Kirchenaustritt durch Exkommunikation?

Kirchenaustritt durch Exkommunikation?

Beitragvon Kurt » Fr 4. Mai 2007, 12:23

Hi Leute,

mal eine "rechtliche" Frage. Ich trage mich gerade mit dem Gedanken, aus der katholischen Kirche auszutreten, weil mein Karteileichendasein gegen sämtliche meiner Prinzipien verstößt. Genauso geht es mir gegen den Strich, dass ich für den Austritt (bzw. die notarielle Bescheinigung) zahlen soll, obwohl ich nie willentlich beigetreten bin. Jetzt frage ich mich, ob ich mich nicht einfach rausschmeißen lassen kann. Laut Wikipedia ist Apostasie ein Grund für die Exkommunikation, und ich glaube bekanntlich an das fliegende Spaghettimonster. Wohin muss ich mich wenden, um meinen Glaubenswechsel amtlich mitzuteilen und kriege ich eine Rausschmissbescheinigung, die steuerlich wirksam ist?

Viele Grüße,
Kurt
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Beitragvon Kival » Fr 4. Mai 2007, 12:38

Nein. Der staatliche Kirchenaustritt muss beim entsprechenden Amt abgeleistet werden. Die "Bearbeitungsgebühr" lässt sich so nicht umgehen.

Exkommunikation =/= amtlicher Kirchenaustritt (in BEIDE ! Richtungen)

In welchem Bundesland wohnst Du? Dann kann ich Dir auch genauere Informationen geben.
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Beitragvon Kurt » Fr 4. Mai 2007, 12:46

Ich wohne in Bayern. Der normale Weg des Austritts ist mir bekannt, dann werde ich das wohl so machen. Dass man bei einem Austritt nicht automatisch exkommuniziert wird, weiß ich auch, nur in die andere Richtung hab ich nichts gefunden. Meiner Logik nach kann man ja die Konfession durch eine reine Willensbekundung wechseln, nur wegen der Steuer/der Beurkundung werden die Kosten fällig. D.h. wenn ich eine ordentliche Beurkundung habe, dass ich nicht mehr der K.K. angehöre, müsste das ausreichen. Hab aber noch keine derartigen Fälle gefunden
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Beitragvon HF******* » Fr 4. Mai 2007, 14:40

Hallo!

Ich habe jetzt zwar keine Grundsatzentscheidung parat, aber wenn Du rausgeworfen wirst, müsste die Kirche Dich eigentlich auch bei dem Amt abmelden. Ansonsten steht weiterhin Deine Religionszugehörigkeit auf Deiner Steuerkarte - und dann dürfte die Kirche erst recht Probleme bekommen, wenn Sie Dir ihre Leistungen versagt, aber Geld dafür abkassiert: Das wäre dann mal einen groooooßen Zeitungsartikel wert.

Ich gehe davon aus, dass Du keinen Abmeldungsbetrag bezahlen musst, wenn die Kirche Dich abmeldet. Das Amt wird eigentlich immer erst tätig, wenn es das Geld gesehen hat. Ansonsten würde ich es auf einen Prozess ankommen lassen: Ich helfe gerne, Unterstützung vom Ibka kann es auch geben: Möglicherweise hat aber Kival Recht, auch wenn es eine Sauerei wäre, wenn man auch bei Exkommunikation zahlen müsste. Wenn das so wäre, wäre es interessant, ob die Gerichte es auch dann so sehen würden, wenn die Kirche ihre Meinung zu einem Thema ändert und Du diese Änderung strikt nicht mitträgst und daraufhin exkommuniziert wirst.

Ein Rauswurf dürfte doch eigentlich gar nicht schwer sein: Du schreibst einfach einen Brief an den Pfarrer, in dem Du ihn über die reale Existenz der Gottheit und das nicht existierende Leben nach dem Tode aufklärst. Dann werden Sie Dich persönlich vorladen, wobei keine Verpflichtung zu irgendeiner Diskussion besteht. Wenn Du die Aussage nicht widerrufst, müssten Sie Dich eigentlich schon anhand schriftlicher Erklärung rauswerfen: Ansonsten hat der Pfarrer das unter den Tisch fallen lassen, dann würde ich an höhere Stelle schreiben. Wenn sie es dann auf sich beruhen lassen, spricht das sehr positiv für die Kirche, wie ich finde: Dann sollte man das vielleicht auch der Presse mitteilen?

Noch besser wäre es allerdings, wenn Du Streit anzettelst wegen eines strittigen Themas, etwa Sex vor der Ehe oder Kondomen oder wegen des Verhältnisses zu Homosexuellen, weil sich das dann ausschlachten lässt, selbst wenn Du dann doch die Ummeldungsgebühr bezahlen musst.
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Beitragvon HF******* » Fr 4. Mai 2007, 14:51

Ich habe eine Anfrage an den IBKA gerichtet, obwohl ich die Rechts-AG des IBKA bin :kopfwand:

Der IBKA strebt allgemein die Überprüfung der Austrittsgebühr auf ihre Verfassungsmäßigkeit an:
Der IBKA schreibt:
Der IBKA strebt eine verfassungsrechtliche Überprüfung der Kirchenaustrittsgebühren an. Da nur unmittelbar Betroffene klagen können, braucht es hierzu eine/n Betroffene/n, der/die bereit ist, einen derartigen Prozess mit unserer Unterstützung zu führen. Der IBKA verfügt für derartige Fälle über einen Rechtshilfefonds.

Wenn Sie von der Austrittsgebühr betroffen und bereit sind, sich um der Religions- und Weltanschauungsfreiheit willen auf einen längeren Prozess einzulassen, setzen Sie sich bitte mit uns in Verbindung.
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Beitragvon Kival » Fr 4. Mai 2007, 15:28

Sünden führen zur Selbstexkommunikation. Die meisten Katholiken waren schon einmal Exkommuniziert durch ihre Sünden, aber durch die Beichte werden sie dann wieder aufgenommen.

Ansonsten: Ich wollte auch gleich noch beim Vorstand nachfragen, wie das denn nun wirklich aussieht, ich bin mir aber ziemlich sicher, hatte nämlich damals ähnliche Gedankenspiele.

PS: @HFRudolph Du bekommst nachher noch eine PN von mir....

EDIT: Um exkommuniziert zu werden, müsste ich nur ein paar Dinge erzählen. Selbst ohne "Gottesleugnung" =)
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Beitragvon Kurt » Fr 4. Mai 2007, 15:38

Hab die Frage nochmal bei den "Profis" gestellt und eine recht klare Antwort bekommen:

Vielleicht kannst du die Kirchenleute davon überzeugen, dich zu exkommunizieren, aber das nützt dir nichts, weil das kein Rausschmiss ist, sondern eine "Kirchenstrafe": Du bist weiter Mitglied, aber darfst nicht am Gemeindeleben teilnehmen.

Im Klartext: Kirchensteuerzahlung ohne irgendeine Gegenleistung.

Vergiss es also!


siehe: Forum Kirchenaustritt.de

Edit: Wikipedia sieht das genauso, man bleibt Mitglied, darf aber nicht mehr "mitmachen". Saubere Schei*e.
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Beitragvon 1von6,5Milliarden » Fr 4. Mai 2007, 16:04

Auch wenn ich kein Wiki-Gläubiger bin, hier stimmt es m.W.:
"In der römisch-katholischen Kirche bedeutet Exkommunikation nicht den Ausschluss aus der Kirche, sondern den Verlust der Kirchengemeinschaft und damit gewisser Rechte innerhalb der Kirche. Der Exkommunizierte ist nicht berechtigt, die Sakramente oder Sakramentalien zu empfangen, außerdem darf er kein kirchliches Amt ausüben."
Exkommunikation führt nicht zum Ausschluß aus der Kirche, ein Austritt aus der Kirche führt aber zur Exkommunikation.

Glücklich wer nie eingetreten wurde :^^:
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Beitragvon Joe » Fr 4. Mai 2007, 18:55

Der Kirchenaustritt ist ein Akt, der gegenüber staatlichen Behörden (Standesamt oder Amtsgericht) erklärt wird. Dafür verlangen diese Behörden Bearbeitungsgebühren. Grund dafür ist der Kirchensteuereinzug, der durch staatliche Gesetze geregelt wird. Der Kirche wird dieser Austritt nachher nur mitgeteilt, sie nimmt diese Erklärung nur zur Kenntnis. Die katholische Kirche betrachtet die Kirchenmitgliedschaft aber als unauflöslich, genauso wie die Ehe oder andere "Sakramente".

@ Kurt
Wichtig ist, dass du deine Kirchenaustrittserklärung dein Leben lang aufbewahrst. Denn du bist nur dann von der Kirchensteuer befreit, wenn du deinen Kirchenaustritt nachweisen kannst. Es könnte theoretisch vorkommen, dass nach Jahren noch Kirchensteuer festgesetzt wird, wenn deine Kirchenaustrittserklärung nicht mehr auffindbar ist. Denn wenn die Kirche von dir Steuern will, ist nicht sie verpflichtet, deine Mitgliedschaft nachzuweisen, sondern du musst deinen Austritt nachweisen. Eigentlich verrückt, aber so ist in Deutschland die Rechtslage.
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Beitragvon Kival » Fr 4. Mai 2007, 19:09

Sach ich doch. =) (HFRudolph ist theoretisch dabei Profi und ich immerhin Halbprofi)
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Beitragvon Kurt » Fr 4. Mai 2007, 23:37

Ok, dann ist die Sache für mich erledigt. Ich werde den konventionellen Weg des Austritts gehen und auf den Spaß des Hinausgeschmissenwerdens verzichten. Um die paar Euro für den Stempel geht es mir eh nicht. Danke an alle für die Erläuterungen und besonders an Holger für die PNs. :-)

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Beitragvon Tom K » Sa 5. Mai 2007, 12:57

Hallo,

nur mal nebenbei: Die "Bearbeitungsgebühr" zum Kirchenaustritt ist m.W. noch nicht sehr alt. Erst mit stetig steigenden Austrittszahlen sind die Länder wohl auf diese Einnahmequelle gestoßen.
Ich bin Anfang 1991 in Hessen aus der Kirche ausgetreten und es hat mich, um einen Studienkollegen zu zitieren, "ein müdes Gesäßrunzeln" gekostet.

Wohl auch ein Fall von "Wer zu spät kommt..." :rollsmilie3:
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Beitragvon HF******* » So 6. Mai 2007, 18:06

Der IBKA hat bestätigt, dass die Exkommunikation gerade kein Rauswurf aus der Kirche ist, sondern lediglich ein Ausschluss vom Abendmahl. Insofern betrifft die Exkommunikation auch die Steuerpflicht nicht.

Ich denke aber, dass es auch im Interesse der Kirche sein sollte, Kirchenmitglieder komplett auszuschließen:

Die "Exkommunikation" wird allgemein - d. h. von der Presse - als Ausschluss aus der Kirche
gewertet. Ich kann mir auch schwer vorstellen, dass es der Kirche recht wäre, wenn dann
Atheisten (oder aus kirchlicher Sicht Schlimmeres: Satanisten?) beim Gottesdienst auftauchen und vorher
und Nachher Diskssionen anzetteln würden - sie brauchen gar nicht am Abendmahl
teilzunehmen.

Die Kirche muss insofern Möglichkeiten haben, einen kompletten Ausschluss
herbeizuführen: Ansonsten könnte man auch als offizielles Kirchenmitglied entsprechende
Leserbriefe verbreiten u. s. w.

Für die Kirchen wäre es auch von der Öffentlichkeitsarbeit her kontraproduktiv, wenn sie eine
Person exkommunizieren würde und gleichzeitig Gelder einziehen lässt: Das wäre für die
Presse wiederum eine gute Schlagzeile gegen die Kirche.

Bezüglich der Frage setze ich mich mit Kirchenvertretern in Verbindung und halte Euch auf
dem Laufenden. Die Idee finde ich nach wie vor gut.
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Beitragvon Kurt » So 6. Mai 2007, 18:12

HFRudolph hat geschrieben:Ich denke aber, dass es auch im Interesse der Kirche sein sollte, Kirchenmitglieder komplett auszuschließen[...]


Wikipedia hat geschrieben:In der römisch-katholischen Kirche bedeutet Exkommunikation nicht den Ausschluss aus der Kirche (der kirchenrechtlich unmöglich ist)


Interesse hin oder her, da muss wohl erst der Vatikan seine eigenen Gesetze anpassen. Und darauf warte ich lieber nicht. ;-)
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Beitragvon HF******* » So 6. Mai 2007, 18:24

@Kurt: Für Deine persönliche Entscheidung habe ich vollstes Verständnis - die Frage stellt sich aber immer wieder, ob man die Kirchenaustrittgebühr umgehen kann und wie die Kirche mit Andersdenkenden umgeht - ich finde die Frage auch aus taktischen Gründen hochinteressant :^^:
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Beitragvon Kival » So 6. Mai 2007, 18:40

Es gibt keinen Kirchenausschluss im katholischen Kirchenrecht. Die Taufe ist nicht rückgängigmachbar. Ex-Kommunikation ist der Ausschluss aus der Gesellschaft und dem Abendmahl etc., die jederzeit durch Beichte und echte Reue wieder rückgängigmachbar ist (manchmal auch etwas mehr von nöten).
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Beitragvon HF******* » So 6. Mai 2007, 19:16

@Kival: Das heißt, jemand könnte als Satanist Mitglied der katholischen Kirche sein, den Gottesdienst besuchen, "beichten" gehen u. s. w., satanistische Leserbriefe oder Politik machen und nebenher kundtun, Mitglied der katholischen Kirche zu sein?
Wenn man einmal Mitglied ist, werden die einen nicht wieder los? Das wäre ja wirklich eine geradezu erstaunliche Toleranz und Nächstenliebe... :irre:
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Beitragvon Kival » So 6. Mai 2007, 22:48

Nein, die Exkommunikation schließt jemanden aus der Gesellschaft aus. Er kann aber jederzeit durch Beichte (katholisch) in die Arme der Kirche zurück. Und wie gesagt. Man exkommuniziert sich meinst selber durch seine Taten und muss nicht extra von einem Kirchenoberen exkommuniziert werden. - Wie es dann praktisch aussieht, weiß ich aber nicht. Die meisten Satanisten wollen nicht mehr in die Kirche, daher..
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Beitragvon Andreas Müller » Mo 7. Mai 2007, 00:42

Wer getauft wurde bleibt sein Leben lang Katholik und es gibt nichts, was man dagegen tun könnte. Man darf auch jeden anderen taufen, der dann ebenfalls lebenslänglich zum Katholizismus verdammt ist. Alles andere sind nur Formalitäten, aber das ist der Glaube.
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Beitragvon HF******* » Mo 7. Mai 2007, 08:49

@Autor: Man bleibt "getauft", ebenso wie jemand immer der Geschlagene bleibt, wenn man ihn schlägt.

Katholisch bleibt man dann noch lange nicht, eine solche Behauptung durch die Kirche wäre wohl auch unzulässig. Ich denke, dass sie es derart abstrakt formulieren, dass es eine Provokation ist, rechtlich aber durchgeht...
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