@Stine: Schönes Singer-Zitat! (Aber die richtige Quelle?).
@Piat Hut: Ich zitier mich mal selbst, auch wenn ich es bestimmt schon öfter geschrieben habe:
Willensfreiheit und Kausalitätsgesetz
Versteht man den Geist als etwas physisches, dann muss auch er dem Kausalgesetz unterworfen sein. Wir wehren uns gerade aus diesem Grunde nur zu gern gegen das Kausalgesetz, weil wir doch unseren eigenen Geist als frei empfinden. Das liegt allerdings daran, dass wir die Ursachen für unsere jeweiligen Gedanken grundsätzlich nicht intuitiv wahrnehmen können: Wir können die Ursachen unserer Gedanken nicht fühlen. Bei genauer Überlegung kommt man zu dem Ergebnis, das ein Mensch mit einem akausalem Willen wahnsinnig wäre: Wenn der als frei empfundene Wille akausal wäre, dann würde es weder einen Grund geben, dass der Wille gleich bleibt, noch würde es einen Grund geben, dass er sich ändert. Die Frage nach dem Grund würde sich ja verbieten. Die Meinung wäre also irgendwie im Sinne des echten Zufalls, erst recht nicht abhängig von guten Gründen... Es gibt Menschen, deren Willen nicht von den Ursachen bestimmt wird, wie dies bei gesunden Menschen der Fall ist, sondern von anderen Ursachen. Diese Menschen denken nicht akausal, aber sie sind in schwerstem Maße schwachsinnig. Der Schwachsinn eines akausalen echt zufälligen Willens würde deren Lebensunfähigkeit um ein vielfaches übersteigen. Die Intelligenz wäre gleich Null. Das gilt zumindest, wenn die Akausalität der empfundenen Freiheit des Willens entsprechen würde. In diesem Fall würde sich ein Mensch nicht oft eine geladene, entsicherte Pistole an den Kopf halten können, ohne abzudrücken, wenn eben diese Freiheit echt zufällig wäre.
Nehmen wir einmal an, dass unsere Empfindung der Willensfreiheit nicht die Freiheit abbildet, die wir haben, sondern dass die Akausalität im Rahmen zahlreicher festgelegter Parameter nur einen sehr kleinen Bereich betrifft:
Dann könnte bei dem Pistolenbeispiel auch einen Einfluss haben, dass man ein glückliches Leben führt, das Leben genießen möchte, dass ein Schuss vielleicht schief gehen könnte und man große Schmerzen erleidet: Wenn aber auch in diesem Fall das Hirn die Entscheidung letztendlich wie ein echter Zufallsgenerator auswerfen würde, deren Wahrscheinlichkeit lediglich besonders gering wäre, dann bräuchte ein Mensch statistisch gesehen eben nur oft genug an das Abdrücken zu denken, um es letztendlich auch zu tun. Die statistische Unwahrscheinlichkeit würde sogar besagen, dass sich auch ein glücklicher, zufriedener Mensch, der Schmerzen und den Tod fürchtet, gleich beim ersten mal abdrücken könnte, ohne dass sich die Frage nach dem „Warum“ stellen würde, es wäre eben ein statistisches Ereignis, dass zwar unwahrscheinlich wäre, aber eben durchaus möglich.
Die Schlussfolgerung von empfundener Willensfreiheit auf den Indeterminismus wäre in diesem Fall nicht zulässig. Der Behauptung würden sich verschiedene Fragen anschließen, weshalb Akausalität ausgerechnet im Gehirn stattfinden sollte, obwohl diese außerhalb des Gehirns nicht feststellbar ist und weshalb solche Gehirne nicht ausgestorben sind, denn ein vollständig kausales Gehirn ohne Wahnsinns-Restrisiko bei jedem Gedanken(!) wäre einem akausalen Hirn in der Evolution in jedem Falle überlegen.
…
Zwar lässt sich sagen, dass der Mensch sich planend dafür entscheiden kann, später bestimmte Willensentscheidungen zu treffen und diese dann auch umsetzt: Das ändert jedoch nichts daran, dass am Ende der Kette solcher geplanten Entscheidungen immer eine Entscheidung zu diesem Plan stehen muss, die selbst den oben genannten Grundsätzen wiederum unterliegt. Die Verantwortung im ursprünglichen Sinne kann hierdurch also nicht gerettet werden.
Möglicherweise ist dem Menschen ein psychischer Schutzmechanismus im „Betriebssystem“ des Gehirns angeboren, der uns von Kindesbeinen an unseren Geist als „frei“ sehen lässt, auch wenn dies letztendlich unlogisch ist. Warum ein solcher Mechanismus nützlich sein kann, müssten Psychologen beantworten. Es besteht wohl weitgehende Einigkeit, dass dieser Gedanke zunächst „Stress“ verursacht.
Zusammenfassen lässt sich die ganze Thematik etwa folgendermaßen:
Der Mensch empfindet sich als frei, er ist subjektiv frei - das gilt einerseits, weil er nicht die Bedingungen und Ursachen seines Willens abschätzen kann, andererseits aber auch, weil er die Folgen seines Willens und seiner Handlungen nicht präziese vorhersagen kann, sondern nur statistische Erfahrungswerte verwenden kann. Das ändert nichts an dem Umstand, dass objektiv jede Willensentscheidung durch Ursachen bestimmt wird. Die Vereinbarkeit von Willensfreiheit und Determinismus bezeichnet man als Kompatibilismus.
Indeterminismus und Willensfreiheit schließen sich aus.
Handlungsfreiheit ist, tun zu können, was man tun will.
Willensfreiheit ist, wenn man wollen darf, was man will?
Ich würde sagen, dass mehr dazu gehört: Man spricht nur von Willensfreiheit, wenn die Willensbildung über das Bewusstsein erfolgt und unabhängig von Drogen und Manipulation ist. Die Ursachen für die jeweilige Willensentscheidung müssen gewissermaßen schon länger im Gehirn vorhanden sein und dürfen dort nicht zielgerichtet von anderen Menschen verankert worden sein (wobei es sich eigentlich auch nicht anders verhält, wenn die Gedanken zufällig dort verankert werden...).
Je mehr wir uns der Ursachen unserer eigenen Willensentscheidungen bewusst werden und je mehr wir diese mit dem Bewusstsein weiter verarbeiten können, umso freier werden wir, umso mehr sind wir mit der jeweiligen Entscheidung identisch… je mehr eine Entscheidung in unserer längerfristigen Beschaffenheit angelegt ist als in kurzfristiger Einwirkung von außen, umso freier empfinden wir sie auch bei rückwirkender Betrachtung.(Ich frage mich gerade, ob das nebenbei auch noch glücklich macht...)
Die grundsätzliche Betrachtung von Kausalität oder Indeterminismus ist für den Begriff der Freiheit nicht wirklich relevant.
Die Frage, ob es überhaupt Ursachen für eine Willensentscheidung gibt, stellt sich für eine wissenschaftliche Betrachtung nicht so ohne weiteres.