Die glorreichen "Wirtschaftsweisen"

Die glorreichen "Wirtschaftsweisen"

Beitragvon Malone » Do 21. Jun 2007, 17:23

Yep, nu ist es raus. Die kapitalismusnahe OECD hat in einer empirischen Studie endgültig bestätigt, dass Marktradikalität der einzige Weg für einen Staat ist, in einer globalisierten Welt zu überleben. Also, je offener die Märkte, je deregulierter die Wirtschaft und je geringer die Wohlfahrt, desto größer der Wohlstand für die gesamte Nation!

Für Deutschland sind dies Ergebnisse, die die seit Jahren vorherrschende Politik der Lohnzurückhaltung, der Abschaffung oder Kürzung wesentlicher Komponenten des Sozialstaates und den sogenannten „Sachzwang“, in Zeiten der real existierenden Globalisierung den Gürtel wegen der Konkurrenzfähigkeit enger zu schnallen, konterkarieren.


Konterkarieren heißt doch bestätigen, oder? Oder? :D


PS: diese Studie ist ein glorreicher Sieg für die Matrix von Ars Regendi, die in allen Fällen zu tendenziell gleichen Ergebnissen kommt.
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Re: Die glorreichen "Wirtschaftsweisen"

Beitragvon LinuxBug » Do 21. Jun 2007, 17:31

Malone hat geschrieben:Konterkarieren heißt doch bestätigen, oder? Oder? :D


Konterkarieren bedeutet hier durchkreuzen :/
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Beitragvon Andreas Müller » Do 21. Jun 2007, 17:34

Also, Malone meint das ironisch, ich glaube, das ist etwas uneindeutig. =)

- Staatliche Arbeitsmarktmaßnahmen, die Arbeitsplätze im regulären Lohnsektor schaffen, wirken sich nicht negativ auf die Produktivität aus und haben einen positiven Einfluss auf das Bruttoinlandsprodukt.

- Arbeitsplatzmaßnahmen im „zweiten Arbeitsmarkt“ mit niedriger Entlohnung haben keine positiven Einflüsse.

- Die Annahme, nur Staaten mit einer marktorientierten Politik (minimale Wohlfahrt und minimale Regulation der Wirtschaft) könnten positive Auswirkungen auf dem Arbeitsmarkt und eine gesteigerte Arbeitsproduktivität erreichen, lässt sich in den OECD-Untersuchungen nicht bestätigen. Im Gegenteil, OECD-Staaten mit einer starken Wohlfahrtspolitik und wirksamen Regulationen konnten im OECD-Vergleich die gleichen Wirtschaftswachstumszahlen verbuchen.

- Eine Arbeitsmarktpolitik, die auf eine Qualifizierung der Werktätigen und Arbeitslosen abzielt, hat die besten Chancen nachhaltige Erfolge zu erzeugen. Das Geld für solche Maßnahmen ist gut investiert, da es sich über ein gesteigertes Wirtschaftswachstum doppelt auszahlt.

- Lohnsteigerungen im Niedriglohnbereich und im mittleren Lohnbereich haben positiven Effekt auf die Produktivität. In der langfristigen Entwicklung erzeugen 10% Lohnsteigerung in diesen Bereichen eine Produktivitätssteigerung von fast 2%, wobei diese die höheren Löhne bereits beinhaltet.

- Maßnahmen, die die staatliche Unterstützung von Arbeitslosen herunterfahren, haben eine negative Auswirkung auf die gemessene Arbeitsproduktivität.

- Länder mit marktorientierter Wirtschaftspolitik können im Vergleich eine höhere (0,4%) Arbeitsproduktivität aufweisen, haben aber dafür eine geringe Zahl (-0,6%) an vollwertigen Arbeitsplätzen. Aus diesen beiden Faktoren ergibt sich ein um 0,2% geringeres jährliches Wirtschaftswachstum.

- Die Anzahl der Werktätigen/Arbeitslosen korreliert nicht mit der Marktöffnung eines Landes.

- Das Lohnwachstum in einer Gesellschaft korreliert ebenfalls nicht mit der Marktöffnung.
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Beitragvon Klaus » Do 21. Jun 2007, 17:35

Im Neoliberalismus ist der Staat das Problem, nicht die Lösung. Dieser gehört abgeschafft, nach deren Auffassung.
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Beitragvon LinuxBug » Do 21. Jun 2007, 17:38

Ironie ist ein Stilmittel, das man nicht überall (insbesondere nicht wenn Neoliberale anwesend sind) benutzen sollte, einfach weil es immer sofort erkannt und durchschaut wird. =)

@Klaus
Neoliberalismus=Anarchokapitalismus? :wink:
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Beitragvon Klaus » Do 21. Jun 2007, 17:40

@LinuxBug, da stimme ich dir zu, vollkommen. :2thumbs:
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Beitragvon Andreas Müller » Do 21. Jun 2007, 17:42

Da gefällt mir die Unterscheidung Libertär/Anarchistisch allerdings besser. Häufig wird Libertär als unter anderem Wirtschaftsliberal definiert.
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Beitragvon Münchhausen » Do 21. Jun 2007, 17:44

@Klaus

Nein, im Neoliberalismus soll der Staat gemäß dem Wächterstaat von Adam Smith (Welt of Nations) alle Einflüsse in der Wirtschaft liberalisieren also entfernen und gleichzeitig für eine Stabilität des Staates auf militärischer und polizeilicher Basis sorgen. Im Buch "Das Kapital für Anfänger" wird sogar davon gesprochen dass der Staat zur Melkkuh werden sollen welche zum einen Alle Eingriffe in den Markt abbricht und zum anderen soziale Ungleichheiten und Preisstabiliserung betreiben soll (Durch aufkauf von Massenproduktion wie es in der EU mit Lebensmitteln der Fall ist)

Jean Ziegler ist auf dem Gebiet recht gut drauf, hat auch ein paar gute Bücher dazu geschrieben (Die neuen Herscher der Welt und ihre globalen Widersacher / Das Imperium der Schande)

mfg
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Beitragvon Klaus » Do 21. Jun 2007, 18:05

Michael Rösch/Uni Tübingen hat geschrieben:"In economic terms, the state is part of the problem, not the solution." (Green 1995, S. 245). Jede Staatstätigkeit, die über ein absolutes Mindestmaß hinausgeht, ist in der Theorie des Neoliberalismus verfehlt und überzogen. Dieses Mindestmaß besteht in der Gewährleistung von Chancengleichheit, Schutz des Individuums, der Verhinderung von Diskriminierung und Sicherstellung der notwendigen Rahmenbedingungen eines freien Marktes.

Diskriminierung bedeutet für Friedman allerdings nur ein Eingriff in die Chancengleichheit. Ein Beispiel hierfür wäre ungleiche Besteuerung. Diese ist für den Neoliberalismus, genauso wie Zölle prinzipiell eine Diskriminierung derer, die davon betroffen sind. Deshalb ist es ein Ziel dieser Theorie Steuern und Zölle so weit wie möglich zu reduzieren. Der einzig legitime Eingriff des Staats in die Wirtschaft ist für Friedman die Verhinderung von Monopolen, die zu einer Verzerrung der Marktverhältnisse führen müsse.

Hier liegt augenscheinlich die größte Diskrepanz zwischen Friedmans Theorie und der praktischen Umsetzung seiner Schüler in Chile. Die "Chicago Boys" akzeptierten in Chile ein äußerst autoritäres und repressives Regime zur Durchsetzung ihres Modellversuchs. Dieses Paradoxon löst sich jedoch bei genauerer Betrachtung sehr einfach auf, da zur Realisierung so weitreichender Umgestaltungen im wirtschaftlichen und zwangsläufig auch im gesellschaftlichen Bereich ein starker Staat zumindest zu Beginn unerläßlich ist. Die Akzeptanz dieses nur wirtschaftlich liberalen Staates in Chile zeigt deutlich auf, daß die neoliberale Theorie in nur wenigen, eben den wirtschaftlichen Punkten wirklich als Liberalismus zu bezeichnen ist. Die Rolle des Staats im Neoliberalismus ist am ehesten mit dem Minimalstaat Nozicks zu vergleichen, allerdings mit dem Unterschied, daß in der praktischen Anwendung ein autoritärer oder totalitärer Staat akzeptiert wird.

Auch von den "Chicago Boys" selbst wurde die Regierung Pinochets positiv bewertet und sogar als Voraussetzung für ihre Umgestaltung angesehen. Beispielsweise erklärte De Castro, ein Mitglied dieser Gruppe in "El Mercurio" vom 15. Februar 1976, "..., daß die wirkliche Freiheit der Person nur mit einer autoritären Regierung garantiert wird, die die Macht mittels Normen ausübt, die für alle gleich sind" (zitiert nach Valdés 1995, S. 51). Dieses Zitat untermauert zum einen die oben aufgestellte These, daß der Neoliberalismus den Liberalismus fast vollständig auf seine ökonomische Komponente reduziert, und zum anderen ist es Beleg für ein weitgehendes Bündnis zwischen den Ökonomen auf der eine Seite und der Militärjunta auf der anderen Seite..


Mit dieser Auffassung gehe ich konform.
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Beitragvon Münchhausen » Do 21. Jun 2007, 18:13

ein rein wirtschaftlich liberaler Staat kann sich soziale Auflagen oder Bedingungen kaum leisten,

Dieses Mindestmaß besteht in der Gewährleistung von Chancengleichheit, Schutz des Individuums, der Verhinderung von Diskriminierung und Sicherstellung der notwendigen Rahmenbedingungen eines freien Marktes.


Chancengleicheit wäre wieder ein Wort für ne ordentliche Wortklauberei, die Flat Tax ist aus meiner Sicht auf jeden Fall nicht gleich, die Gewinner einer Flat Tax sind die Verlierer einer stufengesetzer Steuer, und diese garantiert bzw. muss für einen sozialen Wohlfahrtsstaat herhalten.
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Beitragvon Klaus » Do 21. Jun 2007, 18:47

@Münchhausen, d´accord.
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Beitragvon [C]Arrowman » Do 21. Jun 2007, 20:15

Das staatliche Subventioniewren von billiglöhnen nur um die Statistik zu schönen gehört wohl zum größeren mist in der Geschichte der BRD. Das dabei nichts rum kommt als ein paar Arbeitslose in Warteschleife war abzusehen.

Trotzdem kann ich mir den eindruck nicht entziehen, dass die KLeute von diesem Blog so laut blöcken, eben weil sie keine Ahnung haben...

@ Klaus

Beispielsweise erklärte De Castro, ein Mitglied dieser Gruppe in "El Mercurio" vom 15. Februar 1976, "..., daß die wirkliche Freiheit der Person nur mit einer autoritären Regierung garantiert wird


denk lieber noch darüber nach...

"In economic terms, the state is part of the problem, not the solution." (Green 1995, S. 245). Jede Staatstätigkeit, die über ein absolutes Mindestmaß hinausgeht, ist in der Theorie des Neoliberalismus verfehlt und überzogen. Dieses Mindestmaß besteht in der Gewährleistung von Chancengleichheit, Schutz des Individuums, der Verhinderung von Diskriminierung und Sicherstellung der notwendigen Rahmenbedingungen eines freien Marktes.

- Damit gehe ich konform

Die Liste selbst sehe ich zwiegespalten, vieles von dem würde ich zustimmen (mehr Fortbildung, abschaffung des "zweiten Arbeitsmarktes", anderem aber nicht. [ Wir brauchen einen positiven Terminus für (neo-)liberal, den der Begriff ist zu sehr mit Vorurteilen nud Halb (Un-)wissen behaftet]

Was Deutschland noch machen sollte, wäre dringends die lebenserhaltetenden Subventionen für tote branchen abschaffen (Kohlebregbau, Agrasubventionen, Brantweinmonopol) und das Geld lieber für Sachen verwenden die wir wirklich brauchen werden, wie alternative Energiquellen.
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Beitragvon 1von6,5Milliarden » Do 21. Jun 2007, 21:14

[C]Arrowman hat geschrieben:Das staatliche Subventioniewren von billiglöhnen nur um die Statistik zu schönen gehört wohl zum größeren mist in der Geschichte der BRD.
Die selben Personen fürs Arbeitslossein subventionieren wäre besser? So arbeiten sie wenigstens, sind also in deiner Weltsicht schon etwas mehr wert, auch wenn der Wert zum Teil vom Steuerzahler erbracht wird.
Nur um die Statistik zu schönen, hat man früher Milliarden in Fortbildungsmaßnahmen gepumpt, egal wie man zum Kombilohn steht, der ist auf jeden Fall besser (kostet weniger), kann also nicht zum größten Mist gehören.
[C]Arrowman hat geschrieben:Das dabei nichts rum kommt als ein paar Arbeitslose in Warteschleife war abzusehen.
Soll dies der ganze Satz sein oder sind Arbeitnehmer (die Arbeiten tatsächlich) in Kombilohnjobs für dich alles nur Arbeitslose (was sie definitiv nicht sind) in der Warteschleife?

Du solltest bedenken dass dabei weniger die Arbeitnehmer subventioniert werden, sondern eigentlich die Industrie, die Arbeitgeber.. Deshalb mögen es manche Neo-Liberale in der Praxis dann doch. *bg* Für den Lohn (ohne Subvention) würde auf die Dauer dann doch kaum einer arbeiten, da so viel Geld das Sozialsystem auch anderweitig ausspucken würde (ohne Arbeit). (Was durchaus hinterfragt werden darf).

[C]Arrowman hat geschrieben:Trotzdem kann ich mir den eindruck nicht entziehen, dass die KLeute von diesem Blog so laut blöcken, eben weil sie keine Ahnung haben...
Warum solltest du dir den Eindruck auch entziehen, wo er dir doch so gefällt. :^^:
Bist doch kein Masochist, oder?
Und laut blöken ohne Ahnung scheint nicht so selten zu sein.

[C]Arrowman hat geschrieben: Jede Staatstätigkeit, die über ein absolutes Mindestmaß hinausgeht, ist in der Theorie des Neoliberalismus verfehlt und überzogen.
Deshalb sind die Neoliberalen auch so erstaunt, dass es Staaten mit sehr hoher Staatsquote gibt, die besser abschneiden, als es die neoliberale Theorie zulassen will. :erschreckt:
Aber denen willst du es ja austreiben wenn du mal studiert haben wirst. :up:
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Beitragvon [C]Arrowman » Do 21. Jun 2007, 21:23

nun es wundert mich selbst, da das der Logik widerspricht und mE der Menschlichen Natur widerspricht.

Studieren werde ich aber etwas wo ich mich auf Logik verlassen kann, nämlich Informatik.
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Beitragvon 1von6,5Milliarden » Do 21. Jun 2007, 21:37

[C]Arrowman hat geschrieben:nun es wundert mich selbst, da das der Logik widerspricht und mE der Menschlichen Natur widerspricht.
Es sieht tatsächlich ungewöhnlich aus, aber es ist.
Aber es bedeutet natürlich nicht, dass sie nur wegen der hohen Staatsquote so gut dastehen, aber es sieht so aus, als dass dann wenn ein System von der Bevölkerung zumindest weitgehend genug akzeptiert wird, es auch erfolgreich sein kann, selbst wenn es viele Wirtschaftstheoretiker dies so nicht eingeplant haben.
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Beitragvon [C]Arrowman » Do 21. Jun 2007, 21:41

Schon klar "Brot und Spiele" :^^:
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