laie hat geschrieben: Die existentiellen Fragestellungen sind unabhängig vom Glauben? Boah! Dann sind ja sogar Atheisten und Andersgläubige auch zu diesen Fragen (und wohlmöglich sogar zu Antworten) fähig!
Ja natürlich. Warum auch nicht? Hat man dir etwa etwas anderes erzählt? Jeder kann und soll sein Glück versuchen.
Erscheint dir dein Predigen in diesem Zusammenhang dann nicht etwas sinnlos? Erst recht, wenn du nicht argumentierst, nicht vergleichst?
laie hat geschrieben:Nun, ich denke nicht, dass die von dir aufgezählten "Philosophien" oder Denksysteme eine Antwort auf die Frage nach der Grundangst vor der Vergänglichkeit geben. Das ist einfach nicht ihr "Gebiet". Sie geben natürlich irgendwelche Antworten auf irgendwelche Fragen, aber eben nicht auf diese Frage. Wie siehst du das?
Natürlich geben sie Antworten, solchen wie dir passen sie einfach nicht, sie sprechen ferner ihnen die Berechtigung ab, dazu Stellung nehmen zu dürfen. Aber diese Fragestellungen sind eben nicht ausschließlich dem metaphysischen Mist zuzuordnen, ich kann aus diversen Perspektiven diese Frage beleuchten. Z.Bsp. würden viele den Utilitarismus (also hier im Forum) als Grundlage für das aktuelle Rechtswesen betrachten. Die viel gelobte goldene Regel beruft sich letztlich auch auf den Utilitarismus (die Nützlichkeit, speziell für den Menschen). Eine säkulare Verfassung hat damit eine klare Verbindung zum Utilitarismus. Der Materialismus ist ein Gegenpol zur Metaphysik. Die, die ablehnen, was schlichtweg Unfug ist, nicht nachweisbar, nicht einsehbar hergeleitet oder unbegründet ist, sind eher Materialisten als Esotheriker, Gläubige. Damit ist der Bezug auf die irdische Welt der Materialismus, was auch Konsequenzen für die Optionen der Antworten auf die existentiellen Fragen hat. Und dass der sogenannte Naturalismus auch seine Berechtigung hat, wird dir bestimmt jeder überzeugte Bright sagen, gewiss der werte Administrator, der Moderator, usw..
Also bevor du abwertend meinst, man hätte aus diesen Perspektiven nichts dazu zu sagen, will ich eine Begründung hören. Du reist eine dreiste Behauptung an die andere.
laie hat geschrieben:Materialismus. Sagt: es gibt keine Seele, keine nicht-physikalischen Entitäten, alles ist mit Massen und Kräften erklärbar. Gut. Was bin ich dort und was habe ich zu erwarten? Als Teil eines solchen Systems bin ich buchstäblich nichts anderes als der Acker, von dem ich genommen bin. Ich muss also damit rechnen, daß ich wie ein Stück Dreck behandelt werde. Wem das reicht ...
Blödsinn. Deine erdichteten Konsequenzen sind die Propaganda der Katholiken. Die Summe einzelner Teile kann etwas anderes hervorbringen als die Teile für sich. Jedem Naturwissenschaftler ist das klar. Diverse chemische Reaktionen, die Produkte mit völlig anderen Eigenschaften hervorbringen als die Edukte sie hatten, strafen dich Lügen! Dass aus Fusion von Wasserstoff schrittweise alle Elemente entstehen, die allesamt unterschiedliche Eigenschaften aufweisen (natürlich mit Ähnlichkeiten) ist ein Beweis für deine Ignoranz! Dann gibt es noch die faszinierendsten chemischen Systeme: die biologischen. Die biologischen Systeme sind dazu fähig, der Entropiezunahme (zumindest für sich ) entgegenzuwirken, eine sonderbare, faszinierende Eigenschaft. Die komplexe Wechselwirkung mit der Umgebung basiert letztlich auf Atomen, einzelnen Elementen, Molekülen, Enzymen, Organellen, Organen, Organismen, die wesentlich komplexer sind als die jeweiligen Einzelteile. Du stehst doch auch nicht vor einem demontierten Auto und wunderst dich, wieso du damit nicht fahren kannst, oder? Mit dein Einzelteilen kannst du gar nichts anfangen, sofern du nicht Mechaniker bist und viel Zeit hast. Wenn du zur Arbeit willst, brauchst du ein komplettes, zusammengesetztes Auto. Die Wechselwirkung ist es, die das Wunder (wenn man es so nennen will als Eso) ausmacht! Keine Seele, kein göttlicher Plan. Und aufgrund der Vielfalt an Möglichkeiten, an Nutzen von verschiedenen Kombinationen an Materie, erhält selbige auch die Möglichkeit, als nützlicher betrachtet zu werden als die einzelnen Komponenten, die nicht zusammengesetzt sind (wenn man so will das "Recht" mehr wert zu sein. Allein die Ökonomie bestätigt schon diesen Mehrwert: Einzelne Rohstoffe können aufgewertet werden, nachdem sie verarbeitet wurden. Sie haben mehr Nutzen, also auch mehr Wert durch diese Verarbeitung.). Hiermit habe ich deiner unreflektierten Sicht zum Materialismus geantwortet. Von diesem System hast du zu erwarten, dass du einen Mehrwert durch deine komplexe Natur darstellst. Du bist mehr wert als die Summe deiner Teile, dennoch ist dir klar, woher du kommst, woraus du bestehst, was aus dir wird. Also nicht nur ein praktischer Nutzen, sondern ein Erkenntnisgewinn gegenüber der Religion (die dich mit Märchen füttert, um diese Antworten zu geben).
laie hat geschrieben:Naturalismus. Sagt: wir haben uns an der (belebten) Natur zu orientieren. "Schaut's euch die Tiere an, so seid's auch ihr, so müsst ihr machen!" Was bin ich dort und was habe ich zu erwarten? Da ich ein Teil der Tierwelt bin, werde ich auch wie ein Tier behandelt. Wenn es sein muss, werde ich buchstäblich "gefressen". Ist ok, der Stärkere frisst den Schwächeren, ist Evolution, sind "Klauen blutig-rot". Oder?
Und wieder eine Dartsellung deiner beschränkten Sicht auf eine dir entgegenstehende Philosophie. Die Tierwelt besteht aus weitmehr als Räuber-Beute-Beziehungen. Es gibt auch Symbiosen, Koexistenz, Kooperation. Der abstrakte Begriff "Nische" deutet auf eine Spezialisierung hin, Lebensumstände, die einzelnen Lebewesen besser passen als anderen, damit sind sie innerhalb dieser Nischen erfolgreicher, ohne Konkurrenz. Tatsächlich ist ein wichtiges Element in der Evolution die
Vermeidung von Konkurrenz, von Konflikt. Es wird einfach eine andere Nische gefunden, besetzt. Der Mensch hat nicht die gleiche oder eine ähnliche Nische besetzt wie primitive Raubtiere. Und doch gibt es welche, die zwar nicht Mensch sind, jedoch ebenso Zusammenarbeit zum eigenen Nutzen für sich entdeckten. Das mit der "Stärke" ist ein Mythos von Ungebildeten. Es heißt laut Darwinismus: Survival of the fittest. Das bedeutet: Das Überleben des Angepasstesten. Angepasstheit ist auf die Nische bezogen, auf die Spezialisierung bestimmter Umweltfaktoren. Das kann besondere Fähigkeiten wie Fliegen, unter Wasser atmen, oder Sprechen bedeuten. Der Mensch hat eine bis jetzt einzigartige Nische besetzt, die es ihm erlaubt (und es sogar fördert) zu kooperieren, den Mitmenschen gegenüber nützlich zu sein (die Kooperation kennen, wie gesagt, auch andere Tiere, aber nicht auf diesem komplexen Niveau). Von diesem System hast du zu erwarten (anders als von der Religion), dass deine Individualität deinen Vorteil bedeuten kann, du kannst dich individuell entwickeln und vielleicht hast du dadruch besondere Vorteile. Du kannst kooperieren, die Umgebung kann dir nützen.
laie hat geschrieben:Utilitarismus. Meine Lieblingsphilosphie, weil am dankbarsten. Sagt: Alles Glück hängt unmittelbar am Nützlichkeitsstreben. Wiederum die Frage: Was bin ich dort und was habe ich zu erwarten? Als Teil des Systems bin ich in letzer Konsequenz Gegenstand der Nützlichkeitserwägungen anderer Menschen. Wenn ich diesen Erwägungen nicht mehr entspreche, was geschieht dann? Dann ist es nur ein kleiner Schritt zur "Vernichtung lebensunwerten Lebens", gleichsam als prophylaktisch-medizinische Massnahme zum Schutz des "gesunden Volkskörpers"
Wieder eine missverstandene Philosophie durch einen kleinen Horizont. Aus dem Utilitarismus erfolgt kein Rassismus, kein Genozid. Es ist nämlich schlichtweg unnützlich, größere Teile der Bevölkerung zu vernichten. Es ist eine Verschwendung an Ressourcen, die nicht richtig genutzt werden konnten. Nebenbei ist dein angesprochenes Beispiel nicht besonders gut: Es wurde nicht die Unnützlichkeit bestätigt, der Hass auf Andersartige war hier ausschlaggebend. Dass viele der Verfolgten gut betucht und gebildet waren, spricht gegen ihren vermeindlich mangelnden Nutzen. Diese Verbrechen beruhten wieder (wie die Religion selbst) auf einem Irrglauben, einer unbestätigten Annahme, die nichtmal Indizien für die Theorie hatte. Das sind Merkmale einer Ideologie, die Religion selbst ist auch eine Ideologie.
Und dann ist auch noch deine Fragestellung im Zusammenhang mit deiner Positon diesbezüglich ein großer Widerspruch. Einerseits fragst du, was du von diesem System zu erwarten hast (also welchen Nutzen), andererseits verachtest du eben das Nützlichkeitsdenken, welches deiner Frage zugrunde liegt. Du bist per se ein Utilitarist, willst es lediglich nicht zugeben, weil dir das Wissen fehlt, die Philosophien richtig zu deuten, die du ablehnst.
laie hat geschrieben:Natürlich bedeutet das alles nicht, dass mir nicht auch ein Materialist oder Naturalist oder Utilitarist einen Rettungsring zuwerfen würde, wenn ich am Ertrinken wäre.
Och, das ist aber großzügig von dir!
laie hat geschrieben:Nur: das ist zur Übernahme eines solchen Systems zu wenig. Ich muss es zu Ende denken.
Hast du ja nicht, meine Hinweise sollten dem einen kleinen Anstoß geben.
laie hat geschrieben: Was bin ich in einem solchen System und was erwartet mich, wenn "es hart auf hart kommt"? Ich bin kein Stück Dreck mit blutigen Klauen, das ein Volksschädling ist und möchte auch nicht so behandelt werden. Ich habe manchmal den Eindruck, du bist noch nicht recht auf dieser Erde angekommen. Du hast eine naive Lust am Kostümieren: mal gibst du dich als Cesare Borgias, dann als Nietzsche, dann wieder als Imperator der Dunklen Seite der Macht. Alles ist eben supertoll, wenn man sich auf der "richtigen Seite" eines solchen Systems wähnt.
Aktuell ist mein Avatar eigentlich Grievous, nicht der Imperator (war er auch nie, ebensowenig wie Nietzsche). Wer hier nicht auf der Welt angekommen ist, ist offensichtlich: Derjenige, der sich kein bisschen mit den Philosophien auskennt, die gerade den Fokus auf das Irdische setzen, ihre Unabhängigkeit von Märchen durch Metaphysik erwarben, Logik, Theorien, Indizien, Beweise, Empirie zu ihren Bestandteilen erklärten und nicht Glauben, Gehorsam, willensschwächende Unterwerfungen, Angst vor Wissen. Der Mensch wurde zum Zentrum der Betrachtungsweise, nicht eine Illusion von Allmacht und Unsterblichkeit, der man zu gehorchen hatte, der man sich zu unterwerfen hatte, die man anzubeten hatte, die man nicht zu hinterfragen hatte.