Die "schöne Seele"

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Beitragvon stine » Di 20. Jan 2009, 13:38

Aus Mangel an einem glaubhaften Gottesbild, also keine Religion.
Aber was dann?
Wie kommt der Mensch zu seiner "schönen" Seele?
Ein Charakter ist nach Schiller schön, wenn in seinem Verhalten die Idee der Willensfreiheit und der moralischen Selbstbestimmung sozusagen anschaubar wird. Dichtung und Literatur sind hier wichtige Richtungsweiser.
Die Welt der Arbeit und funktionierenden Wirtschaft aber, macht den Menschen unfrei und drängt die Kunst an den Rand. Macht sie sozusagen selbst zur Ware.
Religion drängt dem Menschen das Innehalten auf, selbst jenen, die keinen Zugang zu den schönen Künsten haben.
Wie soll der Mensch also sein Ideal erkennen, wenn er keinen Zugang zu den Künsten oder zur Philosophie hat und ihm auch noch die Religion vorenthalten bliebe?

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Re: Die "schöne Seele"

Beitragvon Pfeifer » Di 20. Jan 2009, 14:35

stine hat geschrieben:Aus Mangel an einem glaubhaften Gottesbild, also keine Religion.


Religion ist nicht zwangsläufig an ein Gottesbild geknüpft. Stattdessen zeigt sie Mittel und Wege, mit den widrigen Umständen des Lebens klar zu kommen und sie zudem nicht auch noch zu vergrößern. Es spricht nichts gegen eine Religion, deren geistiges Fundament plausibel und ohne Widersprüche ist. Bisher gibt es so etwas leider nicht. Aber wer weiß, was noch kommen mag?

stine hat geschrieben:Wie soll der Mensch also sein Ideal erkennen, wenn er keinen Zugang zu den Künsten oder zur Philosophie hat und ihm auch noch die Religion vorenthalten bliebe?


Wenn ein Mensch sein Ideal erkennen möchte, wird er sich zwangsläufig der Mittel bedienen, die ihm die Suche danach erleichtern. Viele Menschen allerdings suchen dieses Ideal gar nicht erst und brauchen diesen Zugang auch (noch) nicht. Dagegen spricht letztlich kein einziges Argument. Jeder, wie er mag, jeder, wie er kann.
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Re: Die "schöne Seele"

Beitragvon 1von6,5Milliarden » Di 20. Jan 2009, 17:18

stine hat geschrieben:Wie kommt der Mensch zu seiner "schönen" Seele?
Je nach Definition von Seele einfach durch Einbildung.
stine hat geschrieben:Dichtung und Literatur sind hier wichtige Richtungsweiser.
Begründung? Die Aussage halte ich eher für recht gewagt.
stine hat geschrieben:Macht sie sozusagen selbst zur Ware.
Es ist schon die Kunst selber bzw. der Künstler, der heute seine Kunst zur (oder was er als solche verkauft - nicht nur im monetären Sinn) zur Ware macht.
stine hat geschrieben:Religion drängt dem Menschen das Innehalten auf, selbst jenen, die keinen Zugang zu den schönen Künsten haben.
Die Aussage ist falsch, abgesehen davon, dass Religion mit Kunst erst einmal nichts zu tun hat.
stine hat geschrieben:Wie soll der Mensch also sein Ideal erkennen, wenn er keinen Zugang zu den Künsten oder zur Philosophie hat und ihm auch noch die Religion vorenthalten bliebe?
Ein menschliches Ideal hat mit Kunst nicht viel zu tun, außer dass ein Ideal künstlich ist. :/
Aber warum sollte ein Mensch der den Unsinn der Religion erkannt hat, keinen ZUgang zu Kunst oder gar Philosophie haben? Erklär mir mal bitte die doch sehr seltsame Aussage.
Oder meinst du einfach einen Menschen, der keinen Zugang zur Kunst und Philosophie hat, dem unabhängig davon auch keinen Zugang zu einer Religion hat?
Hat denn jeder Mensch der Zugang zur Religion hat, wirklich ein Ideal, ein Ideal, das er nicht nur nennt, wenn man ihn danach fragt? Also mehr als ein substanzloses Lippenbekenntnis ist?
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Re: Die "schöne Seele"

Beitragvon folgsam » Di 20. Jan 2009, 17:44

Wenn man mit Religion meint "der Seele einen Halt zu geben", das Gemüt in der Welt zu verankern und sich nicht bloßer beliebigkeit Preis zu geben, dann kann das auch ein wissenschaftlich orientierter Naturalismus bieten.

Also könnte man mit Aleister Crowley sagen: "Unser Mittel ist die Wissenschaft, unser Ziel ist die Religion".


Doch da alles was man so unter Religion versteht eher gar nichts mit einem naturalistischen Weltbild gemein hat, zieh ich es vor diesen Begriff nicht zu benutzen.
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Re: Die "schöne Seele"

Beitragvon ganimed » Di 20. Jan 2009, 20:30

stine hat geschrieben:Religion drängt dem Menschen das Innehalten auf, selbst jenen, die keinen Zugang zu den schönen Künsten haben.

Das sehe ich auch so. Zumindest stellenweise. Ich sehe mindestens zwei Punkte, zwei Angebote der hiesigen Kirche.
1) der wöchentliche Gottesdienst. Es wird nicht direkt meditiert, aber immerhin gemeinsam gesungen, gebetet, nachgedacht und einer Predigt gelauscht.
2) Und dann gibt es für die ganz eifrigen ja zum Beispiel auch diese Bibellesekalender. Jeden Morgen eine kleine private Andacht halten. Also den vorgeschlagenen Bibelabschnitt lesen, drüber nachdenken, die angebotene Interpretation lesen und abschließend beten.

Natürlich erscheint das einem Atheisten als reine Zeitverschwendung. Aber formal gesehen sind das doch jeweils "Übungen", seinen Geist ein wenig vom Alltag zu lösen, innezuhalten und möglicherweise auch ein wenig philosophisch zu werden. Das gleiche erreichen vieler sicher spielend, indem sie täglich Yoga machen oder eben jeden Tag philosophische Bücher lesen, beim abendlichen Wein darüber nachdenken und in Foren wie diesem dann ein Stündchen reflektieren. Aber ich könnte mir denken, dass viele Menschen ihre persönliche Schöngeist-Quote eben über die Kirche und ihren Glauben abdecken.

Und was den Zugang zur bildenden Kunst angeht, bildet die üppige Inneneinrichtung eines katholischen Doms ja immerhin schonmal ein Anfang.

Wenn Religion von heute auf morgen abgeschafft würde und alle Kirchen sich in Luft auflösten, müsste man, so denke ich mir, glatt einige Kulturvereine und jede Menge Bücherclubs, Töpfergruppen und Diskussionsrunden gründen, um den Verlust an meditativer Gelegenheit auszugleichen.

folgsam hat geschrieben:Wenn man mit Religion meint "der Seele einen Halt zu geben", das Gemüt in der Welt zu verankern und sich nicht bloßer beliebigkeit Preis zu geben, dann kann das auch ein wissenschaftlich orientierter Naturalismus bieten.

Kann schon. Aber so lange das nicht wirklich bei jedem angekommen ist, finde ich, hat die Religion hier eine gewisse gesellschaftliche Funktion. Zumindest für die Dauer einer entsprechenden Umstellungsfrist.
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Re: Die "schöne Seele"

Beitragvon xander1 » Di 20. Jan 2009, 21:34

Ich habe mal nur Stines Beitrag gelesen:
Es gibt Schönheit in der Algorithmik (Informatik), elegante Lösungen zu finden, sozusagen McGyver sein, Tüftler. Das kann man auch als Elektriker oder Techniker.
Andererseits gibt es aus naturalistischer Sicht die Mathematik mit dem goldenen Schnitt.
Man kann auch elegante Texte Verfassen.
Tatsächlich so finde ich, verbessert und verschlechtert Religion gleichermaßen die Seele in Ihrer Schönheit, weil es sie wandelt. Ich denke einige Christen würden mir da Recht geben. Zumindest erklärte mir ein Prediger, dass es eine Wandlung ist und nicht einfach eine Verbesserung.

stine hat geschrieben:Wie soll der Mensch also sein Ideal erkennen, wenn er keinen Zugang zu den Künsten oder zur Philosophie hat und ihm auch noch die Religion vorenthalten bliebe?

Es gibt die allgemeine Schulbildung. Es gibt das Internet. Es gibt Menschen in der Umgebung. Und es gibt die Selbstreflektion. Man ist überhaupt nicht auf Religion angewiesen. Man muss auch nicht Idealist sein und es auch nicht übertreiben. Allerdings erkenne ich im Naturalismus eher eine Selbstbestimmung, als eine zentrale Bestimmung durch einen Prediger. Brights sind sozusagen Katzen, wohingegen Christen eher Schafe und Hirten sind.
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Re: Die "schöne Seele"

Beitragvon stine » Mi 21. Jan 2009, 08:38

1von6,5Milliarden hat geschrieben:
stine hat geschrieben:Wie kommt der Mensch zu seiner "schönen" Seele?
Je nach Definition von Seele einfach durch Einbildung.

1von6,5Milliarden hat geschrieben:
stine hat geschrieben:Dichtung und Literatur sind hier wichtige Richtungsweiser.
Begründung? Die Aussage halte ich eher für recht gewagt.
Alles was hier herumphilosophiert wird, ist schon einmal von Menschen gedacht und niedergeschrieben worden. Auf den Punkt gebracht und nachzulesen, bei einer Menge von klassischen Schriftstellern. Wenn wir in ihren Büchern schmökern, wird uns oft vieles klarer und wir haben die Möglichkeit inne zu halten und nachzudenken. Wir haben die Möglichkeit den Menschen zu erkennen und eine, von den Klassikern so bezeichnete "Charakterschönheit", eine "schöne Seele", auszubilden. Wer aber aufgrund seiner Herkunft oder seiner geistigen Fähigkeiten keinen Zugang zu Literatur dieser Güte hat, fängt ganz von vorne an, zu erkennen und zu bewerten.
1von6,5Milliarden hat geschrieben:
stine hat geschrieben:Macht sie sozusagen selbst zur Ware.
Es ist schon die Kunst selber bzw. der Künstler, der heute seine Kunst zur (oder was er als solche verkauft - nicht nur im monetären Sinn) zur Ware macht.
Klar gibt es auch heute noch Literatursammler, die ihren Bücherschrank wie Eunuchen den Harem bewachen.
Und ja, es gibt Künstler, die von ihrer Arbeit leben :respekt: . Das sollte sie aber nicht daran hindern, ihre Kunst rein kommerziell zu sehen.
1von6,5Milliarden hat geschrieben:
stine hat geschrieben:Religion drängt dem Menschen das Innehalten auf, selbst jenen, die keinen Zugang zu den schönen Künsten haben.
Die Aussage ist falsch, abgesehen davon, dass Religion mit Kunst erst einmal nichts zu tun hat.
Diese Aussage ist so zu verstehen, wie ganimed das weiter unten bereits geschrieben hat:
ganimed hat geschrieben:Natürlich erscheint das einem Atheisten als reine Zeitverschwendung. Aber formal gesehen sind das doch jeweils "Übungen", seinen Geist ein wenig vom Alltag zu lösen, innezuhalten und möglicherweise auch ein wenig philosophisch zu werden. Das gleiche erreichen vieler sicher spielend, indem sie täglich Yoga machen oder eben jeden Tag philosophische Bücher lesen, beim abendlichen Wein darüber nachdenken und in Foren wie diesem dann ein Stündchen reflektieren. Aber ich könnte mir denken, dass viele Menschen ihre persönliche Schöngeist-Quote eben über die Kirche und ihren Glauben abdecken.

1von6,5Milliarden hat geschrieben:
stine hat geschrieben:Wie soll der Mensch also sein Ideal erkennen, wenn er keinen Zugang zu den Künsten oder zur Philosophie hat und ihm auch noch die Religion vorenthalten bliebe?
Ein menschliches Ideal hat mit Kunst nicht viel zu tun, außer dass ein Ideal künstlich ist. :/
Ideale und Idole sind wichtig, für unsere Entwicklung. Sie sind sozusagen das Licht an dem wir wachsen. Ich sehe es mit großem Bedauern, dass heute so wenig wert auf große Vorbilder gelegt wird.
1von6,5Milliarden hat geschrieben:Aber warum sollte ein Mensch der den Unsinn der Religion erkannt hat, keinen ZUgang zu Kunst oder gar Philosophie haben? Erklär mir mal bitte die doch sehr seltsame Aussage.
Oder meinst du einfach einen Menschen, der keinen Zugang zur Kunst und Philosophie hat, dem unabhängig davon auch keinen Zugang zu einer Religion hat?
Ja, das meine ich. Selbstverständlich gehe ich davon aus, dass Religion in diesem Falle eine menschenfreundliche und eine aufbauende ist. Charakterbildend.
1von6,5Milliarden hat geschrieben:Hat denn jeder Mensch der Zugang zur Religion hat, wirklich ein Ideal, ein Ideal, das er nicht nur nennt, wenn man ihn danach fragt? Also mehr als ein substanzloses Lippenbekenntnis ist?
Ja, das denke ich. Irgendwas bleibt immer hängen :^^: .

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Re: Die "schöne Seele"

Beitragvon BglBttr » Mi 21. Jan 2009, 23:04

stine hat geschrieben:Religion drängt dem Menschen das Innehalten auf, selbst jenen, die keinen Zugang zu den schönen Künsten haben.
Wie soll der Mensch also sein Ideal erkennen, wenn er keinen Zugang zu den Künsten oder zur Philosophie hat und ihm auch noch die Religion vorenthalten bliebe?

LG stine


Aufgedrängt und vorenthalten bekommen, ganz schön desparat. Erinnert mich an Seltz (aka 'Nixon') aus "Hard Boiled 2" von F. Miller und G. Darrow.

"Ich dachte, ich bin ein ganz normaler Typ!"

Comic-Kunst, immerhin auf dem Auslaufmodell Papier.
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Re: Die "schöne Seele"

Beitragvon xander1 » Mo 26. Jan 2009, 22:18

Braucht man eine schöne Seele und woran erkenne ich eine schöne Seele?
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Re: Die "schöne Seele"

Beitragvon stine » Di 27. Jan 2009, 08:17

Schiller versteht unter der schönen Seele, wenn der physische Mensch mit seinen Trieben und Neigungen im Gleichgewicht zum moralischen Menschen steht, der Pflicht und Vernunft umfasst.
Siehe auch "Iphigenie auf Tauris" von Johann Wolfgang von Goethe.
Und wofür braucht man das?
Zum Wohlfühlen!
LG stine :ohm:
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Re: Die "schöne Seele"

Beitragvon xander1 » Di 27. Jan 2009, 13:11

Ja und monotheistische Glaubensformen erlauben das Vergeben von Sünden auf verschiedenste Weise, muss ja kein Vergeben sein, geht unterschiedlich. Und was hat man davon? Dadurch kann man doch nur sein Gewissen aufpolieren, wodurch man wieder frei ist, um wieder etwas zu tun was nicht dem Gewissen entspricht. Ich finde dieses Konzept abscheulisch, aber man kann es nicht ändern, weil es ein Erfolgsmodell ist.
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Re: Die "schöne Seele"

Beitragvon stine » Di 27. Jan 2009, 13:42

@Xander1: Das siehst du falsch.
Der eigentliche Sinn der Vergebung ist, dass man sich frei fühlen kann und über das Gestern hinwegsieht. Vergebung hat zB keinen Sinn, wenn man sich etwas selbst nicht verzeihen kann. Wer sich schuldig fühlt ist unfrei.
Auch unfrei ist jemand, der einem anderen etwas nachträgt. Ich kann mich ärgern und mit dem Fuß aufstampfen, was hilft das, wenn ich nicht verzeihen kann? Wobei ich damit nicht nur das verbale Zugeständnis meine, sondern die innere Loslösung.
Lossprechung hat etwas mit wiedergewonnener seelischer Freiheit zu tun.
Selbstverständlich ist es Blödsinn jemanden von seiner Schuld loszubeten, wenn er einen anderen umgebracht hat, um einmal das beliebteste Beispiel zu nennen. Aber Sinn macht die Lossprechung, wenn ich mich für etwas schuldig fühle, woran ich nicht schuld habe.
Nächster Einwand: dann kann ich auch einen Psychiater beauftragen mir zu helfen!
Antwort: Ja, selbstverständlich. Aber die innere Einkehr und der Pfarrer wären billiger zu haben :^^:
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Re: Die "schöne Seele"

Beitragvon xander1 » Di 27. Jan 2009, 19:23

Wer sich schuldig fühlt achtet aber meiner Ansicht nach besser darauf weniger schlechtes zu machen.
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Re: Die "schöne Seele"

Beitragvon ganimed » Di 27. Jan 2009, 22:17

xander1 hat geschrieben:Wer sich schuldig fühlt achtet aber meiner Ansicht nach besser darauf weniger schlechtes zu machen.


Das glaube ich nicht. Auch der, dem vergeben wird, hat sich ja bis zur Vergebung schuldig gefühlt.

Fall A: ich tue etwas Schlechtes. Ich fühle mich schuldig. Mir wird nicht vergeben. Ich fühle mich mies.
Wieso sollte ich jetzt nicht nochmal was Schlechtes machen? Richtig, weil ich mich dann noch mieser fühlen würde.

Fall B: ich tue etwas Schlechtes. Ich fühle mich schuldig. Mir wird vergeben. Ich fühle mich großartig.
Wieso sollte ich jetzt nicht nochmal was Schlechtes machen? Richtig, weil ich mich dann wieder mies fühlen würde.

In der richtigen Reihenfolge (erst Schuld, dann Vergebung) macht die Vergebung also nicht unbedingt einen Übeltäter aus mir.
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Re: Die "schöne Seele"

Beitragvon ganimed » Di 27. Jan 2009, 22:21

stine hat geschrieben:Schiller versteht unter der schönen Seele, wenn der physische Mensch mit seinen Trieben und Neigungen im Gleichgewicht zum moralischen Menschen steht, der Pflicht und Vernunft umfasst.

Das würde ich "psychologische Hygiene" nennen. Mit sich im Reinen sein. Ausgeglichen sein. Keine versteckten, unverarbeiteten Riesenkomplexe mit sich herum schleppen. Das scheint mir ganz allgemein ein erstrebenswerter Zustand zu sein, der sicher auch viel mit Glück und Zufriedenheit zu tun hat. Und für die regelmäßige Reinigung erscheint mir die christliche Vergebung gar nicht mal so ungeeignet.
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Re: Die "schöne Seele"

Beitragvon BglBttr » Di 27. Jan 2009, 23:03

xander1 hat geschrieben:Wer sich schuldig fühlt achtet aber meiner Ansicht nach besser darauf weniger schlechtes zu machen.


Wer sich schuldig fühlt, achtet besser darauf seine Spuren zu verwischen. 'Good things come in small packages'.
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Re: Die "schöne Seele"

Beitragvon BglBttr » Di 27. Jan 2009, 23:11

ganimed hat geschrieben:Fall A: ich tue etwas Schlechtes. Ich fühle mich schuldig. Mir wird nicht vergeben. Ich fühle mich mies.
Wieso sollte ich jetzt nicht nochmal was Schlechtes machen? Richtig, weil ich mich dann noch mieser fühlen würde.

Fall B: ich tue etwas Schlechtes. Ich fühle mich schuldig. Mir wird vergeben. Ich fühle mich großartig.
Wieso sollte ich jetzt nicht nochmal was Schlechtes machen? Richtig, weil ich mich dann wieder mies fühlen würde.


Fall C: Ich tue etwas Schlechtes. Ich fühle mich schuldig. Mir wird vergeben. Ich fühle mich großartig.
Wieso sollte ich jetzt nochmal was Schlechtes machen? Richtig, weil ich mich nochmal großartig fühlen kann.
Beim nächsten mal.

Säugetiere sind nicht logisch, aber nachvollziehbar.
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Re: Die "schöne Seele"

Beitragvon BglBttr » Di 27. Jan 2009, 23:19

ganimed hat geschrieben:Und für die regelmäßige Reinigung erscheint mir die christliche Vergebung gar nicht mal so ungeeignet.


Blaque, 'Truefit & Hill' oder 'Penhaligon's' haben Mittel zur regelmäßigen Reinigung im Angebot. "Christliche Vergebung" hilft nicht gegen 'üble Gerüche'!
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Re: Die "schöne Seele"

Beitragvon stine » Mi 28. Jan 2009, 09:04

Mei, wemmas ned verstehn mag...
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Re: Die "schöne Seele"

Beitragvon JustFrank » Do 29. Jan 2009, 19:56

Ohne christliche Vergebung wäre die Inquisition weit weniger spaßig gewesen. Die ganzen armen Folterknechte und Denunzianten. Was hätten die denn gemacht, wenn sie nach so einem Arbeitstag zwischen Anscheißerei und Zerfleischerei nicht noch eben auf dem Heimweg in der Kirche hätten reinschneien können, um sich zu versichern, dass sie alles gut gemacht haben?

Stellt euch doch mal so einen Dienstag im Mittelalter ohne Vergebung vor!?

Da sitzen sie am Blutgier - Stammtisch und tuscheln bestürzt und echt besorgt darüber, dass Knochenbrecher-Rudi sich gestern in die Leine gestürzt hat. Und das nur weil er die Mutti von der heulenden Dreijährigen zu Tode foltern musste, weil die dusslige Kuh nicht gestehen wollte. Stell dir nur vor! Na ja, wenigstens dem Kind geht's gut. Das ist zu den barmherzigen Schwestern gekommen. Die haben's gleich erst mal zur Ruhe gedroschen. Die haben ihr die Schreierei danach auch vergeben.

Was ist Vergebung doch schön! :^^:
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