ujmp hat geschrieben:Die Frage, ob der Mathematik eine Realität außerhalb des menschlichen Denkens zukommt, lässt sich auf die Frage reduzieren, ob der Zahl Zwei eine solche Realität zukommt. Zwei ist aber eine rein gedankliche Relation zwischen gedachten Gegenständen, z.B. "zwei Äpfel auf dem Tisch", "zwei Massen im Universum: Ich und der Mond". Zahlen sind ebenso rein gedanklich, wie logische Verknüpfungen, z.B. "Ein Apfel und ein Apfel, also zwei Äpfel". Es gibt nichts Reales, was Zwei oder Und ist. Zahlen sind nicht real und Relationen zwischen Zahlen natürlich auch nicht, wie 2<4, y=x² usw. Mathematik ist also nicht real, da sie nur gedachte Relationen behandelt. Oder?
Wie gesagt, die Mathematik als eine soziale Institution ist natürlich geistabhängig.
Zahlen wie die Zwei sind auf jeden Fall keine Beziehungen, sondern Gegenstände, die natürlich zueinander in Beziehungen stehen können. Laut Gottlob Frege ist die logische Grundbeziehung die des Fallens eines Gegenstandes unter einen Begriff.
Die Zahl Zwei kommt allen Begriffen zu, unter die genau zwei Gegenstände fallen. Wenn man den Begriff der 2-Zahligkeit bildet, dann fallen unter diesen Begriff zweiter Stufe alle Begriffe erster Stufe, unter die genau zwei Gegenstände fallen.
Das heißt, 2-zahlig zu sein, ist eine Eigenschaft all dieser Begriffe.
Aber man beachte, dass der Eigenname "2"/"Zwei" zwar Teil des Begriffsausdruckes "2-Zahligkeit"/"Zweizahligkeit" ist, aber die Zahl 2/Zwei selbst kein Begriff, sondern ein Gegenstand ist.
Ich empfehle als Lektüre wärmstens Gottlob Freges bahnbrechendes Werk zur Frage nach dem Wesen der Zahlen:
"Die Grundlagen der Arithmetik" (1884)
(Keine Bange, das ist trotz des Titels im Wesentlichen ein philosophisches Werk.)
§105: "Man könnte wohl mit Abänderung eines bekannten Satzes sagen: der eigentliche Gegestand der Vernunft ist die Vernunft. Wir beschäftigen uns in der Arithmetik mit Gegenständen, die uns nicht als etwas Fremdes von außen durch Vermittlung der Sinne bekannt werden, sondern die unmittelbar der Vernunft gegeben sind, welche sie als ihr Eigenstes völlig durchschauen kann. Und doch, oder vielmehr grade daher sind diese Gegenstände nicht subjektive Hirngespinste. Es gibt nichts Objektiveres als die arithmetischen Gesetze."
Die Philosophie der Mathematik ist überhaupt ein spannendes Gebiet, mit dem man sich durchaus auch dann befassen kann, wenn man, wie ich, kein studierter Mathematiker ist:
http://plato.stanford.edu/entries/philo ... athematics