohlfahrtsstaat leiste

Beitragvon webe » Fr 7. Sep 2012, 20:20

Die Gesellschaftsstrukturen sind immer in gewissen Abständen Veränderungen ausgesetzt.

So waren die Wiedervereinigung, die Möchtegern-deutschenrückführung, Wirtschaftskriseanfang, Hauptstadtverlegung viele Brände die fast gleichzeitig versucht wurde,gelöscht zuwerden- auf dem Rücken des Steuerzahlers und Arbeitnehmer als Hauptleidtragende.

Die Rentenkassen müssen in Zukunft anderst gefüllt werden, warum nicht über Reichen-, Erbschafts- und Maschinenabgaben, unsw..

Blüms Rentensystem hat normalerweise bis in die heutige Zeit hinein funktioniert, aber man hat im Gegensatz zu den Privatversicherungen hier Fremdfinanzierungen durchgeführt, Haushaltlöcher gestopft.
Wenn diese Räuberschandtaten bei den Privaten stattgefunden hätten, wäre diese auch den Jordan hinunter!

Man muss also die Tassen auf dem Teller lassen!
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Re: Wie lange können wir uns noch den Wohlfahrtsstaat leiste

Beitragvon webe » Fr 7. Sep 2012, 20:27

Das man mit Hartz-Gelder anständig leben kann, halte ich für verfehlt.

Jeder Arbeitgeber setzt heutzutage eine Mobilität voraus: Auto, Telefon, Internet.

Körperliches Fitsein und gesunde und ausreichende Ernährung kostet Geld.

Der Mensch hat auch noch eine Seele, die man pflegen muss, wenn man gesund bleiben will.

Heizung und andere Energien, ausreichender und menschenwürdiger Wohnraum kostet Geld.

-Für einen einzelnen Menschen ist eine zwei Zimmerwohnung kein Luxus!
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Re: Wie lange können wir uns noch den Wohlfahrtsstaat leiste

Beitragvon Nanna » Fr 7. Sep 2012, 21:44

stine hat geschrieben:
Nanna hat geschrieben:
stine hat geschrieben:Ich nehme nicht an, dass Metin Kaplan ein Einzelfall ist.

Dass alle Hartz-IV-Empfänger heimlich reich sind, halte ich für ein ernsthaft absurdes Gerücht.

Wie kommst du von meinem Post auf "ALLE"?
Die Adverbien "immer" und "nie" hört man normalerweise nur im Kindergarten.
Auch in öffentlichen Ämtern werden Fehler gemacht, wie man am geposteten Beispiel sieht.

Ich habe das durchaus mit polemischem Unterton gemeint. Du hast ja behauptet, dass der Wohlfahrtsstaat vielleicht gar kein Problem wäre, wenn Betrüger effektiv entdeckt würden. Das impliziert aber doch, dass Betrug beim Bezug von Hartz-IV der Regelfall ist und einen immensen Schaden anrichtet.
Ein Blick auf die Zahlen offenbart aber, dass es sich beim Schaden durch Betrug bzw. Falschangaben (muss ja nicht immer und ausschließlich böser Wille dahinterstecken, da kämen wir ja in den Kindergarten ;-)) um Peanuts handelt: Der entdeckte Schaden durch den automatisierten Datenabgleich mit anderen Behörden betrug 2011 60 Millionen Euro, zwar eine ziemliche Stange Geld, aber verteilt auf 117.000 Fälle, d.h. durchschnittlich erhielten die betrügenden Sozialhilfeempfänger 43 € zu viel pro Monat, also Beträge, die von den hunderttausenden Euro im Fall Kaplan weit entfernt sind. Insgesamt wurden 2011 12,3 Mia. € für 4,5 Mio. Hilfebedürftige ausgegeben, die 60 Mio. machen davon etwa ein halbes Prozent aus. Wir reden da also, auch wenn 117.000 Fälle keine Einzelfälle mehr sind, über einen vernachlässigbaren Bruchteil und werden über schärfere Kontrollen oder gezieltere Vergabe kaum etwas drehen können, auch dann, wenn wir eine hohe Dunkelziffer annehmen.
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Re: Wie lange können wir uns noch den Wohlfahrtsstaat leiste

Beitragvon webe » Fr 7. Sep 2012, 22:48

Ich habe das Gefühl, dass die Gottlosen unsozialer und mehr an das Füllen des eigenen Geldbeutel denken als die Gottbezogenen.

Wen wir uns den Wohlfahrtsstaat nicht mehr leisten konnen, dagegen ihm Gegenzug die Grosskapitalisten, jene kleine Minderheit die den grössten Kapitalanteil kontrolliert, dann muss der Staat aufgelöst werden!

Auf einer Art verstehe ich, dass die Menschen eher zu Religionen sich hingezogen fühlen, wie zum Atheismus: Das Erstere hat wohl ein sozialeres Gesicht! :kopfwand:
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Re: Wie lange können wir uns noch den Wohlfahrtsstaat leiste

Beitragvon mat-in » Fr 7. Sep 2012, 23:01

Es gibt schöne Studien, daß religiöse weniger spenden (angebotene erklärung: sie sehen das als läßtige Pflicht) als Atheisten... also nicht von den par wenign die hier laut sind verallgemeinern.
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Re: Wie lange können wir uns noch den Wohlfahrtsstaat leiste

Beitragvon provinzler » Sa 8. Sep 2012, 01:57

Nanna hat geschrieben:Ja, aber wie lösen? Alte Leute, die sich nicht mehr selber durch Erwerbstätigkeit selbst versorgen können, müssen ja irgendwoher das Geld für ihren Lebensunterhalt bekommen. Die Erhöhung des Renteneintrittsalters und die Schaffung besserer Arbeitsbedingungen für ältere Mitarbeiter in Unternehmen erscheinen mir als wichtiger Baustein, aber für diejenigen, die tatsächlich Rente beziehen müssen und nicht mehr produktiv tätig sein können, müssen wir das Geld ja irgendwoher auftreiben. Ich bin kein Spezialist, aber sind private Vorsorgesysteme dem staatlichen Solidarsystem überlegen (und woher weiß der durchschnittliche Verbraucher, ob er ein wirklich zukunftsfähiges Angebot erhält oder nur das Geld aus der Tasche gezogen bekommt? Übermäßige Kompetenz in komplizierten Finanzprodukten kann man dem Normalbürger realistischerweise nicht abverlangen, und genau dafür haben wir ja auch die moderne Arbeitsteilung)?


Es gibt Länder, die mit der Umstellung auf primär privat organisierte Rentenversicherungen gute Erfahrungen gemacht haben, das bekannteste davon sicherlich Chile. Wobei ich mir nicht zutraue zu beurteilen, ob das primär an der Versorgerungsart selbst oder an dadurch ausgelösten positiven Zweiteffekten liegt. Wenn Arbeitnehmer über ihre Pensionsfonds massiv an Unternehmen beteiligt sind, nehmen die Friktionen zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern tendenziell ab und verschwinden damit verbundene volkswirtschaftliche Kosten. Letztlich hängt aber auch jede private Vorsorge, respektive Kapitalmarktbasierte Vorsorge letztlich an der Willkür die Regierung wie jüngst Argentinien bewiesen hat, das kurzerhand die Pensionskassen seiner Bürger "rettete" (in diesem Fall eine zynische Beschreibung für enteignen) um an Devisen zu kommen. Letztlich wird bei uns keine Alternative zu substantiellen Absenkungen der staatlichen Rentenniveaus bleiben, weil sonst die Beiträge zu hoch werden (und um webe zuvorzukommen, Reiche und Millionäre gibts schlicht zu wenig, um den Kohl fettig zu machen. Die Grundschulfertigkeiten in Mathematik scheinen so manchen Sozialpolitiker und -funktionär bereits zu überfordern). Ich kann mir nicht vorstellen, dass unsere Generation in der Erwerbstätigkeit 40% und mehr für die Rentner abknöpfen lassen wird. Und nochmal, Reiche und Millionäre gibts zu wenige, um damit 30-35 Millionen Renten nennenswert zu erhöhen, selbst wenn wir die komplett enteignen...
Den Umstieg in andre Systeme hätte man vor 30 Jahren tun müssen, jetzt isses zu spät, weil die Ansparphase zu kurz ist...
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Re: Wie lange können wir uns noch den Wohlfahrtsstaat leiste

Beitragvon Zappa » Sa 8. Sep 2012, 10:38

Gandalf hat geschrieben: Hab ich was verpasst?


Wohl eher verdrängt: http://www.forum.brights-deutschland.de/viewtopic.php?f=29&t=4207&p=90362#p90362

Im Übrigen verstehe ich zumindest soviel von Popper, das damit deine These falsifiziert wäre :mg:
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Re: Wie lange können wir uns noch den Wohlfahrtsstaat leiste

Beitragvon stine » Sa 8. Sep 2012, 10:50

webe hat geschrieben:Das man mit Hartz-Gelder anständig leben kann, halte ich für verfehlt.

Jeder Arbeitgeber setzt heutzutage eine Mobilität voraus: Auto, Telefon, Internet.

Körperliches Fitsein und gesunde und ausreichende Ernährung kostet Geld.

Der Mensch hat auch noch eine Seele, die man pflegen muss, wenn man gesund bleiben will.

Heizung und andere Energien, ausreichender und menschenwürdiger Wohnraum kostet Geld.

-Für einen einzelnen Menschen ist eine zwei Zimmerwohnung kein Luxus!

Hast du dir deinen Hartz4 Satz, im Falle dessen, schon mal ausgerechnet?
Der Wohnungsanspruch in Quadratmetern richtet sich nach der Kopfzahl in der Familie und die Miete inkl Nebenkosten (also auch Heizung) übernimmt das Jobcenter.
Körperliche Fitness muss übrigens nicht immer was kosten. Durch die Gegend joggen kann jeder, so oft er möchte.

http://www.geldsparen.de/inhalt/rechner/Soziales/ALG2rechner.php#

LG stine
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