Pro Reli???

Pro Reli???

Beitragvon Kallisti » Fr 27. Feb 2009, 10:53

Hallo Leute,

ich hab mich grad in diesem Forum angemeldet, weil ich mich momentan mit einem Thema beschäftige: Es geht um Pro Reli, demnächst (26.4.) gibts einen Volksentscheid in Berlin, wo ich wohne. Entschieden werden soll, ob Schüler ab der ersten Klasse künftig zwischen Religion und Ethik wählen müssen, bislang war Ethik Pflicht, und Religion ein fakultatives Zusatzfach.

Die Pro Reli-Anhänger haben vor allem zwei Argumente (ok, sie haben noch mehr, aber das sind die wichtigsten):
1. Freie Wahl (lustiger Weise werben sonst nur kirchenfremde Abtreibungsbefürworter mit Pro Choice)
2. Der Staat soll sich nicht einmischen.

Ich finds ja ironisch, dass die Kirchen/Zentralräte etc. so sehr nach Freiheit schreien. Vielleicht kann man zwischen zwei Fächern frei entscheiden, aber was ist das für ne Wahl zwischen einem recht einseitig geprägten Weltbild, was den Kindern vermittelt, was Gut/Richtig, Schlecht/Falsch ist, und einem Ethik-Unterricht, in dem bestimmte Weltanschauungen (zumindest relativ) ergebnisoffen diskutiert werden?

Wenn der Staat seine Neutralitätspflicht wahren soll, dann dürfte es an staatlichen Schulen auch eigentlich kein Wahlpflichtfach Religion geben.

Ich finde es abstrus, so zu tun, als könne man konfessionsgebundenen Unterricht mit allgemeiner Ethik gleichsetzen.

Ich wäre mal neugierig, was ihr so denkt.

Liebe Grüße, Kallisti
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Re: Pro Reli???

Beitragvon stine » Fr 27. Feb 2009, 18:04

Ich weiß nicht, was im Ethikunterricht gelehrt wird und kann dazu leider nichts sagen.
Mir ist nur bekannt, was im katholischen Religionsunterricht zum Lehrplan gehört. Außer den biblichen Geschichten wird auf alle Weltreligionen eingegangen und in den höheren Klassen über Sinnfragen und menschliches Verhalten diskutiert.
Meine Meinung ist, dass solches zu einer guten Allgemeinbildung einfach dazu gehört.

Wenn wir Religion und Ethik rauslassen, dann könnten wir auch die Pflichtlektüren im Deutschen auf’s Notwendigste kürzen und vielleicht reicht auch rudimentärer Geschichtsunterricht, um gute Staatsbürger in die Welt zu entlassen.
Ob der vollständige Mathe-Lehrplan zum Einkaufen benötigt wird, ist außerdem fraglich. Plus und Minus reicht schon.
LG stine
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Re: Pro Reli???

Beitragvon JustFrank » Fr 27. Feb 2009, 18:29

stine hat geschrieben: Außer den biblichen Geschichten wird auf alle Weltreligionen eingegangen und in den höheren Klassen über Sinnfragen und menschliches Verhalten diskutiert.
Meine Meinung ist, dass solches zu einer guten Allgemeinbildung einfach dazu gehört.


Darf ich fragen, was biblische Geschichte und Bildung miteiander zu tun haben? Wir sollten es wirklich unterlassen, Bildung und Fantasy zu vertauschen.

Dass die Kirchen in dieser Hinsicht nach Freiheit krähen, ist schon klar. Demokratie passt den Schwarzen immer dann gut in den Kram, wenn sie anders nicht durchkommen. Zudem schreien am häufigsten die Nicht -Demokraten nach Demokratie. Ist schon lustig.

Ich würde jeglichen Religionsunterricht aus reiner Vernunft untersagen. Kein Mensch sollte diesen Unsinn lernen müssen.
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Re: Pro Reli???

Beitragvon Julia » Fr 27. Feb 2009, 19:00

Ich bin generell gegen Religionsunterricht an staatlichen Schulen, auch auf einer freiwilligen Basis.
Für die Allgemeinbildung ist der Ethikunterricht vollkommen ausreichend (*) und ein weiteres Bildungsangebot können die Religionsgemeinschaften selber organisieren und finanzieren.

(*) Ich stehe zu meinen Bildungslücken (Ich kann nicht alle Wunder aufzählen, die Jesus vollbracht haben soll) und kann mit ihnen leben.
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Re: Pro Reli???

Beitragvon stefan2 » Fr 27. Feb 2009, 19:50

Ich halte einen Religionsunterricht auf freiwillger Basis für absolut legitim und in Ordnung - es besteht einfach die Nachfrage danach. Wer's mag ...

Unbedingt zwingend erforderlich halte ich einen verpflichtenden Ethikunterricht für alle in allen Klassen - Christen, Religionslose und Muslime etc. - dies nicht zuletzt aus Gründen der Integration und vor allem anderen der Vermittlung demokratischer und humanistischer Werte.

Ich hörte neulich im Rundfunk (swr2), dass in Österreich Lehrer, die muslimischen Religionsunterreicht erteilen, zu über 50% demokratische Werte ablehnen und - wenn ich mich erinnere - 30% eine Todesstrafe für Leute für gut halten, die als Muslime ihrer Religion den Rücken kehren. Religionsunterreicht bedeutet auch das - bei allem doch insgesamt recht "weichgespülten" christlichen Religionsunterricht.

Konfessions-/religionsfreier Ethikunterricht muss vor allem auch und verpflichtend an allen Schulen privater Träger erteilt werden, die auch nur einen Euro staatlicher Förderung bzw. Anerkennung ihrer Abschlusszeugnisse erfahren!! Kreationismus und "das Weib sei dem Manne untertan" z.B. in freien christlichen Schulen oder im musimischen Unterricht hat dann wenigstens ein Gegengewicht!

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Re: Pro Reli???

Beitragvon stine » Fr 27. Feb 2009, 20:32

Julia hat geschrieben:... und ein weiteres Bildungsangebot können die Religionsgemeinschaften selber organisieren und finanzieren.
Das tun einige sogar. Es gibt sie immer noch die sogenannten "Sonntagsschulen".
Nun nehmen wir einmal an, dass Ethikunterricht und aufgeklärter Religionsunterricht im Schulsystem entfallen und die interessierten Gläubigen NUR noch in der Sonntagsschule ihre Lehre erfahren. Ja wie verbohrt kommen die da erst wieder raus?
Dann haben wir wirklich die zwei Welten geschaffen, die wir mit der Abschaffung des Reli-Unterrichts eigentlich verhindern wollten.

Julia hat geschrieben:(*) Ich stehe zu meinen Bildungslücken (Ich kann nicht alle Wunder aufzählen, die Jesus vollbracht haben soll) und kann mit ihnen leben.
Na dann..
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Re: Pro Reli???

Beitragvon Julia » Fr 27. Feb 2009, 21:25

stine hat geschrieben:Nun nehmen wir einmal an, dass Ethikunterricht und aufgeklärter Religionsunterricht im Schulsystem entfallen und die interessierten Gläubigen NUR noch in der Sonntagsschule ihre Lehre erfahren. Ja wie verbohrt kommen die da erst wieder raus?

Dafür plädiert meines Wissens niemand. Auch Religionskunde sollte immer noch ein Teil des Lehrplans sein.
Ich bezweifle darüber hinaus, dass dieses Angebot ähnlich gut besucht wäre wie der konfessionell gebundene Religionsunterricht es heute ist.

Zum Ethikunterricht: Themen in der Oberstufe waren die philosophische Ethik, "Recht und Gerechtigkeit", "Freiheit und Determination" und "Glück und Sinnerfüllung". Ich war sehr zufrieden mit dieser Themenauswahl, der Unterricht hat mir immer wieder wichtige Impulse geliefert.

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Re: Pro Reli???

Beitragvon El Schwalmo » Fr 27. Feb 2009, 21:59

stefan2 hat geschrieben:Unbedingt zwingend erforderlich halte ich einen verpflichtenden Ethikunterricht für alle in allen Klassen - Christen, Religionslose und Muslime etc. - dies nicht zuletzt aus Gründen der Integration und vor allem anderen der Vermittlung demokratischer und humanistischer Werte.

sehe ich genauso.

In der Klasse, die Du kennen gelernt hast, habe ich Ethik unterrichtet. Da war alles vertreten, von Bibel-Fundis, Christen jeglicher Couleur, Muslimen bis hin zu Agnostikern und Atheisten und Kindern, die sich noch keine Gedanken darüber gemacht haben, ob bzw. an welchen Gott sie glauben. Es gab im Unterricht teilweise Diskussionen, aber nie Streit. Es war klar, dass jeder das Recht hat, religiös zu sein oder auch nicht. Themen waren 'Glück' und 'Die Antwort der Religionen' incl. einer Analyse von Gottes'beweisen', und, aufgehängt am 'Kruzifix-Urteil', das Verhältnis von Staat und organsierter Religion. War ganz interessant, zu einigen Fragen dann 'Fachleute' in der Gruppe zu haben, beispielsweise, wenn es um Islam ging.

Ich kann mir nicht vorstellen, dass man einen derartigen Unterricht im Fach 'Religion' machen kann, wenn alle Kinder dieselbe Konfession wie der Lehrer haben. Und ich gehe davon aus, dass den Kindern etwas fehlen würde, falls sie gar nicht mitbekommen würden, an was andere Menschen so alles glauben.
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Re: Pro Reli???

Beitragvon pinkwoolf » Fr 27. Feb 2009, 23:45

JustFrank hat geschrieben:Darf ich fragen, was biblische Geschichte und Bildung miteiander zu tun haben?

Ich finde, eine Menge. Zahllose hervorragende Werke der Literatur, Malerei und Bildhauerei sind ohne Bibelkenntnisse kaum verständlich.

Muss man natürlich auch nicht verstehen können, um eine Pizza in den Ofen zu schieben oder seinen Kontostand auszurechnen. Ich fände es trotzdem schade drum.

Keine Frage, dass ich die biblische Geschichte ebenso für Menschenwerk halte wie alle anderen künstlerischen Erzeugnisse; aber es ist nicht notgedrungen von Übel, sich mit den geistigen Erzeugnissen unserer Altvorderen zu beschäftigen.

Die Architektur und die Musik habe ich mal außenvor gelassen; denn diese Künste sind zwar auch oft durch die Kirche oder andere religiöse Institutionen initiiert und gefördert worden, lassen aber keinerlei Rückschlüsse auf die Religiosität des Künstlers zu. Ob ein Architekt eine grandiose Kathedrale entwirft oder ein Atheismusmuseum - das ist nur eine Frage des Geldgebers.

Atheistische Literaten, Maler und Bildhauer müssten sich hingegen bei der Darstellung frommer Sujets schon ganz schön heuchlerisch verbogen haben. Und ob das dann noch großartige Kunst wäre ... da habe ich meine Zweifel. Eher Kleinkunst.

Wenn wir unser kulturelles Erbe nicht in den Müll schmeißen wollen, ist die Kenntnis der biblischen Geschichte unabdingbar. Für wahr halten muss ich die Geschichte dabei ebensowenig wie die olympischen Götter oder - zum Verständnis von Shakespeare - die Existenz von Hexen und Feen.
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Re: Pro Reli???

Beitragvon stefan2 » Sa 28. Feb 2009, 00:19

@ pinkwolf

Da gebe ich Dir vollkommen recht - das geht hin bis zu Marx, den man vor der Folie der jüdisch-christlichen Kultur nicht verstehen kan. Allerdings. das wäre eben unbedingt ein Thema des Ethik-Unterrichts. Wenn man das10-13 Jahre lang macht, kommt das ebenso dran wie der Bau eines romanischen Doms oder iener Moschee.
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Re: Pro Reli???

Beitragvon pinkwoolf » Sa 28. Feb 2009, 01:27

stefan2 hat geschrieben:... das geht hin bis zu Marx...

Ich versuche gerade, diesen Gedanken nachzuvollziehen. Meinst du damit, dass auch Marx in seinem Bestreben, für alle Menschen Gleichheit zu schaffen, im jüdisch-christlichen Wertekanon verankert war?

Für mich ist das eben nicht allein der jüdisch-christliche Kanon.

In den meisten sogenannten primitiven Gesellschaften in allen Teilen der Welt herrschten ähnliche Wertvorstellungen. Eingehender beschäftigt habe ich mich mit den australischen Aborigenes - dort war es zweifelsohne so.

Im Hinblick auf die Moral gebe ich dem jüdisch-christlichen Weltbild keinerlei Vorsprung. Da stecken zu viele Leichen im Schrank.

Wenn ich das Bibelstudium verteidige, habe ich einzig und allein unser kulturelles - künstlerisches - Erbe im Sinn.
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Re: Pro Reli???

Beitragvon stefan2 » Sa 28. Feb 2009, 06:58

@ pinkwolf
So habe ich es zumindest in einem Philosophieseminar gelernt und ich denke, das lässt sich nachvollziehen. Das hat auch mit Überlegenheit nichts zu tun. Natürlich gibt es Kulturkreise, wo das genauso funktioniert hätte, aber auch welche, wo die Entstehung eines solchen Gesellschaftsmodells eben nicht so leicht denkbar gewesen wäre - z.B im hinduistischen Raum.

Denk auch mal an den Konflikt Indien - Pakistan: die eine Seite religiös eher weiter, die andere sehr dogmatisch und eng. Und auf sozialem Gebiet die traditionelle Hindugesellschaft mit ihrem zementierten Kastensystem und andererseits die Moslems, wo sozialer Aufstieg absolut drin ist und auch religiöse Konnotationen haben kann wie bei den anderen abrahamitischen Religionen. Das ist sicherlich heute alles etwas weicher geworden, aber z.B in der Zeit Gandhis verliefen die unüberbrückbaren Gräben doch etwa entlang dieser Linien gesellschaftliche Strukturen auf der Basis religiöser Grundmodelle.

Und genau so etwas spricht ja unbedingt für einen verpflichtenden Ethikunterricht - um wieder zum Thema zurückzukommen.

Im übrigen hast Du natürlich recht mit Deinem Hinweis besonders auf Kunst und Architektur etc.

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Re: Pro Reli???

Beitragvon Kallisti » Sa 28. Feb 2009, 15:59

Hallo,

danke für eure interessanten Antworten.

Natürlich haben religionen die Kultur bis zum heutigen Tag mitgestaltet. Allerdings finde ich nicht, dass man unbedingt einen Unterricht bräuchte, in dem man betet und wo einem Geschichten aus Bibel/Koran/etc. als Wahrheit gelehrt werden, nur damit man später auf einem Gemälde mit Mutter und Kind Maria und Jesus erkennen kann.

Man könnte solche Ursprünge auch bestens in einem Fach wie "Religionskunde" erklären, wo alle Religionen drankommen, und alle Geschichten. Bzw.: eigentlich sind solche Sachen auch Stoff in Kunst/Musik/Deutsch. Und auch in Ethik wird auf die Religionen sehr intensiv eingegangen. Nur eben nicht mit dem Impetus, dass eine Religion der Überbringer von Glück, Wahrheit und Seligkeit ist.

Ich denke auch, dass ein kunstinteressierter Mensch meist ohnehin um ein breiteres Allgemeinwissen bemüht ist, und sich deswegen selbständig biblische Geschichten anliest. (Ich kenne übrigens die meisten biblischen Geschichten durch eine Kinderbibel, die ich früher hatte. Da steht das wichtigste unterhaltsam aufbereitet drin;-), und auch einem gestressten Schüler (Argument von Pro Reli) wird so ein Buch wohl nicht zuviel werden.)

Es geht hier in Berlin übrigens nicht um die Abschaffung des Reli-Unterrichts überhaupt, sondern darum, ob es als Wahlpflicht statt Ethik unterrichtet wird - nur um Missverständnissen vorzubeugen. Bisher kann man Reli fakultativ belegen, Ethik ist für alle Pflicht.

Und genau das finde ich auch sehr wichtig. Nur eine nicht nach Konfessionen getrennte Ethik kann die Schüler, welches Weltbild ihre Eltern auch immer vertreten, zu einer Diskussion führen. Nur da kann man lernen, dass verschiedene Ansichten nicht besser oder schlecher sind als andere.

Liebe grüße, Kallisti
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Re: Pro Reli???

Beitragvon stine » Sa 28. Feb 2009, 19:18

Ich stimme dir vollkommen zu, liebe(r) Kallisti.

Kallisti hat geschrieben:Allerdings finde ich nicht, dass man unbedingt einen Unterricht bräuchte, in dem man betet und wo einem Geschichten aus Bibel/Koran/etc. als Wahrheit gelehrt werden, nur damit man später auf einem Gemälde mit Mutter und Kind Maria und Jesus erkennen kann.

Wer als Angehöriger einer bestimmten religiösen Gruppe unterrichtet werden soll, der "muß" die Bibel oder den Koran als "Wahrheit" interpretiert bekommen. Wie soll er sonst seinen Glauben leben können?
Und wenn nun dieser Unterricht in gemäßigter Form in öffentlichen Schulen stattfindet, dann ist das doch eher unter Kontrolle zu halten, als wenn dies wieder hinter verschlossenen Kloster- oder Moscheenmauern stattfindet, nicht wahr?
Vielleicht würde ohne staatlichen Religionsunterricht die eine oder andere Familie auf die Sonntagsschule verzichten, aber der Rest, das wären sicher die gehirngewaschenen Hardliner.

Gerade die Aufarbeitung innerhalb öffentlicher Schulen ist doch der Grundstein zur gemäßigten Szene. Sonst können wir nur noch Nischenplätze bieten, die der Religion noch mehr Prestige verleihen und das wollen wir doch nicht, oder?

LG stine
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Re: Pro Reli???

Beitragvon JustFrank » Sa 28. Feb 2009, 19:54

stine hat geschrieben:Wer als Angehöriger einer bestimmten religiösen Gruppe unterrichtet werden soll, der "muß" die Bibel oder den Koran als "Wahrheit" interpretiert bekommen. Wie soll er sonst seinen Glauben leben können?



Und warum soll irgendjemand in diesen Dingen unterrichtet werden? Was macht es für einen Sinn, Menschen sinnloses zu vermitteln. Wo ist der verwertbare Nutzen? Wo der Fortschritt?

Was nützt es der Menschheit, wenn jemandem beigebracht wurde, Lügen zu glauben und andere dazu anzustiften, das auch zu tun?
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Re: Pro Reli???

Beitragvon LinuxBug » Sa 28. Feb 2009, 22:37

stine hat geschrieben:Und wenn nun dieser Unterricht in gemäßigter Form in öffentlichen Schulen stattfindet, dann ist das doch eher unter Kontrolle zu halten, als wenn dies wieder hinter verschlossenen Kloster- oder Moscheenmauern stattfindet, nicht wahr?

Wieso sollte ich andere kontrollieren wollen? Religionsfreiheit bedeutet doch, glauben (und praktizieren) zu können, was die Religion (und nicht der weltliche Staat) für wahr hält.

stine hat geschrieben:Vielleicht würde ohne staatlichen Religionsunterricht die eine oder andere Familie auf die Sonntagsschule verzichten, aber der Rest, das wären sicher die gehirngewaschenen Hardliner.

Schön, dass du soviel Vertrauen in deine Mitmenschen hast. Allerdings halte ich den anderen Fall für wahrscheinlicher. (Wieviele Schüler gehen Sonntags freiwillig in die Kirche? Auch jetzt schon, nur die "gehirngewaschenen Hardliner", oder?) In meiner Klasse gab es vielleicht zwei oder drei Schüler, die wegen dem religiösen Inhalt in den Unterricht gegangen sind, der Rest war mehr wegen dem Notendurchschnitt (1er für alle, die regelmäßig kommen.) dort.

stine hat geschrieben:Gerade die Aufarbeitung innerhalb öffentlicher Schulen ist doch der Grundstein zur gemäßigten Szene. Sonst können wir nur noch Nischenplätze bieten, die der Religion noch mehr Prestige verleihen und das wollen wir doch nicht, oder?

Kannst du den Punkt erläutern? So ganz kann ich das nämlich nicht nachvollziehen. (Was für eine "Szene" und was meinst du mit Nischenplätzen? Und wieso sollten wir das nicht wollen?)
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Re: Pro Reli???

Beitragvon pinkwoolf » Sa 28. Feb 2009, 23:39

stine hat geschrieben:Wer als Angehöriger einer bestimmten religiösen Gruppe unterrichtet werden soll, der "muß" die Bibel oder den Koran als "Wahrheit" interpretiert bekommen. Wie soll er sonst seinen Glauben leben können?
Und wenn nun dieser Unterricht in gemäßigter Form in öffentlichen Schulen stattfindet, dann ist das doch eher unter Kontrolle zu halten, als wenn dies wieder hinter verschlossenen Kloster- oder Moscheenmauern stattfindet, nicht wahr?

Strategisch betrachtet macht dein Beschulungsmodell einigen Sinn. Der potentielle Schaden wird so klein wie möglich gehalten.

Aber ist es andererseits Aufgabe des öffentlichen Bildungssystems, "Wahrheiten" zu vermitteln, die nur für einen Teil der Klientel "Wahrheit" bedeuten? Das zentrale Presseorgan der verblichenen Sowjetunion hieß ebenfalls "Wahrheit" (Pravda).

Angehörige einer bestimmten religiösen - oder sonst irgendeiner - Gruppe haben keinen Anspruch auf Unterstützung durch die Allgemeinheit. Eine Unterweisung in die relative Beliebigkeit aller möglichen "Wahrheiten" macht da mehr Sinn.

Hardcore-Wahrheitsfanatiker werden sich dadurch nicht beeindrucken lassen; aber öffentliche Anerkennung sollen sie jedenfalls nicht erfahren.
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Re: Pro Reli???

Beitragvon stefan2 » So 1. Mär 2009, 08:29

Ich denke, Stine hat schon recht. Es besteht bei uns derzeit unbestreibar (noch) ein Bedarf an Religionsunterricht, der überwiegend von Lehrkräften gegeben wird, die an Hochschulen nach Lehrplänen unterrichtet werden, die ein Zertifizierungsverfahren unterlaufen haben. Dazu gehören auch Veranstaltungen, die sich mit inhaltlicher Kritik konstruktiv (und nicht nur strategisch!) auseinandersetzen

Bei einer Unterweisung durch Lehrkräfte aus religiösen Kaderschmieden ("Bibelschulen", "Koranschuen" oder wie die heißen, vielleicht würde das "Opus Dei" hier gerne Aufgaben übernehmen ...) ist das alles vorbei. Und das sollten wir strikt bleiben lassen. Dieses mus auch für den Islamunterreicht gelten. Und da mus man höllisch (!) aufpassen, dass man für die Hochschulen Lehrpläne bekommt, die nicht von dem Yllandsposten-Mob bestimmt werden!

Immer wierder: Ethikunterricht verpflichtend für alle in allen Stufen, Religionsunterricht freiwillig durch an staatlichen (bzw. nach anerkannten Lehrplänen unterrichtenden) Hochschulen ausgebildete und geprüfte Lehrkräfte!

Keine grünen, violetten oder schwarzen Finsterlinge in die Schulen (bzw. aus ihnen raus und in die Wüste mit ihnen!!

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Re: Pro Reli???

Beitragvon Julia » So 1. Mär 2009, 12:23

Ich bin mir nicht sicher, ob der Schaden am kleinsten gehalten wird, wenn man weiterhin Religionsunterricht an Schulen anbietet.

Mal abgesehen davon, dass ich für Laizismus eintrete, verleiht die Tatsache, dass "Glaubenswahrheiten" an dem selben Ort und teilweise von den selben Personen gelehrt werden wie Physik, Biologie, Chemie etc. dem Ganzen eine Ernsthaftigkeit, eine Bedeutung, die es gar nicht verdient.
Das ist das falsche Signal, meiner Meinung nach.

Aber gut, vermutlich müsste man das einfach mal ausprobieren. (Sind die Franzosen fundamentalistischer als die Deutschen?)
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Re: Pro Reli???

Beitragvon stine » Mo 2. Mär 2009, 14:05

Kallisti hat geschrieben:Wenn der Staat seine Neutralitätspflicht wahren soll, dann dürfte es an staatlichen Schulen auch eigentlich kein Wahlpflichtfach Religion geben.
Ethik sollte Pflichtfach bleiben, auch für jene, die sich zusätzlich für Religion entscheiden wollen.
Ich bin, wie du, der Meinung, dass Ethik und Religion nicht den gleichen Anspruch auf ein Pflichtfach erfüllen. Religion sollte aber, aus gennanten Gründen, in jedem Fall eine zusätzliche Wahlmöglichkeit an der (staatlichen, städtischen) Schule bleiben.
Das gilt ganz besonders für Religionen, die ihren Anspruch auf Absolutheit wahren wollen.
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