ujmp hat geschrieben:Vollbreit hat geschrieben:Echt, muss man sich beim Meditieren selbst was suggerieren?
Man muss beim Medititieren nichts.
Kommt auf die Art der Meditation an, aber wenn wir mal von absichtsloser oder stiller Meditation reden, dann stimmt das. Beobachten und abwarten, das ist absichtslose Meditation.
ujmp hat geschrieben:"Einheitheitserfahrung" ist aber nicht gleich Meditieren.
Stimmt, aber Einheitserfahrungen treten gelegentlich während Meditationen auf.
ujmp hat geschrieben:Aber immerhin ist Meditieren ein aktiver Prozess. Ich behaupte mal, dass "Eins mit der Natur sein" ein Urteil ist, und keine Erfahrung.
Ja. Die Erfahrung ist nur eine Erfahrung, alles weitere ist Urteil.
Es ist zwar ausgesprochen schwer Urteile und Erfahrungen überhaupt je zu trennen, aber in der Meditation versucht man es.
ujmp hat geschrieben:Mancher mag sich an den Konsequenzen dieses Urteils berauschen und diesen Rausch dann "Einheitheitserfahrung" nennen.
Warum berauschen? Ich sehe es eher so, dass es der Versuch ist, Erfahrungen die jenseits der Alltagserfahrungen liegen irgendwie einzusortieren. Wenn gefordert wird, man möge doch drüber reden – eine sinnvolle Forderung – dann muss doch das, was man erfahren hat, irgendwie dargestellt werden.
Die Leute die das wirklich erleben – und nicht drüber lesen, mit Kommentaren von Experten, wie man das zu bewerten haben, für die Vollverängstigten: alles ganz natürlich – wollen sich vielleicht gar nicht berauschen, sondern sind vielleicht überrascht, verdattert, etwas verängstigt, mitunter beglückt, oft erschüttert.
ujmp hat geschrieben:Es sind aber selbstproduzierte Vorstellungen, die ihn entzücken. "Einheit" ist m.E. grundsätzlich nicht empirisch.
Du bist auch nicht emprisich, mach Dir da mal keine Sorgen.
Logisch ergibt Dein Hinweis auf die selbstsuggerierte Berauschung aber auch keinen Sinn.
Sicher, manches kann man geistig vorwegnehmen, eine gute Technik um innere Hürden zu überwinden. Dann kann ich imaginieren, was ich dem Chef antworten würde, bei der nächsten dreisten Spitze, wie ich souverän einen Mobber ins Leere laufen lassen könnte oder was auch immer. Aber wie würde man sich denn innerlich auch etwas vorbereiten, was man noch nie erfahren hat, was so (vom Erfahrungswert her) grundsätzlich anders und neu ist?
Meinst Du man sitzt da und säuselt immer „Einheit, Einheit, Einheit“?
Wie stellst Du Dir denn das autosuggestive Warmlaufprogramm für die Einheitserfahrung vor, würde mich mal interessieren. Deine Quellen übrigens auch, immer noch.
ujmp hat geschrieben:Vollbreit hat geschrieben:ujmp hat geschrieben:Das sind nur blumige Wörter. Mir fällt kaum jemand ein, der perfekter "im Moment" lebt, als der gewöhnliche Konsument im Schlussverkauf.
Dann muss das ja so sein, wenn Dir kaum jemand einfällt..
Ich wollte dich damit herausfordern, mal zu erklären, was du mit mit "unablässig im Moment" sein meinst - weil mir scheint, dass du selbst nur ein diffuse Vorstellung von dem hast, worüber du hier redest.
Ich würde sagen, bei dem sein, was man gerade macht, bei der Sache, der man gerade seine Aufmerksamkeit schenkt.
Aber nähern wir uns dem Phänomen doch von der anderen Seite.
Wenn man jemandem zuhört, der einen zu Tode langweilt, dann ist man mit den Gedanken oft schon weit weit weg. Wenn man 3 Dinge gleichzeitig macht, ist das auch manchmal so, dass man schwer bei allem sein kann.
Während monotoner Tätigkeiten ist es so, dass unser Geist auf einmal sehr locker wird. Wenn man die Hauseinfahrt mit den 17.000 Knochenstein abkärchert, das ist eine sehr spirituelle Übung. So monoton das ist, Stein für Stein, Ritze für Ritze, da spult man viel Vergangenes ab und muss doch mit einem Teil der Aufmerksamkeit bei den Steinen bleiben. Stein für Stein für Stein für Stein...
Meditation ist das Übungsfeld und in dem Sinne kein Selbstzweck. Dasitzen, entspannen, auf den Atem achten, manchmal die Atemzüge zählen: von 1 bis 10, dann wieder von vorne. Gar nicht so leicht. Mit Entspannung ist da Anfangs erst mal nicht viel. Aber irgendwann hat mal es und dann wenn der Körper kein Hindernisse mehr anbietet, spielen die Gedanken verrückt.
„Mist, ich sollte doch noch den Paul anrufen.“ „Staubsaugerbeutel, ja richtig, da war keiner mehr da.“ „Mein Gott, was brummt denn da ständig?“ „Die Nachbarn könnten auch mal leiser reden.“
Aber das reicht uns Denkmenschen nicht. Es kommen komplexere Gedanken, denn Langeweile können wir nicht gut tolerieren. Deshalb sind viele von Spiritualität angefixt so lange es noch spannend und exotisch ist, sobald es zum Alltag wird, oder gar langweilig: „Ach nee, heute mal nicht, ich kenn's ja nun auch, morgen hab' mehr Zeit.“
Wenn es langweilig wird, erzählen wir uns ganze Geschichten, rekapitulieren den letzten Ehekrach, planen den nächsten Urlaub, oder einfach, was auf der Arbeit war, läuft noch mal ab. Und schon hat man die halbe Stunde ganz gut überstanden.
Um zu schauen, ob man sich entführen lässt, ist die Zählerei gut und der Blick auf die Haltung.
Sitzt man noch gerade, entspannt, wie fließt der Atem? Nicht zu viel Aufmerksamkeit, 25% , sagt Trungpa. Und wenn man von 1 bis 10 zählen soll und bei 18 ist, weiß man, die Gedanken haben einen entführt. Entspannen, gerade setzen, loslassen, bei 1 neu beginnen. Immer wieder.
Das Etappenziel ist ne halbe Stunde sitzen zu können, ohne den Faden zu verlieren. Einfach nur atmen und von 1 bis 10 zählen, ohne sich zu verzählen, anzuhalten, bei 18 zu landen, einzuschlafen.
Auf den Boden glotzen, mit dem Einatmen 1 zählen, mit dem Austamen 2, gerade und entspannt sitzen, schauen wie der Atem fließt (ohne ihn zu verändern) immer weiteratmen, Einatem 7, Ausatem 8 und wenn das klappt, ist es egal ob die Nase juckt, Gedanken kommen, denn die gegen auch wieder, oder Gefühle kommen, denn die gehen auch wieder.
Das ist das übergeordnete Etappenziel, wenn man so will. Nicht der Inhalt der Gedanken ist wichtig, die Erkenntnis der Struktur, was kommt, das bleibt vielleicht einen kurzen oder längeren Moment, geht aber auch wieder.
Wenn Du mehr als einmal eine halbe Stunde gesessen hast, ohne Dich zu verzählen, dann bist Du recht gut im Moment, bei dem was Du gerade eigentlich übst: Sitzen, einfach nur sitzen.
Und Du hast eine Anfängerstufe der Meditation gut bewältigt.
Nur, suggerieren musstest Du Dir dabei nichts, nur wahrnehmen was ist und Dich davon möglichst nicht irritieren lassen. Je nach Häufigkeit der Übung und Talent, wird das vielleicht 6 Monate bis 5 Jahre dauern.