Was ein Bright ablehnt bzw. ablehnen sollte

Re: Was ein Bright ablehnt bzw. ablehnen sollte

Beitragvon Telos » Do 11. Dez 2008, 22:14

ganimed hat geschrieben:Wäre ungekoppelte Befreiung, eine bedingungslose Befreiung nicht viel besser? Wäre es nicht schön, wenn es keine Hölle und keine darin ewig leidenden Menschen gäbe, die kein Glück bei der Vergebung hatten?
Ich glaube, hier entlarvt sich dein Gefühl als resistent gegenüber dem Vorteil. Es will nicht das bessere, sondern möglicherweise nur das gewohntere.


Ja, die Vorstellung einer Hölle wirft Frage auf. Vor allem, weil niemand so recht weiß, welche Normverletzung dahinein führt. Ich kann mit zB nicht vorstellen, dass ein Kirchenaustritt, gewertet als Todsünde, zur Verfehlung des ewige Heils führt. Aber es bleibt ein Rest: Soll das wortwörtlich himmelschreiende Unrecht ungesühnt bleiben, weil die irdische Gerechtigkeit nicht mehr herstellbar ist? Sollen die Hitlers der Welt sich mit einer Selbsttötung allem entziehen können?


ganimed hat geschrieben:Mal sehen, ob ich dich richtig verstehe: du willst allen Ernstes behaupten, dass nur jemand, der an die Willensfreiheit glaubt, sich an Gesetze gebunden fühlt und sie einzuhalten bereit ist?


Nein, das behaupte ich nicht. Ich behaupte nur, dass das Element Willensfreiheit zur Konstruktion unseres Rechtswesenes elementar notwendig ist.

ganimed hat geschrieben:Wie wäre es mit einem umgedrehten Spieß. Dein Argument kann man viel vernünftiger umgekehrt führen. Genau wenn man an die globale, objektive Gerechtigkeit glaubt, ergibt sich eine Erlaubnis zur Unmoral. Selbst wenn ich heute noch 13 Menschen umbringen sollte, würde ich ja darauf vertrauen können, dass Gott oder wer auch immer, das schon wieder gerade biegen wird.


Sehe ich nicht so. Die Moraltheologie sperrt hier jede Ausflucht ab. Eben weil auch sie von der Willensfreiheit ausgeht, die wissentlich eine böse Tat tut, die nicht so ohne weiteres von Gott gradegebogen wird. Gott kann die Gnade verweigern, eine schlimme vorstellung, zugegeben. Die Hölle, s.o., macht ja nur dann Sinn, wenn sie endgültig ist. Nur dann ist die Beliebigkeit vermieden. Die Konsequenz der Hölle erzeugt Angst - und Angst erzeugt oft genug eine hohe Motivation, bestimmte Dinge zu tun oder eben nicht zu tun. Ganz praktisch gesehen würde ich mir wünschen, Himmler hätte Angst vor der Hölle gehabt. Vielleicht hätte es was genützt.

Die Gesamtgerechtigkeit kann ja angeblich nicht verletzt werden. Genau das wäre das geöffnete Tor. In diese Kategorie passen sicher auch die religiös motivierten Selbstmordattentäter, deren Unmoral bestimmt auch durch Argumente aus dem Jenseits und dem Glauben an eine über den Tod hinausgehende Gesamtgerechtigkeit ermöglicht wird.


Ja, sehr richtig. Das ist das alte Problem nicht nur der Religionen: Ist die an sich böse Tat gerechtfertigt und bin ich gerechtfertigt, weil ich glaube, Gott (oder ein anderer Bezugspunkt) will es bzw. erlaubt es? Dies wird heute von den beiden großen Kirchen klar gesehen und reflektiert. Tendenz, soweit ich sehe: Die böse Tat darf nicht gemacht werden, um das vermeintlich Gute zu bezwecken. Aber da es sich hier um ein Dilemma handelt, wird es immer wieder Handlungen in Situationen geben, die kritisiert werden können.
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