stine hat geschrieben:Der Text von Gunnar Heinsohn trifft es schon ziemlich genau, die Aussicht auf Forwärtskommen beinhaltet nun mal das Heiraten im jeweiligen Stand. Die reine Versorgungsehe hat einen schlechten Ruf und findet grade nochmal zwischen Schönheit und Geld statt, nicht aber in gewöhnlich unterschiedlichen Einkommensverhältnissen.
Der Text sagt aber doch eher, dass die Versorgungsehe passé ist.
stine hat geschrieben:Warum überhaupt dieser Thread?
Weil ich finde, dass die Gleichberechtigung der Frau, sofern sie nur dieselbe Vertragsmündigkeit und das Berufsrecht beinhalten, an der Tatsache vorbeigeht, dass Frauen und Männer eine biologische Rolle innehaben, derer sie nicht mehr gerecht werden können.
Nein, Du argumentierst hier wirklich mit dem naturalistischen Fehlschluss.
Die Tatsache, dass es biologische Unterschiede zwischen Männern und Frauen gibt und daraus abgeleitet, dass bestimmte Rollen nur von dem einen oder anderen Geschlecht gelebt werden können, heißt doch nicht, dass diese Rollen auch gelebt werden müssen.
Vom Testosteron wird gesagt, es sei ein ungeheuer primitives Hormon, das, grob gesagt, die Funktion hat, töten oder poppen. Es ist doch gerade nicht erwünscht, dass Männer, die einen signifikant höheren Testosteronspiegel haben als Frauen, mordend oder vergewaltigend durch die Welt gehen, weil die Natur das eben als soziale Rolle biologisch so vorgegeben hat. Es wird gesellschaftlich erwartet, dass Männer ihre „Natur“ in diesem Punkt beherrschen, tun sie es nicht, sperren wir sie sogar ein.
stine hat geschrieben:Wesentlich wichtiger ist, dass die Aufgaben, die aus dieser biologischen Rolle folgen, gleichwert gestellt werden.
Du meinst das jetzt unter feministischen Aspekten?
Man hat ja mal ausgerechnet, dass die Arbeit einer Hausfrau (damals wohl auch noch Mutter) so in etwa 3000-4000 DM wert sei, kann man heute 1 zu 1 in Euro umrechnen.
Es ist bestimmt so, dass die Rolle der Hausfrau und Mutter bei uns nicht (oder unzureichend) gewertschätzt wird. M.E. eine Schuld des kirchlich-patriarchalen Weltbildes, das zwar immer mit einer Rührung vor der eigenen Mildtätigkeit die Frauen etwas kitschig verherrlicht, im Konkreten wird den Frauen aber doch eher weniger zugetraut. Für Ehrenamt und Pflege sind sie gut genug, alles was mit Intellektualität, Macht und Einfluss zu tun hat, nö, in 700 Jahren bitte noch mal fragen, schließlich war Jesus ein Mann und keine Frau.
Zwar wird die Maria angebetet wie sonst niemand und die Kirche wesentlich von Frauen getragen, aber dass Du Dich als Hausfrau und Mutter mit einem Dich nicht befriedigenden „nur“ zu begnügen hast, hast Du
auch dieser Tradition zu verdanken.
stine hat geschrieben:Solange das Ansehen lediglich aus dem gemeinsam Erwirtschafteten folgt, wird dies nicht so sein.
Doch, die Frauen könnten sagen, ich will mehr Geld.
Allerdings verhandeln sie weit weniger hart und lassen sich schnell abspeisen.
Das kann man auf biologische Muster zurückführen, also wäre doch alles vollkommen in Butter, oder?
stine hat geschrieben:Und ein weiteres Problem entsteht aus dieser Tatsache:
Markus Grabka, 41. Der Soziologe vom Wirtschaftsinstitut DIW arbeitet für die größte Studie über Einkommen und Vermögen in Deutschland (Soep). Er nennt sich Verteilungsforscher, aber das versteht ja keiner. Wer Grabka in seinem Büro in Berlin-Mitte besucht, hört mehr als zwei Stunden lang, warum Deutschland in Arm und Reich auseinanderfällt - und was das bei der Eheanbahnung bedeutet. http://www.sueddeutsche.de/geld/markus-grabka-aerzte-heiraten-keine-krankenschwestern-mehr-1.100105Markus Grabka hat das richtig erkannt, die Ehe innerhalb der richtigen Kaste verhindert das Abrutschen in die Armut. Nur wenn beide Arbeiten sind der Wohlstand und das Ansehen des Paares nachhaltig gesichert. Und das je besser, desto
höherwertiger die Berufe beider Ehepartner sind. Kinder werden dann so etwas wie Statussymbol und oft unabhängig ihrer eigenen Fähigkeiten in die akademische Laufbahn gezwungen. Überforderung und vergeigte Kindheit sind oftmals die Folge.
Lebenslange Psychosen sind kein Unterschichtenproblem.
Sicher gibt es hier einiges zu kritisieren, die Fokussierung auf Kohle und Karriere, als höchste Werte überhaupt, ganz sicher. Aber da würde ich zur Linderung keinen naturalistischen Fehlschluss reinhängen. Du musst die Leute in der Sprache ansprechen, die sie verstehen.
Du müsstest dem, der nur auf Kohle und Karriere peilt, zeigen, warum das ein Trip ist.
Den einzelnen kalten Narzissten wirst Du nicht erreichen, weil der Dich als Jammertrine, die es eben nicht geschafft hat, entwerten wird.
Aber dem Firmenchef und den Politikern kannst Du schon was sagen, solange Du irgendwie in einer Position bist, dort Gehör zu finden. Solche Strukturen fließender Hierarchien könnte man versuchen zu etablieren.
Dem Firmenchef müsstest Du zeigen, warum es unrentabel ist, ein kalter Abzocker zu sein.
Hier müsste man wieder differenzieren zwischen dem Sektor, der qualifizierte Angestellte einstellt und dem der Hilfskräfte ausbeutet, aber seit Schlecker mit der Nummer schwer gekentert ist (ist das in Ösiland ein Begriff?), werden auch hier die einen oder anderen umdenken.
Was die Politik angeht, geht denen der Arsch ganz kräftig auf Grundeis, da man, nachdem man das keineswegs neue Thema demographischer Wandel über Jahrzehnte kalt ignoriert hat, nun am Bahnsteig steht und erfährt, dass der Zug schon längst abgefahren ist, d.h. es gibt, wenn der liebe Gott kein Wunder fabriziert, überhaupt keinen Grund zur Hoffnung, dass die demographische Entwicklung morgen anders aussieht und selbst wenn das der Fall wäre, würden die ersten Linderungseffekte, frühestens in 20 Jahren eintreten.
Wir steuern also, kurz gesagt, auf eine demographische Katastrophe zu, deren Auswirkungen nicht irgendwann vielleicht mal kommen, oder auch nicht, sondern die wir bereits erleben und ie Daumenschrauben werden jedes Jahr ein wenig mehr angezogen.
Das wird Deinem Anliegen leider völlig den Zahn ziehen, denn Du kannst sicher sein, dass in Zukunft alles an Arbeitskraft rekrutiert wird, was nicht schnell genug auf die Bäume kommt, Rentner, Frauen, irgendwann vielleicht auch bei uns wieder Jugendliche, oder wir bekommen eine fundamental andere Gesellschaft. Ich glaube, das wird der Fall sein, in welche Richtung das geht, weiß niemand, ich glaube, die Zersplitterung der Gesellschaft, die längst der Fall ist, wird sich beschleunigen.
Finde ich gar nicht schlecht, die unterschätzte Gefahr ist die einer rapiden Entdemokratisierung.
Manche sagen, super, na endlich, ich glaube, die wissen nicht, was sie da verlieren und sehe das als große Gefahr.
Kann man aber was dran machen, indem man z.B. den – verglichen damit, eher nachrangigen Streit um den lieben Gott – mal ad acta legt und sich lagerübergreifend einigt, ob man wirklich das, was die Aufklärung erreicht hat, in den nächsten zwei Dekaden endgültig und irreversibel zum Fenster rausschmeißen will.
Was dabei viele unterschätzen: Soziale Praktiken können nicht einfach aufgeschrieben werden und dann, wenn der Rauch sich verzieht, buddelt man alles wieder aus, sagt, war wohl nix, machen wir wieder Demokratie. Mit den Menschen sterben auch die Praktiken aus und ist das Band mal gerissen, kann man es nicht wieder zusammenbinden, der vielbesungene Werteverlust mag uns mahnendes Beispiel sein.
stine hat geschrieben:Ich sehe keinen Ausweg aus dem Dilemma.
Zeigt, dass Du eine intelligente Frau bist.
stine hat geschrieben:Es wird noch schlimmer werden, wenn die Einkommen weiter sinken und die Arbeitskraft der Frauen weiterhin den Wohlstand in der Familie mit absichern muss. Arm und reich werden weiter auseinander klaffen und das Ansehen der Familien wird weiter sinken.
Könnte gut sein.
Politisch intelligent wäre eine Zuchtprämie, momentan wird über Strafabgaben für Kinderlose nachgedacht, ein Akt massiver Dummheit, also nicht auszuschließen, dass er umgesetzt wird.
Da kann man dann wieder über Sonderregelungen für welche, die wollten, aber nicht konnten nachdenken und damit ein Heer von Beamten, die all das verwalten und kontrollieren einstellen, das schafft wieder etwas mehr von der Überbürokratisierung, die schon heute niemand braucht.
stine hat geschrieben:Die Frau zuhause hat heute schon ein schlechtes Ansehen, umso mehr, als sie sich nur noch mit staatlicher Unterstützung um die Familie kümmern kann. Und das ist leider auch oft überhaupt keine Garantie für den Nachwuchs eine gute Kindheit haben zu dürfen. Gerade schlecht bis gar nicht ausgebildete Frauen können oft nicht die familiäre Unterstützung leisten, die ihre Kinder bräuchten und das je weniger desto schlechter die Untertützung durch einen Partner. Häufig fehlt der Partner ganz.
Ich kenne das Elend, es ist selbst gebastelt, aber nun sitzen wir drin um müssen schauen wie wir rauskommen.
stine hat geschrieben:Es ist wie immer auch ein Mittelschichtenthema. Wir brauchen gut ausgebildete Frauen die den Mut haben, sich zu Hause um die Familie zu kümmern, weil sie damit das gleiche Ansehen genießen dürfen, wie es die berufstätige Kollegin erfährt. Wir brauchen Männer, die sich wieder Familie leisten wollen und auch mal ein kleineres Auto dafür fahren und weniger Urlaubsreisen haben wollen. Wir brauchen Menschen, die sich ihrer Verantwortung als Eltern stellen.
Klar, gleichzeitig wird Flexibilität gepredigt. Es gibt Leute, die jeden Morgen mehr als 200 km zur Arbeit fahren, oder gleich die ganze Woche in irgendwelchen Barracken pennen, damit sie irgendeine Arbeit haben. Gleichzeitig soll man treusorgender Vater sein und die Familie hochhalten, das ist die Quadratur des Kreises. Der arme Schrauber aus Thüringen (Ostdeutschland), der jeden Morgen ins Ruhrgebiet fährt (tiefer Westen) weil es nur da Arbeit für ihn gibt, muss ausbaden, was Politiker versemmelt haben. Ist nicht so ganz dolle.