Antwort auf den Artikel in der Stuttgarter Zeitung

Antwort auf den Artikel in der Stuttgarter Zeitung

Beitragvon Falk » Fr 17. Aug 2007, 14:25

Im folgenden der Blogbeitrag zu Rolf Spinnlers Artikel in der Stuttgarter Zeitung. ist etwas länger geworden...
Wenn es noch Verbesserungsvorschläge gibt, her damit.

Von Antworten, die keine sind
„Zufallsprodukt der Evolution - oder nicht?“ fragt Rolf Spinnler in der Stuttgarter Zeitung. Einen „Kulturkampf“ sieht er dräuen, da die Frage, in welche Schulfächer religiöse Inhalte gehören auch immer stärker Deutschland erreicht, zuletzt das hessische Kultusministerium. In seinem Artikel ruft Spinnler dazu auf, die Evolutionstheorie kritisch zu betrachten, und macht dabei einen für antievolutionistische Beiträge typischen Fehler. Es lohnt sich daher, auf seine Thesen und Folgerungen genauer einzugehen.

Zentrales Argument Spinnlers ist der Umstand, daß es „Punkte der darwinistischen Lehre“ gibt, bei denen noch Klärungsbedarf besteht. Als Beispiel führt er die Artbildung an, also die Frage, wann und wie aus einer Spezies eine andere Spezies entsteht. In der Tat konnte Darwin diese Frage nicht hinreichend beantworten, und sie ist auch gegenwärtig noch Gegenstand zahlreicher Debatten. Dieselbe Problematik sieht Spinnler „beim 'Urknall' und der Entstehung der Naturgesetze, beim Übergang von der anorganischen zur lebendigen Natur oder bei der Entstehung des menschlichen Geistes.“

Spinnler hat Recht: Keine dieser Fragen kann als hinreichend beantwortet gelten. Was er aber übersieht, ist, daß sich die Naturwissenschaft nicht über gegebene Antworten definiert, sondern über die Suche nach eben solchen. Und auf diesem Gebiet hat die Wissenschaft enorm viel zu bieten: Das Rätsel des menschlichen Geistes hat eine ganze Philosophiedisziplin entstehen lassen. Diese Philosphie des Geistes und die Neurowissenschaft wischt Spinnler mit dem Allgmeinplatz „Diesen Geist gäbe es zwar nicht ohne biologische Grundlagen, aber er ist zugleich mehr als die Summe seiner Entstehungsbedingungen.“ beiseite, als seien alle nicht-dualistischen Erklärungsansätze damit hinreichend widerlegt.

Über evolutionsbiologische Fragen, über Adaptionism, Gradualism und Punctuated Equilibrium, streiten mit Hingabe u.a. der von Spinnler kritisierte Daniel Dennett und sein Kontrahent aus zahlreichen Debatten, Stephen Jay Gould, um dem bestehenden Klärungsbedarf gerecht zu werden. Die Evolutionstheorie ist ebenso wie die diversen Theorien zur Ontologie des Geistes Gegenstand heißer wissenschaftlicher Diskussionen.

Antievolutionisten schert das wenig – sie geben sich mit ihrem argumentum ad ignorantiam zufrieden: Die Evolutionstheorie kann die Artbildung nicht zweifelsfrei erklären, also ist sie falsch – oder zumindest nicht besser als irgendeine andere These, egal ob wissenschaftlich oder nicht. Diesem Fehlschluß unterliegt auch Spinnler, wenn er die diversen evolutionstheoretischen Ansätze als Spekulation, ja bloße Metaphysik abtut. Entlarvend ist sein Gewährsmann für diese These, „der Philosoph“ Robert Spaemann, der weniger Philosoph als vielmehr Tarnkappentheologe ist – ein Schaf im Wolfspelz.

In eben diese lammfromme Richtung geht dann auch Spinnlers Alternativvorschlag: „Die Schöpfungstheologie“, nach der „wir uns selbst einem nicht mehr ableitbaren göttlichen Schöpfungsakt verdanken“.

Interessant ist dabei, daß Spinnler, aus dessen Ausführungen ein fundamentales Unverständnis der wissenschaftlichen Methode zu sprechen scheint, Poppers Falsifizierbarkeitsforderung zitiert, wonach eine Theorie nur dann eine solche ist, wenn sie widerlegt werden kann. Der Autor will damit verdeutlichen, daß die Naturwissenschaft für weitere Widerlegungsversuche der Evolutionstheorie offen sein muß, und daher auch die Schöpfungsthese eine wissenschaftliche Relevanz habe.

Leider ist das ein Nagel in die eigene Hand – der Schöpfungsakt schließlich ist „nicht mehr ableitbar“, und somit auch nicht falsifizierbar. Gemäß Spinnlers Popper-Zitat ist die Schöpfungstheologie also unwissenschaftlich – und hat damit zur wissenschaftlichen Debatte wie auch zum Biologieunterricht nichts Relevantes beizutragen.

Es verwundert sehr, wie ein Autor in ein und demselben Artikel die Naturwissenschaft zu mehr Kritikfähigkeit bekehren möchte, um diese Kritikfähigkeit dann zur Einschleusung religiöser Inhalte zu mißbrauchen, die selbst bar jeder Kritikfähigkeit sind. Das aber ist die typische Strategie der „Intelligent-Design“-Anhänger, und so verwundert es lediglich, daß die Stuttgarter Zeitung dieser unwissenschaftlichen Denkweise unkommentiert Papier und Druckerschwärze zur Verfügung stellt.

Es muß sich endlich herumsprechen: Gott erklärt nichts. Die „großen Nahtstellen der Naturgeschichte“ kann die Schöpfungsthese nicht erklären – wenn Gott den Anfang schuf, wer schuf dann Gott? Die Naturwissenschaften können diese Fragen noch nicht beantworten, „Intelligent Design“ aber kann sie per definitionem nicht erklären. Denn zu sagen, Gott sei der Ursprung, ist keine Antwort auf irgendwelche Fragen, sondern eine Verweigerung jeglicher Antwort. Während die Wissenschaft weitersuchen kann, setzt die Schöpfungsthese der Suche ganz einfach ein willkürliches Ende.

In seiner Dokumentation „The Enemies of Reason“, die aktuell beim britischen Channel4 läuft, sagt Richard Dawkins: „Ich werde oft gefragt, woher ich weiß, daß die Naturwissenschaft Recht hat – nun, ich weiß es nicht!“ Das ist keine Schwäche, sondern eine Stärke. Zu neuen Erkenntnissen über uns selbst, über unseren Geist und über die Natur kommen wir nur durch Nicht-Wissen. Das nämlich läßt uns zweifeln und fragen und so stets Neues entdecken. Wir können diesen Weg gehen oder uns die Antwort „Gott“ geben und zufrieden, aber ohne jeden Erkenntnisfortschritt, unser Leben leben.

Auch auf Spinnlers zweiten großen Denkfehler muß ausdrücklich hingewiesen werden, birgt er doch eine große Gefahr: Die Existenz eines Schöpfergottes gebe dem Leben einen „Sinn“ und daher ethische Verpflichtungen, während die Evolutionstheorie „uns zu nichts verpflichte“. Leider übersieht er dabei, daß ein sehr großer Teil der Bevölkerung nicht an einen Schöpfergott glaubt, und dessen ethische Implikationen für diese Menschen daher von keinerlei Bedeutung sind. Wie eine Ethik idealerweise auszusehen hat, ist eine große Frage – und auch hierauf kann Gott nicht die Antwort sein. Was nützt einem das absolute Wort Gottes, wenn Gott in den Augen vieler relativ ist?

Es sei außerdem noch darauf hingewiesen, daß Spinnler hier einem naturalistischen Fehlschluß unterliegt: Aus der Natur des Menschen als Produkt der Evolution folgt nichts ethisch Relevantes. Aus der „Sinnlosigkeit“ des Evolutionsprozesses folgt in der Tat keinerlei moralische Verpflichtung – aber genauswoenig, daß es keine moralischen Verpflichtungen geben könne. Diese setzt nämlich der Mensch selbst – nicht die Natur, geschweige denn Gott.

Rolf Spinnler versucht in seinem Artikel, eine religiös motivierte These als Wissenschaft zu postulieren, und gleichzeitig eine naturwissenschaftliche Theorie als Ideologie zu diffamieren. Das ist nicht nur inhaltlich falsch, es ist auch gefährlich, und daher moralisch zu hinterfragen.
Zuletzt geändert von Falk am Fr 17. Aug 2007, 15:32, insgesamt 3-mal geändert.
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Beitragvon Klaus » Fr 17. Aug 2007, 15:14

@Falk gefällt mir, aber Dennett ist kein Evo-Biologe, sondern Philosoph, oder irre ich mich da.
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Beitragvon Peter Janotta » Fr 17. Aug 2007, 15:19

JA Dennett ist Philosoph. Wäre auch mein Kritikpunkt gewesen.

Ansonsten gefällt mir der Brief ganz gut. :gott:
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Beitragvon Falk » Fr 17. Aug 2007, 15:28

Ups, wie doof - den Satz hatte ich mehrfach umformuliert, wodurch dann am Ende Unsinn bei rauskam. Kennt man ja...

Danke für den Hinweis! Ich poste den Text denn mal auf dem Blog.
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Beitragvon Klaus » Fr 17. Aug 2007, 15:30

OK :^^:
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Beitragvon Falk » Fr 17. Aug 2007, 15:45

Klaus, wie kriege ich es hin, daß nur ein Teaser auf der Hauptseite steht, nicht der ganze Artikel!?
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Beitragvon LinuxBug » Fr 17. Aug 2007, 15:55

Dafür gibt es einen Knopf (Bild) :^^:
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Beitragvon Peter Janotta » Fr 17. Aug 2007, 15:58

Bringst du das nur auf den Blog oder schickst du es auch an die Stuttgarter Zeitung?
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Beitragvon Falk » Fr 17. Aug 2007, 16:04

@Klaus&LinuxBug
Danke!
Habe das Schöpfungsbild gerade noch etwas verkleinert, damit der Text daneben nicht so gestaucht aussieht.

@Peter
Hab' ich auch überlegt. Was meint ihr? Sollte ich ihnen den Text als Leserbrief schicken?
Zuletzt geändert von Falk am Fr 17. Aug 2007, 16:10, insgesamt 1-mal geändert.
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Beitragvon Klaus » Fr 17. Aug 2007, 16:04

@Falk, habe ich schon gemacht und LinuxBug war schneller als ich :motz:
Ich habe noch schnell formatiert, sieht etwas besser aus. :^^:
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Beitragvon Peter Janotta » Fr 17. Aug 2007, 18:03

Ich persönlich halte Leserbriefe für ein wichtiges PR-Instrument. Von daher würde ich den Brief schicken.
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Beitragvon Myron » Fr 17. Aug 2007, 18:54

Zitatquelle: http://www.stuttgarter-zeitung.de/stz/page/detail.php/1494940

Spinnler: "Doch was heißt hier Wissenschaft? Gehört zu deren Prinzipien nicht die Bereitschaft, das herrschende Wissen immer neu einer kritischen Revision zu unterwerfen? Warum fürchten die Anhänger der Evolutionstheorie die Auseinandersetzung mit konkurrierenden Deutungsmustern der Naturgeschichte so sehr, dass sie die Kritiker des Darwinismus immer wieder als hinterwäldlerische religiöse Fundamentalisten hinstellen, die keiner ernst nehmen könne?"

Die Darwinisten scheuen mitnichten die Auseinandersetzung mit alternativen wissenschaftlichen Evolutionstheorien. Die prä-darwinistischen Evolutionstheorien haben sich jedoch als Fehlschläge erwiesen, und ernsthafte moderne Konkurrenztheorien auf wissenschaftlichem Niveau gibt es praktisch nicht.

"Die darwinistischen Evolutionsforscher haben allen Grund, auf die von ihnen entwickelte Lehre der Evolutionsbiologie stolz zu sein. In den letzten 50 Jahren sind alle Versuche, diese oder jene Annahme des Darwinismus zu widerlegen, fehlgeschlagen. Außerdem wurde auch keine Konkurrenztheorie vorgeschlagen, jedenfalls keine, der auch nur der geringste Erfolg beschieden gewesen wäre. Heißt das, dass wir mittlerweile den Evolutionsprozess in allen Einzelheiten verstehen? Die Antwort auf diese Frage lautet eindeutig: Nein."

(Mayr, Ernst. Das ist Evolution. Übers. S. Vogel. München: Goldmann, 2005. S. 332)

Wer den Darwinismus entkräften will, der muss mit knallharten Fakten argumentieren und nicht mit unwissenschaftlichen Mythen oder sonstigen wilden Spekulationen.

Spinnler: "Legt man an diese Evolutionstheorie die Popper"sche Erkenntnismethode an, so lässt sich ihr Status klar bestimmen: Sie ist eine in vielen, aber keinesfalls allen Punkten bewährte Hypothese - nicht weniger, aber auch nicht mehr."

Der Autor verschweigt, ist, dass die darwinistische Evolutionstheorie neben der physikalischen Quantentheorie zweifellos die bestbestätigte und bestbewährte wissenschaftliche Großtheorie ist, über die wir derzeit verfügen. Dass es noch ein Reihe ungeklärter Detailfragen gibt, ändert an dieser Tatsache gar nichts!

An was sollen wir denn sonst glauben, wenn nicht an unsere besten Theorien?!
An die schlechteren Theorien etwa?!

Spinnler: "Es würde an dieser Stelle zu weit führen, all jene Punkte der darwinistischen Lehre aufzuzählen, bei denen noch Klärungsbedarf besteht. Nur einer sei herausgegriffen: jene kritische Phase, in der die genetischen Mutationen nicht mehr lediglich zu Varianten innerhalb einer bestehenden Spezies führen, sondern in einem qualitativen Sprung eine neue Art entstehen lassen. Dasselbe Problem tut sich auch an den großen Nahtstellen der Naturgeschichte auf: beim "Urknall" und der Entstehung der Naturgesetze, beim Übergang von der anorganischen zur lebendigen Natur oder bei der Entstehung des menschlichen Geistes."

Die Darwinisten sind ja nicht blöde, die wissen selbst ganz genau, an welchen Stellen ihrer Theorie noch "Klärungsbedarf" besteht. Sie machen den ganzen Tag nichts anderes, als daran zu arbeiten, die noch vorhandenen Lücken zu schließen.
Die evolutionsbiologische Forschung schreitet stetig voran.
Doch dem Autor geht es mit seiner suggestiven Rede von einem "Klärungsbedarf" offensichtlich einzig und allein darum, die gesamte Evolutionstheorie in Zweifel zu ziehen und den Leuten weiszumachen, dass es unvernünftig wäre, an eine "derart zweifelhafte" Theorie zu glauben.

Spinnler: "Damit soll nichts gegen spekulatives Denken gesagt sein. Das Paradox besteht hier nur darin, dass ausgerechnet diejenigen, die stets das Ideal der harten, empirischen Wissenschaft gegen jede Form von spekulativer Metaphysik ausspielen, selbst zu theoretischen Spekulationen Zuflucht nehmen. Der Philosoph Robert Spaemann merkt hierzu süffisant an: "Das Evolutionsprogramm als antimetaphysisch zu kennzeichnen ist Koketterie: es ist extrem metaphysisch." Damit brechen aber die Kampfparolen der Darwinisten in sich zusammen. Hier steht nicht mehr Wissenschaft gegen Metaphysik, sondern Spekulation gegen Spekulation."

Das ist die altbekannte Masche der Kreationisten und ID-ioten:
Sie sprechen der Evolutionsbiologie im Grunde die Wissenschaftlichkeit ab und behaupten einfach, sie unterschiede sich eigentlich nicht wesentlich von bloßer metaphysischer Spekulation.
Und wenn im Biologie-Unterricht eh schon lauter metaphysische Theorien gelehrt würden, dann könnte man dort doch mit gleichem Recht auch die religiösen Lehren verbreiten.
Das ist die hinterhältige rhetorische Taktik der Kreationisten, vor der man auf der Hut sein muss!

Spinnler: "Wenn ich glaube, dass mein Leben aus einem blinden Prozess genetischer Variation und Selektion hervorgegangen ist, also keinen "Sinn" hat, dann verpflichtet es mich auch zu nichts."

Das ist, wie die Logiker sagen, ein glattes Non sequitur, das heißt, des Autors "also" ist absolut deplatziert, da Letzteres schlichtweg nicht aus Ersterem folgt.
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Beitragvon Tapuak » Fr 17. Aug 2007, 19:02

Ich bewundere es ja immer wieder, wenn jemand die Kraft findet, geduldig auf die ewig gleichen Naivitäten und Fehlschlüsse einzugehen. Mich ödet das nur noch an, spätestens, wenn ich Aussagen wie
„Die Schöpfungstheologie“, nach der „wir uns selbst einem nicht mehr ableitbaren göttlichen Schöpfungsakt verdanken“.

lese. Es wird dadurch, dass es an jeder Straßenecke wiederholt wird, einfach nicht richtiger. Dieser Größenwahn, sich selbst als irgendein Zauberwesen hinzustellen, ist so peinlich, dass ich mich als Leser schon fast dafür schäme, obwohl ich damit nicht das Geringste zu tun habe.

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Übrigens, Falk, da Gould tot ist, müsste das "streiten" in dem betreffenden Satz wohl in "stritten" geändert werden.
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Beitragvon Klaus » Fr 17. Aug 2007, 19:05

@Myron, es wäre nicht schlecht etwas c&p zu machen und als Kommentar auf dem Blog einzustellen. :^^:
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Beitragvon Tapuak » Fr 17. Aug 2007, 19:25

Rolf Spinnler in der Stuttgarter Zeitung hat geschrieben:Naturwissenschaftler berufen sich heute in der Regel auf jene Erkenntnistheorie, die in den zwanziger und dreißiger Jahren des letzten Jahrhunderts von den Vertretern des Wiener Neopositivismus entwickelt wurde: von Autoren wie Ludwig Wittgenstein, Rudolf Carnap, Moritz Schlick und Karl Popper.

Das ist übrigens völliger Unsinn. Es zeigt, dass der Autor von der Materie keine Ahnung hat und sich stattdessen aus Wikipedia oder was weiß ich woher sein Halbwissen zusammengegoogelt hat.

- Erstens kann man wohl bezweifeln, dass die meisten Wissenschaftler sich heute auf eine neopositivistische Wissenschafts- oder Erkenntnistheorie berufen.

- Zweitens vertraten Wittgenstein, Carnap und Popper recht verschiedene erkenntnistheoretische Ansätze, so dass es unzutreffend ist, dass diese Autoren einen einheitlichen oder aufeinander aufbauenden Ansatz entwickelt hätten.

- Drittens war Popper überhaupt kein Positivist, aber dieser Irrtum wird sich wohl nie mehr auslöschen lassen (letztens erst wieder in einer katholisch geprägten Philosophiegeschichte gelesen).
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Beitragvon Tapuak » Fr 17. Aug 2007, 19:46

Myron hat geschrieben:Wer den Darwinismus entkräften will, der muss mit knallharten Fakten argumentieren und nicht mit unwissenschaftlichen Mythen oder sonstigen wilden Spekulationen.

Eben, das ist doch der ganze Punkt. Das einzige Argument der Katholiken, ID-Anhänger, Kreationisten und wie sie auch immer heißen, lautet aber: "Die Evolutionstheorie kann Vieles nicht erklären, also war es ein Schöpfer." Das ist doch nichts, worüber es sich zu diskutieren lohnt, solange es nicht ein einziges Anzeichen für diesen "Schöpfer" gibt. Fehlschluss und Wunschdenken pur.
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Beitragvon Klaus » Fr 17. Aug 2007, 20:10

Leute bringt doch solche guten Kommentare auch auf dem Blog, das ist für das Aussenvetrsändnis wichtig.
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Beitragvon Falk » Fr 17. Aug 2007, 20:14

@Tapuak
Übrigens, Falk, da Gould tot ist, müsste das "streiten" in dem betreffenden Satz wohl in "stritten" geändert werden.

Ups, die zweite! Danke auch dir für den Hinweis, ist geändert.
Auch wenn es sich jetzt so lesen läßt, als gäbe es den guten Dennett nicht mehr. Ich hätte den Satz wohl gleich ganz streichen sollen. :selbstmord:

Deine Einstellung teile ich nicht - es kann nicht schaden, auf diese Fehlschlüße immer wieder hinzuweisen, kann aber sehr wohl den Effekt haben, daß der ein oder andere genauer hinschaut, wenn ihm irgendwas als Argument verkauft wird.

Zu Spinnlers Ausflügen in die Philosophie (Popper, Wittgenstein und...ähem...Spaemann), in die Bewußtseinsforschung (Dennett) und die Biologie (Artenbildung) kann man auf jeden Fall noch einiges mehr sagen. Ich finde es aber wichtiger zu zeigen, daß die ganze Argumentation nicht funktioniert, selbst wenn wir annehmen, daß Spinnlers Annahmen alle richtig sind.
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Beitragvon El Schwalmo » Fr 17. Aug 2007, 20:37

Myron hat geschrieben:Wer den Darwinismus entkräften will, der muss mit knallharten Fakten argumentieren und nicht mit unwissenschaftlichen Mythen oder sonstigen wilden Spekulationen.

mhhhhmmmm, wenn Du mir sagst, was Du unter 'Darwinismus' verstehst, kann es sein, dass ich Dir diese 'knallharten Fakten' zeigen kann.

In der Wissenschaftsgeschichte versteht man unter 'Darwinismus' das, was Darwin lehrte. Das war ein Bündel aus, je nach Autor, bei dem Du das nachliest, 4 bis ein paar mehr Theorien, von Evolution als Tatsache über Deszendenz, Pangenesis, Selektionstheorie und so weiter bis hin zum Gradualismus.

Dann kam der 'Neo-Darwinismus', also im Prinzip die Selektionstheorie ohne lamarckistische Elemente, die Darwin noch vertrat.

Der wurde dann von der 'Synthetischen Theorie der Evolution' (Thomas Junker nennt das 'Synthetischer Darwinismus') abgelöst, die lange Zeit Standard war, und von der kaum jemand so recht weiß, was sie eigentlich vertrat und was nicht, denn immer, wenn jemand 'harte Fakten' präsentierte, fand man einen Weg, das irgendwie zu intergrieren, war das nun die Neutrale Theorie, PunkEek oder weiß der Herr was. Das hat dazu geführt, dass diese Theorie als 'moving target' oder auch als 'Schwamm, der alles aufsaugt, ohne zu platzen' charakterisiert wurde. Selbstverständlich von Menschen, die mit Kreationismus nichts am Hut haben und Naturalisten sind.

Die wenigsten Evolutionsbiologen wissen streng genommen, was sie eigentlich vertreten und was nicht. Daher kann ich nur raten, etwas vorsichtig zu sein, wenn man von 'entkräften' spricht.

Schau mal in Bücher wie

Kirschner, M.; Gerhart, J.C. (2005) 'The Plausibility of Life' New Haven, Yale University Press

Carroll, S.B. (2005) 'Endless Forms Most Beautiful. The New Science of Evo Devo and the Making of the Animal Kingdom' New York; London, W.W. Norton

oder andere EvoDevo-Bücher. In denen wird expressis verbis auf ID oder Kreationisten eingedroschen, aber auf der anderen Seite werden Vorstellungen von Evolutionsmechanismen vertreten, die mit dem, was üblicherweise heute von vielen Forschern unter 'Darwinismus' verstanden wird, nicht vereinbar sind (das könnten die von Dir eingeforderten 'knallharten Fakten' sein). Im zuerst genannten Buch wird das expressis verbis betont.

Das ist nebenbei ein starkes Argument, von 'Evolutionstheorie' und nicht von 'Darwinismus' zu reden, denn es ist durchaus möglich, kein Darwinist zu sein und dennoch von einer naturalistischen Evolution auszugehen, beispielsweise die 'Kritische Evolutionstheorie'

Gutmann, W.F.; Bonik, K. (1981) 'Kritische Evolutionstheorie. Ein Beitrag zur Überwindung altdarwinistischer Dogmen' Hildesheim, Gerstenberg

oder auch das, was man zu EvoDevo rechnen könnte. Auch 'phenotypic plasticity' wäre ein Beispiel. Viele dieser Auffassungen sind 'one-man-shows', aber allen ist gemeinsam: sie haben durchaus Argumente gegen Details des Standards (also das, was Du vermutlich 'Darwinismus' nennst). Ob das für eine Widerlegung hinreicht ist natürlich eine spannende Frage.

Das Problem ist, dass es schwer ist, 'knallharte Fakten' zu finden, weil es so gut wie keine systematische Darstellung (geschweige denn formalisierte Theorie) dessen gibt, was in der Evolutionsbiologie vertreten wird. Das ist leicht erklärbar: die Fachwissenschaftler forschen auf ihrem Spezialgebiet, und die Menschen, die eher theoretisch arbeiten, sind möglicherweise nicht immer auf dem neuesten Stand. Es gibt wenig wirklich fundierte Übersichtsartikel. Die Wissenschaftshistoriker hingegen warten meist 20 Jahre, bis sich die Spreu vom Weizen getrennt hat, bevor sie Entwicklungen nachzeichnen.
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Beitragvon Klaus » Fr 17. Aug 2007, 20:56

Manchmal könnte ich ausrasten. Da gibt sich einer große Mühe, schreibt einen exzellenten Post fürs Blog, hier kommen gute Kommentare, Freunde stellt die doch dann ganz einfach per c&P im Blog ein. Wir zeigen auch nach aussen hin, dass wir unsere eigenen Themen wichtig nehmen und durchaus kontroverser Auffsassung sind.
als das gilt nicht nur für El Schwalmo.
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