Beyond Belief - Scott Atran

Beyond Belief - Scott Atran

Beitragvon musikdusche » So 3. Dez 2006, 23:25

Ich habe mir (fast) alle Beyond Belief-Videos angeschaut (http://beyondbelief2006.org/Watch/) und fand einen Redner doch sehr interessant: Scott Atran.

Er war sich mit Sam Harris und Richard Dawkins doch in einigen Punkten recht uneinig. Da er auf der Konferenz nicht soviel Zeit hatte, hat er seine Position nochmal ausführlich hier dargelegt (Mit Reaktionen von Harris und Dennett):

http://www.edge.org/discourse/bb.html

I find it fascinating that brilliant scientists and philosophers have no clue how to deal with the basic irrationality of human life and society other than to insist against all reason and evidence that things ought to be rational and evidence based.


Er ist zwar auch Atheist und hat auch keine Lust auf Massenverdummung (durch z.B. Intelligent Design), jedoch ist er davon überzeugt, dass die Art und Weise, wie Dawkins und Harris damit umgehen, mal total falsch ist.

In meinen Augen macht er ein paar sehr interessante Punkte. Was haltet ihr davon?

Gruß - MD
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Beitragvon Klaus » Mo 4. Dez 2006, 00:18

Scott Atran bringt ein paar sehr interessante Aspekte auf den Tisch. Er hat ein andere Herangehensweise. Dawkins macht seine Argumentation mit der Religion, dort punktet er mit verblüffenden Argumenten, Harris genauso, beide verkaufen ihre Sichtweise und ihre Argumentation, nicht schlecht. Ein großer Teil der Menschen wird aber die Bücher von denen lesen,
    a. weil es Bestseller sind,
    b. weil es in ist darüber zu diskutieren
    c. weil sie daran interessiert sind und sich mit der Thematik auseinandersetzen.


Ob Atran, Dawkins, Dennett oder Harris, ich erspare mir jetzt die ganze Aufzählung, ich meine das pluralistische herangehen an die Thematik schützt uns auch davor, selbst zum Dogma zu werden, da sehe ich die Gefahr bei Dawkins deutlich, letztlich ist das auch ein Punkt, den ihm seine Kritiker vorwerfen.
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Beitragvon lorenz » Mi 13. Dez 2006, 17:55

Scott Atran hat geschrieben: I find it fascinating that brilliant scientists and philosophers have no clue how to deal with the basic irrationality of human life and society other than to insist against all reason and evidence that things ought to be rational and evidence based.

Er hat wohl recht mit der Feststellung, dass es grundsätzliche Irrationalität der menschlichen Existenz gibt.
Das heißt aber doch nicht, dass man dieser Irrationalität mit weiterer Irrationalität begegnen soll! Vielmehr empfiehlt sich GERADE in dieser Situation eine verstärkte Anwendung von Vernunft. Was nicht heißt, dass man ALLES in kleine Kästchen ordnen und sauber wegpacken kann. Ein ziemlich großer Rest von ungelöster Irrationalität wird wohl immer bleiben. Aber: Was passiert, wenn man mit irrationaler Desorientierung auf Irrationalität reagiert, das sieht man schon bei menschlichen Konflikten, die sich auf diese Weise aufschaukeln. Menschen können sich GERADE in einer Situation verwirrender Irrationalität nicht leisten, sozusagen den Kompass wegzuschmeißen und hinter den Schamanen her zu laufen.

Wissenschaft (im weitesten Sinne) ist gerade im "Sumpf der Irrationalität" sinnvoller als Hokuspokus.
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Beitragvon Max » Mi 13. Dez 2006, 18:49

Ich denke, er hat vollkommen Recht. Rationalität heißt auch zu wissen, wie wenig man weiß und, dass man sich irren kann. Daher ist Rationalität auch nicht mit Gewissheit vereinbar. Wenn man sich einer Sache sicher, gewiss ist, dann stoppt dies das Denken.

Die Wissenschaftsgeschichte zeigt uns, dass die deutliche Mehrzahl der "Erkenntnisse", gleich welcher Art, doch keine waren. Man hat sich einfach geirrt. Im Lauf der Geschichte entstehen neue Theorien, welche die alten ersetzen. Die Wissensentwicklung der Menschheit verläuft nicht kumulativ, wie dies beispielsweise Francis Bacon annahm, sondern revolutionär. Dieses Ablösung von alten Theorien mit neuen, die Feststellung, dass man falsch lag, bewirkt dabei - so kann man annehmen - eine Annäherung an die Wahrheit. Aber auch, wenn man einmal richtig liegt und die Wahrheit kennt, so weiß man dies doch nicht.

Dabei ist es allgemein schon fraglich, inwieweit wir überhaupt richtig liegen können. Unser Mittel, die Welt zu beschreiben, die Sprache ist äußerst begrenzt. Wittgenstein diffamiert seinen Tractatus am Ende des Buches mit: "Meine Worte erklären dadurch, dass sie der, welcher mich versteht, am Ende als unsinnig erkennt." Auch unsere Fähigkeit, die Welt erst einmal wahrzunehmen ist mehr als eingeschrenkt. Es ist sogar fragwürdig, ob man sie überhaupt wahrnimmt. Das meiste unserer Welt ist viel zu komplex, um von uns verarbeitet zu werden. Daher konstruiert unser Gehirn eine Wirklichkeit. Die Farben, die wir sehen, sind nichts weiter als eine Illusion. Sie existieren nicht wirklich. Es sind Wellenlängen des Lichtes, die unser Gehirn zu Bildern zusammenfügt. Daher ist die Frage, ob wir alle das selbe Rot sehen oder ob jemand Rot als das Grün eines Anderen wahrnimmt, auch sinnlos.

Im momentanen Augenblick erscheint einem freilich sehr vieles sicher. Man neigt dazu, von Dingen überzeugt zu sein und sich auf gewisse Sachen zu kaprizieren. Daher gibt es auch so viele Personen, die andere für ihre Anschauungen missionieren wollen. Dies ist jedoch zu 100 Prozent irrational.
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Beitragvon HF******* » Mi 13. Dez 2006, 19:31

(2) No data by Harris or others was offered to suggest that the naturalistic worldview they mean to replace religion with would be, or could be, successful; or that such a worldview would generate more happiness, compassion or peace (which most us at the conference hope for).


Wir stützen uns in jedem Fall zu einem Teil nur auf Vermutungen und Hypothesen. Was etwa die Aufklärung der gesamten Welt bewirken würde, können wir nicht vorhersehen. Man sollte aber immer weitestmöglich vorausdenen...

Magenschmerzen bereitet mir, dass die gesamte aufklärerische Argumentation vorrangig destruktiv funktioniert und kein moralisches Sicherheitsnetz anbietet. Der „Humanismus“ gewährleistet das nicht ausreichend, was auch immer er sein mag.

@Max: In gewisser Hinsicht missionieren wir hier ununterbrochen :roll:

Gruß
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Beitragvon Klaus » Mi 13. Dez 2006, 19:45

Selbst Dawkins spricht von "Our Mission". Zu sehen auf der RFDSite. das Wort hat ja nicht zu letzt durch das Christentum eine so schlechte Bedeutung erfahren.
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Beitragvon lorenz » Do 14. Dez 2006, 16:26

Eine aufklärerische "Mission" ist erstmal nix Schlechtes, oder? Wenn die Polizei eine Aktion macht der Art "Wie können sie ihre Bude vor Einbrechern sichern?" ist das doch lobenswert. Einer, der die Straßenlampen kaputt schießt, befindet sich nicht auf gleicher Ebene mit einem, der sie repariert.
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Beitragvon Max » Do 14. Dez 2006, 16:29

lorenz hat geschrieben:Eine aufklärerische "Mission" ist erstmal nix Schlechtes, oder? Wenn die Polizei eine Aktion macht der Art "Wie können sie ihre Bude vor Einbrechern sichern?" ist das doch lobenswert. Einer, der die Straßenlampen kaputt schießt, befindet sich nicht auf gleicher Ebene mit einem, der sie repariert.


Klar.

Nur woher nimmt man die Gewissheit, dass dies eben richtig ist?

Ich sage ja nichts gegen Diskussion oder Streit. Die Gewissheit, oder etwas subtiler: die Dogmatik, mit der manch einer dabei vorgeht, stört mich.
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Beitragvon lorenz » Do 14. Dez 2006, 16:35

Nur woher nimmt man die Gewissheit, dass dies eben richtig ist?

Dogmatik darf nicht sein, absolute Gewissheit gibt es nicht. Aber es gibt vernünftige, nachvollziehbare Überlegungen, die mit relativ guter Wahrscheinlichkeit Aussagen zulassen. Diese "relative Gewissheit" gibt es. Um ein Beispiel von Harris zu nehmen: Es ist schon fast Gewissheit, dass das Essen von gefrorenem Joghurt NICHT unsichtbar macht. :wink:
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Beyond Belief II

Beitragvon Klaus » Di 16. Jan 2007, 19:20

Beyond Belief geht weiter.


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